VwGH 12.12.1989, 88/08/0272
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (Hinweis E , 154/80). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 85/08/0019 E RS 1 |
Norm | |
RS 2 | Nach der Rechtsprechung des VwGH spricht die Vermutung im Verhältnis zwischen minderjährigen Kindern und ihren Eltern für den Ausfluss einer familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung. Die Begründung eines Dienstverhältnisses zwischen mj Kindern und ihren Eltern ist eher als Ausnahmefall (atypisch) anzusehen (Hinweis auf E , 82/08/0019). Im Verhältnis zwischen volljährigen Kindern und Eltern gilt diese Vermutung nicht (Hinweis auf E , 84/08/0188). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 87/08/0036 E RS 6 |
Normen | |
RS 3 | Ausführungen zur Abgrenzung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 4 Abs 2 ASVG von einer familienrechtlich oder familienhaft ausgeübten Beschäftigung. (Dass die Tochter im Landwirtschaftsbetrieb ihres Vaters nur gegen freie Station und Taschengeld beschäftigt ist, schließt den Bestand eines - nach § 1 Abs 2 lit d AlVG arbeitslosenversicherungsfreien - Dienstverhältnisses noch nicht aus.) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 87/08/0036 E RS 5
(hier: Mitarbeit im elterlichen Hotelbetrieb) |
Normen | |
RS 4 | Zur Lösung der Frage, ob familienhafte Mitarbeit oder ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis vorliegt, ist auch von Bedeutung ob gewährte Leistungen ein von der Tätigkeit abhängiges Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft waren. (Hinweis auf E vom , 1859/77) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 84/08/0187 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Puck, Dr. Sauberer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde der FL in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Dr. Ernst Biel, Rechtsanwalt in Wien I, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 122.751/2-7/88, betreffend Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Wien XXI, Friedrich Hillegeiststraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Weiterversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten gemäß § 17 ASVG abgelehnt. Begründet wurde dies nach Anführung des § 17 Abs. 4 und Abs. 5 ASVG damit, daß die durchgeführten Erhebungen ergeben hätten, daß die Beschwerdeführerin zuletzt am aus der Pflichtversicherung ausgeschieden sei. Eine Zeit im Sinne des § 17 Abs. 5 ASVG habe sie vom bis nachgewiesen. Das Recht auf Weiterversicherung habe sie daher nicht fristgerecht geltend gemacht. Die Voraussetzung des § 17 Abs. 6 ASVG, wonach die Beschwerdeführerin das Recht auf Weiterversicherung jederzeit geltend machen bzw. eine beendete Weitersicherung erneuern könnte, wenn mindestens 120 Versicherungsmonate nachgewiesen seien, sei ebenfalls nicht erfüllt.
Im Einspruch gegen diesen Bescheid vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß sie die erforderliche Mindestanzahl von Versicherungsmonaten (120) erworben habe, weil sie in den Jahren von 1942 bis 1975 länger als 120 Monate versichert gewesen sei.
Im Einspruchsverfahren wurde die Beschwerdeführerin als Partei vernommen. Anläßlich der Niederschrift vom gab sie an, sie habe nach Schluß ihrer Lehrzeit im Jahre 1945 im Hotel K im elterlichen Betrieb bis Ende 1948 gearbeitet. Sie habe überall ausgeholfen, wo sie gebraucht worden sei, auch in der Küche. Hinsichtlich der Arbeitszeit gab sie an, daß sie eingesetzt worden sei, wann sie gebraucht worden sei. Eine fixe Arbeitszeit habe es nicht gegeben. Der elterliche Betrieb sei ohne Ruhetag durchlaufend geöffnet gewesen. Sie habe keinen fixen Lohn bezogen, sie habe lediglich Essen und Wohnung zu Hause gehabt; sie habe nur Trinkgeld erhalten, wenn sie beim Servieren eingeteilt gewesen sei, sonst jedoch keinerlei weitere Geldbeträge. Während dieser Zeit habe sie auch gleichzeitig als Komparsin, wenn auch nur tageweise, gearbeitet. Ein ehemaliger Gast im Betrieb der Mutter der Beschwerdeführerin wurde als Zeuge vernommen, er bestätigte im wesentlichen die Angaben der Beschwerdeführerin.
Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Wien den Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt ab. Begründend wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, nach den Bestimmungen des § 17 Abs. 4 und 6 ASVG könne das Recht auf Weiterversicherung binnen sechs Monaten nach Ausscheiden aus der Pflichtversicherung geltend gemacht werden, während bei Nachweis von 120 erworbenen Versicherungsmonaten jederzeitige Antragstellung möglich sei. Im Gegenstande seien nur 113 Versicherungsmonate nachgewiesen und es sei strittig, ob aus der Tätigkeit im mütterlichen Betrieb weitere Versicherungszeiten realisiert werden könnten. Hiebei sei grundsätzlich davon auszugehen, daß sowohl Beitrags- als auch Ersatzzeiten als Versicherungszeiten zur Anrechnung zu kommen hätten und es um die Frage gehe, ob die im Gast- und Kaffeehaus der Mutter zurückgelegten Tätigkeiten Ersatzzeiten nach § 229 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG begründet hätten. Solche Ersatzzeiten seien anrechenbar, wenn sie auf Tätigkeiten basierten, die bei früherem Wirksamkeitsbeginn des ASVG die Versicherungspflicht nach diesem Bundesgesetz begründet hätten. Unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 2 ASVG sei hiebei nur von einer regelmäßigen Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen. Persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit seien jedoch aus den innerbetrieblichen Tätigkeitsmerkmalen der Beschwerdeführerin im mütterlichen Betrieb nicht zu erkennen. Vielmehr sei die nach Bedarf an verschiedenen Arbeitsplätzen ausgeübte Tätigkeit als familienhafte Mithilfe zu qualifizieren. Diese familienhafte Mithilfe komme schon darin zum Ausdruck, daß die Beschwerdeführerin von ihrer Mutter immer wieder überall dort, wo sie gerade benötigt worden sei - fallweise auch nur im Haushalt -, zu zeitmäßig nicht mehr abgrenzbaren Tätigkeiten verschiedener Art herangezogen worden sei, was selbst bei einem Dienstnehmer, der wohl nur eine Rahmenarbeitszeit, so doch einen fixen oder zumindest abgegrenzten Arbeitsbereich habe, undenkbar sei. Hiezu komme, daß die Beschwerdeführerin aus familienhafter Verpflichtung heraus faktisch für alle anfallenden Arbeiten bereit sein habe müssen, wobei jedoch in keiner Weise hervorgekommen sei, daß sie gleich einem "fixbeschäftigten" Dienstnehmer nicht in der Lage gewesen wäre, Arbeitsverrichtungen aus triftigen persönlichen Gründen, etwa anderweitigen gleichzeitigen Verrichtungen, abzulehnen. Im weiteren sei die Beschwerdeführerin, schon aus der Art und Weise ihrer verschiedenartigen und an verschiedenen Arbeitsplätzen ausgeübten Tätigkeit heraus, keiner disziplinären Verantwortlichkeit unterlegen und auch nicht in wirtschaftliche Abhängigkeit gekommen, da sie kein Entgelt bezogen habe und demnach nicht davon gesprochen werden könne, sie hätte aus ihrer Tätigkeit im mütterlichen Betrieb überwiegend ihren Lebensunterhalt bestritten. Dies selbst dann nicht, wollte man die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung in der elterlichen Wohnung als Sachleistung qualifizieren, da eine innerhalb der Familie erbrachte Sachleistung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne keinesfalls exakt der Höhe nach bewertbar sei, sondern sich vielmehr an dem sozialen Standard der betreffenden Familie ausrichte. Die Voraussetzungen des Erwerbes einer Ersatzzeit im strittigen Zeitraum 1946 bis 1948 lägen daher aus den Tätigkeitsmerkmalen der Beschwerdeführerin im mütterlichen Betrieb nicht vor, weswegen diese Zeiten, abgesehen von ihrer Unbestimmbarkeit, den erworbenen 113 Versicherungsmonaten nicht als weitere Versicherungszeiten zugerechnet werden könnten. Die Anrechnung ausländischer Versicherungszeiten sei im ASVG nicht vorgesehen.