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VwGH 20.10.1988, 87/08/0118

VwGH 20.10.1988, 87/08/0118

Rechtssätze


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Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 1
Die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Person darf nicht mit Lohnabhängigkeit, also mit dem Angewiesensein des Beschäftigten auf das Entgelt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, gleichgesetzt werden. Sie ist vielmehr bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 81/08/0061 E VwSlg 11361 A/1984 RS 7
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 2
Stellt die Tätigkeit eines Auftragnehmers aufgrund ihrer Kürze keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht dar, so bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass es im wesentlichen darauf ankomme, was zwischen Auftraggeber und -nehmer vereinbart worden ist (hier wurden bis zum Eintritt eines Unfalles am 1. Arbeitstag durch 31/2 Stunden Verputzarbeiten am Hause des Bf durchgeführt).
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 3
Verpflichtet sich ein Auftragnehmer Arbeiten mit eigenem Werkzeug und unter Beiziehung von vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Hilfskräften gegen Bezahlung eines Pauschbetrages bei Fertigstellung von 3-4wöchigen Arbeiten durchzuführen, so ist die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass hier die Merkmale persönl und wirtschaftl Abhängigkeit gegenüber jenen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit nicht überwiegen, nicht rechtswidrig. (hier: Verputzarbeiten am Haus des Bf als Auftraggeber)
Normen
ABGB §1151 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
RS 4
Gegen die Wertung der Vereinbarung als Werkvertrag spricht nicht die Verpflichtung des Auftragnehmers, die übernommenen Arbeiten (unter Mithilfe der vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Hilfsarbeiter) persönlich zu erbringen, da darin nur das Interesse des Auftraggebers zum Ausdruck kam, sich durch die Vereinbarung die Fachkenntnisse des Auftragnehmers zunutze zu machen; derartiges ist aber für Werkverhältnisse nicht untypisch. Aber auch wenn man kein Werkverhältnis annehmen könnte, folgte daraus nicht schon die Qualifizierung des Rechtsverhältnisses als Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs 2 ASVG, da eine grundsätzlich persönliche Arbeitspflicht auch mit einem freien Dienstverhältnis vereinbar ist.
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 5
Gegen ein Werkverhältnis oder gegen ein freies Dienstverhältnis spricht nicht, dass sich die vereinbarte Pauschalentlohnung nach Fertigstellung der Arbeit an der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit orientiert.
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 6
Für die Rechtsfigur eines Dienstverhältnisses - im Gegensatz zu einem selbständigen Arbeitsverhältnis - ist es typisch dass der Dienstnehmer seinen Anspruch auf das Entgelt - mag dies nach voraus bestimmten Zeitabschnitten oder nach der tatsächlich erbrachten Leistung festgelegt sein - für beschränkte Zeit erhält, wenn er ohne sein Verschulden aus persönlichen Gründen an der Dienstleistung gehindert wird, und dass dem Dienstnehmer auch für nicht zustande gekommene Leistungen das Entgelt gebührt, wenn er zur Dienstleistung bereit war und durch irgendwelche auf Seite des Dienstgebers gelegene Umstände daran gehindert worden ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1479/71 E RS 3
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 7
Obwohl die Art des Entgelts und der Entgeltleistung in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft kein unterscheidungskräftiges Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ist, kann doch im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes einer Beschäftigung dann, wenn die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit eines Beschäftigten in bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlichen Abhängigkeit erlaubt, die vereinbarte und tatsächlich durchgeführte Art der Entgeltleistung von maßgebender Bedeutung sein.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 82/08/0154 E RS 4
Norm
ASVG §4 Abs2;
RS 8
Zur Beurteilung der nebenberuflichen Tätigkeit einer Person als Kursleiter an einer Volkshochschule (vor der 37.Nov BGBl Nr 588/1981) unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Abhängigkeit:

a) Weder die mangelnde Verpflichtung der Vertragspartner oder zumindest eines Vertragspartners noch eine einvernehmliche Festlegung der Arbeitsbedingungen im Vertrag vermag die persönliche Abhängigkeit der auf Grund dieses Vertrages unter den vereinbarten Bedingungen beschäftigten Person auszuschließen.

