VwGH 16.09.1982, 82/06/0115
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | B-VG Art119a Abs8; B-VG Art119a Abs9; GdG Vlbg 1965 §88 Abs5; RPG Vlbg 1973 §19 Abs6; RPG Vlbg 1973 §21 Abs2; VwGG §34 Abs1; |
RS 1 | Der betroffene Grundeigentümer ist nicht legitimiert, gegen einen aufsichtsbehördlichen Bescheid, mit welchem einer von der Gemeindevertretung beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes die Genehmigung versagt wurde, beim VwGH Beschwerde zu führen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Straßmann und Dr. Würth als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, in der Beschwerdesache des WN in A, vertreten durch Dr. Luitpold Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Kirchstraße 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. VIIa 310-04, betreffend die Versagung der Genehmigung einer Änderung des Flächenwidmungsplanes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
In der Beschwerde wird folgender Sachverhalt vorgebracht: Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 3879 und 3884, KG A, welche im Flächenwidmungsplan der Gemeinde A unter die Widmung "Landwirtschaftsgebiet" fallen. Am wurde der Beschwerdeführer bei der Gemeinde A wegen Umwidmung von Teilflächen der genannten Grundstücke in "Betriebsgebiet" vorstellig. Am 9. Agust 1979 beschloß die Gemeindevertretung der Gemeinde A, Teilflächen der Grundstücke Nr. 3879 und 3884 KG A, von "Landwirtschaftsgebiet" in "Betriebsgebiet" umzuwidmen. Am beantragte die Gemeinde A bei der Vorarlberger Landesregierung die aufsichtsbehördliche Genehmigung dieser Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 19 Abs. 6 des Raumplanungsgesetzes (RPG), LGBl. für Vorarlberg Nr. 15/1973. Mit Schreiben vom 19. Agust 1980 empfahl das Amt der Vorarlberger Landesregierung der Gemeinde A, von der beschlossenen Baulandwidmung abzusehen. Die Gemeinde A beantragte jedoch am neuerlich die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 9. Agust 1979.
Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , welcher an die Gemeinde A gerichtet war, wurde gemäß § 21 in Verbindung mit § 19 Abs. 6 lit. a und b RPG die Genehmigung für die Änderung des Flächenwidmungsplanes versagt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge vom Gemeindeamt A am ausgehändigt.
Schon aus diesem Vorbringen ergibt sich die Unzulässigkeit der Beschwerde; dies aus folgenden Gründen:
Gemäß § 12 Abs. 1 RPG hat die Gemeindevertretung durch Verordnung einen Flächenwidmungsplan zu erlassen, durch den das Gemeindegebiet den erforderlichen Zwecken gewidmet wird. Die Qualifikation des Flächenwidmungsplanes als Verordnung ergibt sich auch aus verfassungsrechtlichen Überlegungen, weil es sich dabei um eine generelle Norm handelt, die sich an die Allgemeinheit bzw. an bestimmte Gruppen der Bevölkerung richtet, welche nicht individuell, sondern nach Gattungsmerkmalen bezeichnet sind (siehe die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 2380; 5062, 8351 u.a. sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Slg. N.F. Nr. 2285/A, 6785/A u.a.). Dementsprechend kommt auch der im § 21 RPG vorgesehenen Änderung des Flächenwidmungsplanes Verordnungscharakter zu (siehe Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 5794, 8163 u.a.). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (siehe etwa die Erkenntnisse Slg. N.F. Nr. 1988/A und 2258/A), besteht hinsichtlich genereller Rechtssetzungsakte kein im Verwaltungsverfahren und mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar verfolgbares subjektives öffentliches Recht der Betroffenen. Der Beschwerdeführer beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Salzburger Raumordnungsgesetz, weil sich diese Rechtsprechung auf Asnahmen vom Flächenwidmungsplan durch individuellen Verwaltungsakt, nicht aber auf eine Abänderung des Flächenwidmungsplanes bezog.
Das von der vorliegenden Beschwerde erfaßte Verwaltungsverfahren betraf vielmehr ausschließlich das zwischen der Vorarlberger Landesregierung als Aufsichtsbehörde im Sinne des Art. 119 a des Bundes-Verfassungsgesetzes und der Gemeinde A bestehende Rechtsverhältnis, wobei sich die Genehmigungspflicht der Änderung des Flächenwidmungsplanes im Sinne des Art. 119 a Abs. 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes aus § 19 Abs. 6 RPG in Verbindung mit § 21 Abs. 2 RPG und die Parteistellung der Gemeinde in diesem Verwaltungsverfahren aus Art. 119 a Abs. 9 des Bundes-Verfassungsgesetzes in Verbindung mit § 88 Abs. 5 des Vorarlberger Gemeindegesetzes ableitete. Bei dieser rechtlichen Situation ist es ohne Bedeutung, daß im Vorarlberger Gemeindegesetz nicht ausdrücklich die Rede von einer ausschließlichen Parteistellung der Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren ist.
Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß § 21 RPG unter bestimmten Voraussetzungen die Änderung des Flächenwidmungsplanes zur Pflicht macht. Daraus ergibt sich jedoch lediglich die rechtliche Folge, daß ein Flächenwidmungsplan, der im Sinne dieser Gesetzesstelle hätte geändert werden müssen, ab dem Eintritt der für die Änderung maßgebenden Umstände gesetzwidrig ist. Eine solche Gesetzwidrigkeit kann vom Betroffenen dadurch in Rechtsverfolgung gezogen werden, daß er ein der erforderlichen Änderung des Flächenwidmungsplanes entsprechendes, dem geltenden Flächenwidmungsplan aber widersprechendes Bauansuchen einbringt und nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Art. 144 des Bundes-Verfassungsgesetzes) oder an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 Abs. 1 Z. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes) einbringt, verbunden mit der Anregung, die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nach Art. 139 des Bundes-Verfassungsgesetzes zuzuführen. Falls eine gesetzwidrige Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für eine Person wirksam geworden ist, steht dieser, sofern sie durch diese Gesetzwidrigkeit unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, auch die Möglichkeit einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz offen.
Es trifft daher nicht zu, daß im vorliegenden Falle, sollte nicht die Beschwerde gegen die Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes für zulässig erachtet werden, dem Beschwerdeführer - er zitiert in diesem Zusammenhang den Art. 13 der Menschenrechtskonvention - keine Möglichkeit der wirksamen Rechtsverfolgung geboten wäre.
Somit erweist sich die Beschwerde wegen des Mangels der Berechtigung zur Erhebung als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | B-VG Art119a Abs8; B-VG Art119a Abs9; GdG Vlbg 1965 §88 Abs5; RPG Vlbg 1973 §19 Abs6; RPG Vlbg 1973 §21 Abs2; VwGG §34 Abs1; |
Sammlungsnummer | VwSlg 10816 A/1982 |
Schlagworte | Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1982:1982060115.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-59961