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VwGH 20.05.1987, 87/08/0037

VwGH 20.05.1987, 87/08/0037

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
ASVG §59 Abs2
AVG §56
RS 1
Bei der Entscheidung über die Herabsetzung oder Nachsicht der Verzugszinsen ist auf die Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung abzustellen.
Norm
ASVG §59 Abs2
RS 2
Die Bestimmung zu § 59 Abs 2 ASVG ist auch anwendbar, wenn die Verzugszinsen vor der Entscheidung über den Antrag eingehoben wurden.
Norm
ASVG §59 Abs2
RS 3
Der Antragsteller hat durch ein konkretes, mit Beweisanboten untermauertes Vorbringen alle Umstände darzulegen, aus denen hervorgeht, dass und in welcher Weise seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch die bereits erfolgte Einhebung der Verzugszinsen in voller Höhe gefährdet wurden und diese Gefährdung im Zeitpunkt der Entscheidung weiterbesteht. Dazu gehört, dass er seine Vermögensverhältnisse und Einkünfte unter Einschluss der nach Art und Ausmaß aufgeschlüsselten Schulden durch tunlichst ziffernmäßige Ausgaben konkret dartut. (Hinweis auf E , 83/08/0150) .
Normen
ASVG §35 Abs1
HGB §105
HGB §124
HGB §125
HGB §128
HGB §161 Abs1
HGB §161 Abs2
RS 4
Ist eine Person für eine OHG (KG) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig, so ist die Gesellschaft selbst und sind nicht die Gesellschafter (Komplementäre) Dienstgeber (Abgehen E , 1304/77, E , 81/08/0155, E , 81/08/0025, mit ausführlichen Literaturhinweisen).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 83/08/0200 E VS VwSlg 12325 A/1986 RS 9

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die unter der Bezeichnung „Fa. FK & Sohn“ erhobene Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. & KG in W, vertreten durch Dr. Fritz Czerwenka, Rechtsanwalt in Wien I, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom , Zl. 120.076/4-6/86, betreffend Nachsicht von Verzugszinsen (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1101 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Firma „FK & Sohn“ wurde laut Auszug aus dem Handelsregister des Handelsgerichtes Wien am unter der Nr. HR A 6156 als Offene Handelsgesellschaft eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafter waren FK und JK. Laut Eintragung vom ging das Unternehmen auf den bisherigen Gesellschafter JK über, laut Eintragung vom ist das Unternehmen auf die Fa. S Gesellschaft m.b.H. & Co KG übergegangen. Diese Kommanditgesellschaft ist daher der Rechtsträger des unter der Firma FK & Sohn betriebenen Unternehmens und, unter diesem Handelsnamen (§ 17 HGB) auftretend, auch Beschwerdeführerin.

Mit Schreiben vom ersuchte die Beschwerdeführerin unter Hinweis darauf, daß über ihr Vermögen am das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei, „im Hinblick auf eine weitere Gesundung des Unternehmens“ unter anderem um Nachsicht „des auf dem Abgabenkonto der Fa. FK & Sohn bestehenden Rückstandes in Höhe von S 225.120,81“. Diese Nachsicht sei erforderlich, damit nicht weiterhin erwirtschaftete Erträge zur Abdeckung von Altschulden aufgewendet werden müßten. Dieses Ansuchen lehnte die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom ab. In der Folge wurden - erfolglos - weitere Nachsichtsersuchen gestellt, zuletzt mit Schreiben vom . In diesem Schreiben ersuchte die Beschwerdeführerin - unter der Fa. „FK & Sohn“ - um Nachsicht der auf dem Konto Nr. nnn aufgelaufenen „Kosten und Verzugszinsen in der Höhe von S 89.213,69“. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß auf diesem Konto die Kapitalschuld zur Gänze getilgt worden sei, die Fa. FK & Sohn überdies seit dem kein Personal mehr beschäftige und seit dieser Zeit keine Geschäftstätigkeit ausgeübt werde. Mit Schreiben vom lehnte die mitbeteiligte Partei auch dieses Nachsichtsersuchen ab.

Das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom wertete die Beschwerdeführerin als Bescheid und erhob dagegen Einspruch, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil es sich bei dem genannten Schreiben um keinen Bescheid gehandelt habe.

