VwGH 22.11.1983, 83/07/0194
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | WRG 1959 §55 Abs3; WRG 1959 §99 Abs1 litc; |
RS 1 | Eine Freizeitanlage (Freibad, Tennisanlage, Fußballplatz, Umkleidekabinen, sanitäre Anlagen) ist weder unter Haushaltungen, noch unter landwirtschaftliche Hausbetriebe und Hofbetriebe noch unter den Begriff der kleingewerblichen Betriebe einzuordnen und zählt keinesfalls zu jenen Ausnahmefällen, wie sie § 99 Abs 1 lit c WRG vorsieht (daher Zuständigkeit des Landeshauptmannes in erster Instanz). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Unfried, über die Beschwerde der Österreichischen Draukraftwerke Aktiengesellschaft in Klagenfurt, vertreten durch Dr. Armin Dietrich, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Bahnhofstraße 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 511.424/01-I5/83, betreffend Nichtigerklärung von wasserrechtlichen Bescheiden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom erteilte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 32 Abs. 1 und 2 lit. a, 98 Abs. 1, 107 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung 1.) für den Betrieb einer mechanischen Kläranlage für die Sanitäranlagen eines von der Beschwerdeführerin errichteten Freizeitgeländes im Bereich der KG. Vorstadt Voitsberg mit nachfolgender Einbringung der geklärten Abwässer in die Kainach und 2.) für die Einbringung der Badewässer aus der Badeanlage (Schwimmbecken und Kinderbecken auf demselben Freizeitgelände) in die Kainach.
Mit weiterem Bescheid vom stellte dieselbe Bezirkshauptmannschaft gemäß §§ 98 Abs. 1, 121 Abs. 1 und 4 WRG 1959 fest, daß die mechanische Kläranlage für die Sanitäranlagen bei dem erwähnten Freizeitgelände und die Errichtung zur Einbringung der Badewässer aus dem Schwimm- und Kinderbecken in die Kainach mit der wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme.
Diese beiden Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.
In der Begründung des zuerst genannten Bewilligungsbescheides wurde die Anlage der Beschwerdeführerin wie folgt beschrieben: Sie bestehe aus einem Freibad, einer Tennisanlage und einem Fußballplatz; angeschlossen daran sei ein Objekt, in welchem neben den Umkleidekabinen auch die sanitären Anlagen untergebracht seien. Zur Reinigung der anfallenden Fäkalwässer werde eine Faulanlage errichtet, die einer Anzahl von 28 ständig anwesenden Personen entspreche. Unter Berücksichtigung der Önorm B 2502 seien für Sportplätze bzw. Bäder 30 Zuseher bzw. Badegäste einer ständig anwesenden Person gleichzusetzen; die Anlage sei somit ausreichend groß bemessen, um für rund 860 Personen die anfallenden Schmutzwässer mechanisch zu reinigen. Es sei aber, da es sich nur um eine innerbetriebliche Anlage handle, mit einer maximalen Auslastung durch nur 400 Personen zu rechnen. Das Schwimmbecken werde mit einem Volumen von 438 m3 und das Kinderbecken mit einem Volumen von 74 m3 begrenzt. Entsprechend der Größe der Kläranlage sei mit einem täglichen Schmutzwasseranfall von maximal 4.200 l zu rechnen. Die vollständige Entleerung der beiden Becken erfolge erfahrungsgemäß einmal jährlich, im übrigen nach der Benützungsbewilligung nach dem Bäderhygienegesetz, BGBl. Nr. 254/1976.
Mit Bescheid vom erklärte der Landeshauptmann von Steiermark in Ausübung des Aufsichtsrechtes die beiden angeführten Bescheide gemäß § 68 Abs. 4 lit. a und d AVG 1950 für nichtig. Er begründete diesen Bescheid einerseits damit, daß die Bescheide von einer unzuständigen Behörde erlassen worden seien, weil dafür gemäß § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 der Landeshauptmann in erster Instanz zuständig gewesen wäre, darüber hinaus sei aber auch der Hinweis im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom , daß gemäß § 55 Abs. 3 WRG 1959 für den Bereich der Anlage kein Widerspruch mit einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung vorliege, nicht zutreffend, weil ein solcher Widerspruch zu der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom zur Verbesserung der Wassergüte der Mur und ihrer Zubringer im Land Steiermark, BGBl. Nr. 423/1973, gegeben sei.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes gerichteten Berufung die Nichtigerklärung der vorangegangenen Bewilligungs- und Überprüfungsbescheide der Bezirkshauptmannschaft bekämpft. Die bei der Anlage der Beschwerdeführerin anfallenden Abwässer seien nämlich wasserwirtschaftlich so unbedeutend, daß sie jenen gleichzusetzen seien, deren Herkunft eine Ausnahme von der Zuständigkeit des Landeshauptmannes nach § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 begründeten. Diese Gesetzesstelle ziele ohne Zweifel darauf ab, daß für geringfügige Einwirkungen auf Gewässer, wie sie z.B. durch Haushaltungen, kleingewerbliche Betriebe "und dergleichen" entstünden, nicht der Landeshauptmann zuständig sein solle. Die wasserrechtlich bewilligten Anlagen der Beschwerdeführerin stellten zweifelsfrei eine gleich niedrige Belastung für die Kainach dar wie die in der genannten Gesetzesstelle aufgezählten Verursacher. Die vom Landeshauptmann für nichtig erklärten Bescheide stünden auch nicht mit einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung im Widerspruch, weil die Anlagen nicht in einem zusammenhängenden Siedlungsgebiet gelegen seien, und weil die Abwässer auf die bewilligte Art und Weise ausreichend wirksam gereinigt würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) dieser Berufung der Beschwerdeführerin nicht Folge gegeben, wobei er sich der Argumentation des Landeshauptmannes sowohl in der Frage von dessen Zuständigkeit nach § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 als auch in der Frage des Vorliegens eines Widerspruches mit einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung anschloß.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 ist der Landeshauptmann, sofern nicht § 100 Anwendung findet, in erster Instanz u. a. zuständig für die Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern, die nicht allein von Haushaltungen, landwirtschaftlichen Haus- und Hofbetrieben oder kleingewerblichen Betrieben stammen.
