VwGH 03.02.1987, 86/07/0231
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | WRG 1959 §137 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; WRG 1959 §32 Abs1; |
RS 1 | Das Gebot des § 31 Abs 1 WRG umfasst alle Vorsorgen, die dazu angetan sind, eine andere an sich zwar nicht vorbedachte, aber immerhin mögliche Verunreinigung auszuschließen. Diesem Verbot wurde durch ein Verhalten zuwidergehandelt, das dazu führt, dass eine verbotene (weil bewilligungslose) Wasserverunreinigung eintritt. Die Gewässerverunreinigung ist ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Wassergüte (Hinweis E , 0569/70, VwSlg 7893 A/1970). |
Normen | VStG §5 Abs1; WRG 1959 §137 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 2 | Weil § 31 Abs 1 WRG nichts über das Verschulden bestimmt, genügt für die Strafbarkeit einer Übertretung nach § 31 Abs 1 iVm § 137 Abs 1 WRG fahrlässiges Verhalten gemäß § 5 Abs 1 VStG; Vorsatz ist daher nicht erforderlich. |
Normen | |
RS 3 | Bei der Beurteilung, ob eine Übertretung nach § 31 Abs 1 WRG in Verbindung mit § 137 Abs 1 WRG vorliegt, ist die Frage rechtlich bedeutungslos, ob Vorschreibungen eines anderen (hier: gewerbebehördlichen) Bewilligungsbescheides erfüllt wird oder nicht. |
Normen | VStG §5 Abs1; WRG 1959 §30 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 4 | Ein Verstoß gegen § 31 Abs 1 WRG ist kein Ungehorsamsdelikt, weil das Tatbild den Eintritt einer Schädigung iSd § 30 Abs 1 WRG erfordert, für die Beweislastumkehr iSd zweiten Satzes des § 5 Abs 1 VStG ist kein Raum (Hinweis E , 1973/78). |
Normen | VStG §44a lita; VStG §44a Z1 impl; WRG 1959 §137 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 5 | Die im Falle einer Übertretung nach § 31 Abs 1 WRG in Verbindung mit § 137 Abs 1 WRG erforderliche Tatumschreibung nach § 44 a lit a VStG ist nicht gegeben, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten nicht der tatsächliche Eintritt einer Gewässerverunreinigung angelastet wird, sondern nur eine mangelnde Obsorge für eine ordnungsgemäße Beseitigung von verunreinigten Wässern in ein Gerinne; eine ansatzweise Umschreibung des Tatbildes in der Begründung entspricht nicht der zwingenden Norm des § 44 a lit a VStG (Hinweis E , 2237/71, E , 81/02/0292). |
Normen | WRG 1959 §137 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 6 | Für die Verwirklichung des Tatbestandes der Gewässerverunreinigung nach § 31 Abs 1 WRG kommt es nicht darauf an, ob durch diese auch Folgeerscheinungen bewirkt werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Hoffmann und Dr. Fürnsinn als Richter im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde des AR in K, vertreten durch Dr. Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa - 12862/13 - 1986/Sch/Woj, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer Anzeige vom wurde vorerst vom Gendarmeriepostenkommando L festgestellt, daß in dem vom Beschwerdeführer geführten Steinbruchbetrieb in derselben Gemeinde, Bezirk F, mittels einer Pumpe mit Steinstaub und Öl vermengtes Wasser in ein Gerinne gepumpt werde, das eine Teichanlage speise. Das Überwasser dieser Fischteichanlage fließe dem Grenzfluß M zu. Dem Beschwerdeführer wurde von der Bezirkshauptmannschaft F dieser Sachverhalt mit der Aufforderung bekanntgegeben, sich hiezu zu äußern. Der Beschwerdeführer bestritt in seiner Rechtfertigung vom nicht die Tatsache des Abpumpens von mit Steinstaub vermengten Wasser in das Gerinne, jedoch, daß dieses abgepumpte Wasser Öl enthalte. In der Folge holte die Behörde erster Instanz Gutachten ihrer Amtssachverständigen für Verfahrenstechnik und Biologie ein und hielt diese dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme vor.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom wurde dem Beschwerdeführer als dem zur Vertretung nach außen berufenen Geschäftsführer und Betriebsleiter der "G-Ges.m.b.H" zur Last gelegt, er habe "nicht dafür gesorgt, daß das im Steinbruchareal im Werk L in einem ausgehobenen Graben gesammelte bzw. angesammelte, mit Steinstaub und mit mineralölhältigen, von Betriebsfahrzeugen und Kompressoren stammenden Absonderungen vermengte Abwasser ordnungsgemäß beseitigt wird. Dadurch gelangte dieses Abwasser in ein (unbenanntes) Gerinne, von dem die Fischteichanlage des HN mitgespeist wird, deren Überwasser in den M-fluß abgeleitet werden". Dadurch habe der Beschwerdeführer § 31 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 137 Abs. 1 leg. cit. und § 9 Abs. 1 VStG 1950 verletzt.