Nachdem die Beschwerdeführerin die mitbeteiligte Partei daraufhin zur Erlassung eines Bescheides aufgefordert hatte, was mit Schreiben vom abgelehnt worden war, stellte sie am unter der Fa. FK & Sohn einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Wien. Darin beantragte sie, „die im Zuge des Ausgleichsverfahrens angelaufenen Verzugszinsen nachzulassen“. Es lägen sämtliche Voraussetzungen vor, die eine Anwendung des § 59 Abs. 2 ASVG rechtfertigten. Über den einzigen Gesellschafter der Antragstellerin, der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG, sei im Jahr 1980 das Ausgleichsverfahren eröffnet worden, bei dem insgesamt von allen Gläubigern Forderungen von rund 20 Mio S geltend gemacht worden seien. Im Verfahren sei schließlich ein Ausgleich abgeschlossen worden, in dem sich die S Gesellschaft m.b.H. & Co KG verpflichtet, den Gläubigern der dritten Klasse 40 % ihrer Forderungen binnen eines Jahres in vier gleichen Raten zu bezahlen. Nach Bestätigung des Ausgleiches durch die Gläubiger sei begonnen worden, den Betrieb der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG, in dem insgesamt über 50 Arbeitnehmer beschäftigt seien, total umzustrukturieren, da nur mit solchen Maßnahmen eine Chance bestanden habe, den Ausgleich zu erfüllen. Der Umstrukturierungsprozeß sei bis heute noch nicht beendet, doch sei es nicht zuletzt durch die eingeleiteten betrieblichen Änderungen der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG gelungen, den abgeschlossenen Ausgleich fristgerecht zu erfüllen. Die vorgenommene Umstrukturierung der Gesellschaft und die damit verbundene Änderung des Produktionsgegenstandes erfordere hohe Investitionen, die erst finanziell verkraftet werden müßten. Die Umstrukturierung sei noch nicht abgeschlossen und aus diesem Grund sei die finanzielle Situation des Unternehmens nach wie vor angespannt. Es bestehe die Gefahr, daß bei Verweigerung der Nachsicht der gesamte bisher positiv verlaufene Sanierungsprozeß des Unternehmens plötzlich unterbrochen werde und das Unternehmen den Konkurs anmelden müsse. Dagegen könnte bei einem Verzicht auf die Verzugszinsen ein Beitragszahler erhalten werden, der in Zukunft in der Lage sein werde, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Antragstellerin selbst, die FK & Sohn Kunsttischlerei, sei sowohl juristisch als auch wirtschaftlich mit der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG verschmolzen, da ihr einziger Gesellschafter die S Gesellschaft m.b.H. & Co KG sei. Sie teile daher denknotwendig sowohl das wirtschaftliche als auch das rechtliche Schicksal der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG.

Vom Landeshauptmann aufgefordert, Nachweise dafür zu erbringen, daß durch die Einhebung von Verzugszinsen in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet seien, führte die Beschwerdeführerin - wieder unter der Fa. FK & Sohn - in einer Stellungnahme vom aus, daß die Fa. FK & Sohn als Kunsttischlerei und Einzelmöbelerzeugung betrieben worden sei. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten sei über das Vermögen dieser Firma am das Ausgleichsverfahren eröffnet und im November 1980 dieses Verfahren mit Annahme des Ausgleichs durch die Gläubiger beendet worden. Die vereinbarte 40 %ige Quote sei, wie im Ausgleich beschlossen, innerhalb eines Jahres bezahlt worden, der Ausgleich sei also zur Gänze erfüllt worden. Nach Beendigung des Ausgleichs sei jedoch die Kunsttischlerei Ende 1980 stillgelegt worden, weil die Weiterführung der Einzelfirma wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen sei. Die bis zu diesem Zeitpunkt noch beschäftigten Dienstnehmer seien teils gekündigt worden, teils seien sie im freien Einvernehmen aus dem Unternehmen ausgeschieden. Durch die fristgerechte Erfüllung des Ausgleiches seien die finanziellen Mittel der Fa. FK & Sohn zur Gänze erschöpft worden. Die bei der mitbeteiligten Partei bestehenden Rückstände seien vom Prokuristen der Fa. FK & Sohn, FS, der gegenüber dem Sozialversicherungsträger als Bürge und Zahler beigetreten sei, persönlich bezahlt worden. Die Einhebung des Beitragsrückstandes samt Verzugszinsen bei der Fa. FK & Sohn sei aufgrund der nicht vorhandenen Vermögenswerte nicht möglich gewesen. Zum Zeitpunkt der Einhebung des Rückstandes durch das Exekutionsgericht vom wäre auch durch die Eröffnung eines Konkursverfahrens keine Möglichkeit gegeben gewesen, bei der Fa. FK & Sohn den Betrag einbringlich zu machen. Der Beitritt des FS sei notwendig geworden, um den damals drohenden Konkurs abzuwenden und zu einer Zahlungsvereinbarung mit der mitbeteiligten Partei zu gelangen, durch die es allein möglich gewesen sei, die Kapitalbeträge (Dienstnehmeranteile und Dienstgeberanteile) voll zu bezahlen. Die Kunsttischlerei sei bis zum heutigen Tag nicht aktiviert worden und werde auch in Zukunft nicht mehr betrieben werden. Nach wie vor seien - schon mangels Geschäftstätigkeit - keinerlei Vermögenswerte mehr vorhanden. Eine Reaktivierung sei wirtschaftlich völlig sinnlos, weil nicht angenommen werden könne, daß die Gesellschaft wirtschaftlich vernünftig weiterbetrieben werden könne. Nur der Beitritt des Prokuristen FS als Bürge und Zahler zu der mit der mitbeteiligten Partei geschlossenen Zahlungsvereinbarung habe überhaupt den Konkurs der Firma verhindert. Der Hauptschuldner sei nach wie vor vermögenslos und werde es auch in Zukunft bleiben. Nach wie vor drohe ein Konkursverfahren, weil nunmehr der Prokurist FS gegenüber der Kunsttischlerei FK & Sohn seine Forderungen geltend machen könne. Es sei evident, daß durch die Einhebung der Zinsen in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet seien. Mit Stellungnahme vom teilt die Beschwerdeführerin mit, daß sich die genaue Höhe der nachzulassenden Zinsen auf S 99.484,70 belaufe. Ferner legte sie einen Liquidationsstatus der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG zum vor und wies darauf hin, daß die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Bescheid vom gemäß § 236 BAO einen Abgabenbetrag von S 1,777.624,87 nachgesehen habe. Für die weitere Gesundung des Unternehmens sei es genauso wichtig, daß auch die Sozialversicherung sämtliche Forderungen nicht hundertprozentig eintreibe.

