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VwGH 25.09.1985, 83/13/0186

VwGH 25.09.1985, 83/13/0186

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
EStG 1972 §23
EStG 1972 §4 Abs4
RS 1
Wird ein Kommanditist als Bürge für Zahlungsverpflichtungen der Kommanditgesellschaft herangezogen und sind die Zahlungsschwierigkeiten der Kommanditgesellschaft auf von dieser erlittene Verluste zurückzuführen, dann stellt die Bezahlung der Schulden der Kommanditgesellschaft durch den Bürgen bei diesem grundsätzlich keine (nachträgliche) Betriebsausgabe dar, weil die Zahlung bereits durch die steuerliche Anerkennung der Verluste bzw durch die entsprechenden Verlustzuweisungen an die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft in den vorangegangenen Perioden berücksichtigt wurde.
Normen
EStG 1972 §23
EStG 1972 §4 Abs4
HGB §167
RS 2
Es liegen keine Betriebsausgaben des Kommanditisten vor, wenn dieser als Bürge für Zahlungsverpflichtungen der KG herangezogen wird und die Zahlungsschwierigkeiten der KG auf Unterschlagungen eines anderen Gesellschafters zurückzuführen sind, weil Unterschlagungen widerrechtliche Entnahmen darstellen, die den Gewinn der Gesellschaft (die Gewinnanteile der Gesellschafter) ebensowenig berühren wie rechtmäßige Entnahmen. Sie führen lediglich zu zivilrechtlichen Ansprüchen der geschädtigen Gesellschafter. Da diese Ansprüche mit der Gewinnermittlung nichts zu tun haben und daher nicht der betrieblichen, sondern der außerbetrieblichen Sphäre zuzurechnen sind, ist es ertragsteuerlich auch ohne Belang, ob sie durchsetzbar sind oder nicht (Hinweis E , 81/13/0204, VwSlg 5844 F/1983).

Entscheidungstext

Beachte

Besprechung in:

ÖStZ 1986/11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde der A Ges.m.b.H. KG in B, vertreten durch C, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/1-1452/1/83, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1980, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu er atzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft, die ein Liegenschaftsverwaltungs- und Verwertungsunternehmen betreibt, waren bis zum beteiligt:

1. die Betriebsführungsges.M.b.H. als Komplementär mit 10 %,

2. KS als Kommanditistin mit 45 % und

3. WP als Kommanditistin mit 45 %.

Mit schied WP als Kommanditistin aus der Kommanditgesellschaft aus. Mit Schreiben vom beantragte sie beim Finanzamt die Berücksichtigung eines Betrages von S 5,533.268,07 als „Abzugsposten“ bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder in eventu als außergewöhnliche Belastung. Begründet wurde dieser Antrag wie folgt:

„Durch die Geschäftsführung des Herrn KS wurde ich anläßlich meiner Austrittes der Firma von der Ersten Österreichischen Sparkasse als Bürge und Zahler für Schuldigkeiten in der Höhe von S 8,3 Millionen in Anspruch genommen. Ich habe davon im Jahre 1980 durch Belastung meiner Besitzungen S 5,533.268,07 durch Umschuldung an die Bank bezahlt. Ich bin der Auffassung, daß für diesen katastrophalen Aufwandsbetrag im Einkommensteuergesetz eine Absetzungsmöglichkeit gegeben sein muß. Angesichts der Außergewöhnlichkeit des Vorganges stelle ich daher zur Diskussion, ob mir der Schaden im Wege der Anerkennung als persönlich zu tragende Lasten bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder als außergewöhnliche Belastung angerechnet wird und erbitte entsprechende Veranlassung. ...“

