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VwGH 27.10.1988, 88/16/0126

VwGH 27.10.1988, 88/16/0126

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Auch dann, wenn aus einer Erledigung eindeutig ihre Normativität erkennbar ist, ist die eindeutige Bezeichnung als Bescheid nicht in jedem Falle entbehrlich. Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) können auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben, wobei aus dem Inhalt der Erklärung noch nicht eindeutig geschlossen werden kann, ob es sich dabei um rechtsverbindliche Anordnungen im Bereich des öffentlichen Rechtes handelt. Ferner sind behördliche Erledigungen nicht nur in Bescheidform zu erlassen (zB Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen). In jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung essentiell. An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, ist hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihren Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (Hinweis B VS , 934/73, VwSlg 9458 A/1977).
Normen
RS 2
Die mündliche Verhandlung ist das Kernstück des Finanzstrafverfahrens. In ihr soll die Wahrheit endgültig festgestellt werden, und zwar in einer Weise, die nach allgemeiner Prozeßerfahrung größte Gewähr für die Erforschung der Wahrheit und zugleich für die bestmögliche Verteidigung des Beschuldigten und damit für ein richtiges Erkenntnis bietet. "Verhandeln" bedeutet, daß die Beteiligten in der gesetzlich geordneten Weise miteinander sprechen und das Gesprochene hören. Der Beschuldigte kann als Prozeßsubjekt auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten. Er hat einer Vorladung zu einer mündlichen Verhandlung grundsätzlich Folge zu leisten, allerdings steht es ihm in Ansehung des Grundsatzes "nemo tenetur se ipsum accusare" frei, sich zu dem ihm zur Last gelegten Finanzvergehen zu äußern oder zur Sache nichts auszusagen (sich "redend" oder "schweigend" zu verteidigen).
Normen
RS 3
Wenn der zur Entscheidung berufene Verhandlungsleiter im Interesse der Erforschung der materiellen Wahrheit und um die Persönlichkeit des Beschuldigten kennen zu lernen, den Antrag des Beschuldigten auf Einvernahme im Rechtshilfeweg als nicht im Interesse der Wahrheitsfindung liegend in der mündlichen Verhandlung ablehnt, so handelt es sich bei dieser Erledigung wie bei der Verweigerung der Akteneinsicht, der Ablehnung des Begehrens, eine Frist zur Stellungnahme zu einem Sachverständigengutachten einzuräumen (Hinweis B , 82/04/0233, VwSlg 10937 A/1982, dem Verbot, weitere Einwendungen vorzubringen und der Aufforderung, den Verhandlungsraum zu verlassen (Hinweis B , VfSlg 6810/1972), nur um eine verfahrensregelnde Anordnung ohne selbständigen Normcharakter iSd § 152 Abs 1 zweiter Satz FinStrG, die bloß den Gang des Verfahrens bestimmt und daher nicht selbständig bekämpft werden kann. Eine solche Anordnung kann nur mit dem gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis (Bescheid) zulässigen Rechtsmittels bekämpft werden. Die Rechtskraft des das Finanzstrafverfahren abschließenden Erkenntnisses (Bescheides) erfaßt auch die bloße verfahrensrechtliche Anordnung.

Entscheidungstext

Kein Text vorhanden

Zusatzinformationen


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Sammlungsnummer
VwSlg 6361 F/1988
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1988160126.X01
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-64155