VwGH 11.06.1987, 86/07/0255
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Soweit die zwischen einer Wassergenossenschaft und ihren Mitgliedern über die Höhe einer Anschlussgebühr bzw über die Einwendungen gegen den diesbezüglichen Rückstandsausweis und seiner Vollstreckbarkeit bestehenden Differenzen nicht im Rahmen der diese Verhältnisse regelnden Organisationsnormen der Genossenschaft (§ 7 Abs 3 WRG) beigelegt werden, kommt der Wasserrechtsbehörde die Zuständigkeit zur Entscheidung hierüber zu (Hinweis B , 82/07/0003, VwSlg 10659 A/1982). |
Normen | WRG 1959 §78 Abs2; WRG 1959 §81 Abs3; |
RS 2 | Sieht die Satzung einer Wassergenossenschaft eine für alle Mitglieder verbindliche "einmalige Beitragsleistung" in Form einer Anschlussgebühr vor, deren Höhe im Wege einer satzungsgemäß als "besonderes Übereinkommen" im Sinne des § 78 Abs 2 WRG beschlossenen Wassergebühren-Ordnung zu ermitteln ist, dann ist auch ein neu hinzukommendes Mitglied zu dieser Beitragsleistung verpflichtet. |
Normen | WRG 1959 §78 Abs2; WRG 1959 §81; |
RS 3 | Der Einwand, die Pauschalberechnung einer Anschlussgebühr nehme nicht auf die Kosten des konkreten Einzelanschlusses an eine genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage Bedacht, stellt zwar in Frage, dass die von der Wassergenossenschaft gewählte Form der Festsetzung des anzuwendenden Maßstabes zweckmäßig und gerecht ist, - er ist aber keinesfalls geeignet, eine Rechtswidrigkeit dieser für alle Mitglieder der Wassergenossenschaft gleichermaßen anzuwendenden Berechnungsmodalität aufzuzeigen. |
Normen | WRG 1959 §78 Abs2; WRG 1959 §81; |
RS 4 | Die Anzahl der Wasserentnahmestellen oder überhaupt der Wasserverbrauch stellen keinen für die Berechnung der Anschlussgebühr an eine genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage zulänglichen Maßstab dar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerdesache der A und des B H in Z, vertreten durch Dr. Josef Schartmüller, Rechtsanwalt in Pregarten, Tragweinerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 511.857/02-I5/86, betreffend Anschlußgebühr (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft Z, vertreten durch Dr. Winfried Mörth, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 119), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben je zur Hälfte dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Zweck der im Jahre 1961 auf Grund freier Übereinkunft gebildeten mitbeteiligten Wassergenossenschaft (in der Folge kurz: MB) ist die Errichtung, der Betrieb und die Erhaltung einer Wasserversorgungsanlage. Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom und vom wurde das Maß der Wasserbenutzung für die aus mehreren Quellen gespeiste wasserrechtlich bewilligte Anlage der MB mit 2 l/s bzw. mit 2,9 l/s festgesetzt. Für den Anschluß und die Benützung der Wasserversorgungsanlage der MB besteht eine in der Genossenschaftsversammlung vom beschlossene Wassergebühren-Ordnung.
Die beiden Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks Nr. 417/13 KG. I, auf welchem sie eine Kfz-Werkstätte und ein Wohnhaus errichtet haben. Die MB stellte den Beschwerdeführern nach deren freiwilligen Eintritt in die Genossenschaft für den erfolgten Anschluß an die Wasserversorgungsanlage für Wohnung und Geschäft eine Anschlußgebühr in der Höhe von insgesamt S 89.715,60 in Rechnung. Da die Beschwerdeführer in der Folge diesen Betrag nur zum Teil bezahlten, stellte die MB am einen Rückstandsausweis aus und versah diesen mit der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer bei der MB Einwendungen, und zwar insbesondere mit der Begründung, daß sie nur mit ihrem Wohnhaus, nicht aber mit ihrem Gewerbebetrieb an die Anlage der MB angeschlossen seien.
