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VwGH 20.10.1981, 81/07/0104

VwGH 20.10.1981, 81/07/0104

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
WRG 1959 §64 Abs1 litb;
RS 1
Ausführungen über den Wasserbedarf einer Gemeinde und der Notwendigkeit eines Zwangsrechtes.
Norm
WRG 1959 §34 Abs1;
RS 2
Aus § 34 Abs 1 WRG 1959 ist nicht ersichtlich, daß die besonderen Anordnungen gleichzeitig mit der Bewilligung einer bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlage zu treffen seien.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1501/78 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Ratz, über die Beschwerde der JV in Gries am Brenner, vertreten durch Dr. Josef Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 510.943/01-1 5/80, betreffend wasserrechtliche Bewilligung einer Wasserversorgungsanlage (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Gries am Brenner), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte, die eine Wasserversorgungsanlage betreibt, beantragte am beim Landeshauptmann von Tirol die wasserrechtliche Bewilligung zum weiteren Ausbau ihrer Wasserversorgungsanlage und die zwangsweise Einräumung der erforderlichen Dienstbarkeiten zur Fassung und Ableitung von Wasser auf den Gp. n1 und n2 KG Gries am Brenner. Nach dem Projekt sollen jene Wässer, die beim Bau der Druckrohrleitung für das E-Werk der Mitbeteiligten als Hang- und Drainwässer gefaßt werden mußten und in den Obernberger Seebach abgeleitet werden, nunmehr für die Trinkwasserversorgung der Mitbeteiligten genutzt werden. Zu diesem Zweck werde das Wasser auf den Gp. n1 und n2 KG Gries am Brenner aus hygienischen Gründen in größerer Tiefe als bisher durch einen zirka 100 m langen Querschlitz, der am Hangfuß parallel zur E-Werksleitung geführt wird, gefaßt werden. Der Schlitz werde soweit vorgetrieben, daß eine ausreichende Überdeckung gewährleistet sei. In dem hierüber durchgeführten Verfahren erhob die Beschwerdeführerin gegen das Vorhaben Einwendungen und erklärte, unter keinen Umständen irgend einer Maßnahme ihre Grundstücke betreffend die Zustimmung zu erteilen. Jede Verfügung über ihren Grund würde den Ruin ihrer Existenz bedeuten. Da die Gemeinde andere Möglichkeiten besitze, dem Wasserversorgungsproblem Herr zu werden, sei es keineswegs sachlich gerechtfertigt, eine Landwirtschaft zu ruinieren. Die Mitbeteiligte habe insbesondere die Möglichkeit, ihren zusätzlichen Wasserversorgungsbedarf vom Sattelberg oder vom Niedererberg zu beziehen. Auf längere Sicht sei der zusätzliche Wasserbezug von den dort liegenden Quellen auch als wirtschaftlicher zu betrachten. Dazu komme, daß beträchtliche Teile ihrer Grundstücke zum Quellschutzgebiet erklärt werden müßten. Dadurch werde eine schwere, die Existenz bedrohende Beeinträchtigung des Betriebes der Beschwerdeführerin erfolgen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom wurde im Spruch Punkt I der Mitbeteiligten die wasserrechtliche Bewilligung erteilt und gleichzeitig die spätere Vorschreibung von Maßnahmen, insbesondere die Vorschreibung von Quellschutzmaßnahmen und die Vorschreibung eines Quellschutzgebietes einem eigenen Verfahren vorbehalten. Im Punkt II wurden gemäß § 63 lit. b und § 64 Abs. 1 lit. b WRG 1950 der Mitbeteiligten auf Gp. n1 und n2 KG Gries am Brenner die erforderlichen Dienstbarkeiten zur Errichtung und Erhaltung der bewilligten Wasseranlage und zur Ableitung des projektsgemäß gefaßten Wassers eingeräumt. Im Punkt III des Spruches dieses Bescheides wurden der Beschwerdeführerin gemäß §§ 62 Abs. 3 und 117 WRG 1959 Entschädigungen für die dadurch entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile zugesprochen. Außerdem wurde ausgesprochen, daß auf Verlangen der Grundeigentümerin die Mitbeteiligte die für die Versorgung des S-hofes notwendige Wassermenge im Ausmaß von maximal 8 m3 pro Tag kostenlos auf Dauer des Bestandes der Quellfassung zur Verfügung zu stellen hat und eine Anschlußgebühr nicht verrechnet wird, wobei die Zuleitung von der Brunnenstube bis zum S-hof die Beschwerdeführerin auf ihre Kosten herzustellen hat. In der Begründung des Bescheides ging die Behörde erster Instanz von folgenden Sachverhalt aus:

Die derzeit der Gemeindewasserversorgung dienenden Quellen wurden durch den Bau der Brenner-Autobahn zerstört. Die dadurch bedingte Neufassung kam großteils unterhalb des Fahrbahnbereiches der Autobahn zu liegen, sodaß Nachfassungen und Reparaturen äußerst schwierig durchführbare wären und bei einem Ölunfall oder Giftunfall die Versorgung ausfallen würde. Für einen derzeitigen Wasserbedarf von 500 Einwohnern, 500 Fremdenbetten, 30 Großvieh und 100 Kleinvieheinheiten sowie 1000 Sitzplätzen in Gastbetrieben, ergibt sich ein Tagesbedarf von 456.000 l, das sind rund 5,3 l/sec. Beim zukünftigen maximalen Tagesbedarf ergeben sich unter der Annahme von 700 Einwohnern, 1000 Fremden und gleichem Viehstand sowie 2000 Sitzplätzen ein maximaler Tagesbedarf von 786.000,-- l, das sind rund 9 l/sec. Bei einer derzeitigen Schätzung der Schüttung aller gefaßten Quellen in das Netz der Mitbeteiligten von rund 5 l/sec ergeben sich besonders im Hinblick auf die Tagesverbrauchspitzen und auf den höchsten Stundenbedarf Fehlmengen, die durch das Vorhaben abgedeckt werden sollen. Der Alternativvorschlag - so wird in der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz weiters ausgeführt - zur Fassung anderer Quellen im Bereich Venntal, Niedererberg und Sattelberg sei laut Aussage des Projektsvertreters "entweder im Kostenaufwand oder in technischer Hinsicht (Minimumschüttungen und Streulage der Quellen) nicht zweckmäßig durchführbar". Von allen geprüften Möglichkeiten sei die Fassung der Quelle der Beschwerdeführerin die geeignetste Möglichkeit, den dargelegten Wassermangel der Gemeinde besonders im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit abzudecken. Bei der von der Mitbeteiligten geplanten Wassernutzung überwiegen sohin die Vorteile im allgemeinen Interesse die Nachteile der Zwangsrechte. Außerdem sei das Wasser für die Beschwerdeführerin insofern entbehrlich, weil es auf ihrem Grundstück nicht zutage trete und von ihr nie genutzt worden sei. Ihr Anwesen werde mit anderem Wasser versorgt. Sie habe aber nun die Möglichkeit, ihren Bedarf aus der Gemeindeanlage zu decken, zu viel günstigeren Bedingungen, als wenn sie selbst eine Anlage bauen müßte. Der dem Verfahren beigezogene Sachverständige für Landwirtschaft habe in der geplanten Wassernutzung keinen Ruin des landwirtschaftlichen Betriebes sehen können. Zur Behauptung, daß die Gemeinde andere Versorgungsmöglichkeiten hätte, werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 7025, verwiesen. Über ein Quellschutzgebiet könne erst entschieden werden, wenn Art und Tiefe der Quellfassung bekannt seien. Der im Projektsplan ersichtliche und zur Trinkwasserversorgung der Mitbeteiligten erforderliche Quellschlitz zur Erfassung der Hangwässer berühre nicht die ebene Wiesenfläche, die nach Aussage des Bürgermeisters im zur Zeit in Ausarbeitung befindlichen Flächenwidmungsplan als Bauerwartungsland oder Bauland ausgewiesen werde. Die Errichtung von baulichen Anlagen im ebenen Teil des Grundstückes, sofern sie auf die im Böschungsfuß befindliche Druckwasserleitung