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VwGH 26.02.1987, 85/07/0155

VwGH 26.02.1987, 85/07/0155

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §59 Abs1;
WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §102;
WRG 1959 §103;
WRG 1959 §114;
WRG 1959 §115;
RS 1
Die Teilung des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens zum Zwecke einer allfälligen "generellen" Bewilligung und von einzelnen darauf aufbauenden "Detail"-Bewilligungen ist gerade im Falle technischer Großprojekte grundsätzlich zulässig (Hinweis E , 84/07/0375). Solange jedoch nicht abgesehen werden kann, ob und in welchem Umfang eine Bedachtnahme auf Parteirechte eine dem Projekt entsprechende Bewilligung zulässt, ist die Angelegenheit mangels Abgrenzbarkeit von bereits bewilligungsfähigen und von einer künftigen Entscheidung abhängig zu machenden Baumaßnahme auch nicht zum Teil spruchreif.

Entscheidungstext

Beachte

Vorgeschichte:

0800/77 E ;

Fortgesetztes Verfahren:

88/07/0068 E VwSlg 12984 A/1989;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des

1.) JA und der 2.) CA in S, beide vertreten durch Dr. Walter Hasibeder, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 14.861/02-14/85, betreffend wasserrechtliche Bewilligung für Regulierungsmaßnahmen (mitbeteiligte Partei: Wasserverband M, vertreten durch den Bürgermeister FR in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurden folgende vom mitbeteiligten Wasserverband (in der Folge kurz: MB) beabsichtigte Maßnahmen gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 als bevorzugter Wasserbau erklärt:

a) die Erhöhung der H-bach-Mittelwasserüberleitung von 0,7 m3/s auf 2,5 m3/s;

b) die Rückhalte- und Versickerungsanlage T (Becken Ost und West) und

c) die Basisableitung C-bach (Ausbau und Ertüchtigung des Cbaches auf 6 m3/s).

Die wasserbautechnische Funktion der einzelnen Operate sei gegeben. Durch die Ausführung der vorgesehenen Maßnahmen würden im Einklang mit der wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung für das Einzugsgebiet des H-baches, BGBl. Nr. 299/1971, alle Hochwassereignisse mindestens bis zu einer 20-jährlichen Häufigkeit retentiert und geordnet abgeführt. Bei seltener auftretenden Hochwässern würden die Ausuferungen in einem wesentlich reduzierten Ausmaß erfolgen.

In der Folge beraumte die belangte Behörde im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren die mündliche Verhandlung an, wobei sie den Ladungen je eine Projektsbeschreibung anschloß. An die beiden nunmehrigen Beschwerdeführer, die im Projekt der MB nicht als Inhaber berührter Rechte erwähnt worden waren, erging keine Ladung zu dieser Verhandlung.

Dennoch erschien zur Verhandlung am der Erst-Beschwerdeführer und gab dort im eigenen Namen und im Namen der Zweit-Beschwerdeführerin nachstehende Stellungnahme ab:

"Zur wasserrechtlichen Verhandlung im Verfahren Z. 14.861/11-

I 4/84, wurde uns keine Vorladung zugestellt. Durch die vorgesehene Regulierungsmaßnahme, insbesondere Pkt. c der Kundmachung 'Basisableitung C-bach' (Ausbau und Abflußertüchtigung des C-baches auf 6 m3 /s) können jedoch unsere wasserrechtlichen Rechte bzw. unsere Verfahren nachteilig beeinflußt werden, weshalb uns Parteistellung zuzukommen hat.

a) Wir betreiben auf der Liegenschaft EZ. 164, KG. S, eine Fischzuchtanstalt, die eine Wasserführung von 800 l/s Frischwasser braucht. Unsere Wasserrechte wurden in den Wasserbuch-Pzl. n2 und n1 geregelt und anschließend in mehreren Bescheiden ergänzt. Diese weiteren Bescheide wurden im Wasserbuch nicht mehr vollständig eingetragen. Wir haben ein Verfahren für Wasserbucheintragung eingeleitet. Dieses Verfahren befindet sich derzeit im Stadium der Berufung. Gegen den Bescheid des Amtes der O.Ö. Landesregierung bzw. des Herrn Landeshauptmannes von O.Ö. Wa-4558/1-1980/Spi/Re vom haben wir am eine Berufung eingebracht. Diese Berufung ist beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft anhängig; eine Erledigung ist bis heute nicht erfolgt. Diese Wasserrechte stehen uns alle aufgrund von rechtskräftigen Bescheiden zu. Eine Einschränkung dieser Wasserrechte hätte die Berufungsbehörde vorgenommen. Der diesbezügliche Bescheid vom wurde jedoch aufgrund unserer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, Zl. 800/1097/77 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

