VwGH 16.03.1983, 82/03/0125
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | VStG §25 Abs2 |
RS 1 | Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert es, seine Verantwortung nicht darauf zu beschränken, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterläßt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0398/64 E VwSlg 7400 A/1968 RS 2 |
Normen | StVO 1960 §20 Abs2 idF 1975/402 StVO 1960 §43 Abs4 |
RS 2 | Es besteht kein subjektives Recht darauf, dass eine Verordnung nach § 43 Abs 4 StVO auf Erhöhung der gem § 20 Abs 2 StVO erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erlassen wird. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0053/79 E RS 1 |
Normen | StVO 1960 §20 Abs2 VStG §44a lita VStG §44a Z1 implizit |
RS 3 | Die bloße Angabe, die Bfrin sei "auf der B 76 durch das Ortsgebiet von T." gefahren, ohne nähere Bezeichnung des Tatortes (bzw durch eine Hausnummer, den Straßenkilometer etc), kann nicht zur Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat genügen (Hinweis E 82/02/0214). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Varga, über die Beschwerde der SL in X, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Renngasse 1/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 11 - 75 Li 21 - 1981, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Ein Beamter der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark erstattete am die Anzeige, die Beschwerdeführerin sei als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws am um 9.20 Uhr auf der Bundesstraße 76 durch das Ortsgebiet von Tomberg in Richtung Graz mit einer durch Verkehrsradar gemessenen Geschwindigkeit von 94 km/h gefahren. Die Geschwindigkeitsüberschreitung sei zunächst von einem Gendarmeriebeamten geschätzt und sodann mit Radar gemessen worden. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, sie habe es sehr eilig, weil sie nach Graz zu einer Verhandlung fahren müsse.
Gegen die von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO erlassene Strafverfügung vom erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Einspruch. In ihrer schriftlichen Rechtfertigung vom brachte sie vor, sie habe die Fahrt nach Graz in Klagenfurt gemeinsam mit ihrer Freundin ML in deren Wagen angetreten. Die Freundin habe das Fahrzeug gelenkt. Erst am Ortsende von Tomberg sei sie von der Freundin ersucht worden, die Lenkung zu übernehmen, was in der Folge auch geschehen sei. Sie habe daher die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begangen. Das Fahrzeug sei sodann angehalten worden. Sie habe den Vorwurf, zu schnell gefahren zu sein, entschieden zurückgewiesen. Sie habe den Beamten, der die Amtshandlung in die Länge gezogen habe, lediglich aufgefordert, diese zu beschleunigen, da ML um 10 Uhr in Graz eine Verhandlung zu verrichten hatte.
In seinem schriftlichen Bericht vom führte der Beamte aus, er habe bei dem herannahenden Fahrzeug eine Geschwindigkeitsüberschreitung vermutet und sodann die von der Schätzung unabhängige Radarmessung vorgenommen, die eine Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h angezeigt habe. Mittels Funk sei dann die Anhaltung außerhalb des Ortsgebietes veranlaßt worden. Die in der Anzeige enthaltenen Angaben seien richtig. Der Beamte legte weiters ein Luftbild über die örtliche Situation vor, aus dem sich im Zusammenhalt mit einem späteren Aktenvermerk vom ergibt, daß in Fahrtrichtung Graz die Bundesstraße am Ende des Ortsgebietes zunächst in eine Linkskurve übergeht und sodann eine Rechtskurve folgt, wobei sich die Anhaltestelle mehrere 100 m nach dem Ortsende befindet.
