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VwGH 22.06.1987, 86/15/0008

VwGH 22.06.1987, 86/15/0008

Rechtssätze


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Norm
GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
RS 1
Was unter öffentlich-rechtlichem Wirkungskreis iSd § 14 TP 6 GebG zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht definiert. In Auslegung dieses Begriffes hat der VwGH in Übereinstimmung mit einem Großteil der Lehre in einer Reihe von Erkenntnissen ausgesprochen, daß unter öffentlich-rechtlichem Wirkungskreis der Wirkungskreis zu verstehen ist, der der Gebiebtskörperschaft unmittelbar durch Gesetz verpflichtend übertragen worden ist. Zum öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis einer Gebietskörperschaft zählen demnach nur jene Angelegenheiten, Tätigkeiten und Aufgaben, denen sich die Gebietskörperschaft auf Grund öffentlich-rechtlicher Normen nicht entziehen kann. Demnach handelt eine Gebietskörperschaft dann nicht im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, wenn sie

eine Tätigkeit entfaltet, die in ihr Belieben gestellt ist und zu der sie nicht in Besorgung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben in Ausübung hoheitlicher Befugnisse verpflichtet ist.
Normen
RS 2
Zu den Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises einer Gebietskörperschaft iSd § 14 TP 6 GebG (hier: Gemeinde) zählt aber nicht nur die Hoheitsverwaltung (Hinweis E , 83/15/0106, VwSlg 5926 F71984), sondern auch jener Bereich der nichthoheitlichen Verwaltung (Privatwirtschaftsverwaltung), der der Gebietskörperschaft durch Gesetz verpflichtend auferlegt ist (Hinweis E , 133/71).
Norm
GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
RS 3
Für die Gebührenpflicht von Eingaben sind alle jene Aktivitäten, die Gebietskörperschaften zwar in Erfüllung eines gesetzlichen Auftrages, aber auf dem Boden des Privatrechtes besorgen, nicht von Bedeutung. Das bedeutet, daß alle Angelegenheiten, in denen sich die einschreitende Person und die Gebietskörperschaft, und zwar dies ohne unmittelbaren gesetzlichen Auftrag, in privatrechtlicher

Parteienstellung gegenüberstehen, nicht zum öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der Gebietskörperschaft zählen; dies trifft besonders für die weitere Abwicklung - für die kein unmittelbarer Gesetzesauftrag vorliegt - der mit der Gebietskörperschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zu, auch wenn diese Rechtsgeschäfte an sich von der Gebietskörperschaft in Erfüllung eines gesetzlichen Auftrages, also im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Wirkungskreises, abgeschlossen worden sind.
Normen
B-VG Art118 Abs3 Z7;
GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §32;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §33 Abs1;
RS 4
Eingaben an die Friedhofsverwaltung, in denen um die Ausdehnung eines durch Vertrag begründetes Grabbenutzungsrechtes auf einem Friedhof der Stadt Wien ersucht wird, sind nicht gebührenpflichtig, weil in solchen Ansuchen bloß eine Tätigkeit des Magistrates der Stadt Wien angestrebt wird, zu der dieser nicht mehr unmittelbar auf Grund des Gesetzes verpflichtet ist und diese Anträge daher nicht den öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereich des Rechtsträgers des Friedhofes betreffen.
Norm
RS 5
Es ist eine vom Gesetzgeber zu entscheidende Alternative, welche Handlungsmodalität der Verwaltung zur Erfüllung einer Aufgabe gesetzlich vorgeschrieben werden soll.
Normen
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z7;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §32;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §33 Abs1;
RS 6
Der Bereich der Friedhofsverwaltung der Stadt Wien kann nur der Privatwirtschaftsverwaltung zugeordnet werden, zumal es anerkannter Grundsatz ist, dass im Zweifel, dh soweit der Gesetzgeber nicht ausdrücklich anderes bestimmt, in Fällen der Grenzziehung zwischen Privatwirtschaftsverwaltung und Hoheitsverwaltung die Vermutung für die Privatwirtschaftsverwaltung spricht. Dem Umstand, dass die Friedhofsverwaltung von einem Verwaltungsorgan besorgt wird, kommt keine rechtliche Bedeutung zu.
Normen
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z7;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §32;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §33 Abs1;
RS 7
Schon wegen der Verweisung des Grabbenutzungsrechtes in das Privatrecht und seiner rechtlichen Gestaltung sowie der durch Vertrag zwischen dem Rechtsträger des Friedhofes und dem Benutzungsberechtigten hergestellten privatrechtlichen Beziehung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Stadt Wien als Rechtsträger des jeweiligen Friedhofes den Benutzungsberechtigten in Angelegenheiten des bereits begründeten Benutzungsrechtes nicht als Träger von Hoheitsrechten, sondern im rein privatwirtschaftlichen Bereich als Träger einer privatrechtlichen Befugnis und damit einer vollen rechtlichen Gleichordnung gegenübertritt.
Normen
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art119;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §32;
LeichenbestattungsG Wr 1970 §33 Abs1;
RS 8
Nur durch Gesetze im formellen Sinn kann den Gebietskörperschaften ein Wirkungskreis verpflichtend übertragen werden. Der Gemeinderatsbeschluss über die Friedhofsordnung der Stadt Wien vom muss daher bei Abgrenzung des hoheitlichen vom nicht hoheitlichen Verwaltungsbereich des Rechtsträgers der Friedhöfe der Stadt Wien außer Betracht bleiben.

Entscheidungstext

Kein Text vorhanden

Zusatzinformationen


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Sammlungsnummer
VwSlg 6235 F/1987
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1987:1986150008.X01
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-62808