VwGH 12.11.1987, 87/16/0095
VwGH 12.11.1987, 87/16/0095
Rechtssätze
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Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 1 | Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird im Bereich der Zivilprozessordnung als leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfen nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 86/11/0132 B RS 2 |
Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 2 | Eine grob fahrlässige Verletzung der zumutbaren Sorgfaltspflicht liegt dann vor, wenn Eingangsvermerke auf Schriftstücken nicht unmittelbar nach deren Einlangen, sondern erst nach Übergabe derselben an andere Abteilungen (in einem Großbetrieb) angebracht werden. Es besteht bei einer derartigen Vorgangsweise keine Gewähr, dass Schriftstücke mit dem richtigen Eingangsstempel versehen werden und so der Lauf der Frist unrichtig berechnet wird. |
Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 3 | Es mangelt der Organisation des Bf (hier AG) an einem Mindestmaß an Effizienz, wenn Schriftstücke mehrfach kopiert werden und sich auf diesen Schriftstücken zwar immer nur jeweils eine Paraphe befindet, sich die betreffenden Paraphen aber nicht gleichen, weil bei einer derartigen Vorgangsweise nicht mehr bzw nur unter großen Schwierigkeiten festgestellt werden kann, welche Personen in die Schriftstücke Einsicht genommen haben und welche Verfügungen getroffen worden sind. Zumindest die zuletzt mit dem Bescheid der bel Beh beschäftigte Person müsste feststellen, ob alle Maßnahmen, die zur Einbringung einer VwGH-Beschwerde erforderlich sind, getroffen wurden. Die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde durch Vertrauen auf einen falschen Eingangsstempel der Rechtsabteilung der bf Partei (hier ein Tag später als der Eingang im Postbuch der bf Partei ausgewiesen ist) auf dem bekämpften Bescheid erfolgt nicht mehr bloß auf Grund eines minderen Grades des Versehens. |
Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 4 | Bringt der Bf auf dem bei ihm einlangenden Bescheid keinen Vermerk "eingelangt am", sondern nur den Datumsstempel an, so kann der RA des Bf nicht erkennen, wann dem Bf der Bescheid tatsächlich zugestellt worden ist. Sieht der RA den Datumsstempel als Tag der Zustellung an und unterlässt er es daher, sich beim Bf nach dem tatsächlichen Zeitpunkt der Zustellung zu erkundigen, so stellt sein Verhalten eine grobe Verletzung der ihm zumutbaren Sorgfalt bei der Wahrung von Fristen und Terminen dar. |
Entscheidungstext
Kein Text vorhanden
Zusatzinformationen
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Sammlungsnummer | VwSlg 6265 F/1987 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1987160095.X01 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-63526