der Wasserkraftanlage Rücksicht zu nehmen habe, werde dadurch nicht beeinträchtigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie wendete sich gegen die Annahme, daß die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 lit. b WRG 1959 gegeben seien. Die Mitbeteiligte habe die Möglichkeit, ihren zusätzlichen Wasserbedarf aus den ihr gehörigen Quellen am Sattelberg und Niedererberg zu decken. Der in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 7025, sei unzutreffend, weil die Beschwerdeführerin die beabsichtigte Enteignung nicht mit der Einwendung bekämpft habe, der Wasserbedarf der Konsenswerberin könne durch Enteignung anderen Wassers befriedigt werden. Im übrigen habe der angefochtene Bescheid den Einwendungen der Beschwerdeführerin nichts entgegenzusetzen. Sollte er sich jedoch auf ein in der mündlichen Verhandlung abgegebenes Gutachten stützen, so sei darauf hinzuweisen, daß dieses Gutachten nur reine Behauptungen enthalte. Dieses Gutachten enthalte keinen Befund. Es fehlten auch Feststellungen, ob die beiden von der Beschwerdeführerin als Alternative ins Gespräch gebrachten gemeindeeigenen Quellen tatsächlich nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen benutzt werden könnten. Die Behörde erster Instanz habe auch keine Feststellungen getroffen, ob dieses Gutachten stichhältig sei. Ein eingehendes Ermittlungsverfahren wäre zum Ergebnis gekommen, daß der Vorschlag der Beschwerdeführerin auf längere Sicht gesehen sich als der zweckmäßigere erweise und damit eine Enteignung, die ja tunlichst zu vermeiden sei, nicht notwendig wäre. Die Behörde habe auch die Quellschutzmaßnahmen zu Unrecht einem eigenen Bescheid vorbehalten. Es sei schon heute abzusehen, daß gerade durch diese Maßnahmen die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke und jene Grundstücke, die als Bauland gewidmet seien, erheblich entwertet würden. Der Vorbehalt von Quellschutzmaßnahmen stelle eine im Sinne des § 63 WRG 1959 unzulässige Teilenteignung dar.

Die belangte Behörde ergänzte zunächst das Ermittlungsverfahren und beauftragte die Behörde erster Instanz zu der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Alternativlösung weitere Unterlagen vorzulegen. Insbesondere wäre eine Übersicht über die Lage der genannten Quellen, eine zumindest überschlägige Beurteilung der bei Nutzung dieser Quellen erforderlichen Quellschutzmaßnahmen sowie eine Schätzung der Kosten der Alternativlösung anzugeben. Die Behörde erster Instanz führte sodann am eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durch, holte ein Gutachten des Sachverständigen für Kulturbautechnik ein und gab der Beschwerdeführerin die Möglichkeit, hiezu Stellung zu nehmen. In ihrer Stellungnahme führte die Beschwerdeführerin folgendes aus:

"Wie dem Gutachten zu entnehmen ist, wurde der Gemeinde Gries mit Bescheid des Reichsstatthalters von Tirol und Vorarlberg vom , Zl. Ve2-46/3-1940, die Fassung und Ableitung von vier Quellen an den Hängen des Sattelberges oberhalb Vinaders wasserrechtlich bewilligt. Die Gemeinde Gries hat sich seit dem Jahre 1939 wesentlich vergrößert, sodaß es in der damaligen Zeit nicht notwendig war, das Gebiet am Sattelberg nach allen vorhandenen Quellen zu durchforschen. Es sind weitere Quellen vorhanden, die eine Schüttung ergeben, sodaß der Wasserbedarf der Gemeinde Gries jedenfalls befriedigt werden kann. Im Gutachten des Kulturbauamtes wird eingeräumt, es sei notwendig eine Begehung durchzuführen, um die Kosten für die Fassung und Ableitung der Quellen festzustellen. Bei dieser Gelegenheit wird auch zu ermitteln sein, ob weitere Quellfassungen, als