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VwGH 21.10.1982, 81/15/0059

VwGH 21.10.1982, 81/15/0059

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
ErbStG §3 Abs1 Z1
ErbStG §3 Abs1 Z2
RS 1
Der wesentliche Unterschied zwischen bürgerlichrechtlichen Schenkungen und anderen freigiebigen Zuwendungen unter Lebenden besteht darin, daß bei der Schenkung Willenseinigung zwischen Zuwendenden und Bedachtem über dessen Bereicherung, bei der freigebigen Zuwendung aber nur der einseitige Bereicherungswille auf seiten des Zuwendenden vorliegt.
Norm
ErbStG §3 Abs1 Z1
RS 2
a) Bei einer Schenkung iSd bürgerlichen Rechtes entscheidet allein der Parteiwille, was geschenkt ist. b) Die vertragliche (obligatorische) Verfügung über eine Liegenschaft hindert den Eigentümer nicht an einer anderen Verfügung (Hinweis E , 414/58, VwSlg 1865 F/1958). So ändert ein Kaufvertragsabschluß über eine Liegenschaft noch nichts am zivilrechtlichen Eigentum und steht einer Schenkung von Liegenschaftsanteilen an einen Dritten nicht entgegen, vor allem dann nicht, wenn der Käufer mit der Schenkung einverstanden ist.
Normen
BAO §21
ErbStG §3 Abs1 Z1
RS 3
Der zivilrechtlich geprägte Tatbestand des § 3 Abs 1 Z 1 ErbStG 1955 ist wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht zugänglich.
Normen
BAO §22
ErbStG §3 Abs1 Z1
RS 4
Die Wahl eines steuerbegünstigten Weges stellt an sich noch keinen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes dar. Auch die Schenkung eines Grundstückes mit der Absicht, daß der Beschenkte das Grundstück veräußert und dadurch zu Bargeld kommt, ist ein zulässiger, steuerbegünstigter Weg. Ein Gestaltungsmißbrauch kann sich selbst aus einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Schenkung und Veräußerung nicht ergeben, auch dann nicht, wenn ein Grundstück um das Mehrfache des Einheitswertes verkauft wird und diese Möglichkeit der Geldbeschaffung Motiv der Schenkung war (BFH , II R 4/67, BStBl 1974, II Seite 521).

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

81/15/0060

81/15/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schuber und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerden 1.) der WL in G, 2.) der EB in B und 3.) der CK in G, alle vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 15, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , 1.) Zl. 156/7/2-GA 5-MSch-1980, 2.) Zl. 156/7/3-GA 5-MSch-1980, und 3.) Zl. 156/7/1-GA 5-MSch-1980, alle betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von je S 8.535,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit je einem jeweils durch Notariatsakt beurkundeten Schenkungsvertrag vom jeweils übertrug die Mutter der drei Beschwerdeführerinnen diesen je einen 1/10 Anteil an einer ihr bisher allein gehörigen Liegenschaft. Die Übergabe in den physischen Besitz wurde jeweils auf den Tag des Vertragsabschlusses vereinbart.

Mit Kaufvertrag vom 24./ veräußerten sodann die Beschwerdeführerinnen und ihre Mutter die Liegenschaft an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten („PVA“) um den Betrag von S 30,552.868,--, wobei der Kaufvertrag die vorherigen Schenkungen an die Beschwerdeführerinnen festhielt. Eine Hälfte des Kaufpreises war bis zu entrichten, die andere zunächst treuhändig zu hinterlegen und grundsätzlich am bzw. bei früherer grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrages schon vorher auszubezahlen.

Das Finanzamt setzte gegenüber den Beschwerdeführerinnen bescheidmäßig Schenkungssteuer (je S 274.705,--) fest, wobei es keine Liegenschafts-, sondern Geldschenkungen unterstellte und demgemäß die Steuer nicht vom anteiligen Einheitswert, sondern vom anteiligen Verkaufserlös der Liegenschaft berechnete.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführerinnen gleichlautende Berufungen, in denen sie Schenkungssteuerbemessung gemäß § 19 Abs. 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141 (ErbStG), vom anteiligen Einheitswert (laut Berufungen insgesamt S 3,498.000,--, 1/10 somit S 349.800,--) begehrten, was eine Schenkungssteuer von S 13.092,-- je Beschwerdeführerin ergebe.

