VwGH 17.01.1989, 88/05/0259
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Im Baubewilligungsverfahren hat der Nachbar nur ein beschränktes Mitspracherecht; ein solches ist bei der Frage der Einhaltung eines Bauverbotes wegen mangelnder Anbaureife nach § 19 Abs 1 lit e BauO Wr nicht gegeben (Hinweis auf E , 88/05/0108). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der TH in W, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Rechtsanwalt in Wien I, Stadiongasse 6 - 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR - B XIII - 27/86, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: DG und MG in W, vertreten durch DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwalt in Wien I, Börsegasse 12), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom versagte der Wiener Magistrat den mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf der Liegenschaft Wien, H-gasse 20. Auf Grund der dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Berufung änderte die Bauoberbehörde für Wien mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom die erstinstanzliche Erledigung dahingehend ab, daß die angestrebte Baubewilligung unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt wurde. Die Baubehörde zweiter Instanz begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß entgegen der Auffassung der Behörde erster Instanz jedenfalls eine Ausnahme von einem bestehenden Bauverbot der mangelnden Anbaureife gemäß § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 der Bauordnung für Wien zu gewähren wäre. Was die Frage der Zufahrt anlange, besitze ein Nachbar kein subjektiv-öffentliches Recht, sodaß die beschwerdeführende Nachbarin in keinem Recht verletzt worden sei. Ob die Nachbarin berechtigt sei, die Ausführung des aus öffentlich-rechtlicher Sicht zulässigen Bauvorhabens auf Grund eines Privatrechtstitels zu unterbinden, müßte vom ordentlichen Gericht entschieden werden. Wenn die Nachbarin physischer Besitzer einer nach § 17 der Bauordnung für Wien in das Eigentum der Stadt Wien bereits abgetretenen Verkehrsfläche sei, so könnte dieses Recht der Erteilung der Baubewilligung nicht entgegenstehen. Das Bauvorhaben entspreche im übrigen auch dem örtlichen Stadtbild; letzteres wurde im einzelnen näher begründet.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführerin behauptet, die Zugänglichkeit zum Bauplatz der Bauwerber sei nicht gegeben, weil sie hinsichtlich der noch nicht ausgebauten Verkehrsfläche nutzungsberechtigt sei und dem Vorhaben nicht zugestimmt habe. In Wahrheit liege die Voraussetzung für eine Ausnahme von einem Bauverbot wegen mangelnder Anbaureife nicht vor. Der Beschwerdeführerin müsse es auch unbenommen bleiben, als Anrainerin geltend zu machen, inwieweit das örtliche Stadtbild durch das nunmehr bewilligte Projekt beeinträchtigt werde.
Dem Beschwerdevorbringen kommt keine Berechtigung zu. Nach § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 (vgl. Art. III Abs. 2 der Novelle LGBl. Nr. 28/1987) sind im Baubewilligungsverfahren auch die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.
Diese gesetzliche Regelung läßt erkennen, daß der Nachbar im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nicht schlechthin einen Rechtsanspruch auf Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen besitzt, sondern nur jener, die auch dem Schutz der Nachbarn dienen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0108, ausgesprochen und näher begründet, daß der Nachbar auf die Einhaltung eines Bauverbotes wegen mangelnder Anbaureife nach § 19 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien keinen Rechtsanspruch besitzt. Dementsprechend hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ein diesbezügliches subjektiv-öffentliches Recht der Beschwerdeführerin zutreffend verneint. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Baubewilligung nur den Ausspruch zum Inhalt hat, daß gegen die geplante Bauführung aus öffentlichen, von der Baubehörde wahrzunehmenden Rücksichten keine Bedenken bestehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 7586/A). Mit der Erteilung der Baubewilligung ist also keineswegs gesagt, daß nicht etwa ein Privatrechtstitel der Verwirklichung des baubehördlich bewilligten Vorhabens entgegenstehen könnte, wie auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht ausgeführt wurde. Die Baubehörde hatte demgemäß nicht zu prüfen, ob eine tatsächliche Benutzung von Grundflächen durch die Beschwerdeführerin der Verwirklichung des Bauvorhabens entgegensteht oder nicht. Es treffen daher die Ausführungen in der Beschwerde nicht zu, daß durch die Erteilung der Baubewilligung an die Bauwerber diesen Befugnisse eingeräumt worden seien, die einen Eingriff in die privatrechtliche Sphäre der Beschwerdeführerin darstellen.
Wenn die Beschwerdeführerin weiters behauptet, daß es ihr unbenommen bleiben müsse, als Anrainerin eine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes geltend zu machen, so verkennt sie gleichfalls die Rechtslage, weil ihr die Bauordnung für Wien, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/05/0015, BauSlg. Nr. 718, u.a.), in diesem Zusammenhang ein subjektiv-öffentliches Recht nicht einräumt.
Soweit die Beschwerdeführerin ganz allgemein behauptet, sie hätte keine Möglichkeit gehabt, als Partei im Verfahren Einwendungen zu erheben, so übersieht sie, daß sie als neuer Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft in die Rechtsstellung ihres Vorgängers eingetreten ist, dieser aber dem Verfahren beigezogen worden war, wie das in Durchschlag vorgelegte Schreiben des Vertreters der Beschwerdeführerin vom eindeutig erkennen läßt (vgl. hiezu etwa auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 3847/A).
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1988050259.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-63718