b) Des weiteren ist ein Verfahren anhängig betreffend die Nutzwasserentnahme aus dem B-bach sowie ein Verfahren betreffend einen Großpumpversuch bzw. die Nutzwasserentnahme aus Brunnenanlagen, die sich auf unserem Areal befinden. Diese beiden Verfahren sind ebenfalls im Stadium des Berufungsverfahrens beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zu den Zl. 410.071/07-I 4/77 sowie Zl. 410.071/01-I 4/80 anhängig. Auch in diesen beiden Verfahren erfolgte bislang keine Regelung.

c) Das weitere Verfahren betreffend Grundwasserentnahme auf den Gst.Nr. 1122, 1134, 1163, der KG. S, zur Speisung der Fischzuchtanlage ist mit dem Ansuchen um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung beim Amt der O.Ö. Landesregierung zu Zl. Wa-217/10-1978/Re anhängig. Bereits mit Verständigungsschreiben vom wurde uns vom zuständigen Ressortchef mitgeteilt, daß die von uns vorgelegten Unterlagen zur wasserrechtsbehördlichen mündlichen Verhandlung ausreichend sind. Die Projektsunterlagen des Jahres 1976 würden sich jedoch noch beim Verwaltungsgerichtshof befinden (zwischenzeitig müssen sich diese wiederum beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft befinden). Es könnte jedenfalls über dieses Verfahren entschieden werden und es stammt unser Ansuchen schon in der urprünglichen Form aus dem Jahre 1971.

d) Weiters ist ein Wasserrechtsverfahren derzeit beim Amt der O.Ö. Landesregierung zu Wa-2830/3-1982/Spi anhängig, betreffend das nachträgliche wasserrechtliche Bewilligungsverfahren der von den Marktgemeinden M und der Gemeinde S vorgenommenen Regulierung des C-baches. Dieses Verfahren ist immer noch nicht rechtskräftig abgeschlossen und es wurde in diesem Verfahren über die uns treffende Beeinträchtigung der uns zustehenden Wasserrechte noch nicht endgültig abgesprochen.

Durch die vorstehend aufgezeigten Rechte und durch unsere Parteistellung in den genannten Verfahren ist offenkundig, daß uns auch im gegenständlichen Verfahren Parteistellung zuzukommen hat, weil auch durch die weitere Regulierung unsere Rechtstellung in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt werden kann.

1. Unsere Fischzuchtanlage wird noch zum Teil durch natürlichen Zufluß vom B-bach gespeist (östlicher B-bach).

2. Hauptsächlich wird unsere Fischzuchtanlage durch Brunnen gespeist, wobei das Wasser aus dem in einer Tiefe von ca. 3 - 4 m vorhandenen Grundwasser gefördert wird. Durch die vorgesehene Abflußertüchtigung des C-baches ist zu erwarten, daß mehr Wasser oberflächig abgeführt wird und daher die Grundwasseranreicherung derart vermindert wird, daß es zu einem weiteren Rückgang der Grundwasserführung kommen wird und daher auch zu einem Rückgang der Quellschüttung (B-bach) bzw. würde bei einer Absinkung des Grundwassers die Gefahr bestehen, daß die mit einem großen Kostenaufwand geschaffenen Brunnenanlagen nicht mehr verwendbar wären. Es müßte dann eine Vertiefung der Brunnen erfolgen, was mit einem riesigen Kostenaufwand verbunden wäre.