Die Bescheide des Finanzamtes stützten sich offensichtlich, wie in den Berufungen weiters dargelegt wird, auf die von der Mutter der Pensionsversicherungsanstalt am gestellte Option und die Annahmeerklärung der Pensionsversicherungsanstalt vom . Daraus dürfte das Finanzamt ableiten, daß die Mutter die Liegenschaft bereits mit Wirkung vom an die Pensionsversicherungsanstalt veräußert habe und sich daher die notariellen Schenkungsverträge vom nicht als Schenkung des Grundstücksanteiles, sondern als Schenkung des anteiligen Kauferlöses darstellten. Option und Annahme hätten jedoch noch zu keinem „rechtskräftigen“ Kaufvertrag zwischen Mutter und Pensionsversicherungsanstalt geführt. Zur Begründung hiefür legten die Beschwerdeführerinnen dar, daß die Mutter nach dem 1962 verstorbenen Vater anfangs 1963 als Alleinerbin Alleineigentümerin der fraglichen Liegenschaft geworden sei. Im Sinne eines notariellen Erbvertrages zwischen den Eltern wäre am in dem vom Gerichtskommissär aufgenommenen Abhandlungsprotokoll zwischen Mutter und Beschwerdeführerinnen sowie deren Bruder vereinbart worden, daß sich die Mutter zur Übergabe der Liegenschaft an eines der Kinder unter Bevorzugung des männlichen Geschlechtes vor dem weiblichen und des älteren vor dem jüngeren, die sonstige Eignung des betreffenden Kindes zur Übernahme des Hofes vorausgesetzt, verpflichtet bzw. dazu verpflichtet, ihnen die Liegenschaft im Falle eines früheren Ablebens zu hinterlassen. Zur Sicherstellung dessen habe sich die Mutter in derselben Vereinbarung weiters verpflichtet, die Liegenschaft bis zur Übergabe an eines der erblasserischen Kinder ohne Zustimmung derselben bzw. ihrer gesetzlichen Vertretung nicht zu veräußern und nicht zu belasten und die Einverleibung dieses Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu bewilligen. Als daher die Pensionsversicherungsanstalt im Sommer 1979 an die Mutter herangetreten sei, um die Liegenschaft zur Errichtung eines Rehabilitationszentrums zu erwerben, habe sich vorerst die Mutter mit den Kindern ins Einvernehmen gesetzt, um die Veräußerung und die Frage zu erörtern, ob die hiefür erforderliche Zustimmung aller Kinder im Hinblick auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot erteilt werde. Der Bruder der Beschwerdeführerinnen habe eine solche Zustimmung erteilt. Die Beschwerdeführerinnen hätten erklärt, daß sie der Veräußerung nur zustimmten, wenn ihnen vorher je 1/10-Anteil an der Liegenschaft schenkungsweise in Anrechnung auf den Erb- und Pflichtteil übertragen werde. Da zu dieser Zeit aber der Liegenschaftskauf durch die Pensionsversicherungsanstalt noch nicht festgestanden sei, sei weiters verabredet worden, daß die entsprechenden Schenkungsverträge in notarieller Form erst dann errichtet werden sollten, wenn die Kaufabsicht der Pensionsversicherungsanstalt definitiv sei und wenn das Ergebnis der Liegenschaftsvermessung vorliege. Im Hinblick auf die Eigentumsbeschränkung der Mutter hätten an den Verhandlungen mit der Pensionsversicherungsanstalt auch die Erstbeschwerdeführerin als Vertreterin aller aus dem Belastungs- und Veräußerungsverbot berechtigten Kinder und deren Ehemann teilgenommen. Die Option an die Pensionsversicherungsanstalt habe als damalige Alleineigentümerin der Liegenschaft nur die Mutter erteilt. Die mündlich vereinbarten Schenkungen von Liegenschaftsanteilen an die Töchter sollten nur abgeschlossen werden, wenn sich die Pensionsversicherungsanstalt zum Kauf tatsächlich entschließen sollte.

