Suchen Hilfe
VwGH 22.03.1990, 90/06/0031

VwGH 22.03.1990, 90/06/0031

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Die Gemeinde, aber auch die anderen Parteien des Verfahrens, und in der Folge auch die Aufsichtsbehörde selbst und die Gerichtshöfe des öff Rechts sind an die die Aufhebung tragenden Gründe eines aufsichtsbehördlichen Bescheides gebunden, gleichbleibende Sachlage und Rechtslage vorausgesetzt (Hinweis E , 86/05/0177). Das gilt selbst dann, wenn die dem aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheid zugrunde liegende und überbundene Rechtsauffassung mit der objektiven Rechtslage im Widerspruch steht (Hinweis E , 88/05/0002).
Norm
BauO Tir 1989 §1 Abs3 litf;
RS 2
Kein RS

Entscheidungstext

Betreff

Stadtgemeinde Wörgl gegen Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve-550-1551/3 betreffend die Einstellung von Baumaßnahmen (mitbeteiligte Parteien: 1) NGmbH & Co KG und

2) O BauGmbH)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom wurde u. a. den mitbeteiligten Parteien die Fortsetzung der Bauarbeiten - nämlich ein Fundamentaushub im Ausmaß von ca. 1,50 x 1,50 m und die Errichtung einer Fundamentplatte mit aufgesetzter Schalung für einen Sickerschacht der geplanten Mülldeponie "X" in der Schottergrube V auf "Gp. nnn KG Wörgl" - gemäß § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung (TBO) mit der Begründung untersagt, daß eine baubehördliche Bewilligung fehle.

Der Stadtrat wies mit Bescheid vom die dagegen von den mitbeteiligten Parteien erhobene Berufung mit der Begründung ab, es liege eine gemäß § 25 lit. e TBO baubewilligungspflichtige Anlage vor und es sei die notwendige Flächenwidmung nicht gegeben.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben und ausgeführt, es komme der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 lit. f TBO zum Tragen, weshalb keine Zuständigkeit der Baubehörde vorliege.

Im fortgesetzten Verfahren wies der Stadtrat der beschwerdeführenden Gemeinde mit Bescheid vom abermals die Berufung der mitbeteiligten Parteien ab. In der Begründung wurde ausgeführt, das Grundstück Nr. nnn, auf der die Baumaßnahmen gesetzt worden seien, sei nicht Bestandteil des Wasserrechtsbescheides und somit nicht von der wasserrechtlichen Genehmigung erfaßt. Zudem sei bei Erteilung dieser Bewilligung auf den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes nicht Bedacht genommen worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben, der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Rechten der Einschreiter behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin verwiesen. In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, im schon erwähnten aufsichtsbehördlichen Bescheid der belangten Behörde vom sei nach Zitierung des § 1 Abs. 3 lit. f TBO u. a. wörtlich ausgeführt worden:

"Im gegenständlichen Fall ist daher zu prüfen, ob die geplante Anlage einer weiteren Bewilligungspflicht unterliegt und ob bejahendenfalls in einem derartigen Verfahren die in obzitierter Gesetzesstelle genannten öffentlichen Interessen berücksichtigt werden. Die eingestellten Baumaßnahmen betreffen einen Sickerschacht der geplanten und bereits rechtskräftig genehmigten Mülldeponie 'X'. Von der zuständigen Wasserrechtsabteilung wurde hiezu mitgeteilt, daß die Gp. nnn KG. Wörgl durch die Mülldeponie nicht berührt werde. Falls der Sickerschacht ein Teil der Sickerwasserbeseitigungsanlage sei, gehöre er untrennbar zur wasserrechtlich bewilligten Gesamtanlage. Falls es sich jedoch um einen zusätzlichen Sickerschacht zur Versickerung von Wässern handeln würde, wäre er ebenfalls wasserrechtlich bewilligungspflichtig, da die Versickerung von Wässern einen wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Tatbestand darstelle.

Es besteht daher kein Zweifel darüber, daß die von der Gemeinde Wörgl eingestellten Baumaßnahmen einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterliegen. Da die Anlagen keine Gebäude darstellen und bei der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und die Sicherheit von Sachen sowie auf den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes Bedacht zu nehmen ist, kommt der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 lit. f TBO zum Tragen und ist daher eine Zuständigkeit der Baubehörde nicht gegeben."

Diese Ausführungen seien die die Aufhebung tragenden Gründe des Bescheides vom . Es sei Bindungswirkung eingetreten. Diese Bindung erstrecke sich auch auf die Aufsichtsbehörde selbst und sei die belangte Behörde daher nicht berechtigt, von dieser Rechtsmeinung abzugehen. Die belangte Behörde sehe jedoch auch unter Berücksichtigung der Argumentation der Gemeindebehörde keine Veranlassung, von ihrer Rechtsansicht abzugehen. Es folgen ergänzende rechtliche Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, die Meinung der belangten Behörde, daß ein Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs. 3 lit. f TBO vorliege, treffe nicht zu.

Gemäß § 1 Abs. 3 lit. f TBO, LGBl. Nr. 33/1989, gilt dieses Gesetz nicht für bauliche Anlagen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften einer Bewilligung bedürfen, wenn bei der Erteilung dieser Bewilligung auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und die Sicherheit von Sachen sowie auf den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes Bedacht zu nehmen ist; dies gilt nicht für Gebäude.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Gemeinde, aber auch die anderen Parteien des Verfahrens, und in der Folge auch die Aufsichtsbehörde selbst und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an die die Aufhebung tragenden Gründe eines aufsichtsbehördlichen Bescheides gebunden, gleichbleibende Sach- und Rechtslage vorausgesetzt (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/05/0177). Das gilt selbst dann, wenn die dem aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheid zugrunde liegende und überbundene Rechtsauffassung mit der objektiven Rechtslage im Widerspruch steht (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0002, BauSlg. Nr. 1118). Tragende Begründung des die Entscheidung des Stadtrates der Beschwerdeführerin vom aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides vom war, daß die Baumaßnahmen, die Gegenstand der Baueinstellung waren, unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 lit. f TBO fallen, weshalb keine Zuständigkeit der Baubehörde vorliege. Die Beschwerdeführerin hätte daher, wenn sie die Rechtsansicht der belangten Behörde nicht teilte, diesen aufsichtsbehördlichen Bescheid vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfen müssen. Das hat sie aber nach ihrem eigenen Vorbringen nicht getan. Daß sich seit Erlassung des Bescheides vom die Sach- oder Rechtslage geändert hat, wird selbst in der Beschwerde nicht behauptet. Mit Recht hat daher die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid auf die Bindungswirkung ihres Bescheides vom verwiesen. Ob die von der belangten Behörde im Bescheid vom geäußerte Rechtsansicht mit der objektiven Rechtslage im Einklang steht, hat bei dieser Situation unerörtert zu bleiben (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/05/0107), sodaß sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, mit dem die Rechtsansicht der belangten Behörde als unzutreffend bekämpft wird, erübrigt.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BauO Tir 1989 §1 Abs3 litf;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde
Ersatzbescheid
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990060031.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-64561