VwGH 19.09.1989, 86/07/0094
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | AVG §66 Abs4; |
RS 1 | Die Berufungsbehörde ist nicht berechtigt, einen mit der Berufung (richtigerweise) als zurückgezogen anzusehenden Antrag zur Grundlage einer Bestätigung des über diesen ergangenen (stattgebenden, jedoch die berufungswerbende Partei nicht nur begünstigenden) erstinstanzlichen Bescheides zu nehmen (Hinweis E , 82/07/0020). |
Norm | WRG 1959 §122 Abs1; |
RS 2 | Über das in der Berufung gestellte Begehren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kann gemäß § 122 Abs 1 WRG auch die Berufungsbehörde selbst entscheiden. |
Normen | VwGG §27; WRG 1959 §122; |
RS 3 | Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde wegen Nichterledigung eines Antrages auf einstweilige Verfügung gemäß § 122 WRG, weil dieser Antrag durch die Berufungsbehörde erledigt worden sei (Abweisung der Berufung gegen eine wasserrechtliche Bewilligung, was das Bemühen um sachgerechte Erledigung des Antrages auf einstweilige Verfügung unter Bedachtnahme auf die Bescheidbegründung erkennen lasse). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über dir Beschwerde der N AKTIENGESELLSCHAFT in R, vertreten durch Dr. Florian Lackner, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, Stadtplatz 36, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa 1704/2-1986/Spi, betreffend Gewässerableitung,
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
2. den Beschluss gefasst:
Die gleichzeitig erhobene Säumnisbeschwerde wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Etwa ab Mitte Februar 1986 kam es in der Enknach zu starker Grund- und Randeisbildung und in deren Folge zu Überflutungen im Siedlungsbereich von Ranshofen, worauf die Beschwerdeführerin, um diesen zu begegnen, in einem bestimmten Bereich eine Ableitung dieses Gewässers vornahm, was zur Überflutung einer Reihe landwirtschaftlicher Grundstücke führte. In diesem Zusammenhang fand am eine mit einem Augenschein verbundene Verhandlung vor der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn statt, in deren Verlauf die erschienenen (fünf) Vertreter der Beschwerdeführerin folgende Äußerung abgaben:
"Angesichts der Katastrophensituation dargestellt im Bericht des Gewässerbezirkes Braunau am Inn vom , stellt die (Beschwerdeführerin) unbeschadet ihrer und ohne Verzicht auf ihre Rechte, den Gießgraben für Katastrophenfälle und Notsituationen zu benützen (darin besteht die Funktion des Gießgrabens) den Antrag, die Behörde möge eine einstweilige Verfügung erlassen, die die in dem erwähnten Bericht des Gewässerbezirkes Braunau enthaltenen Umstände entsprechend berücksichtigt, das heißt, dass die betroffenen Anrainer zur Duldung d. Ableitung der Gewässer über den Gießgraben verhalten werden.
Die (Beschwerdeführerin) ist im Zusammenhang mit der Ableitung der Enknach, die wegen einer Notsituation erfolgen musste, zur Schadensgutmachung selbstverständlich bereit, sofern sie eine Schadenersatzpflicht im Rahmen der gesetzl. Haftpflichtbestimmungen treffen sollte. Zusätzliche Vereinbarungen zivilrechtl. Natur kann die (Beschwerdeführerin) aus folgenden Gründen nicht treffen:
1. Die derzeitige Ableitung der Enknach erfolgt aus Katastrophengründen. Es liegt ein Fall höherer Gewalt vor, der die (Beschwerdeführerin) von einer Schadenersatzleistung befreit.
2. Die Enknach führt in den letzten Jahren immer mehr Wasser. Die Wasserführung ist auf Kanalisierungen bzw. Dränagierungen etc. von Enknachanrainern u. umliegenden Grundstücksbesitzern zurückzuführen. Die Höhe des Schadensausmaßes hat im Falle einer Haftung die (Beschwerdeführerin) nicht allein zu vertreten.
3. Die (Beschwerdeführerin) vertritt d. Standpunkt, dass allfällige Duldungspflichten Betroffener hinsichtl. Gießgraben nicht nur bei Hochwasser, sondern auch bei anderen Katastrophenfällen bestehen, zumal die (Beschwerdeführerin) den Gießgraben seit vielen Jahren bei Eisbildung zur Ableitung der Enknach benützt. Es wird daher diesbezügl. ersessenes Recht eingewendet."
