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VwGH 25.06.1991, 91/05/0098

VwGH 25.06.1991, 91/05/0098

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §15 Abs1 litc;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §6;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 1
Dadurch, daß § 15 Abs 1 lit c NÖ GebrauchsabgabeG auf die iSd § 6 legcit aufgetragenen Verpflichtungen verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid nach § 6 legcit enthaltene Gebot (zur Beseitigung von Einrichtungen) Teil des Straftatbestandes. Die Frage der Rechtmäßigkeit des in einem rechtskräftigen Bescheid nach § 6 NÖ GebrauchsabgabeG enthaltenen Gebotes (weil ein unerlaubter Gebrauch vorlag) ist in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde gegen das in der Folge ergangene Straferkenntnis der Berufungsbehörde nicht mehr zu überprüfen.
Normen
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §15 Abs1 litc;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §6;
VStG §22;
VStG §31 Abs2;
RS 2
Die Verwaltungsübertretung gem § 15 Abs 1 lit c NÖ GebrauchsabgabeG iVm einem bescheidmäßigen Beseitigungsgebot nach § 6 legcit ist ein Dauerdelikt (Hinweis E , 88/05/0093).
Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
RS 3
Die Berufungsbehörde im Verwaltungsstrafverfahren ist nicht berechtigt, die von der Behörde erster Instanz als erwiesen angenommene Tat auszuwechseln.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/05/29 89/04/0205 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Johann S in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. II/1-Be-S-24/4-87, betreffend Übertretung des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Herzogenburg vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 6 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973, LGBl. 3700-1, aufgefordert, unter anderem einen in der N-Gasse aufgestellten Kaugummiautomaten binnen zwei Wochen zu entfernen. Die dagegen eingebrachte Vorstellung wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom brachte die Stadtgemeinde Herzogenburg bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zur Anzeige, daß laut Erhebungen vom und sich der gegenständliche Automat noch immer am angeführten Ort befinde.

Im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren erging zunächst das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom , in welchem dem Beschwerdeführer angelastet wurde, es sei, wie anläßlich einer am und durchgeführten Erhebung festgestellt worden sei, ein Warenautomat über öffentlichem Grund trotz Entfernungsauftrages angebracht gewesen. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, "der ihm mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Herzogenburg vom , GZ. 229/3, im Instanzenzug auferlegten Verpflichtung, den in 3130 Herzogenburg, N-Gasse, angebrachten Kaugummiautomaten zu beseitigen, in der Zeit vom bis nicht nachgekommen" zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (in der Höhe von S 800,--, Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 33 Stunden) verhängt wurde.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzustellen, daß die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, weil der angefochtene Bescheid dem Vertreter des Beschwerdeführers am zugestellt und die Beschwerde am eingebracht wurde.

Gemäß § 1 Abs. 1 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973, LGBl. 3700, in der Fassung der Novelle LGBl.3700-1, ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.

Nach § 1 Abs. 2 gehen die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Grund in der Gemeinde (Abs. 1) über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus.

Gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes bedarf dann, wenn eine Gebrauchsart im Sinne des Abs. 2 in einem geringeren als dem angegebenen Umfang in Anspruch genommen werden soll, der geringere Umfang keiner Gebrauchserlaubnis.

Gemäß § 6 ist die Gemeinde berechtigt, den Besitzer von Einrichtungen, durch die ein im § 1 umschriebener Gebrauch ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis ausgeübt wird, durch Bescheid zu verpflichten, diese Einrichtungen binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen.

Nach § 15 Abs. 1 lit. c begeht unbeschadet der §§ 238 bis 240 der NÖ Abgabenordnung, auch ohne eine Abgabenverkürzung zu bewirken, eine Verwaltungsübertretung, wer den im Sinne des § 6 aufgetragenen Verpflichtungen nicht fristgerecht nachkommt.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 könne erst dann vorliegen, wenn rechtskräftig festgestellt sei, daß eine Gebrauchserlaubnis nicht vorliege und im Hinblick auf diese Feststellung dann die Entfernungsanordnung gegeben werde, so wird damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Dadurch, daß § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 auf die im Sinne des § 6 aufgetragenen Verpflichtungen verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid nach § 6 leg. cit. enthaltene Gebot (zur Beseitigung von Einrichtungen) Teil des Straftatbestandes. Die Frage der Rechtmäßigkeit des in einem rechtskräftigen Bescheid nach § 6 NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 enthaltenen Gebotes (weil ein unerlaubter Gebrauch vorlag) ist in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde gegen das in der Folge ergangene Straferkenntnis der Berufungsbehörde, nicht mehr zu überprüfen.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, "nach der Formulierung des § 6 und § 15 NÖ Gebrauchsabgabengesetz erscheinen weiters Bedenken hinsichtlich der Gesetzes- und Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen", so zeigen die diesbezüglichen Ausführungen gar nicht auf, gegen welche Verfassungsvorschrift(en) die bezogenen Bestimmungen des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 verstoßen würden. Bedenken wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.

Im Ergebnis ist jedoch die Beschwerde berechtigt. Die Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs. 1 lit. c des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 in Verbindung mit einem bescheidmäßigen Beseitigungsgebot nach § 6 leg. cit. ist ein Dauerdelikt (siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0093), bei welchem die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnt, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat. Im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom wurde dem Beschwerdeführer angelastet, anläßlich einer am und durchgeführten Erhebung sei festgestellt worden, daß er über einem näher bezeichneten öffentlichen Grund einen Warenautomaten angebracht habe, obwohl ihm mit Bescheid der Stadtgemeinde Herzogenburg vom die Entfernung des Warenautomaten innerhalb einer Frist von zwei Wochen aufgetragen worden sei, er habe hiedurch eine Übertretung nach § 15 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 6 des NÖ Gebrauchsabgabegesetzes 1973 begangen. Die Behörde erster Instanz ist also von einem vom 24. Juli bis dauernden Tatzeitraum ausgegangen, wogegen die belangte Behörde einen längeren Tatzeitraum angenommen und damit die Tat ausgewechselt hat, wozu sie nach § 66 Abs. 4 AVG nicht berechtigt war (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 5871/A).

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß es noch eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorgehen bedurfte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §66 Abs4;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §15 Abs1 litc;
GebrauchsabgabeG NÖ 1973 §6;
VStG §22;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die
Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und
Überprüfungsrahmen des VwGH Besondere Rechtsgebiete
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und
Überprüfungsrahmen des VwGH Strafverfahren
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050098.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-64704