Diese unsere Befürchtungen beruhen auf Erfahrungstatsachen. Das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren für die Cbachregulierung wurde erst nachträglich eingeleitet, während in den Jahren 1956 bis 1970 von der Flußbauleitung Braunau a.I. diese Regulierung durchgeführt wurde. Wir haben durch unsere Eingabe im Jahre 1969 dieses Verfahren in Gang gebracht. Trotzdem ist dieses Verfahren bis heute nicht abgeschlossen. Durch die starke Vertiefung und Verbreiterung des C-baches wurde der Grundwasserleiter bei St angeschnitten und wir haben dadurch das für den Fischzuchtbetrieb notwendige Quellwasser in einer Schüttungsmenge von rd. 800 l/s verloren. Der Ursachenzusammenhang wurde durch mehrere von uns vorgelegte Gutachten nachgewiesen. Die notwendige Versorgung mittels Pumpanlagen hat uns bisher einen nachweisbaren Aufwand von über zehn Millionen Schilling gekostet. Die jährlichen Kosten für die Ersatzwasserversorgung liegen bei rd. einer Million Schilling. Trotz dieses großen Schadens ist das Verfahren bislang noch nicht abgeschlossen. Die Schwierigkeit liegt auch darin, daß seinerzeit keine Beweissicherung erfolgt ist, weshalb nunmehr im gegenständlichen Fall unbedingt beantragt wird, daß seitens der Wasserrechtsbehörde eine entsprechende Beweissicherung vorgeschrieben wird, wobei wir auch ersuchen, daß uns alle Daten dann zur Kenntis gebracht werden.

Da nicht nachweisbar erscheint, daß keine für uns nachteiligen Folgewirkungen durch die nunmehr vorgesehene Regulierungsmaßnahme eintreten, sprechen wir uns gegen die Bewilligung aus. Wir beantragen die Abweisung des beantragten Wasserbaues. Wir beantragen weiters, daß der Bescheid im gegenständlichen Verfahren erst nach Abschluß der oben zitierten; durchwegs unerledigten Verfahren erfolgen wolle, da andernfalls sich der nunmehr ergehende Bescheid nachteilig auf die schon zitierten, seit Jahren anhängigen Verfahren auswirken könnte, dies im Sinne einer Verkürzung unserer Rechte bzw. beantragten Rechte.

Im Hinblick auf die weitreichende Bedeutung des Projektes für unsere Fischzuchtanstalt beantragen wir, daß uns eine Projektsgleichschrift zugestellt wird, damit wir innerhalb einer angemessenen Frist gegebenenfalls ein ergänzendes Vorbringen erstatten können. Wir beantragen weiters die Zustellung einer Verhandlungsabschrift und des Bescheides.

Mit Hilfe eines fachlichen und eines rechtlichen Beistandes ist von meiner Sicht eine Verhandlungsbereitschaft jederzeit gegeben. Ich ersuche dafür Verständnis zu haben, daß ich ohne Kenntnis der Projektsunterlagen und ohne zu wissen, wie sich das Projekt im Ergebnis auf den zukünftigen Grundwasserhaushalt auswirken wird, meine Zustimmung am heutigen Tage nicht geben kann. Außerdem fürchte ich, daß unser Fischzuchtbetrieb im zu verhandelnden Projekt nicht berücksichtigt wurde."

Neben zahlreichen weiteren Stellungnahmen und Gutachten wurde in dieser Verhandlung ein Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik eingeholt, welcher die Dringlichkeit und Zweckmäßigkeit des Projektes der MB bestätigte und verschiedene Bedingungen und Auflagen vorschlug, ohne auf das Vorbringen der Beschwerdeführer im einzelnen einzugehen. Auf die Notwendigkeit einer Beachtung der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Rechte, bzw des Einflusses des Vorhabens der MB auf diese Rechte, hatten hingegen die Vertreter des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung bereits zu Beginn der Verhandlung hingewiesen. Unter Bezugnahme auf diese Äußerung führte die MB in ihrer abschließenden Stellungnahme u.a. folgendes aus:

".....

Zur Stellungnahme des Herrn A wird die Meinung vertreten, daß seine Fischzuchtanlage in keiner Weise durch das gegenständliche Vorhaben am C-bach berührt werden kann, da im Bereich St keine Sohleneintiefung durchgeführt wird und darüber hinaus auch die bisher behaupteten Zusammenhänge mit Abflußertüchtigungen am Cbach nicht gegeben waren.