jene im Jahre 1940 erwähnten und bereits bewilligten, vorhanden sind. Das Gutachten des Kulturbauamtes erfaßt jene Quellen nicht, die im sogenannten Lahner vorhanden sind. Auch hier sind weitere Ermittlungen notwendig. Völlig außer acht gelassen wurde bisher, wie hoch der Wasserbedarf der Gemeinde Gries tatsächlich ist. Bisher können die Bewohner der Gemeinde Gries jedenfalls vollständig und ausreichend und ohne Einschränkungen mit Wasser versorgt werden. Diesbezügliche Ermittlungen werden unbedingt notwendig sein und werden hiemit beantragt, um abzuschätzen, ob ein Eingriff in das Eigentumsrecht der Berufungswerberin überhaupt notwendig ist. Die Berufungswerberin erklärt sich damit einverstanden, daß eine weitere Begehung erst nach der Schneeschmelze stattfindet."

Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom wurde der Berufung nicht Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Vergleich der bewilligten Ableitung einer Hangfassung in Vinaders mit anderern für die Mitbeteiligten in Frage kommenden Quellen sei noch ausständig. Das Amt der Tiroler Landesregierung habe nun einen Kartenausschnitt vorgelegt, nachdem insgesamt drei Quellen bzw. Quellengruppen in Frage kämen, nämlich die verfahrensgegenständliche Quelle, die Quellen I bis IV am Nordwesthang des Sattelberges und eine Gruppe von drei Quellen mit dem Namen Kohlgrubenquellen und obere und untere Bachlerbodenquelle. Damit habe das Amt der Tiroler Landesregierung die Einwendungen der Beschwerdeführerin berücksichtigt, die bezüglich zusätzlichen Wasserbedarfes auf den Sattelberg und auf den Niedererberg verwiesen habe. Es dürfte sich bei den als Alternative genannten Quellen um jene Quellen handeln, die zufolge ihrer Höhenlage noch einigermaßen für eine Fassung in Frage kämen. Zu hoch liegende Quellen müßten zwangsläufig ein immer kleiner werdendes Einzugsgebiet haben; somit seien auch bei Niederwasser immer extreme Mindestschüttungen zu erwarten. An den Sattelberg und an den Niedererberg anschließende Berge befänden sich dann bereits eindeutig in einer ungünstigen Lage bezüglich der Mitbeteiligten, d.h. die Zuleitungslängen wüchsen in einer Weise, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wohl überflüssig machen würde. Bei einem Vergleich der Quellen könne vom technischen Bericht aus 1940 und von den Aussagen der Kulturtechnischen Sachverständigen ausgegangen werden. Die Mindestschüttung der bewilligten Quelle betrage 5,5 l/sec. Die Quellen I bis IV hätten mehrmals Schüttungen von nur 0,2 bis 0,4 l/sec (jeweils eine Einzelquelle) und insgesamt einmal eine Mindestschüttung von 1,8 l /sec aufgewiesen. Die Kohl-grubenquelle und die obere und die untere Bachlerbodenquelle hätten Mindestschüttungen von 0,1 bis 0,7 l/sec aufgewiesen (wieder jeweils die Einzelquelle), die Mindestschüttung insgesamt betrage sohin rund 1,1 l/sec. Diese Werte stammten zwar aus unterschiedlichen Zeitabschnitten, der Wert für die bewilligte Quelle aus neuerer Zeit, die Werte für die anderen Quellen aus den Jahren 1939 und 1940. Dies sei aber wegen des offensichtlichen Unterschiedes bereits in der Größenordnung der Schüttung nicht von Bedeutung. Ganz abgesehen von der Möglichkeit, den Bedarf der Mitbeteiligten zu decken, könne von der Fassung der Quellen ausgegangen werden: Quellen mit geringer Schüttung seien nur sehr schwer einwandfrei zu fassen. Daß es bei zu geringem Wasserzudrang auch wesentlich schwerer sei, diesem Wasserzudrang entsprechend nachzugehen, verstehe sich von selbst. Verbunden mit dieser ersteren Schwierigkeit sei die Gefahr, daß im Laufe der Zeit die Fassung vom Wasser dann wieder umgangen