In einer Vorhaltsbeantwortung wurde ergänzend mitgeteilt, daß der betreffende „Wechselzahlungsauftrag“ in der Höhe von S 6,000.000,-- am ergangen sei. Weiters geht aus der Vorhaltsbeantwortung hervor, daß WP im Jahr 1979 bereits „Haftungszahlungen“ für die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft in Höhe von S 1,450.000,-- geleistet hat.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag von der belangten Behörde mit der Begründung nicht entsprochen, daß Bürgschaftsverpflichtungen durch Einstellung eines Passivums in der Bilanz zu berücksichtigen seien, sobald der Bürge mit der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechnen müsse, ohne daß für ihn die Möglichkeit eines Regresses bestehe. Da der Wechsel im Jahr 1979 fällig geworden sei und in diesem Jahr auch bereits Teilleistungen erfolgt seien, hätte bereits im Jahr 1979 eine Rückstellung gebildet werden müssen. Eine spätere Geltendmachung des Aufwandes würde dem Grundsatz der Bilanzwahrheit widersprechen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird ausgeführt, daß die Kommanditistin WP „seinerzeit die Erklärung abgegeben hatte, über ihre Hafteinlage hinaus bis zur Höhe ihrer Verlustzuweisungen die Haftung zu übernehmen“. Dementsprechend wurden ihr unbestritten und wie auch den Verwaltungsakten zu entnehmen ist, die auf sie entfallenden Verlustanteile aus der Kommanditgesellschaft mit abgabenrechtlicher Wirkung stets im vollen Ausmaß zugerechnet. Diesen Verlustzurechnungen steht im Beschwerdefall auch nicht etwa ein Veräußerungsgewinn gegenüber, der beim Ausscheiden der WP aus der Kommanditgesellschaft als Folge eines allfälligen Forderungsverzichtes der verbleibenden Gesellschafter entstehen hätte können. Soweit daher die Zahlungsschwierigkeiten der Kommanditgesellschaft und die daraus resultierende Heranziehung der Kommanditistin WP als Wechselbürge auf Verluste der Kommanditgesellschaft zurückzuführen waren, wurden die Zahlungen der WP bereits durch die steuerliche Anerkennung der Verluste bzw. durch die entsprechenden Verlustzuweisungen an die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft in den vorangegangenen Perioden berücksichtigt. Für eine nochmalige Berücksichtigung durch Anerkennung der Schuldrückzahlungen als (nachträgliche) Betriebsausgaben bei einem oder mehreren Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft bleibt daher kein Raum.

Aber auch wenn bzw. soweit die Inanspruchnahme der Kommanditistin WP als Bürge darauf zurückzuführen gewesen sein sollte, daß der Kommanditist Karl HS - wie in der Beschwerde behauptet - „große Teile aus den gewährten Liegenschaftsankaufsdarlehen für andere Zwecke verwendete bzw. beträchtliche Verkaufserlöse, anstatt wie vereinbart der belehnenden Bank abzuführen, für sich verwendete“, können die diesbezüglichen Zahlungen der Kommanditistin Wilhelmine P. keine steuerliche Berücksichtigung finden. Wie der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 81/13/0204, ausgeführt hat, wirken sich Unterschlagungen, die der Gesellschafter einer Personengesellschaft begeht, weder auf den steuerlich maßgebenden Gewinn der Gesellschaft noch auf die Gewinnanteile der anderen Gesellschafter aus. Vielmehr stellen Unterschlagungen widerrechtliche Entnahmen dar, die den Gewinn der Gesellschaft (die Gewinnanteile der übrigen Gesellschafter) ebensowenig berühren wie rechtmäßige Entnahmen. Sie führen lediglich zu zivilrechtlichen Ansprüchen der geschädigten Gesellschafter gegenüber dem schädigenden Gesellschafter. Da diese Ansprüche mit der Gewinnermittlung nichts zu tun haben und daher nicht der betrieblichen, sondern der außerbetrieblichen Sphäre zuzurechnen sind, ist es ertragsteuerlich auch ohne Belang, ob sie durchsetzbar sind oder nicht.

Was schließlich die steuerliche Berücksichtigung der Zahlungen der WP als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG anbelangt, so war diese Frage vom Gerichtshof schon deswegen nicht zu prüfen, weil die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nur im Einkommensteuer-verfahren der Gesellschafter, nicht aber im allein beschwerde-gegenständlichen Verfahren betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften möglich ist.

Aus den vorgenannten Gründen hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht (wenn auch mit einer anderen Begründung) die Zahlungen der Kommanditistin WP aus der Inanspruchnahme als Bürge nicht als (nachträgliche) Betriebsausgaben anerkannt. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen, welches sich vornehmlich mit dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten zeitlichen Element auseinandersetzt, näher einzugehen war. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1972 §23
EStG 1972 §4 Abs4
HGB §167
Sammlungsnummer
VwSlg 6029 F/1985
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1985:1983130186.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-60714