VwGH 09.11.1988, 88/13/0145
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 | Ausführungen zur Frage der Berücksichtigung von Kosten für ein auswärtiges Studium als außergewöhnliche Belastung. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde der A in B, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ GA 5 - 2289/87, betreffend Lohnsteuernachforderung für 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Fachschullehrerin, beantragte am die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen für 1986. Hinsichtlich der Kosten des auswärtigen Studiums ihres Sohnes B führte sie in diesem Zusammenhang aus, daß er ab nicht mehr im Internat der von ihm besuchten Schule, des D in E, sondern in einem Privatquartier wohne. Da ein Nachweis über die bezahlten Mieten nicht erbracht werden könne, ersuchte die Beschwerdeführerin, die Mietaufwendungen mit einem Pauschalsatz von monatlich S 1.000,-- als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Das Finanzamt gab dem in Rede stehenden Antrag der Beschwerdeführerin statt und gewährte einen monatlichen Freibetrag von insgesamt S 5.550,--.
Anläßlich der Bearbeitung des Schulfahrtbeihilfenantrages für den oben genannten Sohn der Beschwerdeführerin stellte sich heraus, daß derselbe - entgegen den betreffenden Ausführungen seiner Mutter - auch in den Schuljahren 1985/86 und 1986/87 im Internat der Schule gewohnt habe und die Kosten für dasselbe wesentlich geringer seien, als der bei Berechnung der außergewöhnlichen Belastung der Beschwerdeführerin angenommene Pauschalbetrag.
Unter Hinweis auf § 82 Abs. 2 Z. 4 EStG 1972 nahm hierauf das Finanzamt unter eingehender Darstellung der von ihm durchgeführten Berechnung mit Widerrufs- und Nachforderungsbescheid die Beschwerdeführerin für Lohnsteuer in Höhe von S 5.566,-- in Anspruch.
Innerhalb offener Frist erhob diese gegen den Bescheid Berufung, in welcher sie zwar zugestand, daß ihr Sohn nach wie vor im Internat der von ihm besuchten Schule untergebracht sei, daß aber die zu bezahlenden, „der Höhe nach sehr günstigen“ Internatskosten „nicht den Gesamtaufwand“ darstellten. Es kämen nämlich zu dem bloßen „Heimbetrag“ noch Aufwendungen für zusätzliche Verpflegung, Getränke, Bettwäsche, Handtücher etc. hinzu. Da eine exakte Ermittlung des Gesamtaufwandes nicht möglich sei, wäre die Anwendung des beantragten Pauschalsatzes angemessen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Be-hörde die Berufung abgewiesen und die Lohnsteuernachforderung für das Kalenderjahr 1986 mit S 6.502,-- festgesetzt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:
Im Streitfall habe die Beschwerdeführerin dem Finanzamt gegenüber fälschlich behauptet, daß sich ihr Sohn B nicht mehr im Vollinternat der Schule befindet und die Mietaufwendungen für das von ihm ab angeblich bewohnte Privatzimmer nicht nachgewiesen werden könnten. Sie habe daher begehrt, diese Ausgaben mit einem monatlichen Pauschalbetrag im Rahmen der von ihr geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.
Als sich in der Folge herausgestellt habe, daß das Kind nach wie vor im Internat und nicht in einem Privatquartier wohne, „mußte das Finanzamt auf Grund der Vorschriften des § 82 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 die auf den zu Unrecht gewährten Freibetrag entfallende Lohnsteuer nachfordern“.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt sei festzustellen, daß die in Rede stehende Lohnsteuernachforderung auf Grund des Widerrufes eines Teiles des Freibetrages „grundsätzlich zu Recht besteht“.
Zu prüfen bleibe nun noch, in welcher Höhe der Beschwerdeführerin ein Freibetrag für ihren Sohn B zustehe. Das Finanzamt habe die tatsächlich anfallenden Internatskosten abzüglich einer Haushaltsersparnis von S 60,-- täglich pro Internatstag als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Beschwerdeführerin habe versucht darzustellen, daß ihr für das Kind wesentliche zu den Internatskosten zusätzliche Aufwendungen entstünden. Auf Grund dieser Ausführungen in der Berufung sei die belangte Behörde zu dem Schluß gelangt, daß der vom Finanzamt angesetzte Betrag für die Haushaltsersparnis zu hoch sei und daß tatsächlich nur eine solche in der Höhe von S 30,-- täglich angesetzt werden könne.
Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 34 Abs. 1 EStG 1972 in Verbindung mit § 140 ABGB müsse jedoch „festgestellt werden“, daß die Beschwerdeführerin nicht zwangsläufig die gesamten Internatskosten allein zu tragen habe. Ihr Ehemann, der Vater der Kinder, sei ebenfalls Fachschullehrer, „sodaß die Einkünfte der Eltern etwa gleich hoch sind“. Es läge daher für die Beschwerdeführerin „eine Zwangsläufigkeit der Kosten nur in der Höhe von 50 % vor“.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, liegt gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.