ML deponierte am als Zeugin, ihr sei nicht erinnerlich, daß die Beschwerdeführerin auf der Fahrt nach Graz die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe. Die Beschwerdeführerin habe gegenüber der Gendarmerie die in der Anzeige enthaltene Äußerung nicht abgegeben. Sie habe nur den Beamten, der die Amtshandlung hinausgezogen habe, um Beschleunigung unter Hinweis auf den Termin in Graz ersucht.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie sei am um 9.20 Uhr auf der B 76 durch das Ortsgebiet von Tomberg in Richtung Graz mit dem genannten Pkw mit einer durch Verkehrsradar gemessenen Geschwindigkeit von 94 km/h gefahren und habe dadurch eine Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO begangen. Gemäß §99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über sie eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe von 2 Tagen) verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Straferkenntnis stütze sich auf die Anzeige. Die Beschwerdeführerin bestreite, zu schnell gefahren zu sein, was auch von der Zeugin bestätigt worden sei. Der Gendarmeriebeamte habe aber dargelegt, daß das Radargerät ordnungsgemäß betriebsbereit gewesen sei.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung rügte die Beschwerdeführerin insbesondere die Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit der Begründung, daß ihr nicht einmal die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis gebracht worden seien und verwies auf ihre bisherige Rechtfertigung.
Der Beamte, der die Radarmessung vorgenommen hatte, gab am als Zeuge zum behaupteten Lenkerwechsel an, er habe, vom Standpunkt des Radarmeßwagens aus, in Richtung Graz gesehen, das gesamte Ortsgebiet von Tomberg überblicken können und seien ihm weder eine Verminderung der Geschwindigkeit durch Aufleuchten der Bremslichter noch ein etwaiger Lenkerwechsel aufgefallen.
Der Meldungsleger deponierte am als Zeuge, er habe nach Anhaltung der Beschwerdeführerin durch einen anderen Beamten die Amtshandlung durchgeführt. Die Beschwerdeführerin habe gesagt, sie habe es eilig, da sie zu einer Verhandlung nach Graz müsse. Sie habe nicht darauf hingewiesen, daß das Fahrzeug im Ortsgebiet von Tomberg nicht durch sie gelenkt worden sei. Im übrigen sei die Amtshandlung durch ihn nicht verzögert worden und habe lediglich etwa 5 Minuten gedauert.
Einem Aktenvermerk vom ist zu entnehmen, daß bei einem an diesem Tag unter Beiziehung der beiden Gendarmeriebeamten vorgenommenen Augenschein von der Behörde festgestellt wurde, der Radarmeßwegen sei, in Richtung Graz gesehen, neben dem rechten Fahrbahnrand, teilweise verdeckt durch Buschwerk, bei km 14,520 postiert gewesen. Von dieser Stelle aus bestehe gute Sicht bis zum Zeichen „Ortsende“ Tomberg, welches bei km 14,380 am linken Straßenrand angebracht sei. Auch die beidseitig im Anschluß daran bei km 14,310 angebrachten Verbotszeichen „überholen verboten“ (nach der Luftaufnahme offensichtlich richtig „Ende des Überholverbotes“) seien gut einsichtbar. Innerhalb dieser eingesehenen Stelle seien eine Bremsverzögerung und ein Anhalten ohne weiteres zu bemerken.
Am wurde ML neuerlich als Zeugin vernommen, wobei sie die Verantwortung der Beschwerdeführerin vollinhaltlich bestätigte, insbesondere daß sie selbst das Fahrzeug zunächst von Klagenfurt in Richtung Graz gelenkt habe. Da sie aber in Gedanken an die Verhandlung immer nervöser geworden sei, habe sie in der Ortschaft Tomberg die Beschwerdeführerin ersucht, sie möge die Lenkung des Fahrzeuges übernehmen. In der Folge sei es im Bereich des Ortsausganges zum Lenken an den Fahrbahnrand und zum Fahrerwechsel gekommen. Kurz nach dem Fahrerwechsel sei dann die bereits genannte Anhaltung erfolgt. Es sei möglich, daß sie auf Grund ihrer Nervosität im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom verwies die Beschwerdeführerin darauf, aus der Aussage der