Es wird daher besonders in diesem Falle ebenfalls die schon von den Vertretern des Amtes der O.Ö. Landesregierung dargelegte Rechtsauffassung vertreten, daß sich die zur Bewilligung zuständige Behörde im konkreten bei der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung damit auseinanderzusetzen haben wird, in welchem Umfang die von Herrn A angesprochenen Rechte tatsächlich rechtswirksam bestehen und ob die von uns beantragte wasserrechtliche Bewilligung bzw. deren Realisierung eine Verletzung solcher Rechte nach fachmännischer Voraussicht bewirken könnte.

..."

Weitere die nunmehrigen Beschwerdeführer betreffende

Verfahrensschritte haben nicht stattgefunden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom erteilte die belangte Behörde der MB gemäß der Projektsbeschreibung und unter bestimmten Bedingungen und Auflagen die beantragte wasserrechtliche Bewilligung. In Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides wurden ohne nähere Zurechnung zu einzelnen Parteien Entschädigungs-, Schadenersatz- und Haftungsforderungen sowie Forderungen auf Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung und auf Zuerkennung eines Fischereirechtes an neu entstehenden Gewässerflächen zurückgewiesen. Der nachfolgende Spruchpunkt IV hat folgenden Wortlaut:

" IV. Über die Forderungen von JA wird gesondert entschieden werden. Vor dieser gesonderten Entscheidung sind solche Baumaßnahmen zu unterlassen, die nachteilige Auswirkungen auf wasserrechtlich geschützte Rechte des Genannten nach sich ziehen könnten."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, sie habe sich

"im derzeitigen Verfahrensabschnitt mit Rücksicht auf das vorliegende Projekt als bevorzugter Wasserbau nur mit Forderungen, Einwendungen und Bedenken öffentlich-rechtlicher Natur und mit solchen Forderungen der durch das Bauvorhaben berührten Dritten zu befassen, die das öffentliche Interesse berühren bzw. durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird. Soweit also Forderungen und Einwendungen Berechtigung zukam und ihre Beurteilung schon derzeit möglich war, wurde ihnen durch Bedingungen und Auflagen in diesem Bescheid Rechnung getragen.

...."

Im übrigen stützte die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die eingeholten und in ihrem wesentlichen Inhalt im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Gutachten. Ferner setzte sie sich mit einzelnen im Verfahren von den Parteien angegebenen Stellungnahmen auseinander, nicht aber mit jener der nunmehrigen Beschwerdeführer; eine Begründung zu Spruchpunkt IV ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Die Beschwerdeführer scheinen auch nicht in der Zustellverfügung zum angefochtenen Bescheid auf; eine Zustellung dieses Bescheides an sie erfolgte erst nach einem eigens darauf gerichteten Antrag durch gesonderte Verfügung der belangten Behörde mit der gleichzeitigen Mitteilung,

"daß zur Behandlung aller offener Verfahren eine Verhandlung an Ort und Stelle im Sommer d. J. in Aussicht genommen ist. Die offenen Berufungsangelegenheiten sind als Vorfrage für das ggstl. Verfahren von Bedeutung."

Die beiden Beschwerdeführer bekämpfen mit der vorliegenden Beschwerde den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Inhalte nach wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein gemäß § 100 Abs. 2 WRG 1959 als bevorzugt erklärter Wasserbau wasserrechtlich (detail-) bewilligt. Parteien in diesem Verfahren waren u.a. gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1).

Gemäß § 115 Abs. 1 WRG 1959 haben die durch einen bevorzugten Wasserbau berührten Dritten grundsätzlich nur den Anspruch auf angemessene Entschädigung. Wird vor Bewilligung des Bauvorhabens eine mündliche Verhandlung durchgeführt, so können die Beteiligten gemäß § 115 Abs. 2 WRG 1959 Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die beiden Beschwerdeführer im Gesuch der MB um wasserrechtliche Bewilligung entgegen § 103 Abs. 1 lit. e WRG 1959 nicht als von dem Vorhaben berührte Parteien genannt worden sind und daß sie deshalb auch nicht von der belangten Behörde zur mündlichen Verhandlung geladen worden sind. Nichtsdestoweniger ist der Erst-Beschwerdeführer bei dieser Verhandlung erschienen und hat dort im Namen beider Beschwerdeführer auf deren Parteistellung hingewiesen, Einwendungen erhoben und Anträge (u.a. auf Übermittlung einer Projektsgleichschrift) gestellt.