Nach einem vergeblichen Versuch, diese Streitigkeit satzungsgemäß im Rahmen der MB beizulegen, erließ der von der MB um Entscheidung im Aufsichtswege als Wasserrechtsbehörde erster Instanz angerufene LH den Bescheid vom , mit welchem gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 festgestellt wurde, daß die von der MB vorgeschriebene Anschlußgebühr gemäß der Wassergebührenordnung zu Recht bestehe. Diese Gebührenordnung sei im Rahmen der Autonomie der MB erlassen und von den Beschwerdeführern durch ihren freiwilligen Beitritt zur MB anerkannt worden. Die Ansicht der Beschwerdeführer, sie hätten für ihren Gewerbebetrieb keine Anschlußgebühr zu zahlen, stehe mit § 3 Abs. 2 dieser Gebührenordnung im Widerspruch.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer mit der Begründung Berufung, die MB habe bei ihnen nur einen Teilanschluß durchgeführt, ein darüber hinausgehender "Anschlußzwang" stehe ihr nicht zu.
Die belangte Behörde holte zu dieser Berufung eine Stellungnahme der MB ein und gab den Beschwerdeführern Gelegenheit, sich dazu zu äußern.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge. Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß der LH mit dem bei ihm bekämpften Bescheid festgestellt habe, daß die den Beschwerdeführern von der MB vorgeschriebene Anschlußgebühr in der Höhe von S 89.715,-- (S 71.910,-- für den Gewerbeanteil und S 11.160,-- für den Privatanteil, sowie S 6.645,-- USt) zu Recht bestehe. Die Gebührenordnung sei im Rahmen der Selbstverwaltung der MB satzungsgemäß zustandegekommen und regle in ihrem § 3 Abs. 2 die gebührenpflichtige Berücksichtigung auch nicht angeschlossener Gebäude bzw. Gebäudeteile. Im Rahmen der Gesetzesbestimmungen sei im Hinblick auf die behördlich genehmigte Satzung und die von der Genossenschaftsversammlung beschlossene Gebührenordnung keinerlei Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom , Zl. B 834/86, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Sie erachten sich in ihrem Recht verletzt, die von der MB vorgeschriebene Anschlußgebühr nicht bzw nicht im vollem Umfang bezahlen zu müssen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Auch die MB beantragt in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde im Wege einer Anfrage nach § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG klargestellt, daß der LH im Beschwerdefall gemäß § 99 Abs. 1 lit. c und h WRG 1959 mit Recht als Wasserrechtsbehörde erster Instanz eingeschritten ist. Aus den zu dieser Frage von der belangten Behörde vorgelegten Bescheiden vom und vom geht nämlich hervor, daß die höchstmögliche Wasserentnahme (aus Quellen) für die Anlage der MB 90 Minutenliter übersteigt.
Gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 obliegt die Aufsicht über die Wassergenossenschaften der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden.
Im Beschwerdefall konnten die zwischen der MB und den beiden Beschwerdeführern als ihren Mitgliedern aufgetretenen Differenzen über die Höhe der Anschlußgebühr bzw. über den Rückstandsausweis nicht im Rahmen der Organisationsnormen der MB beigelegt werden, sodaß auch aus dieser Sicht die Wasserrechtsbehörden zuständigermaßen eingeschritten sind (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 82/07/0003, 0004, Slg. 10659/A).
Soweit die Kosten, die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsen, nicht anderweitig gedeckt werden können, sind sie gemäß § 78 Abs. 2 WRG 1959 nach dem durch die Satzungen und durch besondere Übereinkommen festgesetzten Maßstab auf die Mitglieder umzulegen, wobei auch zu bestimmen ist, wieweit die Beiträge in Geld-, Dienst- oder Sachleistungen zu bestehen haben.
Die nachträgliche Einbeziehung von Liegenschaften oder Anlagen in die Genossenschaft regelt § 81 WRG 1959, nach dessen Absatz 3 die Genossenschaft berechtigt ist, von den neu hinzukommenden Mitgliedern einen angemessenen Beitrag zu den bisherigen Aufwendungen sowie die vorherige Entrichtung der ihr durch den Anschluß etwa verursachten besonderen Kosten zu verlangen.
Im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen sieht die Satzung der MB u.a. vor:
"....
§ 4 Abs. 1: Die Genossenschaftsmitglieder sind verpflichtet, zu den Kosten der Herstellung, des Betriebes und der Erhaltung der gemeinsamen Wasserversorgungsanlage nach den Bestimmungen dieser Satzungen beizutragen.
§ 4 Abs. 2: Nach der Gründung der Genossenschaft hinzukommende Mitglieder können zur Leistung eines angemessenen Anteiles an den bisherigen Aufwendungen für das Unternehmen herangezogen werden und haben die Kosten, welche der Genossenschaft durch den Anschluß der Liegenschaften dieser Mitglieder etwa erwachsen, zu ersetzen.