Mit Äußerung vom teilte die mitbeteiligte Partei mit, daß auf dem für die Antragstellerin FK & Sohn bestehenden Beitragskonto nnn für die Beiträge Rest März 1980 bis Dezember 1980 insgesamt S 94.231,85 an Verzugszinsen verrechnet worden seien. Die Antragstellerin selbst übe seit Jänner 1981 keine eigene Betriebstätigkeit mehr aus und es bestünden auch keine Beitragsrückstände. Die Fa. S Gesellschaft m.b.H. & Co KG, welche die alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin sei, habe sich vom 2. Juni bis im Ausgleich befunden. Den Zahlungsschwierigkeiten, in denen sich die Antragstellerin befunden habe, habe die Kasse durch Gewährung von Ratenzahlungen bezüglich des damaligen Rückstandes Rechnung getragen. Da die antragstellende Fa. FK & Sohn selbst weder eine Betriebstätigkeit ausübe noch Beitragsrückstände habe, könne schon aus diesen Gründen nicht von einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse gesprochen werden, sodaß schon deswegen die Nachsichtsvoraussetzungen fehlten. Was nun die Fa. S Gesellschaft m.b.H. & Co KG betreffe, so sei zu berücksichtigen, daß die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Bescheid vom Abgaben in der Höhe von S 1,777.624,87 nachgelassen habe und daß dadurch eine endgültige Sanierung des Unternehmens eingetreten sei. Auch der Bescheid der Finanzlandesdirektion gehe davon aus, daß die Sanierung des Unternehmens gelungen sei. Die Kasse sei daher der Auffassung, daß auch bezüglich der Fa. S keine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse vorliege. Der Vollständigkeit halber werde auf den Kontoauszug vom verwiesen, wonach ein offener Beitragssaldo von S 1.263,34 bestehe, wobei sich die monatlich fällig werdenden Beiträge der letzten Zeit zwischen S 170.000,-- und S 350.000,-- bewegten.

Mit Bescheid vom gab der Landeshauptmann von Wien dem Devolutionsantrag statt und setzte gemäß § 59 Abs. 2 ASVG die für die Fa. FK & Sohn bei der mitbeteiligten Partei für die Beträge Rest März 1980 bis Dezember 1980 in der Höhe von S 94.231,85 aufgelaufenen Verzugszinsen auf S 50.000,-- herab. Nach der Begründung sei von der Fa. FK & Sohn im wesentlichen vorgebracht worden, daß aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten über deren Vermögen am das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei, welches im November 1980 mit der Annahme des Ausgleiches durch die Gläubiger beendet worden sei. Nach Beendigung des Ausgleiches sei die Kunsttischlerei Ende 1980 stillgelegt worden. Durch die fristgerechte Erfüllung des Ausgleiches seien nunmehr die finanziellen Mittel der Fa. FK & Sohn zur Gänze erschöpft. Die bei der mitbeteiligten Partei bestehenden Rückstände seien vom Prokuristen der Fa. FK & Sohn, FS, der gegenüber dem Sozialversicherungsträger als Bürge und Zahler beigetreten sei, persönlich bezahlt worden. Nur der Beitritt des Prokuristen FS als Bürge und Zahler habe überhaupt den Konkurs der Firma verhindert. Der Hauptschuldner sei nach wie vor vermögenslos; nach wie vor drohe ein Konkursverfahren, da nunmehr der Prokurist gegenüber der Kunsttischlerei FK & Sohn seine Forderungen geltend machen könne. Aufgrund dieser Angaben, die durch Unterlagen über den Liquidationsstatus der Fa. FK & Sohn ergänzt worden seien, sei die angerufene Behörde zu der Überzeugung gelangt, daß durch die volle Verrechnung der Verzugszinsen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners tatsächlich gefährdet wären, weshalb der angerufenen Behörde die Reduzierung der Höhe der Verzugszinsen auf den Betrag von S 50.000,-- durchaus angemessen erschienen sei.

