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VwGH 02.11.1987, 86/10/0012

VwGH 02.11.1987, 86/10/0012

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs3 litc;
RS 1
Es liegt nicht zwangsläufig im Wesen eines Wochenendhauses, dass es jedes "Wochenende" benutzt werde.
Norm
NatSchG Stmk 1976 §34 Abs1;
RS 2
Entscheidend für einen Entfernungsauftrag ist allein die Ausführung des Bauvorhabens vor Erteilung der vom Gesetz geforderten Bewilligung, weshalb der Ausgang eines vor der Behörde anhängigen Bewilligungsverfahrens rechtlich ohne Erheblichkeit ist. Erst die nachträgliche Bewilligung stünde der Vollstreckung des Wiederherstellungsauftrages entgegen.
Norm
NatSchG Stmk 1976 §34 Abs2;
RS 3
Erst mit der Beendigung der Herstellung einer Baulichkeit im Sinne der Verkehrsauffassung - also nicht bereits mit der Herstellung von Fundamenten und des Holzaufbaus - kann die Frist des § 34 Abs 2 Stmk NatSchG 1976 zu laufen beginnen. Der Wiederherstellungsauftrag oder Abänderungsauftrag erster Instanz muss vor Ablauf der Frist erlassen werden, damit die dreijährige Frist gewahrt ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des AL in Graz, vertreten durch Dr. Robert Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, Raubergasse 27, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 6- 375/IV Pi 332/4-1985, betreffend einen naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom hatte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz dem Beschwerdeführer die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung einer 1.000 m2 großen Teichanlage auf dem Grundstück 904, KG X, erteilt. Nach dem Punkt 5. der im Bescheid enthaltenen Auflagen ist der eventuelle Bau einer Fischerhütte genehmigungspflichtig und darf in Größe und Art den Rahmen jener Fischerhütte, wie sie am nördlichen Teich errichtet worden sei, nicht überschreiten.

Auf Grund einer Mitteilung der Steirischen Berg- und Naturwacht vom , Ortsstelle St. Johann im Sausal, verpflichtete die genannte Bezirkshauptmannschaft den Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß § 34 Abs. 1 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 1976, LGBl. Nr. 65, die auf dem Grundstück Nr. 904, KG X, Ortsgemeinde X, errichteten zwei Hütten (Bauwerk "A" Grundfläche von 6 x 7,5 m sowie das Bauwerk "B" mit einem Ausmaß von 3 x 2 m) sowie den aufgestellten Campingbus bis spätestens zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

Der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge, setzte jedoch für die Entfernung eine Frist bis . Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde - soweit für den vorliegenden Fall wesentlich - aus, das Bauwerk "A" befinde sich im Landschaftsschutzgebiet Nr. 47 (nach dem Akteninhalt wurden das Bauwerk "B" und der Campingbus bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides entfernt) und es sei ohne die hiefür erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung errichtet worden. Die äußere Gestaltung des Gebäudes sowie die rund um das Bauwerk verlegten Waschbetonplatten und Blumenrabatte ließen erkennen, daß es hauptsächlich Erholungszwecken und nicht der "Fischereibewirtschaftung" diene. Es weise alle Attribute eines Wochenendhauses auf und stelle somit eine Beeinträchtigung des für das Gebiet Sausal typischen Landschaftscharakters im Sinne des § 2 Abs. 1 des Steiermärkisches Naturschutzgesetzes 1976 dar. Der Beschwerdeführer sei deshalb gemäß des § 34 Abs. 1 leg. cit. zu verpflichten gewesen, den früheren Zustand binnen einer festzusetzenden Frist wieder herzustellen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid, wie seinem gesamten Vorbringen entnehmbar ist, in seinem Recht auf Unterbleiben eines Entfernungsauftrages in Hinsicht auf das Bauwerk "A" verletzt; er macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht außer Streit, daß sich die Liegenschaft, auf welche sich der angefochtene naturschutzbehördliche Auftrag bezieht, im "Landschaftsschutzgebiet Sausal" (vgl. die auf Grund des § 6 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976, LGBl. Nr. 65, erlassene Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom über die Erklärung von Gebieten des Sausals zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl. Nr. 107) befindet.

