VwGH 18.11.1981, 81/10/0008
VwGH 18.11.1981, 81/10/0008
Rechtssätze
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Norm | VwGG §39; |
RS 1 | Bei Erhebung einer Säumnisbeschwerde steht der Partei kein Antragsrecht auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem VwGH zu. |
Normen | VwGG §21 Abs1; VwGG §36 Abs1; |
RS 2 | Im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde ist eine mitbeteiligte Partei im Sinne des § 21 Abs 1 VwGG 1965 nicht denkbar. Daraus folgt, dass dem Gegner des Bfrs im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung im Vorverfahren über die Säumnisbeschwerde zukommt - gemäß § 36 Abs 1 VwGG 1965 sind Ausfertigungen der Beschwerde samt Beilagen nämlich der belangten Behörde und der etwaigen Mitbeteiligten mit der in dieser Gesetzesstelle genannten Aufforderung zuzustellen. |
Normen | B-VG Art132; VwGG §42 Abs5; |
RS 3 | Ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die oberste Verwaltungsbehörde auf den VwGH übergegangen, so sind von diesem in dem von ihm fortzusetzenden Verwaltungsverfahren jene Normen des materiellen und formellen Rechtes anzuwenden, die von der säumigen Behörde anzuwenden gewesen wären. |
Normen | |
RS 4 | Der Israelitischen Kultusgemeinde kommt im Hinblick auf § 22 IsrG im Zusammenhang mit § 3 Abs 3 VVG 1905 und § 7 Abs 4 EO in einem Verfahren, welches die Zulässigkeit der Inanspruchnahme des staatlichen Beistandes zur Durchsetzung der in ihrem Rückstandsausweis ausgedrückter Forderung zum Gegenstand hat, Parteistellung zu. |
Norm | VwGG §21 Abs1; |
RS 5 | Die Parteistellung der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird durch die Bestimmung des § 38 Abs 2 VwGG 1965 nicht berührt. |
Norm | VwGG §38 Abs2; |
RS 6 | Für den Fall meritorischer Erledigung einer Verwaltungsrechtssache durch den VwGH im Sinne des § 42 Abs 5 zweiter Satz VwGG 1965 ist für die Anwendung des § 38 Abs 2 VwGG 1965 kein Raum. |
Normen | AVG §45; IsrG AbgrenzungsV 1897; |
RS 7 | Hinweis auf E vom , 1878/78 und 1883/78, a) zur Frage der Zuständigkeit der Kultusbehörden des Bundes zur Entscheidung über die Gewährung des staatlichen Beistandes bei Einbringung von Kultusbeiträgen, b) zur Stellung der VO des Ministeriums für Kultus und Unterricht vom 18.3.1897, RGBl 96, im Stufenbau der RO. |
Norm | AVG §73 Abs2 impl; |
RS 8 | Unter Rechtsmittelverfahren im Sinne des Art 103 Abs 4 B-VG (Fassung B-VG Novelle 1974) sind nur Verfahren über jene Rechtsmittel zu verstehen, die in einer "Regelung des Instanzenzuges" vorgesehen sind. Mit dem Merkmal "Regelung des Instanzenzuges" (und den Merkmalen "administrativer Instanzenzug" und "Entscheidung in erster Instanz") knüpft die B-VG-Novelle 1974 an die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen enthaltene grundsätzliche Unterscheidung zwischen der "im Instanzenzug übergeordneten Behörde" und der "sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde" an. Daher kann durch einen an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu richtenden Devolutionsantrag, wenn in der Sache noch keine "instanzmäßige" Entscheidung vorliegt und daher die Oberbehörde auch nicht als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden hat, kein Rechtsmittelverfahren im Sinne des Art VI Abs 2 B-VG-Novelle 1974 ausgelöst werden. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0992/78 B VS VwSlg 9950 A/1979 RS 2 |
Normen | Leistungen finanzielle Religionsgesellschaft israelitische 1960 §1; Leistungen finanzielle Religionsgesellschaft israelitische 1960 §4; |
RS 9 | Im Hinblick auf die § 1 und 4 des Bundesgesetzes BGBl 1960/222 kann die rechtmäßige Existenz der Kultusgemeinden in Österreich und der Kultusgemeinde Wien im besonderen nicht mehr in Frage stehen. |
Normen | IsrG 1890 §22; IsrG 1890 §30; IsrG 1890 §31; VVG §3 Abs2; |
