VwGH 11.09.1984, 84/07/0233
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Auf die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages (hier: nach § 33 Abs 2 WRG 1959) steht, sofern das Gesetz nichts anderes anordnet, niemandem ein Rechtsanspruch zu. (Hinweis auf E vom , 84/07/0115, sowie E vom , 0652/65, VwSlg 6912 A/1965) Die Bfrin (hier: Partei gem § 102 Abs 1 lit d WRG) ist daher durch die Abweisung ihres ein wasserpolizeiliches Verfahren nach § 33 Abs 2 WRG 1959 betreffenden Wiederaufnahmeantrages schon deshalb nicht in ihren Rechten verletzt worden, weil sie in einem allenfalls wieder aufgenommenen Verfahren die von ihr angestrebte Verschärfung der zusätzlichen Auflagen rechtlich gar nicht durchsetzen könnte. |
Normen | VwGG §34 Abs1; WRG 1959 §102 Abs1 litd; WRG 1959 §13 Abs3; WRG 1959 §33 Abs2; |
RS 2 | Eine Verletzung von Rechten einer Partei gem § 102 Abs 1 lit d WRG 1959 durch die dem Bewilligungswerber gem § 33 Abs 2 WRG 1959 nachträglich erteilten Auflagen kann nur insoweit vorliegen, als sich daraus eine gegenüber der wasserrechtlichen Bewilligung erhöhte Gefährdung der der vorgenannten Partei iSd § 13 Abs 3 WRG 1959 zustehenden Ansprüche ergeben würde. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde der Gemeinde X, Bezirk Graz-Umgebung, vertreten durch Dr. Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, Hauptplatz 33, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 511.090/06-I 5/84, betreffend Wiederaufnahmeeines wasserrechtlichen Verfahrens (mitbeteiligte Partei: Ing. KB in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom wurde dem Mitbeteiligten (MB) gemäß den §§ 32 Abs. 2 lit. a und b, 99 Abs. 1 lit. c, 107 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung a) für die Errichtung und den Betrieb einer geordneten Deponie für Sonderabfälle auf bestimmten Grundstücken der KG X und b) zur fallweisen Einbringung von Sickerwässern in den P-bach bei Erfüllung und Einhaltung verschiedener Auflagen und Bedingungen erteilt. Diese wasserrechtliche Bewilligung ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Bescheid des LH vom , welchem nach dem Vorbringen in der Beschwerde ein umfangreiches, teilweise auf die Ergebnisse eines parallel laufenden gewerbebehördlichen Bewilligungsverfahrens gestütztes Ermittlungsverfahren vorangegangen war, wurden dem MB u.a. gemäß §§ 33 Abs. 2 und 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:
1.) Der im genannten Bescheid als "Sektor I" bezeichnete Teil der geordneten Deponie ist mit einer verschweißten Kunststoffolie auszukleiden. Die Verschweißung ist von einem befugten Unternehmen auszuführen und ist über die Dichtheit der Schweißnähte der Wasserrechtsbehörde ein Prüfprotokoll vorzulegen. Desgleichen ist vor dem Beginn der Deponie nachzuweisen, daß die verwendete Folie gegen die gelagerten Materialien chemisch und mechanisch widerstandsfähig ist.
2.) Die Sickerwasserdrainagen sind daher auf dieser Kunststoffolie zu verlegen.
3.) Sollte im Sektor II keine Kunststoffolie verlegt werden, so ist durch eine Bodenuntersuchung sicherzustellen, daß der Boden im Sektor II an allen Stellen mindestens eine 60 cm dicke Lehmschichte und einen Kf-Wert von 10 minus 6 cm/s aufweist. Anderenfalls ist geeignetes Material aufzubringen, fachkundig einzubauen und der Wasserrechtsbehörde vor Deponiebeginn der Nachweis durch einen Sachverständigen zu erbringen.
Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (der belangten Behörde) mit Bescheid vom nicht Folge gegeben; die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 84/07/0111, 0112, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen. Auf die Begründung dieses, allen Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zugegangenen, Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
Nach dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen ist bereits am bei der Beschwerdeführerin ein Schreiben des Dipl.- Ing. Dr. techn. KN vom mit beigelegten wissenschaftlich-technischen Unterlagen eingegangen, die Beweismittel darstellten, die in das wasserpolizeiliche Verfahren bisher nicht eingeflossen seien. Die Beschwerdeführerin habe daher am im Hinblick auf diese neuen Beweismittel u.a. den Antrag gestellt, dieses Verfahren gemäß § 69 AVG 1950 wieder aufzunehmen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom , hat die belangte Behörde den Wiederaufnahmsantrag der Beschwerdeführerin, soweit er das ursprüngliche wasserrechtliche Bewilligungsverfahren betraf, als verspätet zurückgewiesen und dem Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der belangten Behörde vom abgeschlossenen wasserpolizeilichen Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 keine Folge gegeben. Den zurückweisenden Teil dieses Bescheidspruches begründete die belangte Behörde mit dem Ablauf der in § 69 Abs. 2 AVG 1950 eingeräumten Dreijahresfrist. Im übrigen führte die belangte Behörde begründend aus, daß der beschwerdeführenden Gemeinde hinsichtlich des auf § 33 Abs. 2 WRG 1959 gestützten Anpassungsauftrages auf Grund ihres in § 13 Abs. 3 WRG 1959 verankerten Anspruches Parteistellung zukomme, allerdings nur auf Geltendmachung ihrer Abwehrrechte gegen Beeinträchtigungen dieses Anspruches. Im Hinblick darauf, daß die Auskleidung des Sektors I der Deponie mit einer verschweißten Kunststoffolie eine