werde, d. h. daß die Schüttung in der Fassung zurückgehe. Meist sei dies auch mit einer Verlegung von Teilen der Fassung verbunden. Wesentlich sei in diesem Zusammenhang, daß die Schüttung auch ein Maß für die Größe des Einzugsgebietes sei. Allzu kleine Schüttungen wiesen daher auf kleine und damit auch wenig tiefgründige Einzugsgebiete hin. Dies sei auch hier im Hinblick auf die Beschaffenheit des Wassers von Interesse. Die Quellen mit geringer Schüttung ließen daher auch Wasser erwarten, dessen Beschaffenheit viel mehr gefährdet sei als das Wasser größerer Quellen. Diese Gesichtspunkte würden deswegen bei Beurteilungen relativ selten herangezogen werden, weil sie zwar sicher richtig seien, aber nur schwer in echte Relationen umgesetzt werden könnten. Im Beschwerdefall seien aber die Unterschiede zwischen den Schüttungen derart groß, daß hier eine bloße qualitative Betrachtung ausreiche, um die Vorschläge der Beschwerdeführerin im Interesse der Wasserqualität auszuscheiden. Daraus erhelle nun eindeutig, daß die Voraussetzungen für die Einräumung des umstrittenen Zwangsrechtes durchaus zu bejahen seien, und zwar speziell in der Richtung, daß die bewilligte Wasseranlage im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte zu Lasten der berührten Grundflächen der Beschwerdeführerin überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lasse. Die Mitbeteiligte leide an dem für den Haus- und Wirtschaftsbedarf sowie für öffentliche Zwecke notwendigen Wasser dauernd Mangel und könnte diesen nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen beheben. Durch die Benützung fremden Privatgewässers erwachse der Beschwerdeführerin keine Gefährdung ihres Bedarfes. Auch die generellen Vorbedingungen für die Begründung eines Zwangsrechtes, nämlich daß dafür eine angemessene Entschädigung zuerkannt werde und eine gütliche Übereinkunft nicht erzielt werden könne, seien hier erfüllt, noch dazu weil im umstrittenen Bereich weder Eigengrund noch sonstiger öffentlicher Grund zur Verfügung stehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde. Die Beschwerdeführerin sei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten dadurch verletzt worden, daß der Mitbeteiligten gemäß §§ 9, 11, 13, 21 und 99 WRG 1959 die Wasserbenutzung ihrer auf den Gp. n1 und n2 KG Gries zutage tretenden Privatquelle bewilligt worden sei, des weiteren gemäß § 63 lit. b und § 64 Abs. 1 lit. b WRG 1959 auf diesen Grundstücken die erforderlichen Dienstbarkeiten zur Errichtung und Erhaltung dieser Wasseranlage und zur Ableitung des Wassers aus der Quelle der Beschwerdeführerin eingeräumt worden seien. Die Beschwerdeführerin sei auch dadurch in ihren Rechten verletzt worden, daß im angefochtenen Bescheid die Vorschreibung von Maßnahmen, insbesondere die Vorschreibung von Maßnahmen, insbesondere die Vorschreibung von Quellschutzmaßnahmen und die Vorschreibung eines Quellschutzgebietes nach den einschlägigen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 einem eigenen Verfahren vorbehalten worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Auch die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Blickwinkel der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides vor, daß die belangte Behörde keine Erhebungen darüber angestellt habe, welche Maßnahmen nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 notwendig würden. Es sei in dieser Hinsicht auch eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1501/78, zugrunde liegende Sachverhalt sei nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da damals bereits eine wasserrechtliche Bewilligung vorgelegen sei.

Gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 kann zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen die zur Bewilligung dieser Anlage zuständige Wasserrechtsbehörde - zum Schutz von nichtbewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde - gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen.

Aus dieser Vorschrift ist nicht ersichtlich, daß die besonderen Anordnungen gleichzeitig mit der Bewilligung einer Wasserversorgungsanlage zu treffen sind. Ein derartiger, dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmender Sinn kann der Bestimmung auch ihrem aus dem Gesetz ersichtlichen Zweck nach nicht unterstellt werden, weil anderenfalls erst nach der Bewilligung und Ausführung der Anlage eintretenden oder erkennbar werdenden Gefahren der Verunreinigung oder der Beeinträchtigung der Ergiebigkeit, von einem Fall des § 68 Abs. 3 AVG 1950 abgesehen, nicht mehr begegnet werden könnte. Die Worte "… zur Bewilligung dieser Anlage zuständige Wasserrechtsbehörde ..."

bestimmen die Zuständigkeit aber nicht die Gleichzeitigkeit der Anordnungen im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG 1959. Sie haben aber nicht den Sinn, daß diese Anordnungen nur gleichzeitig mit der wasserrechtlichen Bewilligung der Wasserversorgungsanlage getroffen werden können. Auch eine Interessenabwägung anläßlich der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zwischen den nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 künftig erforderlichen Maßnahmen und den damit verbundenen Eingriffen in die Rechte Dritter sieht das Gesetz nicht vor. Die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1501/78, ausgesprochenen Grundsätze haben daher auch für den hier zur Entscheidung stehenden Fall Gültigkeit. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, das Verfahren zur Erlassung des Bescheides gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 sei deshalb mangelhaft, weil die Voraussetzungen eines einwandfreien Quellschutzgebietes nicht vor Bewilligung der Anlage geprüft worden seien, ist daher durch das Gesetz nicht gedeckt.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften lastet die Beschwerdeführerin dem angefochtenen Bescheid insoweit an, als die belangte Behörde sich mit den Ausführungen des Sachverständigen für Kulturbautechnik über den Wasserbedarf der Mitbeteiligten begnügte. Es seien durchwegs nur gerade Ziffern angegeben worden. Mit dem angegebenen zukünftigen Wasserbedarf der Mitbeteiligten prognostiziere der Sachverständige ein ungehemmtes Wachstum an Bevölkerung und Fremdenverkehr. Der Sachverständige gebe auch keine Begründung für seine je nach Gesichtspunkt optimistischen oder pessimistischen Prognosen. Die Einräumung eines Zwangsrechtes nach § 64 Abs. 1 lit. b WRG 1959 sei nur dann zulässig, wenn die Mitbeteiligte, die dauernd an Wassermangel leide, diesen Mangel nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen aus eigenen Gewässern beheben könne. Die Beschwerdeführerin habe aufgezeigt, daß die Mitbeteiligte aus eigenen Quellen ihren derzeitigen Wasserbedarf decken könne. Dazu komme, daß die Mitbeteiligte über weitere Quellen im sogenannten "Lahner" verfüge. Hierüber habe die belangte Behörde keine Ermittlungen angestellt. Die belangte Behörde hätte auch richtigerweise eine ziffernmäßige Schätzung der Kosten für die Fassung und Ableitung der Quellen der Mitbeteiligten feststellen müssen. Die belangte Behörde habe sich auf allgemeine Feststellungen beschränkt und überdies angeführt, daß auf Grund der geringen Schüttung der der Mitbeteiligten gehörenden Quellen (gemeint am Sattelberg und Niedererberg) zu schließen sei, daß das Wasser in qualitativer Hinsicht nicht genüge. Wenn die belangte Behörde schon derartige Feststellungen treffe, hätte sie im ergänzenden Ermittlungsverfahren diese Gesichtspunkte der Beschwerdeführerin mitteilen müssen, damit sie Gelegenheit habe, diesen Ausführungen sachlich, allenfalls durch Beiziehung eines Sachverständigen, gegenüberzutreten.

