VwGH 29.11.1988, 84/07/0195
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | WRG 1959 §138 Abs1; |
RS 1 | Der Auftrag gem § 138 WRG zur Entfernung eigenmächtiger Neuerungen in Form von Mauerresten verlangt keine besondere fachliche Rechtfertigung. |
Normen | WRG 1959 §138 Abs1; WRG 1959 §38 Abs1; WRG 1959 §41 Abs1; |
RS 2 | Für den Ausgang des Auftragsverfahren gemäß § 138 WRG ist es ohne Belang, wieweit der Verpflichtete über die einzelnen Vorgänge im parallel abgeführten Bewilligungsverfahren in Kenntnis war, weil die Behörde jedenfalls vom Fehlen einer nach § 38 Abs 1 (§ 41 Abs 1) WRG vorgeschriebenen (allenfalls nachträglichen) Bewilligung - im Nichtvorliegen einer solchen bestand die Eigenmächtigkeit der Neuerung - ausgehen müsste. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Univ. Ass. Dr. Unterpertinger, über die Beschwerde der A V in W, vertreten durch Dr. Michael Auer und Dr. Ingrid Auer, Rechtsanwälte in Wien I, Naglergasse 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. III/1-18.644/15-84, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in Hinsicht der unter 6. vorgeschriebenen Maßnahme wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom erteilte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung der Beschwerdeführerin gemäß § 138 WRG 1959 den Auftrag
"bis spätestens Teile der Ufermauer in Z, Xgasse 17, Parz. Nr. 319/13 (richtig: 391/13), KG. Z zu entfernen.
Die im Flussbett des Wienflusses vorhandenen Teile einer zerstörten Ufermauer sind bis zum genannten Zeitpunkt zu entfernen und es ist die Böschung an die bestehenden Böschungen der Anrainer anzupassen."
Diese Anordnung erfolgte unter Hinweis auf das Vorliegen öffentlicher Interessen mit der Begründung, dass die noch vorhandenen Teile einer inzwischen durch Hochwässer teilweise zerstörten, konsenslos errichteten Ufermauer den Durchfluss behinderten und ihre Belassung im Flussbett eine Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer bzw. einen schädlichen Einfluss auf den Lauf bzw. auf das Ufer eines natürlichen Gewässers darstelle. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde sodann - nachdem das Verfahren gemäß § 38 AVG 1950 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ein von dieser gestelltes Ansuchen um nachträgliche Bewilligung einer Uferverbauung ausgesetzt worden war - der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom dahin gehend abgeändert, dass die Beschwerdeführerin verhalten wurde, binnen neun Monaten ab Rechtskraft des Berufungsbescheides folgende Maßnahmen im Bereich der Grundstücke 613/1 - dieses steht im Eigentum der Österreichischen Bundesforste (Wienfluss) - und 391/13 welches inzwischen von der Beschwerdeführerin an M K verkauft worden ist - zu setzen:
"1. Die vorhandenen Teile der Uferstützmauer, welche sich im Bereich der Gerinneparzelle befinden sind zur Gänze zu entfernen.
2. Parallel zur vorhandenen Grundgrenze ist ein Böschungsfuß anzulegen, welcher gerinneaufwärts und gerinneabwärts an den vorhandenen Böschungsfuß der Nachbargrundstücke anzupassen ist.
3. Anschließend an diesen Böschungsfuß ist die Böschung in einem Verhältnis von nicht steiler als 2:3 (60 Grad ) anzulegen.
4. Der neue Böschungsfluss ist durch einen Steinwurf zu sichern. Die Böschung selbst ist zu besämen oder zu bepflanzen.
5. Aus dem Gerinnebett sind sämtliche Reste der alten Mauer zu entfernen.
6. Die Aufstellung des Zaunes hat entlang der Grundgrenze zu erfolgen."
Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe ohne wasserrechtliche Bewilligung auf den Grundstücken 613/1 und 391/13 eine Ufermauer samt Stiege am linken Ufer des Wienflusses errichtet. Die schon genannte Bezirkshauptmannschaft habe inzwischen mit Bescheid vom die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung versagt; dieser Bescheid sei im Instanzenzug vom Landeshauptmann mit Bescheid vom bestätigt worden. Die nun getroffenen Vorschreibungen seien vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen der Rechtsmittelbehörde zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes für zweckdienlich erachtet worden, um eine Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer bzw. einen schädlichen Einfluss auf den Lauf bzw. das Ufer des Wienflusses auszuschließen. Zu seinem Gutachten habe die Beschwerdeführerin trotz gebotener Gelegenheit nicht Stellung genommen. Mit Schreiben vom habe M K als nunmehrige Eigentümerin des Grundstückes 391/13 erklärt, dass die vorgesehenen, im Berufungsbescheid vorgeschriebenen Maßnahmen nicht vom genannten Grundstück aus durchgeführt werden könnten, weil es unmöglich sei, die erforderlichen Baumaschinen dort aufzustellen, da dieses Grundstück an der Vorderfront mit einem festen gemauerten Zaun versehen und im übrigen zur Gänze kultiviert sei; die Wiederherstellungsmaßnahmen ließen sich nur von der Bachseite, also über das Grundstück 613/1 bewerkstelligen. Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch des seitens der Beschwerdeführerin unwidersprochen gebliebenen Amtssachverständigengutachtens, sei der Beschwerdeführerin, welche Ufermauer und Stiege am Wienfluss entgegen § 38 WRG 1959 konsenslos errichtet und durch diese eigenmächtige Neuerung die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten habe, daher auf ihre Kosten die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 aufzutragen gewesen.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt erachtet, nicht zu den ihr aufgetragenen Maßnahmen verpflichtet zu werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.
Gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten (lit. a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde zunächst vor, sie habe die Grenzen ihrer Zuständigkeit überschritten, da sie - durch Einbeziehung eines weiteren Grundstücks - nicht über dieselbe Sache wie die Behörde erster Instanz entschieden habe. Dieser Vorwurf besteht nicht zu Recht. Gegenstand der erstinstanzlichen Anordnung waren nämlich die Entfernung auch der im Flussbett und damit auch auf dem Grundstück 613/1 noch vorhandenen Teile der zerstörten Ufermauer und damit im Zusammenhang stehende, die Böschung betreffende Maßnahmen. Wie die aus der Zeit vor der Bescheiderlassung stammenden Aktenunterlagen zeigen, waren die Grundgrenzen zu jener Zeit nicht klargestellt. Mit dem angefochtenen Bescheid ist eine dahingehende Präzisierung erfolgt.
Die Beschwerdeführerin meint weiter, die Maßnahmen seien unzureichend begründet worden. Die Beschwerdeführerin hat dem gegenüber die ihr bekannt gegebenen, vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes für zweckdienlich erachteten Maßnahmen, welche sodann in den angefochtenen Bescheid übernommen wurden, im Berufungsverfahren unwidersprochen gelassen. Die Entfernung eigenmächtiger Neuerungen in Form von Mauerresten verlangt im übrigen keine besondere fachliche Rechtfertigung; eine erfolgreiche Bekämpfung der Bestimmungen über die Böschungsanpassung hätte entsprechender sachkundiger Ausführungen bedurft. Wieweit die Beschwerdeführerin über die einzelnen Vorgänge im parallel abgeführten Bewilligungsverfahren in Kenntnis war, ist für den Ausgang des Auftragsverfahrens ohne Belang, weil die Behörde jedenfalls vom Fehlen einer nach § 38 Abs. 1 (§ 41 Abs. 1) WRG 1959 vorgeschriebenen (allenfalls nachträglichen) Bewilligung - und im Nichtvorliegen einer solchen bestand die Eigenmächtigkeit der Neuerung - ausgehen musste.
Dass die Behörde nicht in Kenntnis des Verkaufes des Grundstückes 391/13 durch die Beschwerdeführerin und ohne Bedachtnahme auf diesen Umstand entschieden hätte, stimmt nicht; in der Bescheidbegründung ist hierauf ausdrücklich eingegangen worden. Es trifft auch nicht zu, dass der Beschwerdeführerin als nach wie vor derjenigen, welche durch die seinerzeitige Vornahme der eigenmächtigen Neuerung dem Gesetz zuwidergehandelt hat - wobei die Übertretung verschuldensunabhängig ist (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. 9922/A) - nicht auf ihre Kosten die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 138 Abs. 1 lit.a WRG 1959 hätte aufgetragen werden dürfen. Gegenteiliges hat auch der Verwaltungsgerichtshof - von dem allerdings auch das Fortdauern eines eigenmächtig herbeigeführten Zustandes (welches im übrigen der Beschwerdeführerin ebenfalls zur Last liegt) als Neuerung gewertet wurde (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 87/07/0057) - nicht ausgesprochen.
Die Frage einer seinerzeitigen (mündlichen) Zustimmung der Österreichischen Bundesforste ist, anders als die Beschwerdeführerin meint, insofern unmaßgeblich, als eine solche die (stets) fehlende wasserrechtliche Bewilligung nicht hätte ersetzen können (abgesehen davon, dass die Zustimmung der Österreichischen Bundesforste als Grundeigentümer im Bewilligungsverfahren nach der Aktenlage nicht erteilt worden ist).
Es ist richtig, dass im angefochtenen Bescheid das Erfordernis des öffentlichen Interesses nicht eigens erwähnt wurde; da dieses jedoch bereits im erstinstanzlichen Bescheid zum Ausdruck kam (arg.: "Somit waren Ihnen die im Spruch genannten Maßnahmen im öffentlichen Interesse aufzutragen") und, wie in der Sachverhaltsdarstellung oben wiedergegeben, die belangte Behörde insofern keine Änderung vorgenommen und einen Antrag eines Berechtigten nicht erwähnt hat, ergibt sich, dass die Anordnung auf einem solchen Interesse beruht; von einer Hochwassergefahr ist die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung übrigens selbst ausgegangen.
Ob der angefochtene Bescheid allenfalls auch als Grundlage für eine Vollstreckung hinsichtlich der Duldung der angeordneten Maßnahmen durch die Eigentümer der betroffenen Grundstücke geeignet ist, war im gegebenen Zusammenhang nicht zu untersuchen, weil darin, dass die Beschwerdeführerin unter Umständen an der gänzlichen Durchführung des Auftrages gehindert sein sollte, kein Eingriff in ihre Rechte läge.
Die unter Punkt 6 vorgeschriebene Maßnahme hat allerdings mit der Beseitigung der (Reste der) vorgenommenen Neuerung und der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes in einer erkennbaren Weise nichts zu tun; zusätzliche, neue Maßnahmen können indessen nicht Inhalt eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 sein (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/07/0301). Die betreffende Vorschreibung steht daher mit dem Gesetz nicht im Einklang; durch die insoweit erfolgte ungerechtfertigte Belastung der Beschwerdeführerin wird diese in ihren Rechten verletzt.
Der angefochtene Bescheid war daher in der zuletzt bezeichneten Hinsicht gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2 Stempelgebühren für die Bevollmächtigung von mehr als einem Rechtsanwalt konnten nicht vergütet werden (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3, S 682, angegebene Rechtsprechung).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | WRG 1959 §138 Abs1; WRG 1959 §38 Abs1; WRG 1959 §41 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1988:1984070195.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-61130