Es ist unbestritten, daß der Erst-Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auch namens der Zweit-Beschwerdeführerin aufgetreten ist; offenkundig hat die belangte Behörde seine Vertretungsmacht im Sinne des § 10 Abs. 4 AVG 1950 anerkannt. In diesem Sinne hält die belangte Behörde auch in der Gegenschrift dem Vorbringen der Zweit-Beschwerdeführerin, über ihre Forderungen sei in Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides nicht abgesprochen worden, entgegen, sie habe dort über alle vom Erst-Beschwerdeführer - also auch namens der Zweit-Beschwerdeführerin - vorgebrachten Forderungen abgesprochen. Da nach dem Inhalt der vorliegenden Akten nichts dafür spricht, die belangte Behörde hätte die namens der Zweit-Beschwerdeführerin vorgetragenen Forderungen anders behandeln wollen als die (völlig identischen) Forderungen des Erst-Beschwerdeführers, folgt der Verwaltungsgerichtshof insoweit der Darstellung der belangten Behörde.

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten ist ferner davon auszugehen, daß weder die belangte Behörde noch die MB Zweifel am Vorliegen der Parteistellung der beiden Beschwerdeführer im Bewilligungsverfahren gehabt haben. Wäre die belangte Behörde anderer Auffassung gewesen, hätte sie entweder über die Parteistellung der Beschwerdeführer in einem gesonderten Bescheid abweisend entscheiden oder die Forderungen der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid mangels Parteistellung zurückweisen müssen. Statt dessen hat sich die belangte Behörde im schon mehrfach erwähnten Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides die Entscheidung über diese Forderungen vorbehalten und gleichzeitig die vorläufige Unterlassung solcher Baumaßnahmen angeordnet, "die nachteilige Auswirkungen auf wasserrechtlich geschützte Rechte ... (der Beschwerdeführer) ... nach sich ziehen könnten". Auch der Gegenschrift der belangten Behörde ist zu entnehmen, daß sie die vom Erst-Beschwerdeführer vorgetragenen Forderungen als "Parteienanträge" gewertet hat.

Der Vorbehalt einer gesonderten (Sach-)Entscheidung über die Forderungen der Beschwerdeführer wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit keinem Wort erwähnt; er geht offenbar darauf zurück, daß sich die belangte Behörde mit Rücksicht auf die über die wasserrechtliche Stellung der Beschwerdeführer anhängigen Verfahren über die Parteistellung der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht schlüssig war. Auf der anderen Seite hat die belangte Behörde, wie schon oben erwähnt, nach (!) Erlassung des angefochtenen Bescheides selbst die Auffassung vertreten, "die offenen Berufungsangelegenheiten" seien "als Vorfrage für das ggstl. Verfahren von Bedeutung".

Schon dieser Widerspruch läßt erkennen, daß die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, wenn sie bei der gegebenen Sachlage davon ausging, sie dürfe das wasserrechtliche (Detail-)Bewilligungsverfahren unter Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die Forderungen der Beschwerdeführer - die sie offensichtlich als Verlangen im Sinne des § 115 Abs. 2 WRG 1959 gewertet hat - in dieser Form zum Abschluß bringen.