Zeugin ML ergebe sich die Richtigkeit ihrer Verantwortung. Die Zeugin habe den Pkw im Bereich nach dem Ortsende angehalten, worauf der Lenkerwechsel erfolgt sei. Schon aus der im Akt erliegenden Luftaufnahme ergebe sich, daß aus der Position des Radarmeßwagens nicht die gesamte Strecke bis zur Anhaltung eingesehen werden könne. Der Fahrerwechsel habe außerhalb des Sichtbereiches stattgefunden. Auch weise die im dortigen Bereich befindliche Kurve einen derart engen Radius auf, sodaß sie nicht mit 94 km/h durchfahren werden könne, weshalb es der Beiziehung eines Sachverständigen bedürfe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nicht Folge gegeben. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei mit einem geeichten Radargerät festgestellt worden. Es erübrige sich die Beiziehung eines Sachverständigen, da, wie das Lichtbild zeige, die Messung auf einem geraden Straßenstück erfolgt sei. Ob in der Kurve eine geringere Geschwindigkeit eingehalten worden sei, könne somit dahingestellt bleiben. Zum behaupteten Lenkerwechsel wurde bemerkt, daß die Beschwerdeführerin bei der Anhaltung nicht behauptet habe, den Pkw nicht selbst durch das Ortsgebiet von Tomberg gelenkt zu haben. Auch habe die Zeugin ML bei ihrer ersten Einvernahme am keinerlei Hinweise in der Richtung gemacht, daß sie zur Tatzeit die Lenkerin gewesen sei. Dies sei erst bei der zweiten Vernehmung der Fall gewesen. Auch zum Zeitpunkt der Anhaltung habe sie nicht gesagt, daß sie und nicht die Beschwerdeführerin die Täterin gewesen sei. Der Verantwortung der Beschwerdeführerin stünden die Zeugenaussage des Meldungslegers sowie die Ergebnisse des am durchgeführten Ortsaugenscheines gegenüber. Der die Radarmessung durchführende Beamte habe angegeben, von seinem Standort aus in Fahrtrichtung Graz das gesamte Ortsgebiet übersehen zu haben, wobei ihm weder eine Verminderung der Geschwindigkeit noch ein Lenkerwechsel aufgefallen seien. Zwischen dem Radarmeßwagen und dem Ortsende liege, wie der Augenschein ergeben habe, eine Strecke von 140 m, die der Beamte überblicken konnte. Auf Grund seiner Angaben könne daher am Ortsende von Tomberg kein Lenkerwechsel erfolgt sein. Der Radarwagen sei zwar durch Buschwerk teilweise verdeckt gewesen, aber nur bei Annäherung der in Richtung Graz fahrenden Fahrzeuge. Den Angaben des Beamten sei zu folgen, da er ein Anhalten des Pkws an der von der Beschwerdeführerin behaupteten Stelle trotz Beobachtung nicht habe feststellen können. Daß er beobachtet habe, sei plausibel, weil das Fahrzeug sich mit einer beinahe doppelten höchsten zulässigen Geschwindigkeit vorbeibewegt habe und daher besonders auffällig erschien. Damit sei erwiesen, daß die Beschwerdeführerin zur Tatzeit die Lenkerin gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft die Beschwerdeführerin zunächst die Annahme der belangten Behörde, es habe im Ortsgebiet von Tomberg in Fahrtrichtung Graz eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h bestanden, indem erstmals in der Beschwerde vorgebracht wird, daß für die in die Gegenrichtung fahrenden, also aus Richtung Graz kommenden, Fahrzeuge auf der Rückseite jener Verkehrstafel, welche in der Fahrtrichtung des gegenständlichen Fahrzeuges nach Graz die Beschilderung „Ende des Überholverbotes“ zeige, eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h verordnet sei. Auch wenn 50 m westlich dieses Verkehrszeichens dann die Ortstafel folge, so gelte diese Höchstgeschwindigkeit auch im Ortsgebiet von Tomberg, zumal sich erst wieder am westlichen Ortsende, also nach Durchfahren von Tomberg aus Richtung Graz, das Vorschriftszeichen „Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h“ befinde. Für die relevante Fahrtrichtung nach Graz bestehe zwar keine derartige Beschilderung, doch erscheine es unzulässig, wenn für denselben Straßenzug zwei verschiedene Geschwindigkeitsbeschränkungen bestünden.