b) Obwohl das Fehlen grundsätzlicher persönlicher Arbeitspflicht, also die Berechtigung, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte verrichten zu lassen, der persönliche Abhängigkeit ausschließt, indiziert die selbst auf längere Zeit übernommene Verpflichtung, die vereinbarten Dienstleistungen persönlich zu erbringen, nicht notwendig die persönliche Abhängigkeit.

c) Irrelevant ist, dass der Kursleiter seine Vortragstätigkeit auch ohne Zuhilfenahme der Organisation der Volkshochschule hätte erbringen können, wenn er sie tatsächlich - der Vereinbarung entsprechend - mit Hilfe dieser Organisation erbracht hat. Es ist auch unmaßgeblich, ob es dem Arbeitsempfänger um die Gewinnerzielung oder ausschließlich um andere Betriebszwecke geht. Schließlich kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitsempfänger auf die Tätigkeit einer Person "angewiesen" ist, d.h. dass er den Betriebszweck nur durch ihre Heranziehung erreichen kann.

d) Selbst längerfristige Bindungen einer Person an Arbeitsort und Arbeitszeit indizieren allerdings nicht notwendigerweise ihre persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger; solche Bindungen können auch aus anderen, die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten nicht ausschließenden Gründen, wie z.B. aus pädagogischen Gründen, aus Gründen der Betriebssicherheit oder aus der bloßen Art der übernommenen Arbeitsaufgabe (also auf Grund von Sachzwängen), erfließen. Solche Bindungen erweisen nur dann eine persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten, wenn sie Ausfluss einer auf längere Zeit übernommenen Verpflichtung zur Arbeitsleistung sind, die ein Kontrollrecht des Arbeitsempfängers in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeit in sich schließt und deren Nichteinhaltung einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen (disziplinäre Verantwortlichkeit) darstellt. Schuldet hingegen eine Person nicht Arbeitsleistungen an sich, sondern nur einen Arbeitserfolg (ein Werk), zu dessen Vollbringung sie sich aber in einen Betrieb durch Beachtung des Betriebsortes und der Betriebszeiten eingliedern muss, oder ist sie zwar zur Erbringung regelmäßiger Dienstleistungen verpflichtet, kann sie aber ohne rechtliche Sanktionen jederzeit die Erbringung einzelner in der Gesamtverpflichtung gedeckter Leistungen ablehnen, sodass die Nichteinhaltung bestimmter Arbeitszeiten keine unmittelbare Vertragsverletzung darstellt, so besteht keine persönliche Abhängigkeit.

e) Die persönliche Abhängigkeit eines Kursleiters an einer Volkshochschule ist zu bejahen, der auf Grund der getroffenen Kursvereinbarung durch jeweils längere Zeiträume zur Erbringung bestimmter Arbeitsleistungen (und nicht etwa eines jeweils abgeschlossenen Arbeitserfolges) unter Einhaltung bestimmter Arbeitszeiten an bestimmten Arbeitsorten verpflichtet war, ohne die Erbringung der einzelnen übernommenen Leistungen grundsätzlich nach eigenem Gutdünken ablehnen oder abändern zu dürfen und in bezug auf dessen Tätigkeit der Volkshochschule ein Kontrollrecht mit der letztlichen Konsequenz einer vorzeitigen Absetzung des Kurses und damit einer vorzeitigen Beendigung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses im Falle der Nichteinhaltung oder der nicht entsprechenden Ausführung der übernommenen Arbeitspflicht zustand.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 81/08/0061 E VwSlg 11361 A/1984 RS 6 (hier: zu d))
Norm
VwGG §21 Abs1;
RS 9
Personen, deren rechtliche Interessen im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid mit denen des Beschwerdeführers gleich gelagert sind, können nicht als Mitbeteiligte dem Verfahren beigezogen werden (Hinweis auf E , 81/08/0023). (hier:

Zurückweisung einer "Äußerung" eines Arbeitnehmers im Verfahren betreffend Sozialversicherungspflicht)

Entscheidungstext

Kein Text vorhanden

Zusatzinformationen


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ECLI
ECLI:AT:VWGH:1988:1987080118.X01
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-63181