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung berufen, er habe einen gegen ihn erlassenen wasserpolizeilichen Auftrag, die Ableitung von Abwässern aus dem Betriebsareal des Steinbruches L in die M zu unterlassen, mit Berufung bekämpft; über diese sei noch nicht entschieden worden; der wasserpolizeiliche Auftrag sei daher nicht rechtskräftig. Das Beweisverfahren habe nicht ergeben, daß tatsächlich eine Schädigung bzw. Verunreinigung der M erfolgt sei. Die dem Beschwerdeführer angelastete Tat setze Vorsatz voraus, der aber nicht gegeben sei. Er habe die Vorschreibungen aus dem gewerbebehördlichen Bescheid erfüllt. Schließlich machte der Beschwerdeführer Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz und Verfolgungsverjährung geltend, ohne dies näher auszuführen.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, mit dem Straferkenntnis der Behörde erster Instanz sei dem Beschwerdeführer nicht die Nichteinhaltung eines wasserpolizeilichen Auftrages zur Last gelegt worden, sondern eine Zuwiderhandlung gegen § 31 Abs. 1 WRG 1959, der die allgemeine Sorge für die Reinhaltung regle. Diese Gewässerverunreinigung sei durch die Analysenergebnisse der am von Beamten des Gendarmeriekommandos L gezogenen Wasserproben im Zusammenhalt mit den Gutachten der Amtssachverständigen für Biologie und Verfahrenstechnik erwiesen. Daraus gehe hervor, daß allein die aus dem Steinbruch resultierende Mineralölbelastung von 1 mg/l deutlich über dem Vergleichswert von 0,1 bis 0,2 mg/l liege. Das Gebot des § 31 Abs. 1 WRG 1959 umfasse alle Vorsorgen, die dazu angetan seien, eine zwar nicht vorherbedachte, aber immerhin mögliche Verunreinigung auszuschließen. Diesem Gebot werde durch ein Verhalten zuwider gehandelt, das dazu führe, daß eine verbotene (weil bewilligungslose) Verunreinigung eintrete. Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß das von der Behörde erster Instanz abgeführte Beweisverfahren keinesfalls den Nachweis erbracht habe, daß tatsächlich Schädigungen bzw. Verunreinigungen der M erfolgt seien, geschweige denn, daß er der Urheber allfälliger Verunreinigungen wäre, sei entgegenzuhalten, daß es sich beim Tatbestand des § 31 Abs. 1 WRG 1959 nicht um ein Vorsatzdelikt, sondern um ein Ungehorsamsdelikt handle; der Eintritt eines Schadens sei also nicht erforderlich. Die Verunreinigung des die Fischteichanlage speisenden Gerinnes, der Teiche und der M und die Urheberschaft der festgestellten Verunreinigungen ergebe sich aus den von der Behörde erster Instanz durchgeführten Erhebungen sowie aus den darauf gestützten noch schlüssigen Gutachten der Amtssachverständigen. Überdies sei der Einwand, daß es sich bei der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung um ein Vorsatzdelikt handle, rechtlich ebenfalls verfehlt. Vielmehr genüge für die Strafbarkeit von Verwaltungsübertretungen nach § 31 in Verbindung mit § 137 Abs. 1 WRG 1959 fahrlässiges Verhalten. In diesem Falle bestimme eine Verwaltungsvorschrift, nämlich das WRG 1959, über das Verschulden nichts anderes, sodaß § 5 VStG 1950 greife, der bereits fahrlässiges Verhalten als für die Strafbarkeit genügend normiere. Verfehlt seien auch die Einwände der Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz und der Verfolgungsverjährung. Gemäß § 27 VStG 1950 sei örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden sei, im vorliegenden Fall also die Bezirkshauptmannschaft F. Gemäß § 31 Abs. 2 VStG betrage die Verjährungsfrist sechs Monate. Innerhalb dieser Frist, nämlich am sei gegen den Beschwerdeführer eine Verfolgungshandlung vorgenommen worden. Somit gehe auch der Vorwurf der Verjährung ins Leere.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 VStG 1950 ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Der gegenständliche Steinbruchbetrieb liegt unbestrittenermaßen in der Gemeinde L, die zum Bezirk F gehört. Die behauptete Unzuständigkeit besteht nicht.