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die Zeit ihrer Tätigkeit im Betrieb ihrer Mutter in den Jahren 1946 bis 1948 sei sehr wohl als Ersatzzeit gemäß § 229 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG zu werten, weil sie vollwertig eine fremde Arbeitskraft ersetzt habe und dem Betrieb im wesentlichen sowie jeder andere unselbständige Arbeiter zur Verfügung habe stehen müssen. Es werde daher beantragt, in Abänderung des bekämpften Bescheides festzustellen, daß die Beschwerdeführerin zur freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt sei, in eventu werde beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und eine allenfalls erforderliche Verfahrensergänzung anzuordnen bzw. durchzuführen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Zu den Berufungsausführungen wurde bemerkt, daß sie nicht geeignet seien, eine Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien zu bewirken. Insbesondere sei die Tatsache unbestritten geblieben, daß die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Weiterversicherung () anstelle der für die Erfüllung der Vorversicherungszeit gemäß § 17 Abs. 6 ASVG notwendigen 120 Versicherungsmonate nur 113 Versicherungsmonate habe nachweisen können. Wenn das Berufungsbegehren nun dahingehe, die Zeit der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im elterlichen Betrieb in den Jahren 1946 bis 1948 als Ersatzzeit im Sinne des § 229 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG festzustellen, so sei zu einer derartigen Feststellung, die bisher nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei, nicht die belangte Behörde als Berufungsinstanz, sondern der betreffende Versicherungsträger zuständig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im wesentlichen wurde ausgeführt, die Ausübung der Beschäftigung im Betrieb der Mutter der Beschwerdeführerin sei durchaus als den Bestimmungen des ASVG, rückwirkend auf den Zeitpunkt der Tätigkeit bezogen, unterliegend anzusehen gewesen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift. Die mitbeteiligte Partei legte eine Gegenschrift vor, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 4 ASVG ist das Recht auf Weiterversicherung bis zum Ende des sechsten auf das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung bzw. auf das Ende des Anspruches auf die laufende Leistung folgenden Monates geltend zu machen. In den Fällen, in denen gemäß § 410 Abs. 1 Z. 1 oder 2 ein Bescheid zu erlassen ist, beginnt diese Frist mit dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens. Gemäß Abs. 6 leg. cit. können Personen, die 120 Versicherungsmonate erworben haben, das Recht auf Weiterversicherung jederzeit geltend machen oder eine beendete Weiterversicherung erneuern.
Unbestritten ist, daß für die Beschwerdeführerin jedenfalls 113 Versicherungsmonate nachgewiesen sind, daß die Beschwerdeführerin mit aus der Pflichtversicherung ausgeschieden ist und den Antrag auf Weiterversicherung am stellte. Strittig ist, ob aus der Tätigkeit im mütterlichen Betrieb weitere Versicherungszeiten realisiert werden können. Bei Anrechnung von wenigstens 7 Monaten als Ersatzzeiten oder Versicherungszeiten aus der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Betrieb ihrer Mutter in den Jahren zwischen 1946 bis 1948 hätte die Beschwerdeführerin jederzeit, somit auch zehn Jahre nach Beendigung ihres Ausscheidens aus der Pflichtversicherung, den Antrag um Weiterversicherung stellen können.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war die Frage, ob aus der Tätigkeit im mütterlichen Betrieb weitere Versicherungszeiten realisiert werden können, Gegenstand des unterinstanzlichen Verwaltungsverfahrens (Tatbestandsmoment des Hauptgegenstandes der Berechtigung zur Weiterversicherung, die allein Spruchgegenstand war) und damit "Sache" der Berufungsentscheidung im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950.