Die gegen diesen Bescheid von der mitbeteiligten Partei erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom , Zl. 85/08/0110, wegen Unzuständigkeit infolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges zurückgewiesen.

Mit Eingaben vom beantragte die mitbeteiligte Partei daraufhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom und erhob gleichzeitig Berufung gegen diesen Bescheid. Darin brachte sie unter anderem vor, daß sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf dem Beitragskonto der Fa. FK & Sohn keinerlei offene Verbindlichkeiten und auf dem Beitragskonto der Fa. S Gesellschaft m.b.H. & Co KG nur mehr solche von etwas über S 1.000,-- befunden hätten. Der Landeshauptmann von Wien habe - so heißt es in der Berufung weiter - einseitig den Standpunkt der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom übernommen und es in Verletzung des Parteiengehörs verabsäumt, das Vorbringen der Kasse zur Kenntnis zu bringen. Weiters werde darauf hingewiesen, daß zumindest der Großteil der auf dem Konto der Fa. FK & Sohn bestehenden Beitragsverbindlichkeiten samt Zinsen nicht vom Prokuristen FS, sondern durch die S Ges.m.b.H. & Co KG, die als Alleininhaberin der Fa. FK & Sohn die Beitragsschuldnerin sei, gezahlt worden sei. Es könnten daher dem Bürgen FS nur geringe Regreßforderungen gegen das genannte Unternehmen zustehen. Diese geringen Regreßforderungen könnten jedoch keine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse zur Folge haben. Weiters sei die Behauptung der Fa. FK & Sohn, sie sei vermögenslos, insofern widerlegt, als sich aus dem im Akt befindlichen Liquiditätsstatus zum Aktiva in der Höhe von 18 Mio S ergäben. Unberücksichtigt sei auch geblieben, daß der Firma zur Zahlung des am vorhanden gewesenen Rückstandes in der Höhe von S 372.664,67 monatliche Raten in der Höhe von S 10.000,-- gewährt worden seien und damit vorgesorgt worden sei, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eintreten könnte. Weiters habe die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Bescheid vom Abgaben in der Höhe von S 1,777.624,87 nachgesehen und in ihrer Entscheidungsbegründung von einer „gelungenen Sanierungsmaßnahme“ im Rahmen eines Ausgleiches gesprochen. Daraus folge, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die bereits bezahlten Verzugszinsen bzw. eine allfällige Regreßforderung nicht gegeben sei. Ferner habe die Behörde nicht berücksichtigt, daß der Liquiditätsstatus per im langfristigen Finanzierungsbereich eine Überdeckung von rund 1,1 Mio S ausweise. Die Voraussetzung für die Nachsicht, daß die Verzugszinsen ein für die Existenz des Unternehmens bedrohliches Ausmaß erreichten, sodaß bei deren Bezahlung mit größter Wahrscheinlichkeit der wirtschaftliche Ruin des Schuldners eintreten werde, sei nicht erfüllt. Die Verzugszinsen in der Höhe von S 94.231,85 stellten im Verhältnis zu dem monatlichen Beitragsaufkommen des Unternehmens von S 170.000,-- bis S 350.000,-- und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Beitragsschuldnerin im Rahmen des Ausgleiches allein von den Gläubigern der dritten Klasse rund S 12 Mio und später durch das Finanzamt nahezu S 1,8 Mio nachgelassen bekommen habe, einen relativ geringen Betrag dar, sodaß bei gewissenhafter kaufmännischer Führung des Unternehmens keineswegs die Gefahr bestehe, die Bezahlung der Zinsen könne die Finanzkraft der Partei überfordern oder deren wirtschaftlichen Ruin herbeiführen. Selbst aber wenn man davon ausginge, daß ein verhältnismäßig geringer Betrag eine Gefährdung herbeiführen könnte, so könne dies im konkreten Fall nur dadurch eintreten, daß die Verzugszinsen tatsächlich zur Gänze vom Bürgen FS gezahlt worden wären, dieser die Absicht hätte, seine Regreßforderung sofort fällig zu stellen und das Unternehmen infolge Zahlungsunfähigkeit den Konkurs beantragen müßte. Da jedoch der Genannte alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens sei, werde er seine Regreßforderung so gestalten, daß die Gesellschaft nicht in Liquiditätsschwierigkeiten gerate.

