EINKOMMENSTEUER | Hälftesteuersatz bei Betriebsveräußerungen
Von ICON am
Der Hälftesteuersatz ist eine bedeutende steuerliche Erleichterung für Steuerpflichtige, die unter bestimmten Voraussetzungen genutzt werden kann. Diese besondere Besteuerungsregelung ermöglicht es, bestimmte Einkünfte nur zur Hälfte des regulären Steuersatzes zu versteuern und ist insbesondere für Steuerpflichtige von Interesse, die Betriebsvermögen veräußern oder Entschädigungen, wie etwa Abfindungen, erhalten.
Dabei ist zu beachten, dass auch ein wesentlich (mehr als 25 %) beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer betriebliche Einkünfte erzielt und die Aufgabe seiner Geschäftsführertätigkeit einer Betriebsaufgabe gleichkommt. Solche Geschäftsführer haben häufig Pensionsansprüche und es stellt sich die Frage, ob eine Pensionsabfindung unter dem Titel „Betriebsaufgabe“ mit dem Hälftesteuersatz besteuert werden kann.
Rechtliche Grundlagen
Die Rechtsgrundlage des § 37 Abs. 5 EStG schreibt vor, dass der Hälftesteuersatz auf Veräußerungs- und Aufgabegewinne zur Anwendung gelangt, wenn der Steuerpflichtige
gestorben ist und dadurch eine Betriebsveräußerung veranlasst wird,
durch eine körperliche oder geistige Behinderung erwerbsunfähig ist,
das 60. Lebensjahr vollendet hat und die Erwerbstätigkeit einstellen möchte und seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Punkt 3 ist in der Praxis mit einer Vielzahl von Fragen verbunden, da der Begriff „Einstellung der Erwerbstätigkeit“ im Gesetz nicht klar definiert ist. Diese Unklarheit führt dazu, dass verschiedene Interpretationen möglich sind, welches wiederum zu Unsicherheiten und Diskussionen führt. Um diese Frage zu klären, wird unser Artikel sich eingehend mit diesem spezifischen Aspekt beschäftigen.
Einstellung der Erwerbstätigkeit
Die Einstellung der Erwerbstätigkeit bedeutet, dass nach diesem Zeitpunkt keine Tätigkeiten mehr ausgeübt werden, die Einkünfte generieren. Jede aktive Tätigkeit, die Einnahmen erzielt, wird als Erwerbstätigkeit betrachtet, unabhängig davon, ob diese Tätigkeit im Inland oder Ausland ausgeübt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Einnahmen oder Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz, aufgrund von DBA oder nach § 48 BAO steuerbefreit sind ([1]EStR Rz 7316. ).
Selbst wenn aktive Einkünfte erzielt werden, kann keine Erwerbstätigkeit vorliegen, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 EUR ab dem Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe und die Einkünfte 730 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen ([2]EStR Rz 7310 und 7317. ).
Nach der Richtlinienmeinung ([3]EStR Rz 7318. ) des BMF sind die folgenden Einkünfte als keine aktive Erwerbstätigkeit zu betrachten:
Einkünfte aus Pensionen (Pensionsbezüge nach §§ 22 Z 2 und 25 EStG, Betriebspensionen)
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Einkünfte aus Kapitalvermögen
Verzicht auf die Entlohnung (z.B. wenn der Geschäftsführer einer GmbH zugleich der Gesellschafter ist und Gewinnausschüttungen erhalten könnte)
Einkünfte aus einer kapitalistischen Beteiligung an einer KG
Steuerliche Behandlung von Pensionsabfindungen und der Hälftesteuersatz
Bei einem Urteil ([4].) des BFG ging es darum, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2013 das gesetzliche Pensionsalter erreichte und seine Tätigkeit als Geschäftsführer beendete. Ab diesem Zeitpunkt bezog er seine vertraglich im Jahr 1960 zugesagte Firmenpension. Im Jahr 2018 forderte er von der Gesellschaft die Barabfindung seines Firmenpensionsanspruchs. Gleichzeitig erklärte er im Jahr 2018 den erhaltenen Betrag als Übergangsgewinn und beantragte, diesen gemäß § 37 Abs. 5 EStG mit dem Hälftesteuersatz zu besteuern. Das Gericht erklärte, dass eine Abfindungszahlung im Zusammenhang mit einer Pensionsvereinbarung unter bestimmten Umständen als steuerlich begünstigte Entschädigung angesehen werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Initiative zur Vereinbarung einer solchen Abfindung nicht von der Person ausgeht, die den Pensionsanspruch hat, sondern von der anderen Partei. Im vorliegenden Fall war jedoch der Beschwerdeführer vertraglich dazu befugt, eigenständig zu entscheiden, ob und wann er eine einmalige Auszahlung seines Pensionsanspruchs vornehmen lassen wollte. Aus diesem Grund konnte der halbe Steuersatz nicht angewendet werden.
Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne
Unter dem Untertitel „Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne“ lässt sich festhalten, dass die Veräußerung eines gesamten Betriebes in diese Kategorie fällt. Gleiches gilt für Mitunternehmeranteile, wobei diese Begünstigung nur dann Anwendung findet, wenn der gesamte Mitunternehmeranteil veräußert wird. Eine bloße Veräußerung einer Quote erfüllt diesen Tatbestand grundsätzlich nicht ([5] RO 2022/15/006.). Der VwGH lässt offen, ob beim Verkauf des Mitunternehmeranteils, um von der Begünstigung zu profitieren, auch das gesamte Sonderbetriebsvermögen veräußert werden muss oder ob eine Entnahme, die möglicherweise bei Grundstücken zum Buchwert bewertet wird, ausreicht ([6] Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 17. Aufl. (2024), § 37, II Hälftesteuersatz, S. 1834. ).
Keine begünstigte Veräußerungsgewinne sind:
Einkünfte, die nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen
Betriebs- oder Mitunternehmeranteilsveräußerung gegen:
Kaufpreisrente
Umsatzbeteiligung
Gewinnbeteiligung
Veräußerungsgewinn, der im Jahr der Veräußerung nicht durch Rentenbezüge entsteht (z.B. bei Kombination der Leibrente mit einer Einmalzahlung)
Abfindung von Rentenzahlungen, außer die Renten haben bis zur Ablösezahlung noch zu keiner Steuerpflicht geführt
Laufende Gewinne, auch bei zeitlichem Zusammenhang mit Betriebsveräußerung oder -aufgabe
Veräußerung von Teilen des Betriebsvermögens (Einzelwirtschaftsgüter)
Entnahme von Wirtschaftsgütern bei Einbringung des Einzelunternehmers in eine Kapitalgesellschaft
Entnahme von Gebäuden oder Gebäudeanteilen bei unentgeltlicher Übertragung eines (Teil-) Betriebs
ab : besondere Steuersätze für Gebäudeentnahmen gem. § 30a EStG
Grundstücksgewinne und Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, falls besondere Steuersätze nicht anwendbar sind
Die Festlegung einer Ratenzahlung wäre hierbei unproblematisch, da der Verkaufsgewinn zum Stichtag durch den Vergleich des Betriebsvermögens ermittelt wird.
FAZIT
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Hälftesteuersatz nach § 37 Abs. 5 EStG eine wertvolle steuerliche Erleichterung für die Veräußerung von Betrieben darstellt. Diese Regelung ermöglicht es, die Steuerlast bei der Veräußerung von Betrieben, Abfindungen oder Entschädigungen signifikant zu reduzieren, indem ein ermäßigter Steuersatz von nur 50% des regulären Einkommensteuersatzes zur Anwendung kommt. Dies stellt eine erhebliche finanzielle Entlastung für Unternehmer dar, die sich mit den komplexen und oftmals kostspieligen Herausforderungen einer Betriebsübergabe oder -veräußerung konfrontiert sehen.
Dennoch ist es von entscheidender Bedeutung, sich der spezifischen Voraussetzungen und Anforderungen bewusst zu sein, die mit der Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes verbunden sind. Die korrekte Anwendung der Regelung erfordert eine präzise Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen und der damit verbundenen administrativen Anforderungen. Unternehmer sollten daher sicherstellen, dass sie alle relevanten Vorschriften sorgfältig prüfen und im Zweifelsfall rechtzeitig professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Nur durch eine gründliche Vorbereitung und fundierte Beratung kann gewährleistet werden, dass die steuerlichen Vorteile des Hälftesteuersatzes optimal genutzt werden und mögliche Fehler oder Nachteile vermieden werden.
Für weiteren Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen die Verfasser bzw. auch die übrigen Ansprechpartner der Service Line „Corporate Tax“ gerne zur Verfügung.
Fundstelle(n):
YAAAF-62212