Die dem Beschwerdeführer angelastete und als Übertretung des Wasserrechtsgesetzes von den Verwaltungsbehörden beurteilte Tat, nämlich die Ableitung verschmutzter Abwässer in ein Gerinne, wurde unbestrittenermaßen als am begangen festgestellt. Bereits mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom wurde die erste Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer gesetzt, weshalb kein Verjährungsfall des § 31 VStG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 101/1977 vorliegt.
Nach § 30 Abs. 1 WRG 1959 sind alle Gewässer einschließlich des Grundwassers im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so reinzuhalten, daß die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet, Grund- und Quellwasser als Trinkwasser verwendet, Tagwässer zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt, Fischwässer erhalten, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können. Gemäß § 30 Abs. 2 WRG 1959 ist unter Reinhaltung der Gewässer die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens zu verstehen. Nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung des BGBl. Nr. 107/1969, hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu S 20.000,-- zu bestrafen.
Das Gebot des § 31 Abs. 1 umfaßt alle Vorsorgen, die dazu angetan sind, eine andere an sich zwar nicht vorherbedachte, aber immerhin mögliche Verunreinigung auszuschließen. Diesem Verbot wird durch ein Verhalten zuwidergehandelt, das dazu führt, daß eine verbotene (weil bewilligungslose) Wasserverunreinigung eintritt. Die Gewässerverunreinigung ist ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Wassergüte (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 7893/A). Weil § 31 Abs. 1 WRG 1959 nichts über das Verschulden bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten (§ 5 Abs. 1 erster Satz VStG 1950). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist daher Vorsatz nicht erforderlich. Rechtlich bedeutungslos ist auch die Frage, ob der Beschwerdeführer die Vorschreibungen des gewerbebehördlichen Bewilligungsbescheides erfüllt hat oder nicht. Ein Verstoß gegen § 31 Abs. 1 WRG 1959 ist kein Ungehorsamsdelikt, weil das Tatbild den Eintritt einer Schädigung im Sinne des § 30 Abs. 1 WRG 1959 erfordert; für die Beweislastumkehr im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG 1950 ist kein Raum (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Zl. 1973/78).
Nun hat aber die belangte Behörde mit dem bestätigten Schuldspruch dem Beschwerdeführer nicht den tatsächlichen Eintritt einer Gewässerverunreinigung angelastet, sondern nur eine mangelnde Obsorge für eine ordnungsgemäße Beseitigung von verunreinigten Wässern in ein Gerinne, das in eine Fischteichanlage mündet, deren Überwasser in ein öffentliches Gewässer abfließt. Damit hat die belangte Behörde nicht eine nach den herangezogenen Verwaltungsvorschriften erforderliche Tatumschreibung vorgenommen; eine Umschreibung des Tatbildes wie es die belangte Behörde ansatzweise in der Begründung des angefochtenen Bescheides getan hat, entspricht nicht der zwingenden Norm des § 44 a lit. a VStG 1950 (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Zl. 2237/71, und vom , Zl. 81/02/0292).
Im Hinblick auf die Darlegungen des Beschwerdeführers sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu dem Hinweis veranlaßt, daß es für die Verwirklichung des Tatbestandes der Gewässerverunreinigung belanglos ist, ob diese ein Fischsterben herbeigeführt hat; das Fischsterben stellt lediglich die Folgeerscheinung der bereits eingetretenen Gewässerverunreinigung dar, die dem für sie Verantwortlichen daher auch dann im Grunde der §§ 31 Abs. 1, 137 WRG anzulasten wäre, wenn im verunreinigten Gewässer zur Zeit der Verunreinigung ein Fischbestand gefehlt hätte
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243.
Wien, am
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Schlagworte | Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1986070231.X00 |
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Fundstelle(n):
GAAAF-62513