In ihrer Stellungnahme zu dieser Berufung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß für die Fa. FK & Sohn jeder Betrag, der zu bezahlen sei, den wirtschaftlichen Ruin zur Folge haben könne, daß die Gesellschaft nicht mehr arbeite und ihren gesamten Betrieb eingestellt habe. Es könnten daher gar keine Gewinne mehr erzielt werden, sodaß eine Belastung mit jedem auch noch so geringem Betrag eine Gefährdung des Unternehmens herbeiführe.

Mit Schreiben vom gab die mitbeteiligte Partei über Anfrage der belangten Behörde folgendes bekannt:

„Entsprechend dem da. Schreiben vom wird mitgeteilt, daß nach Einlangen der im Schreiben des Bürgen FS vom angekündigten Scheckzahlung über S 160.622,13 ein Beitragsrückstand von S 89.662,74 zuzüglich 10,5 % Verzugszinsen, gerechnet aus S 19.736,49 ab verblieben ist. Da die im Schreiben der Kasse vom für die Bezahlung dieses Rückstandes gesetzte Frist ergebnislos verlaufen ist, führte die Kasse gegen die Beitragsschuldnerin S GesmbH & Co KG als persönlich haftende Gesellschafterin der prot. Fa. FK & Sohn Fahrnisexekution, die mit Beschluß vom , GZ 17 E 13953/83 vom Exekutionsgericht Wien bewilligt wurde. Im Zuge dieser Fahrnisexekution erlegte die verpflichtete Partei eine Kaution von S 90.100,-- sowie einen weiteren Betrag von S 1.063,97. Diese Beträge samt Fruktifikationszinsen überwies das Exekutionsgericht Wien auf Grund des Beschlusses vom am 24. bzw.  an die Wiener Gebietskrankenkasse, womit der Beitragsrückstand zur Gänze abgedeckt worden ist.

Demnach sind die vom Bürgen FS im Schreiben vom erwähnten Zinsen und Kosten in der Höhe von S 89.213,69 zur Gänze durch die Beitragsschuldnerin S GesmbH & Co KG bezahlt worden.“

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge und stellte in Abänderung dieses Bescheides fest, daß der Antrag der Fa. FK & Sohn auf Nachsicht von Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 2 ASVG abgelehnt werde. Zur Begründung wurde nach einer Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens folgendes ausgeführt:

„Gemäß § 59 Abs. 2 ASVG kann der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.

Aus dem Akt der Wiener Gebietskrankenkasse sowie aufgrund der ergänzend durchgeführten Erhebungen des Bundesministeriums für soziale Verwaltung ergibt sich folgender Sachverhalt:

Eigentümerin des unter der Fa. FK & Sohn geführten Unternehmens ist die S Ges.m.b.H. & Co KG. Gegenstand dieses Unternehmens war eine Kunsttischlerei. Kommanditisten dieser Kommanditgesellschaft sind Frau AS mit einer Einlage von S 27.000,-- und Herr FS mit einer Einlage von S 153.000,--. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die Prot. Firma K Vertriebsges.m.b.H., deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer Herr FS ist. Dieser ist auch Einzelprokurist der Firma FK & Sohn. In der Zeit vom 2.6. bis war über das Vermögen der Firma S Ges.m.b.H. & Co KG das Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Der Ausgleich wurde mit einer Quote von 40 % angenommen und auch erfüllt. Die Kunsttischlerei unter Firma „FK & Sohn“ stellte Ende 1980 ihre Betriebstätigkeit ein. Die zum Zeitpunkt des Ausgleiches bestehenden rückständigen Sozialversicherungsbeitragsforderungen der Kasse wurden aufgrund langfristiger Zahlungsvereinbarungen, wobei Herr FS als Bürge und Zahler haftete, in mehrjährigen Raten beglichen. Lediglich einen Restbetrag in der Höhe von S 89.935,42 S.A. hat die S Ges.m.b.H. & Co KG erst am im Zuge einer gegen sie geführten Fahrnisexekution bezahlt.

Wie aus dem Antrag auf Einstellung des Exekutionsverfahrens durch die Wiener Gebietskrankenkasse vom und aus dem Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom hervorgeht, wurde von der verpflichteten Partei S Ges.m.b.H. & Co KG als persönlich haftender Gesellschafterin der prot. Firma FK & Sohn eine Sicherheitsleistung in der Höhe von S 90.100,-- an das Exekutionsgericht Wien am überwiesen. Die verpflichtete Partei erklärte sich damit einverstanden, daß dieser als Sicherheitsleistung gedachte Betrag zur Befriedigung der offenen Forderungen verwendet wird. In der Folge wurde mit dem Beschluß zu 17 E 1953/83 die Exekution eingestellt. Aus dem in Kopie vorliegenden Einzahlungsbeleg scheint als Einzahler des Betrages von S 92.089,-- mit der Verwendung „Kaution“ das Unternehmen S Ges.m.b.H. & Co KG auf.

