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VwGH 28.09.1988, 88/02/0129

VwGH 28.09.1988, 88/02/0129

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §22
StVO 1960 §5 Abs1
VStG §24
ZustG §21 Abs1
RS 1
Die Zustellung eines Berufungsbescheides betreffend Bestrafung wegen Übertretung gem § 5 Abs 1 StVO muss nicht zu eigenen Handen erfolgen. Dies ist nur dann erforderlich, wenn die mit dem Bescheid verbundenen Rechtsfolgen im Vergleich mit anderen Bescheiden in ihrer Bedeutung und Gewichtigkeit über dem Durchschnitt liegen (Hinweis auf B , 1144/67 und E , 87/10/0077).
Normen
VStG §31 Abs3
VwRallg
ZustG §13 Abs4
ZustG §21 Abs1
RS 2
Die Weisung des Rechtsanwaltes an die Kanzleiangestellte, ihm "Ersatzzustellungen" nicht vor einem bestimmten Termin vorzulegen, hat keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit der Zustellung und ist daher für die Strafbarkeitsverjährung gem § 31 Abs 3 VStG bedeutungslos.
Normen
ZustG §13 Abs4
ZustG §21 Abs1
RS 3
Die im § 13 Abs 4 ZustG genannten "Angestellten des Parteienvertreters" sind keine Ersatzempfänger. An sie dürfen daher auch solche Sendungen zugestellt werden, bezüglich derer eigenhändige Zustellung angeordnet ist (Hinweis auf E , 86/07/0135).
Normen
AVG §58 Abs1
VStG §24
VStG §43
VwRallg
RS 4
Die Bezeichnung "Straferkenntnis" widerspricht nicht dem § 58 Abs 1 AVG.
Normen
AVG §56
AVG §58 Abs2
AVG §60
VStG §44 Abs1 Z7
VStG §46 Abs2
RS 5
Mängeln der Begründung eines Bescheides kommt Wesentlichkeit in Hinsicht auf den Bescheidcharakter einer Erledigung nicht zu (Hinweis auf E , 85/02/0194). (hier: Begründung auf "Beiblatt")
Normen
VwGG §28 Abs1 Z1
VwGG §28 Abs1 Z2
VwGG §34 Abs1
RS 6
Gegenstand einer VwGH-Beschwerde kann nur der angefochtene Berufungsbescheid und nicht das erstinstanzliche Straferkenntnis sein, weshalb das Vorliegen von Begründungsmängeln im erstinstanzlichen Straferkenntnis vor dem VwGH nicht mit Erfolg behauptet werden kann.
Norm
AVG §17 Abs1
RS 7
§ 17 Abs 1 AVG spricht zwar nicht gegen die Übersendung eines Aktes, legt der Behörde aber auch nicht die Verpflichtung zu einer Übersendung des Verwaltungsaktes an die von der Partei gewünschte Behörde zum Zwecke der leichteren Ermöglichung der Akteneinsicht auf (Hinweis E , 0511/66, VwSlg 7074 A/1967).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/03/0161 E RS 1
Normen
AVG §45 Abs2
VwGG §42 Abs2 litc Z3
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
RS 8
Ein von einem bestimmten Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs 2 lit c Z 3 VwGG 1965 losgelöstes subjektives Recht des Beschwerdeführers, dass nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" von der Verwaltungsbehörde vorgegangen werde, stellt im Verfahren über die Bescheidbeschwerde keinen tauglichen Beschwerdegrund dar.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 83/03/0379 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des FB in W, vertreten durch Dr. Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, Friedhofstraße 6/II, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. VerkR-7386/3-1988-II/H, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am um 4.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand an einem näher bezeichneten Ort gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO begangen zu haben. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt sowie der Einsatz von Barauslagen vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst die Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu teilen, daß die belangte Behörde im Grunde des § 22 zweiter Satz AVG 1950 (in Verbindung mit § 24 VStG 1950) verhalten gewesen wäre, die Zustellung des angefochtenen Bescheides zu eigenen Handen zu bewirken. Dies wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn die mit dem Bescheid verbundenen Rechtsfolgen im Vergleich mit anderen Bescheiden in ihrer Bedeutung und Gewichtigkeit über dem Durchschnitt lägen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/10/0077). Dies ist jedoch nicht der Fall. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Beschluß vom , Zl. 1144/67, die Rechtsansicht vertreten, daß die Behörde nicht verpflichtet war, die eigenhändige Zustellung des Berufungsbescheides betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe anzuordnen. Gleiches gilt für den hier angefochtenen Bescheid. Die von einer verfehlten Rechtsansicht abgeleiteten Ausführungen des Beschwerdeführers vermögen daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides (insbesondere auch nicht unter dem Blickwinkel einer behaupteten Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs. 3 VStG 1950) darzutun. Die am nach § 13 Abs. 4 erster Satz Zustellgesetz bewirkte Ausfolgung des angefochtenen Bescheides an eine Kanzleiangestellte des Beschwerdevertreters ist als rechtswirksame Zustellung anzusehen, wobei im übrigen vermerkt wird, daß solche "Angestellten des Parteienvertreters" nach der hg. Rechtsprechung (vgl. den Beschluß vom , Zlen. 86/07/0135, 0136) keine Ersatzempfänger sind und an sie daher auch solche Sendungen zugestellt werden dürften, bezüglich deren eigenhändige Zustellung angeordnet wäre. Die behauptete Weisung des Beschwerdevertreters an seine Kanzleiangestellten, ihm "Ersatzzustellungen" der belangten Behörde nicht vor dem vorzulegen, vermochte keinen Einfluß auf die erwähnte Rechtswirksamkeit der Zustellung zu bewirken.