Im Rahmen des anschließend erstatteten Gutachtens des Wasserbautechnischen Amtssachverständigen wurden jene Punkte angegeben, bei deren Vorschreibung die wasserrechtliche Genehmigung zur Ausleitung erteilt werden könne. "Zu den Vorschreibungen d. wbt. Amtssachverständigen" wurde hierauf von den Vertretern der Beschwerdeführerin festgestellt, "dass diese Ausführungen im Lichte obiger Stellungnahme zu sehen" seien.
Mit Bescheid vom gab sodann die genannte Bezirksverwaltungsbehörde unter Spruchpunkt I gemäß den "§§ 41, 72, 98, 105, 111 und 112" WRG 1959 "dem Antrag" der Beschwerdeführerin statt und genehmigte nachträglich die Ableitung des Wassers der Enknach im Bereich im einzelnen bezeichneter Grundstücke in den Gieß- und Harrasgraben bei Einhaltung mehrerer Nebenbestimmungen "bis "; unter Spruchpunkt III wurde gemäß §§ 60, 63 lit. b und 98 WRG 1959 hinsichtlich der zuvor angegebenen Grundstücke bis die Dienstbarkeit der Ableitung des Enknachwassers eingeräumt. Einer gegen diesen Bescheid allenfalls einzubringenden Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin mit Berufung, in der sie erklärte, "keinen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gestellt" zu haben; die betreffende Gewässerableitung sei ausschließlich auf höhere Gewalt zurückzuführen, die einen Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung entbehrlich mache; darüber hinaus sei die Behörde zur Einleitung eines Bewilligungsverfahrens von Amts wegen nicht berechtigt; beantragt worden sei lediglich, "zum Schutz Dritter" die betroffenen Grundbesitzer zur Duldung der Ableitung der Enknach im Weg einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 zu verpflichten. Die Beschwerdeführerin stellte den Berufungsantrag, den erstinstanzlichen Bescheid "in seinem "vollen Umfang" zu "beheben" und über den bisher unerledigt gebliebenen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden.
Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Oberösterreich die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab. Die Rechtmittelbehörde vertrat die Ansicht, aus der Stellungnahme der Beschwerdeführerin am sei der Schluss zu ziehen, es sei Wunsch und Wille der Beschwerdeführerin, die Wasserrechtsbehörde möge im konkreten Anlassfall die Grundeigentümer, die von der durch die Beschwerdeführerin eigenmächtig vorgenommenen Ausleitung der Enknach betroffen wurden, im verfahrensgegenständlichen Bereich zur Duldung dieser Ausleitung verhalten. Diesen Antrag habe die Beschwerdeführerin, was den Antragsinhalt in sachlicher Hinsicht betreffe, konkret so definiert, dass dieses Parteienbegehren unmittelbar aus dem Wortlaut des Antrages zweifelsfrei erschlossen werden könne. Die Bezeichnung des Antrages als eines solchen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung lasse nur den Schluss zu, dass es der Beschwerdeführerin bezogen auf den Antragsinhalt um die Erlassung einer sofort wirksamen, die Grundeigentümer bindenden zeitlich befristeten Regelung gegangen sei. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Ausleitung der Enknach - eines ihr eigentümlichen Privatgewässers - stelle sich nämlich sachlich und rechtlich als eine Regulierungsmaßnahme dar, die gemäß § 41 Abs. 2 WRG 1959 auch bei Privatgewässern einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen könne. Als fremde Rechte seien in diesem Zusammenhang u.a. auch Grundeigentumsrechte anzusehen. Die Bewilligung wäre zu versagen, wenn der betroffene Grundeigentümer der Inanspruchnahme seiner Grundstücke nicht zustimme, es sei denn, er würde durch eine Verfügung der Wasserrechtsbehörde gemäß §§ 63 oder 65 WRG 1959 hiezu verhalten. Gemäß § 63 lit. b WRG 1959 könne die Wasserrechtsbehörde für Wasseranlagen, deren Errichtung im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lasse, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen, damit z. B. Wasser abgeleitet werden könne. Gemäß § 65 WRG 1959 könnten zur Ausführung von Schutz- und Regulierungswasserbauten, die im öffentlichen Interesse unternommen würden, unter anderem Dienstbarkeiten bestellt werden. Diese Verfügungen der Wasserrechtsbehörde seien jedoch nur im Zusammenhang mit der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für das Vorhaben, dem die Dienstbarkeitsbegründung diene, und überdies gemäß § 60 Abs. 2 WRG 1959 nur gegen angemessene Entschädigung (§ 117 WRG 1959) zulässig. Ein Widerspruch zu fremden Rechten und damit eine Bewilligungspflicht für Regulierungsmaßnahmen an einem Privatgewässer läge dann nicht vor, wenn die