Im gegenständlichen Verfahren ist grundsätzlich davon auszugehen, daß dem Versicherungsträger durch die Bestimmung des § 59 Abs. 2 erster Satz ASVG ein Ermessen in der Richtung eingeräumt wird, daß er bei Vorliegen einer Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners durch die Einhebung von Verzugszinsen in voller Höhe diese nachsehen oder herabsetzen kann. Es ist daher vorerst zu prüfen, ob eine solche Gefährdung im gegenständlichen Fall angenommen werden kann. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht für die Vergangenheit, sondern lediglich im Hinblick auf die gegenwärtige finanzielle Situation des Unternehmens beachtenswert sein kann. Eine rückblickende Betrachtung müßte in der Regel mit dem Ergebnis enden, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorlag, weil der wirtschaftliche Ruin des Beitragsschuldners nicht eingetreten ist, zumal das Unternehmen weiterhin besteht.

In diesem Zusammenhang wäre, da seitens der Wiener Gebietskrankenkasse an die Beitragsschuldnerin S Ges.m.b.H. & Co KG keine offenen Verzugszinsenforderungen bestehen, eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Gesellschaft lediglich durch die allenfalls bestehenden Regreßforderungen des Herrn FS denkbar, der gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse bezüglich der offenen Verzugszinsen als Bürge und Zahler haftete. Aus den vorgelegten Unterlagen der Wiener Gebietskrankenkasse geht jedoch hervor, daß der Genannte aufgrund seiner Haftung als Bürge und Zahler für die genannten Schulden keine Zahlungen an die Kasse leistete. Es bestehen somit aus diesem Titel keine Regreßforderungen an die S Ges.m.b.H. & Co KG. Aus diesem Grund ist die angerufene Behörde zu der Auffassung gelangt, daß im vorliegenden Fall eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beitragsschuldnerin nicht eintreten kann.

Schließlich ist noch zu bemerken, daß die Firma FK & Sohn in ihrer Stellungnahme zur Berufung zwar auf die Möglichkeit der Rückforderung von geleisteten Zahlungen seitens des Herrn FS und der S Ges.m.b.H. & Co KG von der Firma FK & Sohn Bezug nahm, wobei sie allerdings die Behauptung aufstellte, daß die Höhe der geleisteten Zahlungen nicht von Bedeutung sei. Soweit sich dieses Argument auf die eventuell bestehenden Forderungen des Herrn FS bezieht, ist diesen Ausführungen entgegenzuhalten, daß eine theoretisch bestehende Regreßforderung nicht eine wirtschaftliche Gefährdung des Schuldners herbeizuführen vermag. Der Hinweis, daß auch der S Ges.m.b.H. & Co KG eine Regreßforderung zustünde, geht schon insofern völlig ins Leere, als die Gesellschaft Eigentümerin des Unternehmens „FK & Sohn“ ist, das lediglich eine andere Firma führt.

Die Voraussetzung des zweiten Absatzes des § 59 Abs. 2 ASVG, nämlich das Vorliegen eines kurzfristigen Zahlungsverzuges eines sonst regelmäßig zahlenden Beitragsschuldners, ist ebenfalls nicht gegeben und wurde im übrigen auch seitens der Beitragsschuldnerin nicht behauptet.