Als Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung der Arbeiter bzw. in der Pensionsversicherung der Angestellten gelten gemäß § 229 Abs. 1 Z. 4 lit. a ASVG Zeiten aus der Zeit vor dem , für die der Versicherte die Ausübung einer Beschäftigung im Betriebe der Eltern, Großeltern, Wahl- oder Stiefeltern, die bei früherem Wirksamkeitsbeginn der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Pflichtversicherung in der Pflichtversicherung begründet hätten, nachweist. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Maßgebend ist im Beschwerdefall, ob die Beschwerdeführerin im Betrieb ihrer Mutter in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt oder auf Grund familienrechtlicher Verpflichtungen oder in sonstiger Weise familienhaft beschäftigt war.
Die Beantwortung der Frage, ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages oder im Rahmen bloß familienhafter Beziehungen) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/08/0061, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 83/08/0200, Slg. Nr. 12325). Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Demnach kann zwar persönliche Abhängigkeit nicht ohne wirtschaftliche Abhängigkeit, wohl aber wirtschaftliche Abhängigkeit bei persönlicher Unabhängigkeit bestehen (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/08/0061 sowie vom , Zl. 87/08/0036). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes spricht die Vermutung im Verhältnis zwischen minderjährigen Kindern und ihren Eltern für den Ausfluß einer familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung, die Begründung eines Dienstverhältnisses zwischen solchen Kindern und ihren Eltern ist eher als Ausnahmefall (atypisch) anzusehen. Im Verhältnis zwischen volljährigen Kindern und ihren Eltern gilt diese Vermutung nicht (Erkenntnisse vom , Zl. 84/08/0188, sowie vom , Zl. 87/08/0036)
Die Beschwerdeführerin ist am geboren. Sie war daher während des überwiegenden Teiles der Beschäftigung im Betrieb ihrer Mutter bereits volljährig.
Im zuletzt genannten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, da gerade in Fällen der Verwandtenmitarbeit zumeist klare und eindeutige, ja vielfach überhaupt ausdrückliche Vereinbarungen fehlten, müsse der Parteiwille zumeist durch eine nicht immer einfache Ausdeutung des Verhaltens unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles ermittelt werden. In diesem Erkenntnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluß, um zureichend beurteilen zu können, ob eine Beschäftigung auf Grund einer familienrechtlichen Verpflichtung oder auf Grund einer ausdrücklichen oder schlüssigen Vereinbarung in einem Dienstverhältnis ausgeübt worden sei, bedürfe es konkreter Feststellungen über den für die Beurteilung des Vorliegens eines solchen Dienstverhältnisses maßgebenden Sachverhalt, insbesondere über die persönliche Arbeitspflicht, die Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse. Der Ansicht des Landeshauptmannes von Wien, es sei ein Dienstverhältnis schon deshalb zu verneinen, weil die Beschwerdeführerin nicht in wirtschaftliche Abhängigkeit gekommen sei, da sie kein Entgelt bezogen habe und demnach nicht davon gesprochen werden könne, sie hätte aus ihrer Tätigkeit im mütterlichen Betrieb überwiegend ihren Lebensunterhalt bestritten, kann in dieser generellen Formulierung nicht beigepflichtet werden.
Mit Erkenntnissen vom , Zl. 1859/77, und vom , Zl. 84/08/0187, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß zur Klärung der Frage, ob familienhafte Mitarbeit oder ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis vorlag, auch die Feststellung beitragen kann, ob gewährte Leistungen ein von der Tätigkeit im elterlichen Betrieb abhängiges Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft waren.
Ausgehend von der irrigen Rechtsansicht, die Frage, ob die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Betrieb ihrer Mutter in der Zeit zwischen 1946 bis 1948 als Ersatzzeit im Sinne des § 229 Abs. 1 Z. 4 ASVG festzustellen sei, sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, hat die belangte Behörde jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine familienhafte Mithilfe oder ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis vorlag, unterlassen.
In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde in der Folge Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie im Hinblick auf die oben dargelegte Rechtslage zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1988080272.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-63814