zusätzliche, über die im zugrundeliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahre 1980 enthaltenen Sicherheitsvorkehrungen hinausgehende Maßnahme zum Schutz des Grundwassers darstelle, könne nicht ersehen werden, daß die im Wiederaufnahmsantrag aufgezeigte mögliche Permeation gewisser Stoffe durch die Kunststoffdichtung eine erhöhte Gefährdung des auf § 13 Abs. 3 WRG 1959 gestützten Anspruches der Beschwerdeführerin darstelle. Nur in diesem Falle bestünde aber ein im wasserrechtlichen Verfahren zu behandelnder Abwehranspruch der Gemeinde. Mit einem weiteren Hinweis auf einen Dammbruch im Jahre 1962 habe die Beschwerdeführerin die zweiwöchige Frist für die Geltendmachung eines Wiederaufnahmsgrundes überschritten. Zusammenfassend ergebe sich unabhängig von der beim gegebenen Sachverhalt nicht zu prüfenden Frage, ob und inwieweit die nunmehr geltend gemachten Beweismittel nicht schon früher im Verfahren geltend gemacht hätten werden können, daß die Behörde auch bei Vorbringen dieser Unterlagen im Verfahren nicht zu einem im Hauptinhalt anders lautenden Bescheid gelangt wäre. Vielmehr stelle die Abdichtung des Untergrundes einer Mülldeponie mit Kunststoffolien durchaus den Stand der Technik dar und sei als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme vielfach geübte Praxis.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnisse des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Nach § 69 Abs. 2 AVG 1950 ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrunde Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides insoweit, als darin ihr Wiederaufnahmsantrag betreffend das ursprüngliche wasserrechtliche Bewilligungsverfahren infolge Verstreichens der Dreijahresfrist (§ 69 Abs. 2 AVG 1950) als verspätet zurückgewiesen wurde. Strittig ist nur, ob die belangte Behörde auch insofern dem Gesetz gemäß vorgegangen ist, als sie den Wiederaufnahmsantrag der Beschwerdeführerin betreffend das spätere wasserpolizeiliche Verfahren, in welchem dem MB gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 weitere Auflagen vorgeschrieben wurden, mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen hat.
Die belangte Behörde hat die Parteistellung der beschwerdeführenden Gemeinde in diesem wasserpolizeilichen Verfahren unter Bezugnahme auf die §§ 102 Abs. 1 lit. d und 13 Abs. 3 WRG 1959 bejaht und den Wiederaufnahmsantrag demgemäß als zulässig angesehen. Eine nähere Erörterung dieser Frage nach allfälliger Beischaffung der Verwaltungsakten konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aber mit Rücksicht darauf unterbleiben, da Rechte einer Partei jedenfalls nicht dadurch verletzt werden, daß ihr Antrag ab- statt richtig zurückgewiesen wurde (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/12/0045).
Nach dem Beschwerdevorbringen war es nicht das von der Beschwerdeführerin mit ihrem Wiederaufnahmsantrag angestrebte Ziel, den wasserpolizeilichen Befehl zu beseitigen, sondern vielmehr - soweit der Beschwerdeführerin nicht überhaupt ein nach § 33 Abs. 2 WRG 1959 unzulässiger Eingriff in die längst zugunsten des MB in Rechtskraft erwachsene wasserrechtliche Bewilligung vorschwebte - eine gemäß den von ihr neu in Erfahrung gebrachten geologischen und technischen Erkenntnissen anzuordnende Verschärfung der nachträglichen Vorschreibungen (§ 33 Abs. 2 WRG 1959). Nun steht aber auf die Erlassung eines wasserpolizeilichen Befehles, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, was im Falle des § 33 Abs. 2 WRG 1959 nicht zutrifft, niemandem ein Rechtsanspruch zu (vgl. dazu das bereits angeführte Vorerkenntnis vom , Zlen. 84/07/0111, 0112, und das dort zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 6912 A). Die Beschwerdeführerin ist daher durch die Abweisung ihres Wiederaufnahmsantrages schon deshalb nicht in ihren Rechten verletzt worden, weil sie in einem allenfalls wiederaufgenommenen Verfahren die von ihr angestrebte Verschärfung der Auflagen rechtlich gar nicht durchsetzen könnte, ja nicht einmal einen Rechtsanspruch auf neuerliche Erlassung des im Wege der Wiederaufnahme beseitigten vorangegangenen wasserpolizeilichen Befehls hätte.
Der belangten Behörde ist ferner darin beizustimmen, daß eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch die dem MB gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 nachträglich erteilten Auflagen in jedem Falle nur insoweit vorliegen könnte, als sich daraus eine gegenüber der wasserrechtlichen Bewilligung erhöhte Gefährdung der der Beschwerdeführerin im Sinne des § 13 Abs. 3 WRG 1959 zustehenden Ansprüche ergeben würde. Behauptungen in dieser Richtung enthält die vorliegende Beschwerde nicht. Auch der Hinweis auf eine allfällige strafrechtliche Verantwortung der zuständigen Organe ändert nichts daran, daß das Gesetz der Beschwerdeführerin keinen subjektiv-öffentlichen Anspruch darauf einräumt, ihren allenfalls für eine erfolgreiche Reinhaltung der Gewässer zweckmäßigen Hinweisen Rechnung zu tragen.
Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde dadurch, daß sie dem Wiederaufnahmsantrag der Beschwerdeführerin nicht entsprochen hat, das Gesetz verletzt hätte. Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Wasserrecht |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1984:1984070233.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-61133