Suchen Hilfe
VwGH 06.07.1982, 82/07/0049

VwGH 06.07.1982, 82/07/0049

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
WRG 1959 §122 Abs1;
RS 1
Eine einstweilige Verfügung kann abgesehen von der Bezirksverwaltungsbehörde sowohl von der nach § 99 WRG 1959 zur Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde als auch von der Berufungsbehörde erlassen werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 82/07/0048 E VwSlg 10795 A/1982 RS 1
Norm
WRG 1959 §122 Abs1;
RS 2
Eine EINSTWEILIGE VERFÜGUNG kann begrifflich nur in einer Verpflichtung bestehen, die auch durchsetzbar ist, nicht aber in der Erteilung einer Befugnis oder Bewilligung.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 82/07/0048 E VwSlg 10795 A/1982 RS 2
Normen
AVG §56 impl;
AVG §59 Abs1 impl;
BauRallg impl;
VVG §1 Abs1 impl;
VVG §4 Abs1 impl;
VwRallg impl;
WRG 1959 §122 Abs1;
RS 3
Durch den bloßen Hinweis auf die Beachtung der in den Verhandlungsschriften der Behörde (erster Instanz) enthaltenen Vorschreibungen bzw Erklärungen - ohne dass diese im einzelnen geprüft und gewürdigt wurden - ist dem unabdingbaren Erfordernis der Präzisierung von Auflagen im Spruch des Bescheides nicht entsprochen (Hinweis E , 1697/76, VwSlg 9264 A/1977 sowie E , 1754/74 VwSlg 9345 A/1977).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 82/07/0019 E RS 3

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde der Wasserwerksgenossenschaft X in E, vertreten durch Dr. Arnulf Hummer, Rechtsanwalt in Wien I, Maysedergasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land-und Forstwirtschaft vom , Zl. 15.672/20-I 5/81, betreffend einstweilige Verfügung (mitbeteiligte Parteien: T und MH in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Den mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom gemäß §§ 9 und 10 Abs. 2 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur künstlichen Beregnung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Gp. 285/14, 286/32, 286/62, 286/63, KG A, und Gp. 1289/1, 1777, 493, 773 (Teilfläche), 884/1, 1772/1 und 547 (Teilfläche) der KG B im Gesamtausmaß von 13,6556 ha durch Wasserentnahme aus drei Feldbrunnen sowie aus dem Haidgraben für die Parzellen Nr. 493, 547, 773 und 884/1, KG B, und für die Parzelle 1289/1, KG B, aus dem Fürbach mit einer durch Traktor betriebenen Pumpe der Type Famos V/80 mit einer Stundenleistung von 96 m3 bei Einhaltung der im Abschnitt C der Verhandlungsschrift in den Punkten 1. bis 7. vorgeschriebenen Bedingungen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, wonach die bewilligte Wasserentnahme zu einer wesentlichen Beeinträchtigung bestehender Wassernutzungsrechte führe, wurden als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin berufen. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. September 1 981 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dieser Berufung teilweise Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz in seinem Spruch dahin abgeändert, daß die Worte "und für die Parzelle Nr. 1289/1 der KG B aus dem Fürbach" zu entfallen haben und das Gesamtausmaß der zu beregnenden Flächen mit 12,70 ha festgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Auch gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Berufung erhoben, über die aber noch nicht entscheiden worden ist.

