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VwGH 15.10.1987, 86/16/0237

VwGH 15.10.1987, 86/16/0237

Rechtssätze


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Normen
ErbStG §15 Abs1 Z6;
VwGG §13 Z1;
RS 1
Die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 1 Z 6 ErbStG kommt nach ihrem Wortlaut nur für eine Person zum Tragen, die dem Erblasser unentgeltlich ODER gegen ein nicht ausreichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt hat. Aus der disjunktiven Konjunktion "oder" ergibt sich, daß die umschriebenen Dienstleistungen vom Erwerber ohne Zahlung oder gegen eine für solche Dienste oder solche Leistungen unzureichende Zahlung erbracht worden sein müssen. Der Rechtsgedanke dieser Vorschrift geht dahin, daß "ein Erwerb" insoweit nicht der Erbschaftssteuer unterliegen sollte, als das Zugewendete im Verhältnis als angemessenes Entgelt für die kostenlose oder als zu gering bezahlte Gewährung von Pflege oder Unterhalt anzusehen ist.
Normen
ABGB §90;
ABGB §98 idF 1978/280;
ErbStG §15 Abs1 Z6;
VwGG §13 Z1;
RS 2
Nach dem klaren Wortlaut des § 98 erster Satz ABGB idF BGBl 280/1978 besteht ein Anspruch auf angemessene Abgeltung der Mitwirkung - und zwar in Form einer Gewinnbeteiligung (Hinweis auf EvBl 1984/1=EFSlg 42635) - nur bei einer Mitwirkung IM ERWERB, dh bei jenen Verrichtungen, die den allein erwerbstätigen Gatten bei seinem Bemühen unterstützen, den Familienunterhalt zu verdienen. Für die Gewährung von Pflege in Erfüllung der sog immateriellen Beistandspflicht iSd § 90 erster Satz ABGB besteht daher kein Anspruch auf Entgelt. Solcherart fehlen für die Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 1 Z 6 ErbStG im Fall einer nach staatlichem Recht aufrechten Ehe von vornherein zufolge gegenseitiger gesetzlicher Verpflichtungen, auf welche die Ehegatten wechselseitig einen Anspruch haben, sodaß sie zu einer besonderen finanziellen Gegenleistung nicht verpflichtet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen der "Gewährung von Pflege oder Unterhalt gegen unzureichendes Entgelt".
Normen
ErbStG §15 Abs1 Z6;
GewO 1973 §193 Abs2;
GewO 1973 §25 Abs1 Z1;
OFG §11 Abs5 litc;
VwGG §13 Z1;
RS 3
Der Begriff "Lebensgemeinschaft" bzw "Lebensgefährte" ist in der österr Rechtsordnung nicht näher bestimmt. Nach der Rsp ist bei Prüfung der Frage, ob eine Lebensgemeinschaft vorliegt, von den Erfahrungen des Lebens auszugehen, wonach eine Lebensgemeinschaft durch die Merkmale des gemeinsamen Zusammenlebens, der gemeinsamen Aufbringung des Lebensunterhaltes und der gegenseitigen Unterstützung gekennzeichnet ist.
Normen
ErbStG §15 Abs1 Z6;
GewO 1973 §193 Abs2;
GewO 1973 §25 Abs1 Z1;
OFG §11 Abs5 litc;
VwGG §13 Z1;
RS 4
Die Erfahrung des Lebens begreift unter einer Lebensgemeinschaft ein Verhältnis zwischen Mann und Frau, das in seinem wirklichen und wesentlichen Inhalt gemäß den Willen seiner Partner eine rechtlich nicht mögliche oder um gewisser Rechtsfolgen willen eine praktisch nicht gewollte Ehe ersetzen soll. Landläufig gehört zum Wesen einer tatsächlichen Verbindung solcherart ua, daß die Partner einander im Kampfe gegen alle Not des Lebens beistehen und darum einander an den zur Bestreitung des Unterhalts verfügbaren Gütern teilhaben lassen.
Normen
ABGB §90;
ErbStG §15 Abs1 Z6;
VwGG §13 Z1;
RS 5