Inanspruchnahme fremder Grundstücke durch einen Privatrechtstitel abgesichert wäre. Über das Vorliegen eines solchen Privatrechtstitels und dessen Durchsetzung würden jedoch die ordentlichen Gerichte entscheiden und nicht etwa die Verwaltungsbehörde. Für diese könne das Vorliegen eines solchen Privatrechtstitels lediglich im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung gemäß § 38 AVG 1950 eine Rolle spielen. Wohl habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom in ganz unbestimmter Art und Weise auf ersessene Rechte zur Nutzung des Gießgrabens in Katastrophenfällen und Notsituationen hingewiesen, es aber unterlassen, diese Rechte bzw. ihren Umfang zu konkretisieren. Dadurch, dass die rechtskundig vertretene Beschwerdeführerin gleichzeitig den Antrag auf Tätigwerden der Verwaltungsbehörde gestellt habe, sei durch sie zum Ausdruck gebracht und im übrigen auch in der Berufungsschrift neuerlich deponiert worden, dass die Beschwerdeführerin zur Sanktionierung der von ihr vorgenommenen Regulierungsmaßnahmen die Hilfe der Verwaltungsbehörde in Anspruch nehmen müsse, um einen ihren Interessenslagen Rechnung tragenden und bereits verwirklichten Regulierungserfolg zu legalisieren und zu erhalten. Eine einstweilige Verfügung nach § 122 Abs. 1 WRG 1959 setze unter anderem voraus, dass das behördliche Handeln durch eine drohende Gefahr, gleich woher sie rühre, ausgelöst werde und die Gefahr so dringlich sei, dass keine Zeit mehr für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens bleibe. Im Spruch einer nach der angeführten Gesetzesstelle erlassenen einstweiligen Verfügung dürften jedoch nur solche Maßnahmen (Leistungen, Duldungen, Unterlassungen) angeordnet werden, die Inhalt eines wasserpolizeilichen Auftrages sein könnten und somit einer Vollstreckung zugänglich seien. Wasserpolizeiliche Aufträge seien nur dort zulässig, wo materiellrechtliche Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes die Erlassung solcher Aufträge vorsähen bzw. wo Übertretungen von Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes die Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes erforderten. Die Verleihung einer wasserrechtlichen Bewilligung in der Form einer einstweiligen Verfügung sei nicht zulässig. Das Wasserrechtsgesetz 1959 enthalte keine materiellrechtliche Bestimmung, welche es der Wasserrechtsbehörde gestattete, durch wasserpolizeilichen Auftrag bzw. bei Gefahr im Verzug durch einstweilige Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 Grundeigentümer zu verpflichten, zu Gunsten Dritter, um Hochwassergefahren von diesen abzuwenden, die Ableitung von Gewässern über ihre Grundstücke zu dulden bzw. diese an Stelle der anderen einer Hochwassergefahr auszusetzen. Eine solche Duldungsverpflichtung könne nur im Zusammenhang mit der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine solche Maßnahme nach entsprechender Interessenabwägung ausgesprochen werden. Die Beschwerdeführerin habe also die Rechtslage verkannt, sofern sie unter "einstweiliger Verfügung" eine formale Regelung gemäß § 122 WRG 1959 habe verstanden wissen wollen. Eine Anordnung gemäß § 122 WRG 1959 sei nämlich eine bloße Verfahrensanordnung, deren Inhalt in einer materiell-rechtlichen Bestimmung ihre Deckung finden müsse und deren Zweck darin bestehe, wegen Gefahr im Verzug ohne förmliches, für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages notwendiges Ermittlungsverfahren der sofortigen Durchsetzung dieser materiell-rechtlichen Bestimmung zu dienen. Da die Beschwerdeführerin bei der Verhandlung vom rechtskundig vertreten gewesen sei, müsse der Erstbehörde zugebilligt werden, dass sie den von der Beschwerdeführerin in seiner sachlichen Bedeutung klar formuliert gestellten Antrag zweifelsfrei ohne weiteres Hinterfragen ausschließlich in Richtung eines Antrages auf eine Gestattung der Ausleitung der Enknach zu Lasten der betroffenen Grundeigentümer gemäß den §§ 41 Abs. 2 und 60 ff WRG 1959 habe auslegen können. Die von der Bezirkshauptmannschaft vorgenommene rechtliche Subsumtion des bei der Augenscheinsverhandlung vom festgestellten Sachverhaltes unter diese gesetzlichen Bestimmungen sei der einzige rechtlich zulässige Weg gewesen, dem ausdrücklich erklärten Willen der Beschwerdeführerin zu entsprechen und die betroffenen Grundeigentümer zur Duldung der vorgenommenen Ausleitung zu verhalten, solange diese zum Schutz der unmittelbar bedrohten Interessen, auf die sich die Beschwerdeführerin zur Rechtfertigung ihrer konsenslosen Maßnahme gestützt