Nach Annahme der Option am hätte die Pensionsversicherungsanstalt die Liegenschaft vermessen lassen und die Vermessungsurkunde der Mutter am zur Kenntnis gebracht. Hierauf habe die Mutter im Sinne der im Sommer 1979 geschlossenen Vereinbarung den Notar (Schriftenverfasser) mit der Errichtung der Schenkungsverträge beauftragt. Mit Schreiben vom habe der Notar der Pensionsversicherungsanstalt den Abschluß der Schenkungsverträge zur Kenntnis gebracht. Am seien die notariellen Schenkungsverträge unterfertigt worden. Bei dieser Sachlage sei auf Grund von Option und Annahmeerklärung im Hinblick auf die bereits vorher geschlossenen Vereinbarungen bezüglich Kaufzustimmung in Ansehung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes ein Kaufvertrag zwischen Mutter und Pensionsversicherungsanstalt nicht in der Form zustande gekommen, wie er sich ohne Bedachtnahme auf die tatsächlichen Vorgänge nach außen darstelle. In Würdigung dieser Umstände hätte auch die Pensionsversicherungsanstalt anerkannt, daß ein Kaufvertrag durch Anbot und Annahme nicht zustande gekommen sei und folgerichtig am den Kaufvertrag mit der aus Mutter und Beschwerdeführerinnen bestehenden Besitzgemeinschaft abgeschlossen. Zudem seien Option und Annahme nicht zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung vorgelegt und dementsprechend auch nicht genehmigt worden.

Auf Anfrage durch die belangte Behörde legten die Beschwerdeführerinnen im Berufungsverfahren weiters dar, für Liegenschafts- und gegen Geldschenkungen spreche auch, daß die am in Form von Notariatsakten beurkundeten Schenkungen durch tatsächliche Übergabe und Übernahme der Liegenschaftsanteile vollzogen worden seien, daß die Mutter mangels entsprechender Mittel die angenommene Barschenkung nicht hätte vollziehen können, eine Geldschenkung mit späterer Übergabe aber der Errichtung eines entsprechenden Notariatsaktes bedurft hätte. Tatsächlich habe die Mutter den Töchtern nie die von der Abgabenbehörde angenommenen Geldbeträge übergeben und auch in keiner Form Schenkungsverträge über eine Geldschenkung abgeschlossen. Es liege daher weder zivilrechtlich noch tatsächlich eine Geldschenkung vor. Rechtsfolgen steuerlicher Art könnten aber nur an ein zivilrechtlich gültiges oder tatsächlich vollzogenes (§ 23 BAO) Rechtsgeschäft geknüpft werden.

Die Option vom samt Annahmeerklärung vom stellten nicht nur im Hinblick auf die mangelnden Voraussetzungen des Grundverkehrsgesetzes, sondern auch im Hinblick auf die mangelnde Zustimmung in Ansehung des im Übereinkommen vom zugunsten der Beschwerdeführerinnen vereinbarten Veräußerungsverbotes kein gültiges Rechtsgeschäft dar.

Es sei auch nicht zulässig, aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Errichtung der Schenkungsverträge vom und des Kaufvertrages vom darauf zu schließen, daß keine Liegenschafts-, sondern eine Geldschenkung stattgefunden habe. Der damit offensichtlich unterstellte Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes liege nicht vor. Dazu fehle es an der Voraussetzung, daß zum Zwecke der Abgabenersparnis eine Rechtskonstruktion gewählt worden wäre, die nach den Umständen des Falles ungewöhnlich und überdies offensichtlich unangemessen sei. Daß die von den Beschwerdeführerinnen getroffene Vereinbarung, einer Veräußerung von Grundstücken in Ansehung der Veräußerungsverbote nur dann zuzustimmen, wenn ihnen vorher Liegenschaftsanteile im Schenkungswege übertragen würden, ungewöhnlich und offensichtlich unangemessen sei, werde nicht einmal vom Finanzamt behauptet. Ebensowenig werde behauptet, die Errichtung der Schenkungsverträge über Liegenschaftsanteile sei ungewöhnlich und offensichtlich unangemessen. Behauptet werde, es seien Geldbeträge und nicht Liegenschaftsanteile geschenkt worden. Diese Behauptung entbehre jedoch jeglicher Grundlage.