RS 10 | Den Israelitischen Kultusgemeinden ist durch § 22 IsrG zur Einbringung der statutengemäßen Leistungen die politische Exekution unabhängig davon gewährt, ob sie im übrigen ihre gesetzlichen und/oder statutarischen Pflichten erfüllen oder nicht. Ihre rechtliche Stellung als Kultusgemeinden wird ihnen auch, wie aus den §§ 30, 31 IsrG hervorgeht, selbst dann nicht genommen, wenn ihre Organe gesetzliche oder statutarische Pflichten verletzen. Die Gewährung der politischen Exekution umfasst im Hinblick auf § 3 Abs 2 VVG 1905 das Recht der Kultusgemeinden, Rückstandsausweise auszustellen und diese mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit zu versehen. |
Norm | VwGG §34 Abs1; |
RS 11 | Hinweis auf E vom , VwSlg 5882 A/1908, und den B des BGH vom , VwSlg 1669 A/1937, wonach den Parteien auf die Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechtes gegenüber Religionsgenossenschaften ein subjektives Recht nicht zusteht. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §83; |
RS 12 | Die Verbindlichkeit zur Leistung von Beiträgen ergibt sich aus der Zugehörigkeit der Mitglieder zur betreffenden Religionsgemeinschaft und ist nach den Rechtssätzen zu beurteilen, die die Rechtsverhältnisse der Mitglieder zu ihrer Religionsgemeinschaft regeln (Hinweis auf E des VfSlg 3647; und auf SZ 31/78). |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §83; |
RS 13 | Durch die staatsaufsichtliche Genehmigung wird daran nichts geändert, dass in einem behördlichen Verfahren über die Berechtigung der Inanspruchnahme staatlichen Beistandes zur Einbringung von Beiträgen darauf einzugehen ist, ob Bestimmungen der Beitragsordnung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen (Hinweis auf EvBl 1964, Nr 149). Die staatliche Kultusverwaltungsbehörde hat in einem Verfahren, in dem es um subjektive Rechte von Gemeindemitgliedern geht, die Übereinstimmung der Statuten der betreffenden Kultusgemeinde mit dem Gesetz unbeschadet des gegenüber der Kultusgemeinde ergangenen Genehmigungsbescheides zu prüfen, weil ein derartiger Genehmigungsbescheid nach Ansicht des VwGH nicht in der Lage sein kann, einem allenfalls fehlerhaften Statuteninhalt den Makel einer Gesetzwidrigkeit gegenüber den Gemeindemitgliedern zu nehmen. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §83; |
RS 14 | Weder das IsrG noch das Statut der IKG Wien bieten ausreichenden Anhaltspunkt für die Annahme, die Erfüllung der Kultussteuerpflicht durch die Mitglieder sei mit der Erfüllung der Pflichten der Kultusgemeinde, für die Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder Sorge zu tragen, durch gemeinsamen Entstehungsgrund und Zweck wechselseitig (synallagmatisch) verbunden. Kultussteuerpflichtigen steht daher eine rechtswirksame Einwendung, die Kultusgemeinde habe ihre Verpflichtung gegenüber den Mitgliedern und damit auch den betreffenden Steuerpflichtigen gegenüber nicht gehörig erfüllt, nicht zu. |
Norm | IsrG 1890 §1 Abs2; |
RS 15 | Durch § 1 Abs 2 IsrG ist es der Kultusgemeinde nicht untersagt, sich humanitären Aufgaben zu widmen. Die Beurteilung der Frage, ob die Erfüllung humanitärer Aufgaben israelitischen Kultuszwecken dient, ist eine innere Angelegenheit dieser Religionsgenossenschaft, deren Wertungen vom Standpunkt der Rechtgläubigkeit einer nachfolgenden Kontrolle durch die Behörden des Staates nicht unterliegen. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §83; |
RS 16 | Weder den einzelnen Mitgliedern als solchen, noch auch den staatlichen Kultusaufsichtsbehörden kommt eine Ingerenz auf die Erstellung des jährlichen Voranschlages einer IKG zu. |
Normen | IsrG 1890 §25; Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §83; |
RS 17 | Die Bestimmung des Statutes der IKG Wien (§ 83), es sei in das Ermessen des Kultusvorstandes gestellt, Subventionen zu erteilen, wird der Verpflichtung des § 25 Abs 4 IsrG zur Aufnahme von Bestimmungen darüber in das Statut, in welchen Fällen und nach welchem Ausmaße den Privatbethäusern Subventionen gewährt werden, nicht gerecht. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §96 Abs2; |