Dieses Vorbringen stellt sich, da erstmals in der Beschwerde erhoben, als eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar. Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin erhobene Verfahrensrüge geht zufolge der auch im Verwaltungsstrafverfahren bestehenden Mitwirkungspflicht des Beschuldigten ins Leere. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2743/79.) Abgesehen davon kennt die Straßenverkehrsordnung keine Bestimmung, wonach es der Behörde verwehrt wäre, für dasselbe Straßenstück für die jeweils entgegengesetzte Fahrtrichtung eine andere Geschwindigkeitsbeschränkung zu verordnen. Daß eine solche Maßnahme gegenständlich etwa sachlich nicht gerechtfertigt gewesen wäre, wird in der Beschwerde selbst nicht behauptet. Dazu kommt noch, daß kein subjektives Recht auf Erlassung einer Verordnung betreffend die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit besteht. (Vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 53/79, auf welches wie hinsichtlich der weiteren zitierten, nichtveröffentlichten Entscheidungen unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGB1.Nr. 45/1965 verwiesen wird.)
Soweit die Beschwerdeführerin die Richtigkeit der von dem das Radargerät bedienenden Beamten vor der Radarmessung vorgenommenen Geschwindigkeitsschätzung, als sie sich dem Radarmeßwagen aus westlicher Richtung näherte, in Zweifel zieht, ist ihr zu erwidern, daß ihr die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf Grund der Schätzung des Beamten, sondern der Anzeige des geeichten und ordnungsgemäß aufgestellten Radargerätes zur Last gelegt wurde. Gegen die Angaben des Beamten, er habe das aus dem Westen kommende Fahrzeug schon eine gewisse Strecke beobachten können und sei ihm auf Grund seiner Erfahrung das Einhalten einer überhöhten Geschwindigkeit aufgefallen, bestehen keine Bedenken, zumal die Beschwerdeführerin selbst nicht bestreiten konnte, daß der Radarmeßwagen in westlicher Richtung nur teilweise durch Buschwerk verdeckt war. Es widerspricht auch nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß ein Beamter, der ein Fahrzeug wahrnimmt und eine Radarmessung durchführt, diesem auch noch nach der Radarmessung seine Aufmerksamkeit widmet. Der Beamte hat auch entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht behauptet, von seinem Standort aus das gesamte Ortsgebiet von Tomberg überblickt zu haben, sondern in seiner Zeugenaussage vom angegeben, in Fahrtrichtung Graz gesehen, das gesamte Ortsgebiet überschaut zu haben, was sich bei dem am von der Behörde durchgeführten Lokalaugenschein als zutreffend erwies.
Der Beschwerde kann jedoch, soweit damit die Feststellung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe das Fahrzeug im Zeitpunkt der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung gelenkt, bekämpft wird, ein Erfolg nicht versagt werden. Die belangte Behörde hat die diesbezügliche Feststellung vor allem damit begründet, daß der die Radarmessung durch-führende Beamte an der von der Beschwerdeführerin behaupteten Stelle des Lenkerwechsels - als solche wurde von der belangten Behörde das Ortsende von Tomberg genannt - weder eine Bremsverzögerung noch ein Anhalten des Pkws wahrgenommen habe, obwohl er vom Radarmeßwagen aus in Richtung Graz das Ortsende von Tomberg (Entfernung 140 m) gut eingesehen habe, weshalb am Ortsende von Tomberg kein Lenkerwechsel stattgefunden habe. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde hat aber die Beschwerdeführerin schon in ihrer ersten schriftlichen Stellungnahme vom vorgebracht, daß die Eigentümerin des Fahrzeuges, die Zeugin ML, sie erst am Ortsende von Tomberg ersucht habe, die Lenkung des Pkws zu übernehmen, was bedeutet, daß es erst in der Folge zu einer Abnahme der Geschwindigkeit und zum Anhalten gekommen sein kann. Auch in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom hat die Beschwerdeführerin darauf verwiesen, daß das Anhalten des Fahrzeuges zwecks Lenkerwechsels in dem Bereich nach dem Ortsende erfolgt sei, der für den Gendarmeriebeamten nicht mehr einsehbar gewesen sei. Die belangte Behörde ging daher aktenwidrig von der Annahme aus, die Beschwerdeführerin habe sich damit verantwortet, daß der Lenkerwechsel am Ortsende durchgeführt worden sei. Die Feststellung der belangten Behörde, daß auf Grund der Angaben des Gendarmeriebeamten die Verantwortung der Beschwerdeführerin über den behaupteten Lenkerwechsel widerlegt sei, findet daher in der Aktenlage keine Deckung. Ermittlungen darüber, ob auf der außerhalb des Sichtbereiches des Beamten im Radarwagen gelegenen Strecke bis zur Anhaltung durch den anderen Beamten der behauptete Fahrer-wechsel ebenfalls ausgeschlossen werden könne, hat die belangte Behörde nicht getroffen. Auch der Ansicht der belangten Behörde, gegen die Verantwortung der Beschwerdeführerin spreche, daß die Zeugin Margit L. bei ihrer ersten Einvernahme keinen Hinweis auf den Lenkerwechsel gegeben, sondern erst bei ihrer zweiten Einvernahme die Verantwortung der Beschwerdeführerin bestätigt habe, kann nicht gefolgt werden, zumal der Niederschrift, betreffend die erste Vernehmung, nicht zu entnehmen ist, daß der Zeugin entsprechende Vorhalte gemacht wurden. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich daher bezüglich der Feststellung, die Beschwerde-führerin sei zur Tatzeit die Lenkerin gewesen, als nicht schlüssig.
Diese Ausführungen zeigen, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat, weil sie von der oben aufgezeigten aktenwidrigen Annahme betreffend den Ort des von der Beschwerdeführerin behaupteten Lenkerwechsels ausging und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 1 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Desweiteren ist zu bemerken, daß der angefochtene Bescheid auch insoweit inhaltlich rechtswidrig ist, als in dem Bescheidspruch der ersten Instanz, welcher von der belangten Behörde unverändert übernommen wurde, entgegen der zwingenden Vorschrift des § 44 a lit. a VStG der Tatort nicht genau bezeichnet wurde. Die bloße Angabe, die Beschwerdeführerin sei „auf der B 76 durch das Ortsgebiet von Tomberg“ gefahren, also ohne nähere Bezeichnung des Tatortes (etwa durch eine Hausnummer, den Straßenkilometer etc.), kann nicht zur Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat genügen. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/02/0214.) Daß die Beschwerdeführerin etwa durch das ganze Ortsgebiet von Tomberg mit einer Geschwindigkeit von 94 km/h gefahren sei, läßt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen. Dazu kommt noch, daß der Bescheidspruch des Straferkenntnisses - entgegen dem der Strafverfügung vom in keiner Weise zum Ausdruck bringt, daß damit die im Ortsgebiet höchstzulässige Geschwindigkeit überschritten wurde.
Bei dieser Sachlage stellte sich für den Verwaltungsgerichtshof derzeit nicht die Frage, ob allenfalls der Umstand, daß auch in der Anzeige und der Strafverfügung eine genaue Bezeichnung des Tatortes unterblieb, für die Verfolgungsverjährung von Bedeutung sein könnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Der in der zitierten Verordnung für den Schrift-satzaufwand vorgesehene Betrag von S 8.060,-- stellt eine Pauschalsumme dar, die bereits die anteilsmäßige Umsatzsteuer mitenthält. Das über den Ersatz von Stempelgebühren für die in zweifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde (je Ausfertigung S 100,--), die Vollmacht (S 100,--) und den nur in einfacher Ausfertigung vorzulegenden angefochtenen Bescheid sowie die Beilage (je Bogen S 25,--) hinausgehende Mehrbegehren war ebenfalls gemäß § 58 VwGG 1965 abzuweisen.
Wien, am
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Normen | StVO 1960 §20 Abs2 StVO 1960 §20 Abs2 idF 1975/402 StVO 1960 §43 Abs4 VStG §25 Abs2 VStG §44a lita VStG §44a Z1 implizit |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1983:1982030125.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-59877