Weiteres Vorbringen der Beschwerdeführerinnen im Berufungsverfahren ist in Anbetracht der Beschwerdeausführungen nicht mehr bedeutsam.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerinnen teilweise, in der vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Frage, ob Liegenschafts- oder Geldschenkungen vorliegen, jedoch keine Folge. Wesentlich sind aus der Sicht des Beschwerdevorbringens folgende Entscheidungsgründe der angefochtenen Bescheide:

Das Finanzamt habe die Schenkungssteuervorschreibungen unter anderem darauf gestützt, daß der Kaufvertrag, nämlich die Einigung über Sache und Preis, also das Verpflichtungsgeschäft, bereits am rechtsgültig zustande gekommen sei, somit den späteren Notariatsakten dahingehend keine Wirkung mehr zukommen hätte können. Diese Rechtsmeinung werde auch von der Pensionsversicherungsanstalt geteilt, die dem Finanzamt mit Schreiben vom  mitgeteilt habe, daß per Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis erzielt worden sei.

Zum gesamten Berufungsvorbringen sei festzuhalten, daß das Rechtsgeschäft längst zur Ausführung gelangt sei und daß jede Beschwerdeführerin eine Geldsumme von S 3,055.286,80 „eingestrichen“ habe. Alle erforderlichen Bewilligungen seien laut Auskunft des Schriftenverfassers (Notars) erteilt worden.

Der Ablauf der Geschehnisse weise in eine andere Richtung als die Ausführungen im Berufungsverfahren. Feststehe, daß die Pensionsversicherungsanstalt im Jahre 1979 an der Errichtung eines Rehabilitationszentrums in der betreffenden Gemeinde Interesse gezeigt habe. Die Anstalt habe in der Folge Verhandlungen mit der Mutter der Beschwerdeführerinnen aufgenommen, bei denen diese jeweils von der Erstbeschwerdeführerin und deren Gatten begleitet worden sei. Die Pensionsversicherungsanstalt habe dazu schriftlich bestätigt, daß der Abschluß von Schenkungsverträgen vor einem allfälligen Kaufvertrag nie ins Spiel gebracht worden sei und niemals Erwähnung gefunden habe. Daraus sei zu schließen, daß die Verkäuferin (Mutter) und ihre Berater eine solche Möglichkeit im Jahre 1979 noch gar nicht in Erwägung gezogen hätten und diese Schenkung erst nach Betrauung des Schriftenverfassers im Jahre 1980 in die Wege geleitet worden sei. Es sei zu einer Optionserstellung an die Pensionsversicherungsanstalt gekommen, welche die Option fristgerecht angenommen habe. Aus der Annahme des Kaufangebotes sei ersichtlich, daß bereits Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis erzielt worden sei. Aus dem Gesamtablauf der Dinge leuchte deutlich hervor, daß die Verkäuferin ihre Kinder, in welcher Größenordnung auch immer, in der Folge am Verkaufserlös habe beteiligen wollen. Im Jänner 1980 sei sodann der Schriftenverfasser mit der rechtlichen Beratung der Mutter betraut worden. In der Folge wären Kaufvertrag und Schenkungsverträge errichtet worden.