Zufolge des § 6 Abs. 3 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 1976 - NSchG 1976 sind in Landschaftsschutzgebieten alle Handlungen zu unterlassen, die den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 widersprechen; außerdem ist u.a. (lit. c) für nachstehende Vorhaben die Bewilligung der nach Abs. 4 zuständigen Behörde (d.i. hier der Bezirksverwaltungsbehörde) einzuholen: Errichtung (Widmung und Aufführung) von Bauten und Anlagen, die nicht unter lit. b fallen und außerhalb eines geschlossenen, bebauten Gebietes liegen oder über die Ortssilhouette hinausragen, davon ausgenommen sind solche, die für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung unerläßlich sind.

Gemäß § 34 Abs. 1 erster Satz NSchG 1976 sind unabhängig von einer Bestrafung nach § 33 Personen, die entgegen einer Bestimmung dieses Gesetzes oder entgegen einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung oder eines Bescheides Veränderungen vorgenommen oder veranlaßt haben, durch Bescheid der nach diesem Gesetz für die Bewilligung zuständigen Behörde zu verpflichten, den früheren bzw. den bescheidmäßigen Zustand binnen einer festzusetzenden Frist wieder herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer von der Behörde als sachgemäß bezeichneten Weise im Sinne des § 2 Abs. 1 abzuändern. Gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. in der Fassung vor der am in Kraft getretenen Novelle, LBGl. Nr. 79/1985, kann eine Verpflichtung nach Abs. 1 nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit der Beendigung der rechtswidrigen Handlung mehr als 3 Jahre verstrichen sind.

Durch die genannte Novelle wurde diese Frist von drei auf fünf Jahre verlängert. Dies ändert - wie noch aufgezeigt wird nichts an dem Umstand, daß sich sowohl nach der alten als auch neuen Rechtslage diese Frist von der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides an berechnet, weshalb die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits eingetretene gesetzliche Änderung für die Beurteilung des vorliegenden Falles ohne Einfluß ist.

Aus dem Inhalt des Bescheides vom ergibt sich nicht, daß die streitgegenständliche Fischerhütte bereits naturschutzbehördlich genehmigt worden wäre. Dieser Bescheid bezieht sich auf eine andere Fischerhütte und ist der diesbezügliche Abspruch nur als Auflage und nicht als Genehmigung zu werten. Die vom Beschwerdeführer am eingereichten Planunterlagen für eine bewohnbare Holzhütte mit einem Ausmaß von 8 x 5,5 m, die das nunmehrige Objekt betreffen, und seine in der Beschwerde dargelegten Ausführungen, die Hütte stelle eine einfache Holzkonstruktion bestehend aus insgesamt 3 Räumen (a) einen Schlafraum mit Bett, b) einen Wohnraum beinhaltend einen Ofen, eine Sitzbank, einen Tisch, einen Kasten, und c) einen Arbeitsraum mit Gerätschaften) dar, geben keinen Anlaß daran zu zweifeln, daß die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen über den Zweck dieser Baulichkeit als Wochenendhaus schlüssig seien. Der Beschwerdeführer hat im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht vorgebracht, weshalb eine Hütte mit derartigen Ausmaßen für die Teichbewirtschaftung erforderlich sei. Es liegt auch nicht zwangsläufig im Wesen eines Wochenendhauses, daß es - wie der Beschwerdeführer offenbar vermeint - jedes "Wochenende" benutzt wird. Mit der gegebenen Größe und Ausstattung ist es aber bereits für den Aufenthalt am Wochenende bestimmt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, daß eine Hütte mit den im Bescheid festgelegten Ausmaßen oder eine solche in den Ausmaßen nach den vom Beschwerdeführer eingereichten Planunterlagen für die genehmigte Teichbewirtschaftung unerläßlich sei. Daß das den Gegenstand des Entfernungsauftrages bildende Objekt innerhalb eines geschlossenen, bebauten Gebietes liege, ist nach der Aktenlage (Verhandlungsschrift vom u. Fotos) ausgeschlossen.