RS 18 | § 96 Abs 2 dritter Satz des Statutes der IKG Wien lässt erkennen, dass auf die Kultussteuer die Vorschriften über die Verjährung der direkten Steuern des Bundes sinngemäß angewendet werden sollen. Eine sinngemäße Übertragung dieser Vorschriften auf die Kultussteuer hat zur Folge, dass unter Festsetzung der Abgabe die Bemessung der Kultussteuer durch die Schätzkommission zu verstehen ist, unter Einhebung und zwangsweiser Einbringung der Abgabe jedoch das Begehren des Kultusvorstandes an die staatliche Behörde zur Hilfestellung bei Einbringung der Kultussteuer. |
Normen | IsrG 1890 §28 Z7; Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §96 Abs2; |
RS 19 | Absolute Größe, von welcher die Schätzkommission bei ihrer Umlegungstätigkeit im Sinne des § 2 des Kultussteuerregulativs höchstens auszugehen hat, ist der Bedarf an Kultussteuer, der sich für das betreffende Jahr aus dem Gebarungsvoranschlag ergibt. Dieser Bedarf ist unter Beachtung der im § 96 Abs 1 dritter Satz des Statutes der IKG Wien genannten Kriterien auf die Mitglieder der Gemeinde aufzuteilen. Durch diese Regelungen des Statutes der IKG Wien ist hinsichtlich der Kultussteuer die aufzuerlegende Leistung im Sinne des § 28 Z 7 IsrG genau bezeichnet. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §96 Abs1; |
RS 20 | Privatbethäuser sowie Veranstaltungen zu gottesdienstlichen oder rituellen Übungen, die nicht von der Kultusgemeinde betrieben werden, sind, obwohl sie von der Zustimmung der Kultusgemeinde abhängig sind und ihrer Aufsicht unterstehen, nicht als Anstalten der Kultusgemeinde im Sinne des § 96 Abs 1 dritter Satz des Statutes der IKG Wien zu verstehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die einem Gemeindemitglied aus seiner besonderen religiösen Überzeugung entstehenden und somit einer Gewissenspflicht entspringenden Bedürfnisse, welche durch die Kultusgemeinde selbst nicht befriedigt werden, auf die Aufteilung des Kultussteuerbedarfes auf die einzelnen Mitglieder und damit auf die Ermittlung des so betroffenen Mitgliedes ohne Einfluss seien. Ausgaben, die aus solchen Gewissenspflichten für das Gemeindemitglied und dessen Familie entstehen, verschlechtern nämlich die Vermögensverhältnisse dieses Mitgliedes; gerade die Vermögensverhältnisse sind es aber, die gemäß § 2 Kultussteuerregulativ im Zusammenhang mit § 96 des Statutes der IKG Wien in erster Linie für die Ermittlung der Kultussteuerpflicht des Mitgliedes entscheidend sind. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §96 Abs2; |
RS 21 | Der Grundsatz, wonach die Nichterhebung eines innerkirchlichen (innerreligionsgemeinschaftlichen) Einspruches gegen den Beitragsbescheid dem Beitragspflichtigen für den staatlichen Bereich nicht zum Nachteil gereichen könne, bedarf dort einer Einschränkung, wo nach Gesetz und Statut die vom Gemeindemitglied zu erbringende Leistung von der Festsetzung seitens eines Organes der Religionsgenossenschaft abhängig ist, bei welcher von diesem Organ erst ein vom Statut eingeräumter Ermessensspielraum auszufüllen ist. Dies trifft auf die Festsetzung der Kultussteuer durch die Schätzkommission der IKG Wien zu. |
Norm | Statut israelitsche Kultusgemeinde Wien §96 Abs2; |
RS 22 | Der bestehende Ermessensspielraum kann nur von den Organen der IKG Wien ausgefüllt werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Überprüfung der Statutenmäßigkeit der Höhe der Kultussteuervorschreibung durch die staatlichen Behörden darauf zu beschränken hat, ob die Schätzkommission von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Statutes Gebrauch gemacht hat, sondern auch, dass bei dieser Prüfung durch die staatlichen Behörden von den durch die Organe der Kultusgemeinde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung erzielbaren Wissensstand auszugehen ist. |
Entscheidungstext
Kein Text vorhanden
Zusatzinformationen
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Sammlungsnummer | VwSlg 10595 A/1981 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1981:1981100008.X01 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-59598