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VwGH 02.07.1990, 90/19/0004

VwGH 02.07.1990, 90/19/0004

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
AVG §62 Abs3;
RS 1
Mit dem Vorbringen der Partei, sie sei nicht über das Recht belehrt worden, binnen 3 Tagen eine schriftliche Bescheidausfertigung zu verlangen, ist schon deshalb nichts gewonnen, weil die allfällige Unterlassung dieser Belehrung nicht die Unwirksamkeit eines mündlichen Bescheides zur Folge hat (Hinweis E , 90/19/0164).
Norm
AVG §68 Abs1;
RS 2
Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides stehen Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, da § 68 Abs 1 AVG in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache verhindern soll (Hinweis E , 87/12/0004).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1990/03/12 90/19/0072 1

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

90/19/0005

Betreff

S gegen Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 12-8252/77, betreffend A.) Zuerkennung einer Geldaushilfe sowie B.) Zurückweisung von Anträgen, jeweils in Angelegenheit der Sozialhilfe

Spruch

I. Der unter B.) bezeichnete Bescheid wird, soweit damit der am eingebrachte Antrag auf Nachzahlung der Sozialhilfe für den Zeitraum vom 19. (richtig: 18.) März 1985 bis zurückgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Im übrigen - sohin hinsichtlich des zu unter A.) bezeichneten Bescheides zur Gänze sowie hinsichtlich des unter B.) bezeichneten Bescheides, soweit mit diesem der am eingebrachte Antrag des Beschwerdeführers auf Nachzahlung des Richtsatzkürzungsbetrages für den Zeitraum vom bis zurückgewiesen wurde - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen, der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 1.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/11/0037, verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde mit

Datum zwei Bescheide:

Mit einem derselben - im folgenden mit A bezeichnet - wurde dem Beschwerdeführer (aufgrund eines am eingelangten Antrages) im Instanzenzug gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes - WSHG, LGBl. Nr. 11/1973, und § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 13/1973 idF der Novelle 44/1984, für den eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in der Höhe von S 105,-- zuerkannt. Dies im wesentlichen mit der Begründung, aufgrund der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes sei davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer am erlaubterweise im Inland aufgehalten habe. Da auch alle anderen Voraussetzungen zur Gewährung einer Geldaushilfe nach dem WSHG zum Antragszeitpunkt vorgelegen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Mit dem zweiten Bescheid vom - im folgenden mit B bezeichnet - wurde im Instanzenzug ausgesprochen, daß der am eingelangte (weitere) Antrag des Beschwerdeführers, betreffend Nachzahlung der Sozialhilfe für den Zeitraum vom "19." März 1985 bis sowie Nachzahlung der im Zeitraum vom bis vorgenommenen zwanzigprozentigen "Richtsatzkürzung" gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 zurückgewiesen werde. Begründet wurde dieser Bescheid im wesentlichen damit, es sei aktenkundig, daß der Beschwerdeführer bereits am beim Sozialreferat für Nichtseßhafte vorgesprochen und sich nach der Möglichkeit, Sozialhilfe zu erhalten, erkundigt habe. Er sei darauf hingewiesen worden, daß er im Falle einer Antragstellung vor allem einen Identitätsnachweis erbringen müsse. Am habe der Beschwerdeführer unter Vorweis diverser Unterlagen schließlich den Antrag auf Zuerkennung von Geldaushilfen nach dem WSHG gestellt und durch mündlich verkündeten Bescheid eine Aushilfe für den Lebensbedarf für die Dauer von zwei Wochen zuerkannt erhalten. Die mündliche Bescheidverkündung sei beurkundet worden; mit seiner Unterschrift habe der Beschwerdeführer bestätigt, daß er den Bescheid zu Kenntnis genommen habe und über das Recht, binnen 3 Tagen eine schriftliche Ausfertigung zu verlangen, belehrt worden sei. Da der Beschwerdeführer eine schriftliche Bescheidausfertigung nicht verlangt und auch gegen den mündlich verkündeten Bescheid kein Rechtsmittel ergriffen habe, sei dieser Bescheid rechtskräftig geworden. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr mit einer mehr als sechsmonatigen Verspätung vorbringe, daß ihm am Sozialhilfe bereits seit gebührt hätte, so stehe diesem Vorbringen der Umstand der entschiedenen Sache entgegen. Ebenso verhalte es sich mit dem Antrag auf Nachzahlung für die behauptete rechtswidrige Richtsatzkürzung um 20 %. Es sei aktenkundig, daß dem Beschwerdeführer die am bescheidmäßig zuerkannte Geldaushilfe für den Lebensbedarf für die Dauer von einem Monat um 20 % gekürzt worden sei; die Kürzung sei deshalb erfolgt, weil der Beschwerdeführer den Nachweis der erfolgten Arbeitssuche nicht erbringen habe können. Auch damals habe der Beschwerdeführer, trotz entsprechender Belehrung, von seinem Berufungsrecht nicht Gebrauch gemacht.

Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die vorliegende

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

I. ZU DEM OBEN MIT A BEZEICHNETEN BESCHEID:

Der Beschwerdeführer bringt dazu vor, es sei damit zwar seinem Begehren auf Bezahlung einer Geldaushilfe in der Höhe von S 105,-- für den stattgegeben, nicht jedoch über seine weiteren erhobenen Ansprüche auf Abgeltung für erlittene Schmerzen und für Barauslagen infolge ursprünglicher Verweigerung der Sozialhilfe abgesprochen worden. Dies komme "faktisch" einer Verweigerung der weiteren Ansprüche gleich.

Damit vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dazutun. Er übersieht mit seinem Vorbringen, daß mit diesem Bescheid entsprechend seinem eindeutigen Spruch samt der keine andere Auslegung zulassenden Begründung allein über die Zuerkennung der erwähnten Geldaushilfe abgesprochen wurde und nicht über etwaige weitere Anträge des Beschwerdeführers. Daß der Beschwerdeführer durch diesen Abspruch in Rechten verletzt wurde, behauptet er selbst nicht. Die allfällige Verletzung der Entscheidungspflicht durch die eingeschrittenen Verwaltungsbehörden kann aber nicht Gegenstand einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG sein.

Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen den mit A.) bezeichneten Bescheid richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

II. ZU DEM MIT B BEZEICHNETEN BESCHEID

Zunächst sei klargestellt, daß es sich bei der Anführung des Datums "19." März 1985 im Spruch dieses Bescheides, wie aus der zur Auslegung desselben heranzuziehenden Begründung desselben ersichtlich ist, offenbar um einen - unwesentlichen - Schreibfehler handelt und die belangte Behörde in Wahrheit bezüglich der begehrten Nachzahlung der Sozialhilfe über einen Zeitraum vom bis absprechen wollte.

Weiters ist der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, soweit es sich auf Ansprüche für erlittene Schmerzen und Ersatz von Barauslagen bezieht, auf vorstehende Ausführungen zu dem mit A.) bezeichneten Bescheid zu verweisen. Auch beim mit B.) bezeichneten Bescheid sind solche Ansprüche nicht Abspruchgegenstand.

Es kann dahinstehen, was rechtens wäre, wenn der Beschwerdeführer - wie er weiters vorbringt - zur Zeit der mündlichen Verkündung der beiden Bescheide vom 4. April und "der deutschen Sprache kaum mächtig und daher keinesfalls imstande" gewesen sei, das Wesen eines mündlich verkündeten Bescheides zu erkennen. Zu Recht verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf, daß die Aktenlage hiefür keinen Anhaltspunkt bietet; vielmehr ergibt sich daraus (vgl. die am gestellten Anträge des Beschwerdeführers aber auch die im Akt erliegenden Vermerke über Gespäche mit ihm, die offensichtlich ohne Dolmetscher geführt werden konnten), daß diese Behauptung des Beschwerdeführers der Grundlage entbehrt. Selbst in der Beschwerde wird nicht behauptet, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner Vorsprachen (wie etwa im März 1985) eines Dolmetschers bedurfte. Was den Hinweis des Beschwerdeführers auf einen von ihm nicht erkannten Rechtsmittelverzicht anläßlich der mündlichen Verkündung der Bescheide vom 4. und anlangt, so übersieht er, daß die belangte Behörde - der Aktenlage entsprechend - einen solchen gar nicht angenommen hat. Schließlich ist mit dem Vorbringen, er sei nicht über das Recht belehrt worden, binnen drei Tagen eine schriftliche Bescheidausfertigung zu verlangen (§ 62 Abs. 3 AVG 1950), schon deshalb nichts für den Beschwerdeführer gewonnen, weil die allfällige Unterlassung dieser Belehrung nicht die Unwirksamkeit eines mündlichen Bescheides zur Folge hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0164).

