VwGH 24.11.1987, 85/14/0002
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | EStG 1972 §23 GewStG §1 Abs1 |
RS 1 | Ein Versicherungsberater bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Seine Tätigkeit umfaßt keineswegs den wesentlichen und typischen Teil der Berufstätigkeit der Rechtsanwälte, nämlich die Rechtsberatung und Vertretung von Mandanten vor Gericht und Verwaltungsbehörden, weswegen sie nicht als eine den Rechtsanwälten ähnliche Tätigkeit angesehen werden kann (Hinweis auf E , 1932/76, VwSlg 5073 F/1977 und E , 82/14/0096, VwSlg 5744 F/1983). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 85/14/0094 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Piffl, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Tirol gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat) vom , Zl. 30.658-3/84, betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1982 und Gewerbesteuervorauszahlungen für das Jahr 1984 der mitbeteiligten Verlassenschaft nach Dr. HE, vertreten durch die Kuratoren der Verlassenschaft Frau KH und JE in I, diese vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 10/I, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der am verstorbene Mitbeteiligte war Unfall- und Versicherungsberater. Als solcher hat er "ausschließlich die außergerichtliche Abwicklung von Schadenersatzforderungen für seine Klientel vorgenommen".
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darüber, ob die Tätigkeit des Mitbeteiligten der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ähnlich und daher als freiberuflich zu beurteilen ist, oder ob es sich dabei um eine gewerbliche Tätigkeit gehandelt hat.
Der Mitbeteiligte hat im Verwaltungsverfahren die Festsetzung von Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1982 einschließlich Gewerbesteuervorauszahlung für das Jahr 1984 mit dem Hinweis bekämpft, daß er bereits mit Berufungsentscheidung vom 7. März 1963 "von der Gewerbesteuerpflicht rechtskräftig enthoben" worden sei, weil der Berufungssenat der Finanzlandesdirektion für Tirol seine Tätigkeit als ähnlich der Tätigkeit eines Wirtschaftreuhänders bzw. eines Rechtsanwaltes angesehen habe. Auch könne seine Tätigkeit nicht mit der Vermittlung und Beratung bei Abschlüssen von Versicherungsverträgen verglichen werden, die wohl zweifelsfrei als gewerbliche Tätigkeit beurteilt werden müßte. Weiters dürfe nicht übersehen werden, daß der Mitbeteiligte das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Doktorat abgeschlossen habe. Sein Büro beschäftige sich mit Causen, die sonst den Rechtsanwälten infolge Größe und Umfang zufallen würden. Der Mitbeteiligte bearbeite Schadenersatzansprüche aus sämtlichen Haftpflichttatbeständen im Rahmen der österreichischen Haftpflichtbestimmungen gegenüber deckungspflichtigen Versicherungsanstalten im In- und Ausland. Seine Tätigkeit sei daher eine rechtsberatende und ziele darauf hin, solche gesetzliche Ansprüche möglichst ökonomisch und kostensparend zu einer außerprozessualen Entscheidung zu bringen.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid der Argumentation des Mitbeteiligten gefolgt, daß seine rechtsberatende Tätigkeit mit der eines Rechtsanwaltes vergleichbar sei. Laut Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Berater in Versicherungsangelegenheiten, BGBl. Nr. 374, müsse ein Berater in Versicherungsangelegenheiten eine Prüfung über bestimmte Rechtsgebiete, vor allem über das Versicherungswesen und Schadenersatzrecht ablegen. Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung sei der Nachweis über den erfolgreichen Besuch einer Handelsakademie, einer allgemein bildenden höheren Schule, der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe, einer Handelsschule oder einer anderen berufsbildenden höheren Schule. Dessen ungeachtet habe der Mitbeteiligte sogar eine abgeschlossene Hochschulausbildung. Die Einkünfte des Mitbeteiligten seien daher unter § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG zu subsumieren, was eine Gewerbesteuerfestsetzung ausschließe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Tirol, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber und über die von den Mitbeteiligten erstattete Gegenschrift erwogen:
Soweit die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt ist, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG diese anzuführen. Mit Erkenntnis vom , Zl. 85/14/0094, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht der damaligen belangten Behörde bestätigt, daß in der Bearbeitung von Schadensersatzansprüchen gegenüber deckungspflichtigen Versicherungsanstalten eine gewerbliche Tätigkeit zu erblicken sei. Der vorliegende Beschwerdefall betrifft das gleiche Subsumtionsproblem. Auch die Tätigkeit des Mitbeteiligten besteht in der außergerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber Versicherungsgesellschaften. Eine Ähnlichkeit dieser Tätigkeit mit der eines Rechtsanwaltes ist schon deswegen nicht gegeben, weil sie nicht den wesentlichen und typischen Teil jener Tätigkeiten umfaßt, die die Berufstätigkeit der Rechtsanwälte kennzeichnet. Insbesondere umfaßt sie nicht die Befugnis zur Vertretung des Auftraggebers vor Gerichten und Verwaltungsbehörden. Im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des oben zitierten hg. Erkenntnisses verwiesen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Diese Entscheidung konnte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. gebildeten Senat getroffen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | EStG 1972 §23 GewStG §1 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1985140002.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-62005