Bevor der Landeshauptmann von Niederösterreich seinen Berufungsbescheid vom erlassen hatte, traf er auf Grund eines Antrages der mitbeteiligten Parteien mit Bescheid vom gemäß § 122 WRG 1959 im Zusammenhalt mit §§ 9, 10 Abs. 2 WRG 1959 sowie in Verbindung mit §§ 1 und 4 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom zum Schutze des Grundwasservorkommens in der Mitterndorfer Senke, BGBl. Nr. 126, eine einstweilige Verfügung, in der den mitbeteiligten Parteien die vorläufige Befugnis erteilt wurde, zur künstlichen Beregnung der in ihrem Besitze befindlichen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, Parzellen Nr. 285/14, 286/32, 286/62, 286/63, 1777, 493, 773, 884/1, 1772/1, 547, KG A, und Parzelle Nr. 1777, KG B, in einem Gesamtausmaß von 12,70 ha aus drei Grundwasserbrunnen und aus dem Haidgraben für die Parzellen Nr. 493, 547, 773 und 884/1, KG B mit einer durch Traktor betriebenen Pumpe der Type Famos V/80 mit einer Leistung von 96 m3/h Wasser zu entnehmen und über Regner zu verregnen. Dabei wurde auf die Einhaltung von Ausführungen und Vorschreibungen, die in einer Verhandlungsschrift vom enthalten sind, hingewiesen. Die Wirksamkeitsdauer dieser einstweiligen Verfügung wurde bis zum befristet. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wurde einem allfälligen gegen diesen Bescheid gerichteten Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung aberkannt. Schließlich wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer jährlichen Entschädigungssumme in der Höhe von S 5.000,-- als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Behörde im wesentlichen aus, das Gebiet des südlichen Wiener Beckens werde intensiv landwirtschaftlich genutzt; es komme auf Grund des pannonischen Klimas zu hohen Temperaturen und Verdunstungen. Die Niederschlagsmengen reichten oft zur Erzielung der erforderlichen Ertragssicherung nicht aus, weshalb man hier auf künstliche Feldberegnung als einzige Möglichkeit angewiesen sei. Bei Unterbindung dieser Bewässerung müßte wegen sonst drohender Mißernten von Gefahr im Verzug gesprochen werden. Eine eventuelle Verringerung der Triebwerksleistung lasse sich am Pegel Fischamend/Fischa nicht meßbar erfassen. Die Gestattung der vorläufigen Inbetriebnahme sei auf eine rationelle, ökonomische und sparsame Bewässerungswirtschaft abgestimmt und entspreche den Richtlinien für eine optimale landwirtschaftliche Wassernutzung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen ausführte, daß von einer Gefahr im Verzug keine Rede sein könne, da jenes Gebiet seit über 1000 Jahren intensiv landwirtschaftlich genutzt werde und dies bisher ohne künstliche Beregnung erfolgt sei. Es habe sich an den klimatischen Verhältnissen und am natürlichen Wasserdargebot seither nichts Wesentliches geändert. Eine künstliche Beregnung vermöge lediglich einer Ertragssteigerung zu dienen, an der aber wegen einer Überproduktion an landwirtschaftlichen Erzeugnissen kein öffentliches Interesse bestünde. Umgekehrt reiche die elektrische Energie nicht einmal für den Inlandsbedarf aus, und es würden hier wegen Schmälerung der dazu benötigten Wassermengen mit der Verringerung der Kraftwerksleistung nicht nur Industrie- und Gewerbebetriebe, sondern auch die Allgemeinheit geschädigt.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom wurde der Berufung gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, es sei unbestritten, daß das Gebiet des südlichen Wiener Beckens intensiv landwirtschaftlich genutzt werde und es auf Grund des pannonischen Klimas zu hohen Temperaturen und Verdunstungsraten komme. Auf Grund dieser Umstände und der in weiten Teilen des Gebietes gegebenen geringen wasserhaltenden Kraft der Böden komme einer dem Entwicklungsstadium der Feldfrüchte entsprechenden Wasserzufuhr entscheidende Bedeutung zu. Im Hinblick auf die in vielen Fällen zur Erzielung der erforderlichen Ertragssicherung nicht ausreichenden Niederschlagsmengen und auf die vielfach sehr ungünstige Niederschlagsverteilung sei vor allem bei Hackfrüchten, in extremen Jahren aber auch bei Getreide, der Einsatz der künstlichen Feldberegnung die einzige Möglichkeit, um Mißernten zu verhindern. Daraus ergebe sich aber, daß bei einer Unterbindung der Möglichkeit der künstlichen Feldberegnung Gefahr im Verzug für die landwirtschaftlichen Kulturen gegeben sei. Es handle sich somit entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bei der künstlichen Feldberegnung nicht primär um eine Maßnahme zur Ertragssteigerung, sondern vielmehr um eine Vorkehrung, durch die ein drohender Schaden - nämlich Mißernten - abgewendet werden solle. Die einstweilige Verfügung sei daher über Antrag der zu berücksichtigenden Interessen zu Recht erlassen worden. Aus dem Blickwinkel öffentlicher Interessen ergebe sich, daß gemäß § 105 WRG 1959 eine Gefährdung der Landeskultur zur Abweisung eines Vorhabens oder zu einer Bewilligung nur unter entsprechenden Auflagen führen könne. Da eine Ertragssicherung in diesem Gebiet nur bei einer Ermöglichung der Feldberegnung zu erzielen sei, müsse davon ausgegangen werden, daß bei mangelnder Ertragssicherung die Landeskulturen gefährdet erscheinen und somit Gefahr im Verzug vorliege. Auch aus diesem Grund erweise sich somit die Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides. Zur Argumentation, daß die in Frage stehenden Flächen auch bisher über lange Zeiträume ohne künstliche Beregnung landwirtschaftlich genutzt worden seien, sei festzuhalten, daß dieser Umstand nichts darüber auszusagen vermöge, inwieweit die gegenwärtig gepflanzten Feldfrüchte zur Hintanhaltung von Mißernten einer künstlichen Beregnung bedürften. Auch Fragen einer Stützung der Landwirtschaft durch die öffentliche Hand könnten in einem wasserrechtlichen Verfahren nicht als entscheidungsrelevant angesehen werden. Hinsichtlich der Frage einer Verringerung der Triebwerksleistung der von der Beschwerdeführerin erfaßten Wasserkraftanlagen habe der Landeshauptmann von Niederösterreich im bisherigen Verfahren über die Berufung gegen die 1974 von der Bezirkshauptmannschaft Baden erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die gegenständlichen Beregnungsanlagen umfangreiche Sachverhaltsermittlungen in die Wege geleitet, deren Ergebnis in der Berufungsentscheidung einen Niederschlag finde. Im übrigen sei die Beschwerdeführerin dem ihr mitgeteilten schlüssigen Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen nicht auf sachverständiger Basis, sondern nur mit eigenen Behauptungen entgegengetreten, sodaß dieses Gutachten in seiner Beweiskraft nicht erschüttert worden und somit als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, durch einstweilige Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 in ihren Wasserrechten nicht beeinträchtigt zu werden, wenn Gefahr im Verzug nicht vorliegt, sowie in ihrem Recht darauf, daß bei Beurteilung der Frage, ob Gefahr im Verzug gegeben ist, nicht nur die Interessen der mitbeteiligten Parteien, sondern auch jene der Antragsgegner sowie der österreichischen Volkswirtschaft Berücksichtigung finden, und schließlich in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen; die nach § 99 oder § 100 zuständige Wasserrechtsbehörde kann solche einstweilige Verfügungen abändern oder selbst treffen. Diese Befugnis steht während der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens auch der Berufungsbehörde zu, selbst dann, wenn gegen die einstweilige Verfügung keine Berufung erhoben wurde.