Es war sohin der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien derart abzuändern, daß mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Verzugszinsen der darauf abzielende Antrag abgewiesen wird.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird in der Sachverhaltsschilderung ausgeführt, daß nach der durch den Bescheid des Landeshauptmannes vom erfolgten Herabsetzung der Verzugszinsen auf S 50.000,-- von dem zum damaligen Zeitpunkt bereits einbezahlten Betrag von S 94.231,85 der Betrag von S 44.231,85 von der mitbeteiligten Partei „an die Sozialversicherung“ (richtig wohl: an die Beschwerdeführerin) zurücküberwiesen worden sei. Zur Begründung der Beschwerde wurde geltend gemacht, daß der Rechtsstandpunkt der belangten Behörde, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse nur dann vorläge, wenn die finanzielle Situation des Unternehmens gegenwärtig angespannt sei, unrichtig sei. Entscheidend für das Kriterium der Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners sei vielmehr der Zeitpunkt, in dem der Beitragsschuldner seinen Antrag auf Herabsetzung der Verzugszinsen stelle. Keinesfalls könne, nach dem ein über mehrere Jahre dauerndes Verfahren durchgeführt worden sei, von der in letzter Instanz angerufenen Behörde ex post festgestellt werden, die finanzielle Situation des Unternehmens könne nicht so schlecht sein, weil es bislang, trotz der teilweisen Belastung mit den Verzugszinsen, ein Insolvenzverfahren vermieden habe. Unter diesem Aspekt wäre es jeder Verwaltungsbehörde möglich, alleine durch Verzögern der Entscheidung jedenfalls einen Nachlaß von Verzugszinsen zu verhindern. Stelle sich innerhalb einer langen Verfahrensdauer heraus, daß das Unternehmen überlebt habe, so habe keine Veranlassung bestanden, die Verzugszinsen herabzusetzen. Habe hingegen das Unternehmen wirtschaftlich nicht überlebt, so wären zwar die Voraussetzungen für eine Herabsetzung vorhanden gewesen, das Verfahren erübrige sich aber, weil das Unternehmen nicht mehr existent sei. Eine sinnvolle Auslegung des § 59 Abs. 2 ergebe daher, daß für eine Nachsicht von Verzugszinsen die wirtschaftliche Gefährdung des Unternehmens zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend sei. Die Beschwerdeführerin habe längst keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt. Sie sei überhaupt nur deshalb noch wirtschaftlich existent, weil das gegenständliche Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Aus dieser Situation ergebe sich offensichtlich, daß eine wirtschaftliche Gefährdung des Unternehmens auch zum heutigen Tag noch bestehen müsse. Eindeutig stehe fest, daß die Fa. FK & Sohn keinerlei Aktiven mehr habe, sodaß eine Belastung mit Verzugszinsen jedenfalls für das Unternehmen FK & Sohn ruinös sei. Die Argumentation im angefochtenen Bescheid, der Ruin des Beitragsschuldners sei nicht eingetreten, obwohl keine offenen Forderungen der Sozialversicherung mehr gegeben seien, sei faktisch unrichtig. Der von der mitbeteiligten Partei an die Beschwerdeführerin bezahlte Betrag von S 44.281,85 sei mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom wieder angefordert worden, sodaß die wirtschaftliche Gefährdung des Unternehmens nunmehr wieder akut bestehe. Da die einzige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin die S Gesellschaft m.b.H. & Co KG sei, hätte eine wirtschaftliche Betrachtungsweise dazu führen müssen, daß die wirtschaftliche Gefährdung der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG überprüft werde. Eine solche Überprüfung habe jedoch nicht stattgefunden. Aus den in einem Parallelverfahren vorgelegten Bilanzen der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG ergebe sich eindeutig, daß zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung, wahrscheinlich aber auch noch heute, eine endgültige Sanierung der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG nicht stattgefunden habe und daß daher nach wie vor eine wirtschaftliche Gefährdung des Unternehmens bestehe. Lediglich zu behaupten, das Unternehmen sei noch nicht in Konkurs und es sei deshalb eine wirtschaftliche Gefährdung nicht gegeben, sei jedenfalls unrichtig. Eine wirtschaftliche Gefährdung könne auch dann vorliegen, wenn nicht unmittelbar ein Insolvenzverfahren angestrengt werde, die Gefahr einer Insolvenz aber nach wie vor bestehe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, daß bei einer Entscheidung über die Herabsetzung oder Nachsicht von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 2 ASVG auf die Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen sei, trifft nicht zu. Da mit dieser Entscheidung nicht etwa darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war, kommt es vielmehr auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung an. Gegenteiliges läßt sich auch der Bestimmung des § 59 Abs. 2 ASVG nicht entnehmen. Das von der Beschwerdeführerin für ihre Auffassung ins Treffen geführte Argument, daß bei einer „ex post-Entscheidung“ über die Nachsicht von Verzugszinsen kein Anwendungsbereich für § 59 Abs. 2 ASVG verbleibe, weil, wenn sich innerhalb einer langen Verfahrensdauer herausstelle, daß das Unternehmen überlebt habe, keine Veranlassung bestehe, die Verzugszinsen herabzusetzen und andererseits, wenn das Unternehmen wirtschaftlich nicht überlebt habe, zwar die Voraussetzungen für eine Herabsetzung vorhanden gewesen wären, sich das Verfahren aber erübrigt habe, weil das Unternehmen nicht mehr existent sei, ist verfehlt, weil einerseits der Umstand, daß ein Unternehmen trotz Einhebung der Verzugszinsen vor der Entscheidung über einen Antrag auf Herabsetzung oder Nachsicht der Verzugszinsen „überlebt“ hat, nicht zwangsläufig bedeutet, daß nicht dennoch durch die Einhebung der Verzugszinsen in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet sein könnten, und anderseits eine durch die Einhebung der Verzugszinsen bewirkte wirtschaftliche Gefährdung des Beitragsschuldners nicht schon notwendigerweise dessen Existenzverlust zur Folge haben muß.

