VwGH 04.09.1989, 89/09/0076
VwGH 04.09.1989, 89/09/0076
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Weder dem Wortlaut des § 43 Abs 2 BDG - dieser erfasst auch "außerdienstliches Verhalten" (Hinweis E , 82/09/0046, VwSlg 10864 A/1982 - nur Rechtsatz; E , 85/09/0254, E , 86/09/0083) - noch dessen Schutzzweck (Gewährleistung einer funktionierenden Verwaltung) lässt sich entnehmen, dass einen karenzierten Beamten (§ 75 BDG) nicht die Pflicht zur Vertrauenswahrung nach § 45 Abs 2 BDG trifft. Während der Zeit eines Karenzurlaubes (wie auch bei sonstigen Urlauben sowie bei Dienstbefreiungen) ruhen nur jene Dienstpflichten, die unmittelbar mit der Besorgung von "dienstlichen Aufgaben" in Zusammenhang stehen (wie zB die sich aus § 43 Abs 1 und Abs 3 und den §§ 48 bis 51 BDG ergebenden Dienstpflichten (Hinweis auf Kucsko/Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S 126 und 501 f). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 86/09/0164 E VwSlg 12961 A/1989 RS 2 |
Norm | |
RS 2 | Für die gute Zusammenarbeit in einer Behörde ist es wünschenswert, dass jeder Beamte seinen Kollegen und Vorgesetzen mit der Achtung und Hilfsbereitschaft begegnet, die er selbst von ihm erwartet. Nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten stellt schon eine Dienstpflichtverletzung dar. Es sind die Bedingungen des Einzelfalles entscheidend. An spontane mündliche Äußerungen sind geringere Anforderungen zu stellen als an schriftliche. Einer verständlichen Erregung ist billigerweise Rechnung zu tragen. Die Grenze der Pflichtwidrigkeit ist erst erreicht, wenn die menschliche Würde eines Kollegen oder Vorgesetzen verletzt oder wenn der Betriebsfriede und die dienstliche Zusammenarbeit anderweitig ernstlich gestört wird. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 85/09/0223 E VwSlg 11966 A/1985 RS 1 |
Normen | |
RS 3 | Leugnet in Ansehung des Grundsatzes "nemo tenetur se ipsum accusare" ein Beschuldigter eine für ihn nachteilige Sache, so ist es der Disziplinarbehörde nicht aufgegeben, im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn den Bestand der in Abrede gestellten Tatsache nachzuweisen. Es genügt vielmehr, wie schon aus dem Wortlaut des § 45 Abs 2 AVG hervorgeht, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen möglichen Ereignissen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewißheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen läßt (Hinweis E , 84/16/0064). |
Normen | |
RS 4 | Das durch § 43 Abs 2 BDG zu schützende Rechtsgut ist - anders als bei der strafrechtlich geschützten Ehre - die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft. Das Verhalten zwischen Kollegen wird ua durch die Grundsätze der gegenseitigen Achtung und Kameradschaftlichkeit bestimmt. Greift daher ein akademisch gebildeter Beamter die Ehre eines ihn dienstlich untersuchenden Arztes dadurch an, dass er ihn als "riesengroßes Arschloch" bezeichnet, so werden hiedurch Anstand und Vertrauen, wie sie im Verhalten der Beamten untereinander geboten sind, erheblich verletzt. Nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten oder Kollegen stellt schon eine Dienstpflichtverletzung dar. Spontane mündliche Äußerungen im dienstlichen Umgang dürfen nicht "auf die Goldwaage gelegt werden". Unvereinbar mit der Pflicht zu einem achtungsvollen Verhalten ist es aber, wenn ein Beamter einen Kollegen auf die oben wiedergegebene Art und Weise beleidigt. |
Entscheidungstext
Kein Text vorhanden
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1989090076.X01 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-64365