habe, erforderlich gewesen sei. Die Erstbehörde habe also mit ihrem Bescheid dem ausdrücklich erklärten Willen der Beschwerdeführerin in der einzig möglichen Rechtsform Rechnung getragen und dieser mit der Verleihung einer nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung für die schon vorher konsenslos vorgenommene Maßnahme das zur rechtlichen Abdeckung dieser Maßnahme notwendige rechtliche Instrumentarium (= Bewilligung) verschafft. Beim festgestellten Sachverhalt auf der formalen Bedeutung der Worte "einstweilige Verfügung" im Sinne des § 122 WRG 1959 zu beharren und diese nicht etwa dem gestellten Begehren entsprechend als Antrag auf zeitlich befristete nachträgliche Bewilligung der gesetzten Maßnahmen auszulegen, wäre nicht im Interesse der Antragstellerin gelegen gewesen, am Verfahrenszweck vorbeigegangen und geradezu als schikanöses Handeln der Behörde zu werten gewesen. Hätte nämlich die Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin formal nach dem gebrauchten Wort "einstweilige Verfügung" und nicht nach dem eindeutig definierten Antragsinhalt und -zweck gewertet, wäre dieser Antrag "auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung" in Ermangelung einer materiellrechtlichen Rechtsgrundlage, wie ausgeführt, abzuweisen gewesen. Die Behörde hätte dann, wenn dies von den durch die eigenmächtige Enknachausleitung nachteilig betroffenen Grundeigentümern verlangt worden wäre, mit einstweiliger Verfügung die sofortige Herstellung des ursprünglichen Zustandes anordnen müssen, ohne auf die Interessenslagen der Beschwerdeführerin Bedacht nehmen zu können bzw. sonst durch die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages gemäß § 138 WRG 1959 die Beseitigung der konsenslosen Enknachausleitung anordnen müssen.
Daraus ergebe sich, dass durch die angefochtene Entscheidung dem Begehren der Beschwerdeführerin, abgestellt auf den sachbezogenen Inhalt, in der einzig rechtlich zulässigen Form Rechnung getragen worden sei. Da aus dem Wortlaut des Antrages der Beschwerdeführerin eindeutig entnommen werden könne, worum es dieser bei der von der Behörde erbetenen Entscheidung gegangen sei, und die Entscheidung der Behörde diesem Antragsinhalt voll Rechnung trage, müsse davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werde. Daran könne auch nichts ändern, dass die im Verfahren rechtskundig vertreten gewesene Beschwerdeführerin offensichtlich, wie sich erst im Berufungsverfahren herausstelle, die Rechtslage verkannt und deshalb eine positive Entscheidung der Behörde über den gestellten Antragsinhalt in Form einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 begehrt habe. Dass dies rechtlich nicht möglich gewesen wäre, sei bereits ausgeführt worden. Die sofortige Vollziehbarkeit des Bewilligungsbescheides sei überdies durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung erreicht worden, so daß sich im Vergleich zu den Rechtswirkungen einer unzulässigen einstweiligen Verfügung nur ein formaler, nicht aber auch ein faktischer Unterschied ergebe. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in Hinsicht höherer Gewalt werde noch bemerkt, dass diese für betroffene Dritte nur dort vorliegen könne, wo sie ohne positives menschliches Handeln wirke. Im konkreten Fall sei eine durch eine solche für bestimmte Rechtsträger drohende Gefahr durch positives Handeln der Beschwerdeführerin von jenen abgewendet und anderen Rechtsträgern ohne deren Einverständnis auferlegt worden. Für sie sei demnach die Beeinträchtigung ihrer Rechte nicht unmittelbar auf höhere Gewalt zurückzuführen, sondern sei durch menschliches, im konkreten Fall auf eigenmächtiger Interessensabwägung beruhendes Handeln bewirkt worden. Dem sonstigen Berufungsvorbringen komme im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen keine Bedeutung mehr zu.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf "die Durchführung von Schutz- und Regulierungswasserbauten" (zu ergänzen offensichtlich: ohne wasserrechtliche Bewilligung), in dem Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde sowie auf "Einleitung, Durchführung und Erledigung eines antragsbedürftigen Verfahrens (§ 73 AVG; Art. 132 B-VG) verletzt" erachtet.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin meint, sie habe keinen als Bewilligungsansuchen zu verstehenden Antrag gestellt, und die Behörde habe ihren - als solchen missdeuteten - Antrag, der ausschließlich auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 122 WRG 1959 gerichtet gewesen sei, bislang unerledigt gelassen.