Schon diese Formulierung des Gesetzestextes läßt unzweifelhaft erkennen, daß Fragen der Reinhaltung der Gewässer nur in den vom Gesetz ausdrücklich aufgezählten Ausnahmefällen nicht in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes fallen. Eine "Freizeitanlage" wie jene der Beschwerdeführerin ist jedoch weder unter Haushaltungen, noch unter landwirtschaftliche Haus- und Hofbetriebe, noch unter den Begriff der kleingewerblichen Betriebe einzuordnen. Davon geht auch die Beschwerdeführerin selbst aus, wenn sie versucht, ihre Anlage im Wege der Analogie unter die Ausnahmeregelung einzuordnen, weil es sich dabei wie in den vom Gesetz aufgezählten Fällen um Abwässer eines Verursachers der "untersten wirtschaftlichen Rangstufe im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959" handle.
Insoweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde den Versuch unternimmt, die Sachverhaltsgrundlagen, von denen die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Besucherzahlen ausgegangen ist, in Frage zu stellen, steht dem entgegen, daß der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu prüfen hat. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, was sich am rechtlichen Ergebnis ändern würde, wenn man vom nunmehr behaupteten Sachverhalt ausginge. Daß der Sachverhalt unrichtig bzw. in einem mangelhaften Verfahren festgestellt worden sei, hat die Beschwerdeführerin übrigens im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht.
Der in der Berufung ganz allgemein erhobene Vorwurf, der Beschwerdeführerin sei in erster Instanz das Parteiengehör verwehrt worden, ersetzt das fehlende Vorbringen nicht, weil die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit zu diesem Vorbringen hatte, davon aber nicht Gebrauch gemacht hat. Aus diesem Grunde erhebt die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde zu Unrecht den Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der in der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht zu folgen, wonach eine Freizeitanlage der Art und des Umfanges wie jene der Beschwerdeführerin den im § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 aufgezählten Fällen gleichzusetzen und demnach von der Zuständigkeit des Landeshauptmannes ausgenommen wäre. Dies insbesondere deshalb, weil die Einwirkung auf den Vorfluter nicht, wie dies in der Beschwerde versucht wird, von jährlichen Durchschnittsbesucherzahlen ausgehend ermittelt werden kann, sondern dabei zu berücksichtigen ist, daß diese Einwirkungen je nach der Jahreszeit und der Witterung stoßweise und auch durch längere Perioden hindurch mit Spitzenwerten erfolgen, wie dies in der Regel weder für Haushaltungen noch für landwirtschaftliche Haus- und Hofbetriebe noch für kleingewerbliche Betriebe zutrifft. Ob die von der Beschwerdeführerin errichtete mechanische Kläranlage tatsächlich ausreichend groß bemessen ist, um für die zu erwartenden Besuchermengen die anfallenden Abwässer zu reinigen, ist für die Frage, welche Behörde für die wasserrechtliche Bewilligung und Überprüfung zuständig ist, ohne Bedeutung. Diese Frage kann jedenfalls nur von der nach dem Gesetz hiefür zuständigen Behörde geprüft und bescheidmäßig beantwortet werden.
Die belangte Behörde ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Freizeitanlage der Beschwerdeführerin keinesfalls zu jenen Ausnahmefällen zählt, wie sie § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 vorsieht. Die belangte Behörde hat daher dadurch, daß sie die Nichtigerklärung der beiden eingangs genannten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft - die unbestritten innerhalb der Frist des § 68 Abs. 5 AVG 1950 erfolgte - mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt hat, nicht rechtswidrig gehandelt.
War aber die Nichtigerklärung schon mit Rücksicht darauf, daß die davon betroffenen Bescheide von einer unzuständigen Behörde erlassen wurden, mit dem Gesetz (§ 68 Abs. 4 lit. a AVG 1950) im Einklang, dann erübrigte sich eine gesonderte Prüfung der Frage, ob diese Nichtigerklärung auch nach § 55 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 dem Gesetz entsprochen hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | WRG 1959 §55 Abs3; WRG 1959 §99 Abs1 litc; |
Sammlungsnummer | VwSlg 11233 A/1983 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1983:1983070194.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-60552