Wenngleich die Bestimmung des § 59 Abs. 2 ASVG nicht darauf zugeschnitten ist, daß die Einhebung der Verzugszinsen der Entscheidung über einen Antrag auf Herabsetzung oder Nachsicht der Verzugszinsen vorausgeht, ist sie auch in einem solchen Falle anwendbar. Die den Antragsteller trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der Amtswegigkeit treffende Mitwirkungspflicht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/08/0150) erfordert es allerdings, daß der Antragsteller durch ein konkretes, mit Beweisanboten untermauertes Vorbringen alle Umstände darlegt, aus denen hervorgeht, daß und in welcher Weise seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch die bereits erfolgte Einhebung der Verzugszinsen in voller Höhe gefährdet wurden und diese Gefährdung im Zeitpunkt der Entscheidung weiterbesteht. Eine solche Gefährdung kann sich etwa daraus ergeben, daß der antragstellende Beitragsschuldner zur Aufbringung der Mittel für die Entrichtung der Verzugszinsen einen Kredit aufnehmen mußte, dessen Rückzahlung ihn wirtschaftlich gefährden könnte, oder daß er wegen der Bezahlung der Verzugszinsen gehindert war, die hiefür aufgewendeten Mittel in anderer Weise, etwa zur Tilgung anderer Schulden oder für betriebsnotwendige Investitionen, einzusetzen und daß ihm daraus eine wirtschaftliche Gefährdung erwachsen ist oder erwachsen könnte. Damit die Behörde jedoch überhaupt eine Beurteilung der Möglichkeit der Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners vornehmen kann, ist es erforderlich, daß der Beitragsschuldner seine Vermögensverhältnisse und Einkünfte unter Einschluß der nach Art und Ausmaß aufgeschlüsselten Schulden durch tunlichst ziffernmäßige Angaben konkret dartut.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Verzugszinsen, deren Nachsicht von der Beschwerdeführerin begehrt wurde, bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Landeshauptmannes vom zur Gänze entrichtet waren. Die Beschwerdeführerin hätte daher in Erfüllung der ihr nach den obigen Ausführungen obliegenden Mitwirkungspflicht zumindest noch im Verfahren vor der belangten Behörde ein Vorbringen im oben skizzierten Sinne erstatten müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan: Abgesehen davon, daß mit der am erfolgten Vorlage eines „Liquidationsstatus“ zum nicht dem Gebot der Darlegung der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse entsprochen wurde, fehlt jedes konkrete Vorbringen dahin, daß die bereits erfolgte Entrichtung der Verzugszinsen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gefährdet hat und weiterhin gefährdet. Der bloße Hinweis, daß es für die weitere Gesundung des Unternehmens wichtig sei, „daß auch die Sozialversicherung sämtliche Forderungen nicht hundertprozentig eintreibt“ (Stellungnahme vom ), reicht mangels jeglicher Konkretisierung nicht zur Dartuung der Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin aus.

Völlig verfehlt ist es, wenn die Beschwerdeführerin sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse daraus ableiten will, daß die „Fa. FK & Sohn“ vermögenslos sei, „sodaß eine Belastung mit Verzugszinsen für dieses Unternehmen ruinös sei“. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin, daß die Fa. FK & Sohn nicht selbständig Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Aus der unter dieser Firma betriebenen Offenen Handelsgesellschaft ist mit dem Ausscheiden des Gesellschafters FK ein Einzelunternehmen entstanden (vgl. u.a. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes4, 14), dessen Eigentümerin nunmehr die Beschwerdeführerin ist. Diese ist somit auch Beitragsschuldnerin (vgl. zur Frage, ob eine Personengesellschaft des Handelsrechts Beitragsschuldnerin sein kann, das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 83/08/0200). Das von der Beschwerdeführerin in Erfüllung ihrer Mitwirkungspflicht zu erstattende Vorbringen bezüglich der mit der Einhebung der Verzugszinsen verbundenen Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätte sich somit auf ihre eigenen - gesamten - wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen müssen.

Ein hinreichend konkretisiertes Vorbringen in diesem Sinne hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht erstattet. (Auch die Beschwerde läßt im übrigen ein solches Vorbringen vermissen.) Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde aber davon ausgehen, daß die für die Herabsetzung oder Nachsicht von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 2 ASVG erforderliche Voraussetzung, daß durch deren Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gefährdet wären, nicht gegeben ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §35 Abs1
ASVG §59 Abs2
AVG §56
HGB §105
HGB §124
HGB §125
HGB §128
HGB §161 Abs1
HGB §161 Abs2
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1987:1987080037.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-63172