Zur Frage der gesetzlich erforderlichen Genehmigungen und Zustimmungen bemerkte die belangte Behörde, daß diese Rechtsbedingungen darstellten; die Erteilung dieser Genehmigungen und Zustimmungen mache die Verträge rückwirkend wirksam. Das bedeute aber nicht, daß solche Verträge (vor Genehmigung) nicht abgeschlossen werden könnten, nicht dem Rechtsbestand angehörten und die Vertragsteile nicht gebunden seien. Die Beschwerdeführerinnen verwechselten hier offensichtlich den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (ein solcher sei hier gegeben; der Erwerbsvorgang und das Verpflichtungsgeschäft seien getätigt) mit jenem Zeitpunkt, in welchem die Steuerschuld nach § 16 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz entstehen könnte. Eine Genehmigung nach dem Devisengesetz komme lediglich für die Zweitbeschwerdeführerin als in der Bundesrepublik Deutschland lebende österreichische Staatsbürgerin in Frage. Ein außerbücherliches Veräußerungs- und Belastungsverbot könne den Abschluß eines Veräußerungsgeschäftes durch die Eigentümerin nicht hindern. Einem solchen rechtsgeschäftlichen Verbot komme nur obligatorische Wirkung zu. Gegen Dritte wirke es selbst dann nicht, wenn sie davon Kenntnis hätten. Somit sei im Beschwerdefall ein (bedingter) Kaufvertrag über eine Liegenschaft durch Angebot und Annahme errichtet worden; spätere Verfügungen, die den Eintritt der Zustimmungen für das Erstgeschäft vereitelten, wären dann als wirkungslos anzusehen, wenn dieser Umweg nur zum Zwecke der Abgabenersparnis beschritten worden sei. Hiezu sei nämlich darauf zu verweisen, daß der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 BAO) nicht entsprochen worden wäre. Ein Erwerbsvorgang, der dem Grunderwerbsteuergesetz unterliege, sei binnen vierzehn Tagen nach Verwirklichung anzuzeigen, und zwar auch dann, wenn noch keine formelle Vertragsurkunde vorliege und dem Vorgang allenfalls Steuerfreiheit zukomme (§ 18 Grunderwerbsteuergesetz).

Aus den gesamten Umständen des Falles leuchte deutlich hervor, daß die Mutter zum Zeitpunkt der Optionserstellung bereit gewesen sei, das Grundstück an die Pensionsversicherungsanstalt zu verkaufen und daß zu diesem Zeitpunkt kein bücherliches Verbot mehr bestanden habe. Die Behauptung, daß die Verkaufsermächtigung an die Mutter nur unter der Bedingung erteilt worden sei, daß sie vorher Miteigentumsanteile an die Beschwerdeführerinnen schenkungsweise übertrage, erscheine wenig stichhältig. Es sei zu vermuten, daß dieses Vorbringen nachträglich in das Verfahren hineininterpretiert worden sei. Als Beweis dafür könne gelten, daß die Verhandlungspartner bei mehreren Verhandlungen und mehreren Begehungen des Grundstückes gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt derartiges niemals erwähnt hätten. Vereinbarungen im engsten Familienkreis komme nur dann steuerliche Wirkung zu, wenn sie mit ausreichender Deutlichkeit rechtzeitig offengelegt würden. Entgegen der äußeren formellen Darstellung lasse der gesamte Sachverhalt und der zeitfolgemäßige Ablauf von Option-Annahme, Schenkungsverträgen und Kaufvertrag die Annahme zu, die Geschenkgeberin habe dadurch, daß sie im Zeitpunkt des Abschlusses der Schenkungsverträge bereits gebunden gewesen sei, nicht mehr Grundstücksmiteigentumsanteile schenken können, sondern nur mehr den Verkaufserlös. Die Schenkung hätte daher mit der Verpflichtung (nicht beurkundete Nebenabrede zum Schenkungsvertrag) erfolgen müssen, dem Verkauf des Grundstückes an die Pensionsversicherungsanstalt zuzustimmen. Wie sonst hätte die Geschenkgeberin der Pensionsversicherungsanstalt gegenüber im Wort bleiben können, wenn eine der Geschenknehmerinnen nun plötzlich erklärt hätte, der Veräußerung unter den gegebenen Bedingungen nicht zuzustimmen oder überhaupt nicht zuzustimmen. Werde aber ein Grundstück mit der Auflage geschenkt, den vor der schriftlichen Vertragsunterzeichnung stehenden, aber bereits abgeschlossenen Verhandlungen bezüglich des schenkungsgegenständlichen Grundstückes zuzustimmen, so könne der Annahme, daß nicht das Grundstück, sondern der erzielte Kaufpreis (Anteil davon) Gegenstand der Schenkung gewesen sei, schwerlich entgegengetreten werden. Diese Überlegungen würden auch durch den tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse, die Ausführungen der Pensionsversicherungsanstalt und den geringen Zeitabstand zwischen den Schenkungsverträgen und dem nachfolgenden Kaufvertrag unter Beweis gestellt. Die Pensionsversicherungsanstalt habe glaubhaft mitgeteilt, daß in mehreren Besprechungen und in den Begehungen vom 15. und die Grenze und der Kaufpreis einvernehmlich festgelegt worden seien. Von Seite der Verkäuferin (Mutter) sei dabei mit keinem Wort erwähnt worden, daß sie am Kaufgrundstück noch Miteigentumsanteile verschenken wolle. Daraus sei klar ersichtlich, daß die Schenkungsverträge erst in der Kanzlei des Schriftenverfassers geboren worden seien. Diese Tatsache werde auch dadurch unter Beweis gestellt, daß im Originalentwurf des Kaufvertrages, welchen die Pensionsversicherungsanstalt der Verkäuferin übersandt habe, von mehreren Grundstücksmiteigentümerinnen noch keine Rede gewesen sei. Gegenstand der Schenkung hätte bei der aufgezeigten Sachlage in Wahrheit nur mehr der anteilige Kauferlös sein können.