5: Der Genossenschaftsversammlung (Versammlung sämtlicher
Mitglieder ist vorbehalten:
....
d) die Festsetzung des Maßstabes für die einmaligen Beitragsleistungen (Baukostenbeitrag, Anschlußgebühr) der Mitglieder § 78 Abs. 2 WRG 1959).
... "
Unbestritten ist, daß die Genossenschaftsversammlung der MB am eine Wassergebühren-Ordnung beschlossen hat, nach deren § 1 "für den Anschluß eines Grundstückes oder Bauwerkes" eine Wasserleitungsanschlußgebühr und für den Wasserverbrauch eine Wassergebühr erhoben wird. Die Gebührenbemessung ist in § 3 dieser Wassergebühren-Ordnung geregelt, dessen Absatz 2 folgenden Wortlaut hat:
"Der Gebührenpflicht unterliegen alle auf einem Grundstück bestehenden oder künftig zu errichtenden baubewilligungspflichtigen Bauwerke, wenn auch nur eines davon unmittelbar an die genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen wird."
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, wonach diese Bestimmungen der Satzung und der Wassergebühren-Ordnung den einschlägigen Vorschriften des WRG 1959 nicht widersprechen; der Gerichtshof geht daher davon aus, daß diese Bestimmungen für sämtliche Mitglieder der MB verbindlich sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie der MB bereits seit deren Gründung angehören oder erst später hinzugekommen sind.
Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß die ihnen vorgeschriebene Anschlußgebühr der Höhe nach diesen Vorschriften entsprechend festgesetzt worden ist, sie meinen jedoch, daß diese Berechnung der Anschlußgebühr auf sie als neu hinzugekommene Mitglieder gar nicht anzuwenden gewesen wäre, weil § 81 Abs. 3 WRG 1959 bzw. § 4 Abs. 2 der Satzungen der MB vorsähen, daß neu hinzugekommene Mitglieder (nur) zur Leistung eines angemessenen Anteiles an den bisherigen Aufwendungen für das Unternehmen bzw. der durch den konkreten Einzelanschluß entstandenen Kosten verpflichtet werden könnten.
Mit dieser Argumentation lassen die Beschwerdeführer jedoch völlig außer acht, daß sie einer Wassergenossenschaft beigetreten sind, deren Satzung (§ 5 lit. d) eine für alle Mitglieder verbindliche "einmalige Beitragsleistung" in Form einer Anschlußgebühr vorsieht, deren Höhe im Wege einer satzungsgemäß als "besonderes Übereinkommen" im Sinne des § 78 Abs. 2 WRG 1959 beschlossenen Wassergebühren-Ordnung zu ermitteln ist. Die Ausführungen in der Beschwerde, wonach eine "Pauschalberechnung" dieser Anschlußgebühr nicht Bedacht auf die Kosten des konkreten Einzelanschlusses bzw. auf den für das einzelne Mitglied damit verbundenen Nutzen nehme, stellen zwar in Frage, daß die von der MB gewählte Form der Festsetzung des anzuwendenden Maßstabes zweckmäßig und gerecht sei, sie sind aber keinesfalls geeignet, eine Rechtswidrigkeit dieser für alle Mitglieder der MB gleichermaßen anzuwendenden Berechnungsmodalitäten aufzuzeigen. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch geltend machen, als zulänglicherer Maßstab würde sich die Anzahl der Wasserentnahmestellen oder überhaupt der Wasserverbrauch darstellen, dann mag dies zwar für die für den Verbrauch vorgesehene "Wassergebühr" zutreffen, nicht jedoch für die hier allein strittige Anschlußgebühr.
Der Hinweis der Beschwerdeführer schließlich, das oberösterreichische Gemeinde-Wasserversorgungsgesetz verlange ausdrücklich eine Berechnung der Anschlußgebühren nach dem Nutzen für den Anschlußnehmer, geht schon deshalb ins Leere, weil dieses Gesetz für die genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage der MB keine Anwendung zu finden hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 und 3 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie C Z. 7 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens der MB stützt sich darauf, daß von ihr als einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft gemäß § 2 Z. 3 Gebührengesetz 1957 keine Eingabengebühr zu entrichten war.
Wien, am
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Normen | EO §7 Abs4; VVG §3 Abs2; WRG 1959 §78 Abs2; WRG 1959 §81 Abs3; WRG 1959 §81; WRG 1959 §84; WRG 1959 §85 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1986070255.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-62516