Eine einstweilige Verfügung nach § 122 Abs. 1 WRG 1959 setzt u. a. voraus, daß das behördliche Handeln durch eine drohende Gefahr, wobei es ohne Belang ist, woher sie rührt, ausgelöst wird, und die Abwehr der Gefahr so dringlich ist, daß keine Zeit mehr für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens bleibt. Im Spruch einer nach der angeführten Gesetzesstelle erlassenen einstweiligen Verfügung können jedoch nur solche Maßnahmen (Leistungen, Duldungen, Unterlassungen) angeordnet werden, die Inhalt eines wasserpolizeilichen Auftrages sein können und somit einer Vollstreckung zugänglich sind. Eine einstweilige Verfügung, mit der das Recht (die Befugnis) zu einer Wasserentnahme und zur Beregnung von Grundstücken im Sinne des bewilligten Projektes, aber vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides eingeräumt wird, findet daher in der angeführten Gesetzesstelle keine Deckung.

Im übrigen wird noch auf folgendes hingewiesen: die Behörde erster Instanz - die belangte Behörde hat den Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt - hat zwar im Spruch ihres Bescheides nach Festlegung der zu beregnenden Flächen und der Leistung der Pumpe auf die Beachtung der im Abschnitt C der Verhandlungsschrift vom enthaltenen Vorschreibungen hingewiesen, doch ist damit dem unabdingbaren Erfordernis der Präzisierung von Auflagen im Spruch des Bescheides nicht entsprochen; der bloße Hinweis auf Vorschreibungen in einer Verhandlungsschrift, ohne daß diese im einzelnen geprüft und gewürdigt wurden, ist gesetzwidrig (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom , Zl. 1697/76, vom , Zl. 1754/74).

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982, abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren für Umsatzsteuer war abzuweisen, da eine besondere Vergütung hiefür im Gesetz nicht vorgesehen ist. Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §56 impl;
AVG §59 Abs1 impl;
BauRallg impl;
VVG §1 Abs1 impl;
VVG §4 Abs1 impl;
VwRallg impl;
WRG 1959 §122 Abs1;
Schlagworte
Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung
des Abspruches und der Rechtskraft
Inhalt des Spruches Diverses
Auflagen BauRallg7
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1982070049.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-59984