Mit drei gleichlautenden Beschwerden machen die Beschwerdeführerinnen inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide geltend. Sie erachten sich durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten dadurch verletzt, daß als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung eines Schenkungsvertrages über einen Liegenschaftsanteil nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 nicht der Einheitswert des Liegenschaftsanteiles, sondern der bei einem darauf folgenden Verkauf erzielte Erlös angenommen worden sei. In Ausführung der Beschwerdegründe rügen die Beschwerdeführerinnen im wesentlichen, daß Schenkungen zufolge der Anknüpfung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 an zivilrechtliche Vertragstypen weder wirtschaftlicher Betrachtungsweise noch der Anwendung des Mißbrauchstatbestandes des § 22 BAO zugänglich wären. Auch sei der Optionsannahme zunächst weder die zur Gültigkeit des Rechtsgeschäftes erforderliche grundverkehrsbehördliche noch (in Ansehung einer Tochter) die devisenbehördliche Genehmigung erteilt worden, was allerdings eine Bindung der Parteien während des bis zur endgültigen Entscheidung bestehenden Schwebezustandes nicht verhindere. Vor allem sei jedoch der Erwerb der Liegenschaft vom Vorstand der Pensionsversicherungsanstalt nur „vorbehaltlich der Genehmigung durch das Bundesministerium für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen gemäß § 447 Abs. 1 ASVG“ beschlossen worden und diese Bedingung der Mutter im Annahmeschreiben auch mitgeteilt worden. Das Annahmeschreiben vom habe daher für die Pensionsversicherungsanstalt zivilrechtlich noch keine Verpflichtung begründet. Selbst dann aber wäre die rechtliche Möglichkeit für die Mutter, bis zur sachenrechtlichen Erfüllung des Kaufvertrages durch Verfügungsgeschäft (grundbücherliche Einverleibung) noch über Anteile an der Liegenschaft zugunsten ihrer Töchter durch Schenkung zu verfügen, in keiner Weise eingeschränkt worden und die Töchter hätten mit Abschluß der notariellen Schenkungsverträge ein klagbares Recht auf Übereignung der Liegenschaftsanteile erworben, dem auch durch grundbücherliche Durchführung der Schenkungsverträge Rechnung getragen worden wäre; bezüglich des Kaufvertrages mit der Pensionsversicherungsanstalt sei dies hingegen noch nicht der Fall gewesen. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht nicht die tatsächlich vorgenommenen Schenkungen von Liegenschaftsanteilen, sondern fiktive und in Wahrheit nie erfolgte Schenkungen von Forderungen oder Geldbeträgen der Steuer unterzogen.