Diese Beschwerdeausführungen erweisen sich als nicht zielführend. Die Beschwerdeführerin verlangte nämlich am einerseits, eine einstweilie Verfügung zu erlassen, nahm dabei jedoch nicht auf § 122 WRG 1959 Bezug und verfolgte andererseits den Zweck, "die betroffenen Anrainer zur Duldung der Ableitung der Gewässer" zu vehalten, was aus den im angefochtenen Bescheid näher dargelegten Gründen eine wasserrechtliche Bewilligung erforderte, die ihrerseits in Anbetracht der Befristung und des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung § 64 Abs. 2 AVG 1950 eine weitere Anordnung in Form einer einstweiligen Verfügung im Sinn der angegebenen Gesetzesstelle überflüssig machte. Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin bei der Verhandlung am der Erklärung des Amtssachverständigen betreffend erforderliche Vorschreibungen für die "wasserrechtliche Genehmigung zur Ausleitung" nicht entgegebengetreten ist, sondern dazu lediglich bemerkt hat, die betreffenden Ausführungen seien "im Lichte obiger Stellungnahme zu sehen", was durchaus bedeuten konnte, dass die Beschwerdeführerin, sollte die Duldungspflicht (nur) auf diesem Weg erreicht werden, mit der vom Sachverständigen beschriebenen Vorgangsweise einverstanden sei. Aus der Behandlung des Antrages der Beschwerdeführerin durch die Wasserrechtsbehörde, insbesondere durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, wird zugleich deutlich, dass nicht etwa ein Antrag der Beschwerdeführerin offen gelassen wurde, sondern die Behörde im Bemühen, dem sachlichen Anliegen der Beschwerdeführerin gerecht zu werden, den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf die ihr richtig erscheinende Weise erledigt hat (was die Begründung des angefochtenen Bescheides deutlich erkennen lässt).
Aus dem zuletzt genannten Grund war das eine Säumnis gemäß Art. 132 B-VG geltend machende Beschwerdebegehren nicht am Platz, weil kein Säumnisfall vorlag, und daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin wurde jedoch durch den angefochtenen Bescheid - der vorausgegangenen Überlegungen ungeachtet - in ihren Rechten verletzt. Sie hat nämlich in ihrer Berufung - in voller Kenntnis dessen, wie ihr Vorbringen vom von Seiten der Behörde aufgefasst wurde - mit einer jeden Zweifel ausschließenden Bestimmtheit erklärt, sie habe "keinen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gestellt", die Ableitung der Enknach sei auf höhere Gewalt zurückzuführen, "die einen Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung hinsichtlich Ableitung der Enknach überhaupt entbehrlich" mache, die Behörde sei "nicht legitimiert", ein Bewilligungsverfahren "von Amts wegen einzuleiten"; die Berufungsbehörde möge daher den ersten instanzlichen Bescheid "in seinem vollen Umfang beheben". Unter dieser Voraussetzung durfte die belangte Behörde - die in ihrer meritorischen Beurteilung von der Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen hatte - die die beschwerdeführende Partei keineswegs nur begünstigende wasserrechtliche Bewilligung (die nicht von Amts wegen erteilt werden konnte) nicht bestätigen, auch wenn sie damit aus ihrer Sicht eine in Abwägung der berührten Interessen zweckmäßige Lösung (aber eben gegen den ausdrücklichen Willen der Partei) herbeizuführen bemüht war. Unter dem Gesichtspunkt eines von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz nicht fehlgedeuteten Begehrens der Beschwerdeführerin heißt dies, dass die belangte Behörde davon auszugehen hatte, dass ein Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung, wie sie von der Bezirksverwaltungsbehörde ausgesprochen worden war, seitens der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht aufrechterhalten wurde. Dadurch, dass die belangte Behörde hierauf nicht Bedacht genommen und in Anbetracht dessen den erstinstanzlichen Bescheid nicht (gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950) aufgehoben hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 82/07/0020) wobei sie gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 auch die Möglichkeit gehabt hätte, über das in der Berufung gestellte Begehren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung selbst zu entscheiden - belastete sie ihren eigenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag.
Wien, am
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Schlagworte | Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1986070094.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-62496