Grundsätzlich bildet ein Wasserbauvorhaben ein unteilbares Ganzes. Dessenungeachtet ist die Teilung des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens gerade im Falle technischer Großprojekte zum Zwecke einer allfälligen "generellen" Bewilligung und von einzelnen darauf aufbauenden "Detail-"Bewilligungen zulässig, wobei allerdings die Rechtsstellung der Betroffenen keine Minderung erfahren darf. Nur wenn der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zuläßt, kann gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 dann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden. Voraussetzung dieser Spruchreife einzelner Verhandlungspunkte ist allerdings auch im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren die Beachtung der Rechte sämtlicher Verfahrensparteien und ein in jedem Teilabschnitt dem Gesetz gemäß gestaltetes Verfahren (vgl. zu diesen Ausführungen S. 130 f des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 84/07/0375 u.a., und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde hat das Verfahren im Beschwerdefall nicht in eines zur "generellen" und weitere zur "Detail- "Bewilligung des Ansuchens der MB geteilt, sondern in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides das gesamte Projekt im Detail bewilligt. Im Ergebnis läuft jedoch der nachfolgende Spruchpunkt IV darauf hinaus, daß die im Spruchpunkt I erteilte Bewilligung in unbestimmt abgegrenzten Teilen wieder zurückgenommen wird, wobei offen bleibt, ob für diese Teile ein neuerliches Bewilligungsverfahren durchzuführen und eine Bewilligung zu erteilen ist.

Die darin enthaltene Teilung des Gegenstandes der Verhandlung im Beschwerdefall widerspricht jedoch, worauf die Beschwerdeführer zutreffend verweisen, der Regelung des § 59 Abs. 1 AVG 1950. Kann nämlich - gemäß der vorliegenden Formulierung des besagten Spruchpunktes IV - derzeit noch nicht abgesehen werden, ob und in welchem Umfang eine Bedachtnahme auf die Parteirechte der Beschwerdeführer eine dem Projekt der MB entsprechende (Detail-)Bewilligung zuläßt, dann war die vorliegende Angelegenheit mangels Abgrenzbarkeit der bereits bewilligungsfähigen und der noch von einer künftigen Entscheidung abhängig zu machenden Baumaßnahmen auch nicht zum Teil spruchreif.

In der Gegenschrift bringt die belangte Behörde dazu vor, die angefochtene Bewilligung umfasse drei sehr großräumige Baumaßnahmen, mit sehr unterschiedlichen, oft nur ganz lokalen Auswirkungen. Die Beschwerdeführer hätten vor allem durch die Cbachregulierung einen Eingriff in ihre Rechte befürchtet, diese erstrecke sich auf eine Länge von insgesamt 17 km. Es gebe also zahlreiche Maßnahmen und Bauabschnitte, die so weit entfernt von den Beschwerdeführern seien, daß keinesfalls Auswirkungen auf diese zu erwarten seien. Eine Trennung zwischen solchen Maßnahmen, die die Beschwerdeführer keinesfalls berührten und solchen, die sie berührten, sei sehr leicht möglich, sodaß auch eine gesonderte Entscheidung zulässig sei.

Genau diese "sehr leichte" Abgrenzung zulässiger und unzulässiger Baumaßnahmen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unterlassen. Mit Recht weisen daher die Beschwerdeführer darauf hin, daß Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides in Ansehung der Unterlassungsverpflichtung infolge seiner ganz unbestimmt gehaltenen Formulierung einer Vollstreckung nicht zugänglich ist. Auf diese Weise wird nicht nur die MB völlig darüber im Unklaren gelassen, welche Baumaßnahmen sie nun bereits durchführen darf, sondern es wird auch den Beschwerdeführern keine taugliche Handhabe für die Unterscheidung gegeben, gegen welche Baumaßnahmen sie sich mit Recht zur Wehr setzen können und welche Maßnahmen sie allenfalls bereits in Kauf nehmen müssen.

Diese Erwägungen lassen den gesamten angefochtenen Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erkennen, zumal die durch Spruchpunkt IV geschaffene Unklarheit darüber, welche Baumaßnahmen auf Grund des angefochtenen Bescheides im einzelnen unterlassen werden sollten, eine korrespondierende Unklarheit hinsichtlich des Umfanges der erteilten positiven Bewilligung schafft. Auf das Vorliegen dieser inhaltlichen Rechtswidrigkeit hat es auch keinen Einfluß, daß der angefochtene Bewilligungsbescheid einen als bevorzugt erklärten Wasserbau betrifft, weil die Bevorzugung im hier relevanten Bereich keine besonderen Verfahrensregeln geschaffen hat.

Der angefochtene Bescheid war daher, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. 1 A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243.

Wien, am

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Normen
AVG §59 Abs1;
WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §102;
WRG 1959 §103;
WRG 1959 §114;
WRG 1959 §115;
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter Abspruch
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1987:1985070155.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-61824