Gemäß § 82 Abs. 2 Z. 4 EStG 1972 wird der Arbeitnehmer (Steuerschuldner) nur in Anspruch genommen, wenn Freibeträge wegen Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnlicher Belastung auf der Lohnsteuerkarte für künftige Lohnzahlungszeiträume eingetragen worden sind und sich nachträglich ergibt, daß die betreffenden Aufwendungen nicht in der berücksichtigten Höhe getätigt worden sind.
Gemäß § 140 Abs. 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten anteilig beizutragen.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin anläßlich der Vorlage ihres Antrages auf Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen für 1986 dem Finanzamt mitteilte, ihr Sohn B wohne nicht mehr im Internat der von ihm besuchten Schule in E, sondern in einem Privatquartier, die dort bezahlte Miete könne nicht nachgewiesen werden, weshalb begehrt werde, dieselbe im Rahmen der Berechnung ihrer außergewöhnlichen Belastung mit einem monatlichen Pauschalbe-trag von S 1.000,-- anzusetzen. Außer Streit steht auch, daß diese Mitteilung an das Finanzamt falsch war, weil ihr Sohn - wie sich im Rahmen der Bearbeitung eines Schulfahrtbeihilfen-antrages herausstellte - auch im Streitjahr nach wie vor im Schulinternat wohnte. Die dafür bezahlten monatlichen Kosten waren unbestrittenermaßen wesentlich niedriger, als der oben genannte und vom Finanzamt zunächst auch berücksichtigte Pauschalbetrag.
Da sich demnach nachträglich ergab, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich nicht in der Höhe getätigt wurden, mit welcher sie in dem auf der Lohnsteuerkarte der Beschwerdeführerin für 1986 eingetragenen Freibetrag wegen außergewöhnlicher Belastungen Berücksichtigung gefunden hatten, hat das Finanzamt - wie die belangte Behörde richtig erkannte - zu Recht die Beschwerdeführerin gemäß § 82 Abs. 2 Z. 4 EStG 1972 in Anspruch genommen.
Wenn in der Beschwerde gerügt wird, die Beschwerdeführerin hätte im Rechtsmittelverfahren - allerdings ohne Nennung von konkreten Ziffern - behauptet, daß sie neben den Internatskosten auch noch andere Kosten (für zusätzliche Verpflegung, Bettwäsche etc.) für ihren auswärts studierenden Sohn B habe, die belangte Behörde sei jedoch in dem angefochtenen Bescheid auf diese Darlegungen nicht eingegangen, so erweist sich diese Behauptung - worauf in der Gegenschrift richtig hingewiesen wird - als aktenwidrig; hat doch die belangte Behörde unter Hinweis auf die in Rede stehenden Ausführungen der Beschwerdeführerin die von der ersten Instanz mit S 60,-- täglich pro Internatstag angenommene Haushaltsersparnis auf S 30,-- vermindert. Daß aber mit dieser Vorgangsweise nicht ohnehin den betreffenden zusätzlichen Aufwendungen der Beschwerdeführerin entsprechend Rechnung getragen wurde, wird in der vorliegenden Beschwerde konkret ebensowenig behauptet, wie die Höhe des im angefochtenen Bescheid errechneten Lohnsteuernachforderungs-betrages ausdrücklich bestritten wird.
Wenn schließlich im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf § 140 ABGB die Auffassung vertreten wird, daß von den in Rede stehenden Aufwendungen der Beschwerdeführerin nur 50 % zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972 erwachsen sind, so ist - im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt - auch diesbezüglich der belangten Behörde beizustimmen; hat doch die Beschwerdeführerin nie die von der belangten Behörde ausgesprochene Ansicht in Frage gestellt, daß ihre und ihres Gatten (des Vaters des Sohnes B) Einkommens- und Lebensverhältnisse (beide Ehepartner sind als Fachschullehrer tätig) im wesentlichen gleich seien.
Da aber gemäß § 140 Abs. 1 ABGB für die Eltern die Verpflichtung besteht, nach ihren Kräften anteilig zur Deckung der
Bedürfnisse eines Kindes beizutragen, kann der belangten Behörde mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf den unbestrittenen Sachverhalt zu dem Schluß gelangt, die in Rede stehenden Aufwendungen seien der Beschwerdeführerin zwangsläufig nur zu 50 % erwachsen, weil nach der Gesetzeslage die weiteren 50 % von ihrem Ehegatten zu tragen wären.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie und ihr Ehemann hätten sich intern geeinigt, daß jeder von ihnen für die Kosten eines ihrer gemeinsamen Kinder aufkommen müßte und im Rahmen dieser Vereinbarung die Tragung der Kosten für den Sohn B zur Gänze auf sie entfiele.
Da sich sohin der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1988:1988130145.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-63927