Die belangte Behörde erstattete jeweils eine Gegenschrift und beantragte darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbunden und erwogen:

1.) Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden. Als solche gelten gemäß § 3 Abs. 1 unter anderem jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes (Z. 1) und jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (Z. 2).

Ob die Abgabenbehörden in den vorliegenden Fällen Schenkungssteuer für eine bürgerlich-rechtliche Schenkung oder eine andere freigebige Zuwendung festsetzten, ist ihren Erledigungen und den Akten des Verwaltungsverfahrens nicht zweifelsfrei zu entnehmen, zumal die Bescheide des Finanzamtes lediglich durch Kontoblätter aktenkundig sind. Hält man sich aber den wesentlichen Unterschied zwischen bürgerlich-rechtlichen Schenkungen und anderen freigebigen Zuwendungen unter Lebenden vor Augen, daß nämlich bei der Schenkung Willenseinigung zwischen Zuwendendem und Bedachtem über dessen Bereicherung, bei der freigebigen Zuwendung aber nur der einseitige Bereicherungswille auf seiten des Zuwendenden vorliegt (Dorazil2, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, S. 48), so kann es im Beschwerdefall keinen Zweifel an einer Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 ErbStG geben. Bei einer solchen Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes entscheidet aber allein der Parteiwille, was geschenkt ist (Stoll, Schenkungssteuerrechtliche Einheits- oder Individualerfassung einer unentgeltlichen Übertragung mehrerer Grundstücke durch einen einheitlichen Rechtsvorgang, ÖStZ Nr. 19/81, S. 228). Auf dem Boden der durch Notariatsakte beurkundeten Schenkungsvereinbarungen vom wären dies Liegenschaftsanteile und nicht Geldbeträge.

2.) Gleich dem Finanzamt schließt die belangte Behörde eine Liegenschaftsschenkung deshalb aus, weil mit der Anbotannahme durch die Pensionsversicherungsanstalt am schon der Verkauf der Liegenschaft zustande gekommen wäre und darnach nur mehr ein Anteil am Verkaufserlös und nicht mehr an der Liegenschaft hätte geschenkt werden können. Dem ist entgegenzuhalten, daß die vertragliche (obligatorische) Verfügung über eine Liegenschaft den Eigentümer nicht an einer anderen Verfügung hindert (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 1865/F); auch ein (allfälliger) Kaufvertragsabschluß mit der Pensionsversicherungsanstalt am , der am zivilrechtlichen Eigentum der Mutter noch nichts änderte, stand einer Schenkung von Liegenschaftsanteilen an die Beschwerdeführerinnen nicht im Wege. Die weitere Frage, ob und welche rechtlichen Schritte die Pensionsversicherungsanstalt auf Grund dieser Schenkungen unternehmen hätte können, stellt sich im Beschwerdefall erst gar nicht, weil die Pensionsversicherungsanstalt, wie der Kaufvertrag vom zeigt, mit den Schenkungen einverstanden war.

3.) Ob die belangte Behörde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise statt einer Liegenschaftsschenkung eine Geldschenkung unterstellte, lassen die angefochtenen Bescheide nicht eindeutig erkennen. Sollte dies der Fall sein, so wäre eine solche Annahme schon deshalb rechtswidrig, weil der zivilrechtlich geprägte Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 1 ErbStG wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht zugänglich ist (siehe auch § 21 Abs. 2 BAO und Stoll, a.a.O., S. 227).