Von einer echten Lebensgemeinschaft kann nur dann gesprochen werden, wenn beide Lebensgefährten ihre ganze Kraft einsetzen, um einander beizustehen, jedenfalls eine Obsorge an den Tag legen, wie sie den Ehegatten durch Gesetz auferlegt ist (Hinweis E , 2659/54 VwSlg 4032 A/1956).
Normen
ABGB §90;
ErbStG §15 Abs1 Z6;
VwGG §13 Z1;
RS 6
Für die Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, die nach eigenverantwortlicher Entscheidung die Bindung einer Ehe nicht eingehen wollen oder auch nicht eingehen können, besteht keine rechtliche Ordnung ihres Gemeinschaftsverhältnisses. Die eheähnliche Lebensgemeinschaft unterscheidet sich deshalb im Rechtssinn wesentlich von der Ehe, die unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht und bei der das Gemeinschaftsverhältnis durch Gesetz eine bis ins Detail gehende Ordnung erfahren hat. Beim ehelosen Zusammenleben von Mann und Frau handelt es sich im Hinblick auf die besondere rechtliche Ausgestaltung, die gerade die Ehe durch den Gesetzgeber erfahren hat, ihr gegenüber um ein völliges "aliud". Eine Person, deren Ehe nach staatlichem Recht aufrecht ist, hat ihrem Ehepartner gegenüber gesetzliche Sorgepflichten. Demgegenüber besteht bei Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft KEINE gesetzliche Verpflichtung zur gegenseitigen Leistung von Pflege oder Unterhalt. Daraus folgt, daß die bloße Tatsache des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft der Anwendung des § 15 Abs 1 Z 6 ErbStG rechtens nicht entgegensteht.
Normen
B-VG Art7;
ErbStG §14 Abs1 Z1;
ErbStG §14 Abs3;
ErbStG §15 Abs1 Z6;
ErbStG §7 Abs1;
VwGG §13 Z1;
RS 7
Ein Vergleich mit der erbschaftssteuerlichen Behandlung von Ehegatten vermag eine Versagung der Anwendung des § 15 Abs 1 Z 6 ErbStG 1955 auf den überlebenden Lebensgefährten nicht zu rechtfertigen. Die unterschiedliche erbschaftssteuerliche Behandlung innerhalb des Vergleichspaares beruht auf sachlich gerechtfertigten Erwägungen des Gesetzgebers und läßt eine objektive wirkliche Benachteiligung eines überlebenden Ehepartners einem überlebenden Lebensgefährten gegenüber im Hinblick auf die Unterschiede zwischen Ehe und nicht ehelicher Lebensgemeinschaft und somit auch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht erkennen (Hinweis E , VfSlg 7467).
Normen
ABGB §757;
B-VG Art7;
ErbStG §14 Abs1 Z1;
ErbStG §14 Abs3;
ErbStG §15 Abs1 Z6;
ErbStG §7 Abs1;
VwGG §13 Z1;
RS 8
Die Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sind den Ehegatten gegenüber nicht bevorzugt. Dies ergibt sich bei Betrachtung der Bestimuung des § 757 ABGB (gesetzliches Erbrecht des Ehegatten) und der Bestimmungen des § 14 Abs 1 Z ErbStG 1955, § 14 Abs 2 ErbStG 1955, § 7 Abs 1 Steuerklasse 1 Z 1 ErbStG 1955 (erbschaftssteuerliche Begünstigungen). Solcherart erweist sich die erbschaftssteuerliche Berücksichtigung von etwa über Jahre hin erbrachten Pflegeleistungen des hinterbliebenen Lebensgefährten in Ansehung der dargelegten Steuerbegünstigungen des von Todes wegen erwerbenden Ehegatten als sachlich unbedenklich.

Entscheidungstext

Kein Text vorhanden

Zusatzinformationen


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Sammlungsnummer
VwSlg 6257 F/1987
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1987:1986160237.X01
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-62917