Ausgehend von der rechtswirksamen Verkündung der beiden Bescheide vom 4. und und deren Rechtskraft, (daß dagegen ein Rechtsmittel ergriffen wurde, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht), war zu prüfen, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, es liege hinsichtlich der im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Anträge des Beschwerdeführers entschiedene Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 vor, sodaß diese deshalb zurückzuweisen seien.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides stehen Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, da § 68 Abs. 1 AVG 1950 in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache verhindern soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0072).

Was zunächst die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Nachzahlung der Sozialhilfe für den Zeitraum vom bis betrifft, so bringt der Beschwerdeführer vor, der insoweit von der belangten Behörde zur Begründung der ihrer Meinung nach rechtskräftig entschiedenen Sache herangezogene Bescheid (der Behörde erster Instanz) vom beziehe sich nicht auf den erwähnten Zeitraum. Die Rechtskraft des Bescheides vom könne sich daher nicht darauf erstrecken.

Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:

Der Spruch dieses (mit keiner formellen Begründung versehenen) Bescheides vom erschöpft sich eindeutig darin, dem Beschwerdeführer über seinen an diesem Tag gestellten Antrag eine Geldaushilfe für Lebensbedarf für 2 Wochen zu bewilligen, zumal es sich bei den weiteren im Vordruck enthaltenen Worten "2. Der Antrag wird abgelehnt."

offenbar um irrtümlich nicht gestrichene handelt. Auch die Angaben im Formblatt betreffend den "Grundantrag auf Gewährung von Geldbeihilfen" sowie die anläßlich der Behandlung dieses Antrages aufgenommenen "Ermittlungen und Stellungnahmen des Sozialreferates ...." sind nicht geeignet, die Annahme der belangten Behörde über den Abspruchgegenstand des Bescheides vom zu stützen. Ausgehend davon unterlag die belangte Behörde mit ihrer Ansicht, in bezug auf die vom Beschwerdeführer begehrte Nachzahlung der Sozialhilfe für den Zeitraum vom bis liege entschiedene Sache vor, einem Rechtsirrtum. Der mit B.) bezeichnete Bescheid war daher in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Anders verhält es sich mit dem übrigen Spruch dieses Bescheides: Die belangte Behörde stützte sich insoweit auf den Bescheid der Behörde erster Instanz vom , mit welchem dem Beschwerdeführer eine Geldaushilfe von S 2.519,-- für Lebensbedarf für einen Monat gewährt wurde. Aus den diesem Bescheid zugrundeliegenden Berechnungen, die die Begründung darstellen, geht der Passus "Da Nachweis der Arbeitssuche nicht möglich - 20 %" hervor. Die "Bedarfsermittlung" ergab danach

"3.149 - 20 % 629,80 = 2519,20". Damit aber wurde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - rechtskräftig über die Kürzung von 20 %, die jedenfalls auch den Zeitraum vom 18. April bis betraf, abgesprochen. Die spruchgemäße Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers in diesem Umfang war daher nicht rechtswidrig. Die Beschwerde war somit insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §62 Abs3;
AVG §68 Abs1;
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
Zurückweisung wegen entschiedener Sache
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190004.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-64666

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