VwGH 26.09.1989, 86/07/0086
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | VStG §5 Abs1; WRG 1959 §137 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; |
RS 1 | Ausführungen zur Frage der Qualifikation der Übertretung nach § 137 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 WRG (Hinweis E , 86/07/0231). |
Normen | VwGG §36 Abs1; VwGG §42 Abs2 litc Z2; VwGG §42 Abs2 litc Z3; VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl; VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl; |
RS 2 | Selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift vermögen die fehlenden Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0628/73 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des AL in L, vertreten durch Dr. Franz Kriftner, Rechtsanwalt in Linz, Stelzhamerstraße 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-9116/16-1986/Sch/Sel, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 137 WRG 1959 schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von vierzehn Tagen) verhängt, weil er am in seiner Betriebsanlage in S bei der Abfüllung einer als "Eisen-II-Chlorid-Lösung" deklarierten chemischen Flüssigkeit in einen undichten Betonbehälter nicht mit der gesetzlich gebotenen Sorgfalt vorgegangen sei, so daß dadurch ca. 1.000 bis 1.500 Liter dieser chemischen Flüssigkeit in die Aist geflossen seien und dort eine erhebliche Gewässerverunreinigung verursacht hätten.
Mit Bescheid vom gab der Landeshauptmann von Oberösterreich sodann der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 51 VStG 1950 in Verbindung mit § 66 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) nicht Folge. Begründend wurde ausgeführt, die genannte Bezirkshauptmannschaft habe mit Bescheid vom die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung des Eisen-II-Chlorid-Lösungs-Lagers unter bestimmten, im Interesse des Gewässerschutzes vorgeschriebenen Auflagen zur Hintanhaltung schädlicher Auswirkungen auf ein Gewässer erteilt. Bei der dem Beschwerdeführer nun zur Last gelegten Manipulation mit dieser Chemikalienlösung, welche aufgrund des Ergebnisses der mittels Plasmaemissionsspektroskopie durchgeführten Untersuchung neben Eisen und Zink als Hauptbestandteilen auch aus höheren Konzentrationen anderer Schwermetalle, wie Blei, Cadmium, Chrom und Nickel in salzsaurer Lösung bestanden habe, sei eine Menge von rund 1.000 bis 1.500 Liter in die Aist ausgetreten; die Erstbehörde habe im Zug eines Ortsaugenscheines festgestellt, daß die Einlagerung dieser Chemikalien in ein schadhaftes Betonbecken erfolgt sei, welches nicht von der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung erfaßt sei, zudem auch nicht die vorgeschriebene säurefeste Auskleidung aufgewiesen habe; wegen der Situierung dieses Betonbeckens sei das infolge Undichtheit ausgeflossene Lagergut nicht in den Bereich des bescheidmäßig aufgetragenen Auffangbeckens, sondern in den darunterliegenden Pumpenkeller geflossen und habe von diesem über eine Kanalverbindung in den Aistfluß gelangen können. Weiters sei festgestellt worden, daß sich das Betonbecken in der Dimensionierung der Wände von den genehmigten Zisternen wesentlich unterscheide, so daß durch diese Art der "sorgfaltlosen" Lagerung insgesamt schließlich die Gewässerverunreinigung verursacht worden sei. Zu Recht habe daher nach Meinung der Berufungsbehörde auch die Erstinstanz die vom Beschwerdeführer allein zu vertretende Gewässerverunreinigung diesem als Ungehorsamsdelikt angelastet. Denn Verpflichteter und damit auch verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher sei derjenige, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen im konkreten Fall mit dem Eintritt der Gefahr einer Gewässerverunreinigung in ursächlichem Zusammenhang stünden. Es könne nun wohl keinem Zweifel unterliegen, daß der Beschwerdeführer das Tatbild der mangelnden Obsorge gegenüber der Gewässergüte zu verantworten habe. Allein durch die entgegen der erteilten Betriebsanlagengenehmigung vorgenommene Chemikalienlagerung sei nicht nur die konkrete Gefahr, sondern in der Folge eine erhebliche und letztlich vom Beschwerdeführer nicht bestrittene Gewässerverunreinigung eingetreten. Die Berufungsausführungen gingen demgegenüber ins Leere. Weder der Einwand, es handle sich um den gewerbebehördlich genehmigten