Was die vom Beschwerdeführer behauptete Mangelhaftigkeit des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz vom anlangt, ist zu bemerken: Es ist unzutreffend, daß die Bezeichnung dieses Bescheides nur als "Straferkenntnis" der Vorschrift des § 58 Abs. 1 AVG 1950 widerspricht. Der Beschwerdeführer übersieht, daß im VStG 1950 an mehreren Stellen der Begriff "Straferkenntnis" für die Bezeichnung des erstinstanzlichen Bescheides vorkommt (vgl. etwa § 43 leg. cit.) und daher diese Bezeichnung des erstinstanzlichen Bescheides sich "aus diesem Gesetze" (vgl. § 24 VStG 1950) ergibt.

Weiters kann dahingestellt bleiben, ob es zulässig war, die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses teilweise in einem "Beiblatt" diesem anzufügen und eine Unterfertigung nur auf dem ersten Blatt vorzunehmen. Einerseits deshalb, weil Mängeln der Begründung eines Bescheides Wesentlichkeit in Hinsicht auf den Bescheidcharakter einer Erledigung nicht zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/02/0194) und andererseits nur der angefochtene Berufungsbescheid und nicht das erwähnte Straferkenntnis Gegenstand der vorliegenden Beschwerde sein kann. Letzteres ist dem Beschwerdeführer auch zu dem Einwand behaupteter Mängel der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu erwidern.

Soweit der Beschwerdeführer eine Reihe von Verfahrensmängeln aufzuzeigen versucht, ist ihm zunächst die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach solche Mängel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, das heißt wenn die belangte Behörde bei Unterbleiben derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Solches vermag der Gerichtshof im vorliegenden Fall allerdings nicht zu erkennen. Insbesondere braucht sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob die belangte Behörde ihre Überzeugung, der Beschwerdeführer habe das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, auch auf andere bei diesem festgestellte Symptome, etwa den Nystagmuswert, stützen konnte, nicht näher auseinandersetzen, weil beim Beschwerdeführer anläßlich der am Tattag um 4.25 Uhr vorgenommenen klinischen Untersuchung durch den Gemeindearzt Dr. K - worauf in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend verwiesen wird -

eine träge Pupillenreaktion festgestellt wurde, welche nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein eindeutiges Merkmal des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO darstellt. Das im Verfahren vor der Behörde erster Instanz abgegebene Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen Dr. P läßt keineswegs einen gegenteiligen Schluß zu, insbesondere läßt sich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - daraus nicht entnehmen, daß dieser Amtssachverständige die medizinische Beurteilung des Dr. K, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit alkoholbeeinträchtigt gewesen, nicht teile. Sohin bestand für die belangte Behörde auch kein Grund, ein neuerliches bzw. ergänzendes Gutachten eines medizinischen Sachverständigen einzuholen; von einem "Zweifel" kann in dieser Hinsicht keine Rede sein.

Auch vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht damit darzutun, daß den Anträgen seines Vertreters auf Aktenübersendung nicht entsprochen wurde, weil ein solcher Anspruch nicht besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/03/0274). Daß dem Beschwerdeführer lediglich eine Durchschrift des "Erhebungsbogens zur Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung" (mit der entsprechenden Befundung über die klinische Untersuchung am ) zur Einsicht vorgelegt wurde, kann nach der Aktenlage zwar zutreffen, doch vermag der Verwaltungsgerichtshof die Wesentlichkeit eines davon abgeleiteten Verfahrensmangels nicht zu erkennen.

Schließlich sei zu einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen vermerkt, daß der Grundsatz "in dubio pro reo", losgelöst von bestimmten Verfahrensrügen, keinen tauglichen Beschwerdegrund vor dem Verwaltungsgerichtshof darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/02/0113).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §17 Abs1
AVG §22
AVG §45 Abs2
AVG §56
AVG §58 Abs1
AVG §58 Abs2
AVG §60
StVO 1960 §5 Abs1
VStG §24
VStG §31 Abs3
VStG §43
VStG §44 Abs1 Z7
VStG §46 Abs2
VwGG §28 Abs1 Z1
VwGG §28 Abs1 Z2
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 litc Z3
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwRallg
ZustG §13 Abs4
ZustG §21 Abs1
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel
Berufungsverfahren
Bescheidcharakter Bescheidbegriff
Beweismittel Beschuldigtenverantwortung
Individuelle Normen und Parteienrechte Diverses VwRallg9/5
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6
Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag
Verfahrensbestimmungen Diverses
Verfahrensrecht
Zustellung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1988020129.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-63613