Daraus folgt, daß die Errichtung dieses Gebäudes im Grunde des § 6 Abs. 3 lit. c NSchG 1976 bewilligungsbedürftig war. Da eine solche Bewilligung von der Behörde nicht erteilt wurde, liegt ein Zuwiderhandeln gegen Bestimmungen des NSchG 1976 vor. Keineswegs war die Behörde - wie der Beschwerdeführer meint verpflichtet, Überlegungen dahingehend anzustellen, welches rechtliche Schicksal dem (nachträglichen) Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers zuteil werden würde. Entscheidend ist vielmehr allein die Ausführung des Bauvorhabens vor Erteilung der vom Gesetz geforderten Bewilligung, weshalb der Ausgang eines vor der Behörde anhängigen Bewilligungsverfahrens rechtlich ohne Erheblichkeit ist (siehe etwa die zur vergleichbaren Rechtslage nach dem NÖ NSchG 1982 ergangenen Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 10.803/A, und vom , Zl. 82/10/0010 sowie das zum OÖ NSchG 1982 ergangene Erkenntnis vom , Zl. 84/10/0265). Erst die nachträgliche Bewilligung stünde der Vollstreckung des Wiederherstellungsauftrages entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/10/0180 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Ausführungen des Beschwerdeführers, das Objekt sei bereits in dem am rechtskräftig gewordenen Flächenwidmungsplan ausgewiesen, sind ohne rechtliche Bedeutung.

Der Beschwerdeführer rügt als Mangelhaftigkeit des Verfahrens weiters, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, seit wann das zu beseitigende Bauwerk fertiggestellt sei. Sowohl die belangte Behörde als auch die Erstbehörde hätten über den Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Hütte kein Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Auch mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Die in § 34 Abs. 2 NSchG 1976 genannte dreijährige Frist ist dann gewahrt, wenn durch die Behörde erster Instanz der Wiederherstellungs- oder Änderungsauftrag innerhalb von drei Jahren ab Beendigung der rechtswidrigen Handlung, hier also der Beendigung der bewilligungslosen Errichtung der Baulichkeit, erlassen wurde (siehe etwa das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem NÖ NSchG ergangene Erkenntnis vom , Zl. 82/10/0010). Erst mit der Beendigung der Herstellung dieser Baulichkeit im Sinne der Verkehrsauffassung - also nicht bereits mit der Herstellung der Fundamente und des Holzaufbaus ohne eingebaute Fenster - konnte die Frist des § 34 Abs. 2 NSchG 1976 im vorliegenden Fall zu laufen beginnen (vgl. das vorzitierte Erkenntnis). Daß das vom Beschwerdeführer als Fischerhütte bezeichnete Bauwerk bereits drei Jahre vor der am erfolgten Zustellung des Bescheides der Erstbehörde, also bis zum fertiggestellt worden wäre, hat dieser im Verwaltungsverfahren nie behauptet. Wie dem Inhalt der Verwaltungsakten (Anzeige, Verhandlungsprotokoll vom und diesem angeschlossene Fotos) zu entnehmen ist, war die gegenständliche Hütte zum Zeitpunkt der an Ort und Stelle am durchgeführten Verhandlung noch nicht fertiggestellt. Dieses Bauwerk umfaßte damals lediglich die Fundamente samt Holzaufbau ohne eingebaute Fenster. Eine Fertigstellung des Gebäudes vermag der Verwaltungsgerichtshof bei einem Bauwerk in diesem Ausbaustadium nicht zu erkennen. Die Frist des § 34 Abs. 2 NSchG wurde somit durch die Erstbehörde gewahrt.

Da das gegenständliche Bauwerk unbestrittenermaßen ohne die - wie vorstehend dargelegt - erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung nach § 6 Abs. 3 lit. c NSchG 1976 errichtet worden war, und eine solche Bewilligung auch (noch) zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides fehlte, haftete dem Entfernungsauftrag Rechtswidrigkeit nicht an. Ob der Beschwerdeführer bei Abschluß des Kaufvertrages im Jahre 1977 durch vorausgegangene Erklärungen des zuständigen Bürgermeisters oder durch einen unrichtigen Grundbuchstand einem Irrtum über die Einbeziehung dieses Grundstückes in ein Landschaftsschutzgebiet erlegen sei, ist für dieses Verwaltungsverfahren ohne Belang.

Da sich aus diesen Gründen die Beschwerde als in jeder Richtung unbegründet erweist, ist sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am

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Normen
NatSchG Stmk 1976 §34 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §34 Abs2;
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs3 litc;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1987:1986100012.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-62571