VwGH 22.01.1987, 86/16/0214
VwGH 22.01.1987, 86/16/0214
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Im Falle des § 20 BAO ist dem Gesetzesbegriff der Billigkeit die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei" und jenem der Zweckmäßigkeit das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (Hinweis E VS , 747/79, VwSlg 5567 F/1981). |
Normen | |
RS 2 | Im Geltungsbereich des § 20 BAO ist die Behörde verhalten, in der Begründung ihrer positiven Ermessenentscheidung darzutun, aus welchen Gründen sie bei der vorzunehmenden Interessenabwägung den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit gegenüber jenen der Billigkeit den Vorzug einräumte (Hinweis , 1817/78 VwSlg 5423 F/1979). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 82/16/0105 E VwSlg 5915 F/1984 RS 12 |
Norm | ZollG 1955 §178; |
RS 3 | Bei den Zöllen und sonstigen Eingangsabgaben handelt es sich um reine Objektsteuern, bei denen zwar eine bestimmte Person letztlich Subjekt der Besteuerung in der Form ist, daß sie die Eingangsabgaben zu bezahlen hat, bei der aber eine Sache das Essentielle der Abgabe und nicht bloß Anknüpfung ist. Im Mittelpunkt der Besteuerung steht die Sache und nicht die hinter ihr stehende Zollschuld für den Betrag des auf ihr ruhenden Zolls. Solcherart kann der fiskalische Zollanspruch, ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter aus dieser Sachhaftung befriedigt werden. Die Zahlung des Zollbetrages durch Personen bedeutet nur eine Ablösung dieser primären dinglichen Zollschuld ("ius ad rem"). Auch der gutgläubige Erwerber muß dem Befriedigungsrecht des Steuergläubigers weichen. |
Normen | |
RS 4 | Wesentliches Merkmal der Sachhaftung ist, daß sie dem Abgabengläubiger hinsichtlich einer bestimmten Sache eine Rechtsstellung verleiht, die allen Rechten an der Sache, auch dem Eigentum, vorgeht, weil das höherstehende Gemeinschaftsinteresse diesen Eingriff in die Rechtsphäre des Einzelnen ermöglicht. Die Sachhaftung ist die rechtliche Folge der Zollschuld, sie ist eine besondere Art der zwangsweisen Einbringung der Eingangsabgaben. Sie ist gegen den Eigentümer oder Besitzer der haftenden Ware geltend zu machen, auch wenn dieser nicht ident mit dem persönlichen Zollschuldner ist. |
Normen | |
RS 5 | Geht die Behörde davon aus, daß das öffentliche Interesse an der Einbringung der rechtskräftig vorgeschriebenen Eingangsabgaben (Zweckmäßigkeit) dem Interesse des Eigentümers der mit der Zollschuld belasteten Sache daran, sein Eigentumsrecht an dieser Sache unversehrt zu belassen (Billigkeit) vorangeht, vermag der VwGH in dieser Annahme weder eine Ermessensüberschreitung, noch einen Ermessensmißbrauch zu erkennen, weil zwischen dem Eigentümer (hier: Käufer) dieser Sache und dem persönlichen Zollschuldner, von dem er die nicht rechtmäßig eingeführten Waren erworben hat, eine rechtliche Bindung besteht, welche die Haftung des Eigentümers mit der Sache nach der Zielsetzung und der Wertung des Gesetzgebers auch dann nicht ungerechtfertigt erscheinen läßt, wenn den Erwerber (hier: Käufer) kein wie immer geartetes Verschulden trifft. Dies auch deshalb, weil er den persönlichen Zollschuldner (hier: Verkäufer) wegen der aus dem rechtswidrigen Verhalten für ihn gem § 225 Abs 1 BAO erfolgten nachteiligen Beschlagnahme der Waren auf Schadenersatz klagen kann. |
Entscheidungstext
Kein Text vorhanden
Zusatzinformationen
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Sammlungsnummer | VwSlg 6184 F/1987 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1986160214.X01 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-62913