Probebetrieb, und der Beschwerdeführer habe alle Vorkehrungen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung getroffen, noch jener, er wäre an den entsprechenden Maßnahmen gehindert worden, treffe zu. Der Beschwerdeführer sei auch nicht im Recht, wenn er eine schuldhafte Herbeiführung der Gewässerverunreinigung in Abrede stelle. Ob der Beschwerdeführer die in § 31 Abs. 1 WRG 1959 bezeichneten Vorsorgen schuldhaft unterlassen habe, sei unbeachtlich, weil es nur darauf ankomme, ob durch sein Verhalten die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eingetreten sei. Die Sorgfaltsverpflichtung bezwecke ja, Gewässerverunreinigungen schlechthin auszuschließen, ohne Rücksicht darauf, ob die Gefährdung verschuldet oder unverschuldet sei. Die vom Beschwerdeführer angeblich beabsichtigten Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung stellten sich völlig unabhängig von dem in § 31 Abs. 1 WRG 1959 bestimmten Grad der Sorgfalt zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung als jene "logische Verpflichtung" dar, welche bereits bei bzw. nach dem Eintritt der Gefahr einer Gewässerverunreinigung zu einem bestimmten Handeln verpflichte. Aufgrund der der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsakten müsse daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer die sich aus der angeführten Gesetzesstelle ergebenden notwendigen Vorsorgen unterlassen habe, die es verhindert hätten, daß aus der zunächst bloß möglichen in der Folge eine tatsächliche Gewässerverunreinigung geworden sei, welche schließlich den von der Behörde angeordneten Katastropheneinsatz erforderlich gemacht habe.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in dem Recht, entgegen den Bestimmungen der §§ 31 Abs. 1 und 137 WRG 1959 nicht bestraft zu werden, verletzt erachtet.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind unter anderem Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz als Verwaltungsübertretungen zu bestrafen.
Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten; doch zieht schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist.
In der Beschwerde wird eine schuldhafte Sorgfaltsverletzung in Abrede gestellt; der belangten Behörde wird vorgeworfen, sie habe irrigerweise angenommen, daß es sich bei dem Verstoß gegen § 31 WRG 1959 um ein "verschuldensunabhängiges" Ungehorsamsdelikt handle.
Dieser Einwand führt die Beschwerde zum Erfolg. Abgesehen davon nämlich, daß auch bei der eben genannten Art von Delikten nur der schuldhaft Handelnde verantwortlich ist (§ 5 Abs. 1 VStG
1950: "... das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden ...")
und lediglich eine Umkehr der Beweislast stattfindet (siehe dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3, 1987, S. 567, angeführte Rechtsprechung), ist eine Übertretung nach § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 137 Abs. 1 WRG 1959 kein Ungehorsamsdelikt, weil das Tatbild den Eintritt einer Schädigung im Sinne des § 30 Abs. 1 WRG 1959 ("Verunreinigung") erfordert, somit zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung "der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr" gehört (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/07/0231). Wenn sich daher die belangte Behörde, weil sie die Verschuldensfrage für irrelevant hielt, mit dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers inhaltlich nicht auseinandergesetzt hat, beruhte dies auf einer Verkennung der Rechtslage. Aus diesem Grund im angefochtenen Bescheid zu Unrecht unterlassene Erörterungen und Feststellungen können - wie dies im vorliegenden Fall versucht wurde - in der Gegenschrift nicht mit Erfolg nachgetragen werden (siehe die Rechtsprechung bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 607).
Da der Beschwerdeführer demnach in der bezeichneten Hinsicht in seinen Rechten verletzt wurde, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VStG §5 Abs1; VwGG §36 Abs1; VwGG §42 Abs2 litc Z2; VwGG §42 Abs2 litc Z3; VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl; VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl; WRG 1959 §137 Abs1; WRG 1959 §31 Abs1; |
Schlagworte | Begründung Begründungsmangel |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1986070086.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-62495