4.) Ebenfalls nicht eindeutig, aber aus einzelnen Formulierungen doch erschließbar geht aus den angefochtenen Bescheiden hervor, daß die belangte Behörde in den Liegenschaftsanteilsschenkungen vom einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes erblickt und in Geldschenkungen die den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessene rechtliche Gestaltung sieht (§ 22 BAO). In den Gegenschriften legt die belangte Behörde auf den Mißbrauchtatbestand das Schwergewicht ihrer Argumentation.

Ebenso wie die belangte Behörde in den Gegenschriften teilt auch der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Beschwerdeführerinnen, daß die Wahl eines steuergünstigen Weges an sich noch keinen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes darstellt (siehe auch Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundes-Abgabenordnung, Anmerkung 1 zu § 22). Der Verwaltungsgerichtshof billigt weiters die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang skizzierte Annahme, auch die „Schenkung eines Grundstückes mit der Absicht, daß der Beschenkte das Grundstück veräußert und dadurch zu Bargeld kommt“, wäre ein solchermaßen zulässiger, steuergünstiger Weg. Die belangte Behörde findet sich hier im Einklang mit Schrifftum und Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland (Urteil des Bundesfinanzhofes vom , II R 4/67, BStBl. 1974 II, S. 521 f; Oswald, Zum Problem der Ungültigkeit einer Schenkung wegen Rechtsmißbrauch oder als Scheingeschäft, DStZ Nr. 6/1977, S. 112 ff, und das dort zitierte Finanzgerichtsurteil, das Anteilsschenkungen der Mutter an Kinder betraf). Bewirkt nun aber die Schenkung eines Grundstückes mit der Absicht, daß der Beschenkte das Grundstück veräußert und dadurch zu Bargeld kommt, dem Grunde nach keinen Gestaltungsmißbrauch, so kann sich ein solcher auch aus einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Schenkung und Veräußerung nicht ergeben. Dementsprechend stellte der Bundesfinanzhof seinem erwähnten Urteil den Rechtssatz voran, die Steuer auf die Schenkung eines Grundstückes könne nicht deshalb aus einem höheren Betrag als dem Einheitswert des Grundstückes errechnet werden, weil der Beschenkte das Grundstück noch am Tage der Schenkung zum mehr als zwanzigfachen Betrag des Einheitswertes verkaufte und diese Möglichkeit der Geldbeschaffung Motiv der Schenkung war. Auf dem Boden all dieser Überlegungen vermag der Verwaltungsgerichtshof auch in der Schenkung von Liegenschaftsanteilen zwei Tage vor der Veräußerung in der Absicht, die Geschenknehmer am Verkaufserlös teilnehmen zu lassen, keinen Mißbrauch im Sinne des § 22 BAO zu erkennen. Die im Beschwerdefall gewählte zivilrechtliche Gestaltung wäre auch ohne den abgabensparenden Effekt noch sinnvoll und damit kein Gestaltungsmißbrauch gewesen [Reeger-Stoll, a.a.O., S. 115; Stoll, Wirtschaftliche Betrachtungsweise, Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes, Scheingeschäfte und nichtige Geschäfte (§§ 21 bis 23 BAO), (ÖStZ 1965, S. 22]; enthebt doch die Liegenschaftsschenkung den Geschenkgeber zumindest davon, sich um Eingang und Weiterleitung des Verkaufspreises zu besorgen.

5.) Auf die in der Gegenschrift angeschnittene Frage der Schenkungssteuerbemessung nach dem Einheitswert hat der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht einzugehen, weil die Schenkungssteuer so nicht bemessen wurde und die Beschwerdeführerinnen zu dieser Frage auch noch nicht Stellung nehmen konnten.

6.) Aus den in den Punkten 1) bis 4) dargestellten Erwägungen waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlungen nahm der Verwaltungsgerichtshof Abstand, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 203/1982 erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221. Für die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide konnte jedoch entsprechend ihrer Bogenzahl nur ein Stempelgebührenersatz von je S 75,-- zuerkannt werden, weshalb das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §21
BAO §22
ErbStG §3 Abs1 Z1
ErbStG §3 Abs1 Z2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1981150059.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAF-59759