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VwGH 15.03.1989, 88/16/0209

VwGH 15.03.1989, 88/16/0209

Rechtssätze


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Norm
FinStrG §89 Abs1;
RS 1
Bei dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme handelt es sich um eine Art vorläufiges Verfahren, das der zwangsweisen Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (Wegnahme) zum Zwecke ihrer Verwahrung dient und in dem Entscheidungen im Verdachtsbereich und keine endgültigen Lösungen zu treffen sind. Das Wesen der Beschlagnahme besteht darin, daß die freie Verfügungsgewalt über eine Sache vom Berechtigten auf die Finanzstrafbehörde übergeht. Als vorläufige Maßnahme endet sie entweder durch die Freigabe bzw Rückgabe des beschlagnahmten Gegenstandes oder durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0103 E VwSlg 6139 F/1986 RS 1
Normen
FinStrG §114;
FinStrG §115;
FinStrG §138 Abs2 litf;
FinStrG §17;
FinStrG §89 Abs1;
RS 2
Daß der Abgabenschuldner das mit Verfall "bedrohte" Finanzvergehen begangen hat, braucht im Zeitpunkt des Ausspruches der Beschlagnahme noch nicht nachgewiesen zu sein, weil diese Aufgabe ebenso wie die Feststellung, daß bestimmte Personen den Verfall gegen sich gelten zu lassen haben, erst dem Untersuchungsverfahren nach § 114 bis § 124 FinStrG und dem Straferkenntnis zukommt. Es genügt, wenn gegen den Abgabenschuldner ein Verdacht besteht. Es müssen hinreichende Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines mit der Sanktion eines (teilweisen) Vermögensverlustes - in der Gestalt des Verfalls - bedrohten Finanzvergehens in Frage kommt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 87/16/0164 E RS 3
Norm
FinStrG §89 Abs1;
RS 3
Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlich Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung einer Beschlagnahme nicht aus.
Norm
FinStrG §89 Abs1;
RS 4
Aus der konditionalen Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge mittels der Konjunktion "wenn" im Zusammenhang mit dem verbum legale "geboten ist", folgt, daß der Gesetzgeber die Beschlagnahme von der Voraussetzung abhängig machte, daß sie nach den Zielsetzungen des Rechtsinstitutes des Verfalls notwendig ist. In Ermangelung einer gesetzlichen Klärung ist eine für alle einschlägigen Fälle gültige Definition des "Gebotenseins" kaum möglich. Ungeachtet der Schwierigkeit, den Begriff des "Gebotenseins" der Beschlagnahme inhaltlich zu erfassen, kann doch kein Zweifel bestehen, daß das Kriterium des "Gebotenseins" in dem Gewicht und der Bedeutung des Schutzzweckes dieser Norm, eine Gefährdung der Sicherheit der Abgabenbelange hintanzuhalten, zu suchen ist (Gefahrenrelevanz). Eine solche Gefährdung der Abgabenbelange wird zB gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, daß der Eigentümer bzw Rechtsbesitzer den beschlagnahmten Gegenstand, in dessen Vermögenswerte Rechte die Beschlagnahme einzugreifen vermag, den Zielsetzungen des Verfalls zuwider, dem jederzeitigen Zugriff der Behörde entziehen werde.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0103 E VwSlg 6139 F/1986 RS 3

Entscheidungstext

Kein Text vorhanden

Zusatzinformationen


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ECLI
ECLI:AT:VWGH:1989:1988160209.X01
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-64176