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VwGH 11.05.1990, 90/18/0018

VwGH 11.05.1990, 90/18/0018

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
EheGDV 04te §24 Abs1;
RS 1
Die Begründungserfordernisse des § 60 AVG schließen auch in jenen Fällen, in denen der maßgebende Sachverhalt von vornherein klar gegeben ist, die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Bescheidbegründung in eindeutiger Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist (Hinweis E , 451/78).
Normen
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 2
Die Nachholung der Begründung in der Gegenschrift ersetzt nicht die der Behörde obliegende Verpflichtung Parteiengehör zu gewähren und den Bescheid zu begründen (§ 42 Abs 2 lit c Z 2 und 3 VwGG 1965; Dienstrecht).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1567/66 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

NN gegen Bundesminister für Justiz vom , Zl. 242.186/2-I 9/89, betreffend Anerkennung eines ausländischen Ehescheidungsurteiles (mitbeteiligte Partei: MN)

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom wurde auf Antrag des Mitbeteiligten gemäß § 24 Abs. 1 der Vierten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vom , RGBl. I S. 654, festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der endgültigen Entscheidung des District Court of Douglas County, Kansas, vom , Zl. CV 86-585, soweit mit dieser die am vor dem Standesamt Graz geschlossene Ehe der Beschwerdeführerin und des Mitbeteiligten geschieden worden ist, gegeben sind. Ferner wurde die Entrichtung einer Gebühr vorgeschrieben. Eine Begründung im Sinne der Vorschriften des § 58 Abs. 2 und des § 60 AVG 1950 enthält dieser Bescheid nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes - mit näherer Begründung - die Auffassung vertreten wird, daß die belangte Behörde dem Ansuchen des Mitbeteiligten auf Erlassung des in Rede stehenden Feststellungsbescheides nicht hätte entsprechen dürfen. In ihrer Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, daß ihr der Antrag des Mitbeteiligten nicht zur Kenntnis gebracht und sie auch nicht aufgefordert worden sei, hiezu Stellung zu nehmen. Wäre ihr hiezu Gelegenheit gegeben worden, dann hätte sie dargelegt, daß zufolge ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft und der österreichischen Staatsbürgerschaft des Mitbeteiligten sowie zufolge des Umstandes, daß beide den gemeinsamen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt haben, nicht das materielle Ehescheidungsrecht des Bundesstaates Kansas, USA, sondern nur das materielle Ehescheidungsrecht der Bundesrepublik Deutschland oder Österreichs bei der Scheidung der Ehe zur Anwendung kommen könne. Ferner hätte sie darauf verwiesen, daß im Verfahren vor dem District Court of Douglas County vom Mitbeteiligten keine Umstände geltend gemacht worden seien, welche den Ehescheidungsgründen des deutschen oder österreichischen Rechtes entsprechen. Bei Berücksichtigung dieses Vorbringens wäre die belangte Behörde zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß Art. II Abs. 4 EGVG 1950 ist unter anderem auch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 auf das behördliche Verfahren der Bundesministerien in allen Fällen anzuwenden, in denen sie als erste Instanz einschreiten. Da ein solcher Fall bei der Handhabung des § 24 Abs. 1 der Vierten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vorliegt, richtet sich sohin das hiebei zu beobachtende Verfahren nach den Vorschriften des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950. Dies bedeutet, daß gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. im Anerkennungsverfahren zu erlassende Bescheide, wenn nicht dem Standpunkt aller am Verfahren beteiligten Parteien Rechnung getragen wird, jedenfalls zu begründen und zufolge der Regelung des § 60 AVG 1950 in dieser Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. Diese Begründungserfordernisse schließen entgegen der in der Gegenschrift der belangten Behörde offensichtlich zum Ausdruck kommenden gegenteiligen Ansicht auch in jenen Fällen, in denen "der maßgebende Sachverhalt von vornherein klar gegeben ist" (vgl. § 56 AVG 1950) die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Bescheidbegründung in eindeutiger Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 451/78, und die darin zitierte Vorjudikatur). Bescheide, die dieser Rechtspflicht nicht entsprechen und die über die Sachverhaltsannahme der Behörde keinerlei Aufschluß geben, erschweren aber nicht nur die Rechtsverfolgung der durch den Bescheid allenfalls beschwerten Partei. Sie nehmen insbesondere auch im Falle der Beschwerdeführung dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit, seiner Rechtskontrollfunktion, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG verankert ist, insoweit voll zu entsprechen, als Bescheide, welche jeglicher Begründung entbehren, inhaltlich auch keine Überprüfung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4)" zulassen.

Da der dem bekämpften Verwaltungsakt zufolge des Fehlens jeglicher Begründung solcherart anhaftende Mangel gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht dadurch geheilt werden konnte, daß die Behörde die fehlende Bescheidbegründung und insbesondere die fehlenden Feststellungen über den als maßgebend angesehenen Sachverhalt in ihrer Beschwerdegegenschrift nachgeholt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne auf die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides eingehen zu müssen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz (im Rahmen des gestellten Begehrens) gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
EheGDV 04te §24 Abs1;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel
als wesentlicher Verfahrensmangel
Begründung Begründungsmangel
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse
Parteiengehör
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990180018.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-64658