Gemäß § 64 Abs. 1 lit. b WRG 1959 kann zu den im Eingang des § 63 bezeichneten Zweck die Wasserrechtsbehörde in dem Maß als erforderlich einer Gemeinde, Ortschaft, Wassergenossenschaft oder einzelnen Ansiedlungen, die an dem für den Haus- und Wirtschaftsbedarf oder für öffentliche Zwecke notwendigen Wasser dauernd Mangel leidet und diesen sonst nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen beheben könnte, die Benutzung eines fremden Privatgewässers gestatten, soweit hiedurch der Bedarf des Benutzungsberechtigten für die gleichen Zwecke nicht gefährdet wird.

Die sachverständige Begutachtung im Verwaltungsverfahren hat ergeben, daß die derzeit benützte Wasserversorgungsanlage der Mitbeteiligten weder genügend Wasser liefert noch der Bauzustand dieser Anlage zufolge des Autobahnbaues den hygienischen Anforderungen entspricht. Der Sachverständige ermittelte den Wasserbedarf auf der Grundlage der heute zu versorgenden 500 Einwohner, 500 Fremdenbetten, 1000 Sitzplätzen in Gasthäusern und 30 Großvieh- und 100 Kleinvieheinheiten mit 456.000 l (5,3 l/sec), während die Schüttung der derzeit gefaßten Quellen bloß rund 5 l/sec ergibt. Damit erweist sich, daß die Mitbeteiligte bereits an einem dauernden Wassermangel leidet. Den künftigen Wasserbedarf rechnete der Sachverständige mit 9 l/sec, wobei er seiner Berechnung 700 Einwohner, 1000 Fremdenbetten und 2000 Sitzplätze in Gasthäusern und die gleiche Anzahl der Vieheinheiten wie zuvor zugrunde legte. Bei Feststellung des Wasserbedarfes von Gemeinden ist auf das Wachsen dieses Verbandes Rücksicht zu nehmen und dieser Bedarf unter Bedachtnahme auf die regelmäßige Fremdenfrequenz und nicht mit Beschränkung auf die ansässige Bevölkerung zu bestimmen. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren die vom Sachverständigen angeführten "runden" Zahlen unbekämpft gelassen hat, kann auch der Verwaltungsgerichtshof in diesen Feststellungen schon deshalb keine Mangelhaftigkeit im Befund des Sachverständigengutachtens erblicken, weil die über 1300 Einwohner zählende Gemeinde - es wurden ohnedies nur etwa die Hälfte der Bewohner für die Rechnung des zukünftigen Wasserbedarfes der Berechnung zugrunde gelegt auch eine "steil aufstrebende Fremdenverkehrsgemeinde" ist, wie die Beschwerdeführerin selbst in der Berufung eingestanden hat.

Die Begutachtung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren aufgezeigten Projektsvarianten, das erforderliche Wasser vom Sattelberg und vom Niedererberg aus gemeindeeigenen Quellen zu beziehen, lautet dahin, daß die Mindestschüttung dieser Quellen nicht ausreiche, den Wasserbedarf der Mitbeteiligten zu decken. Damit war mit ausreichender Klarheit ausgesagt, daß diese Art der Projektsausführung für die Mitbeteiligte bedingen würde, daß sie ihre Projektsabsicht selbst unter Heranziehung des eigenen Gutes nicht verwirklichen könnte. Es bedurfte mithin in dieser Richtung weder einer weiteren Beweisführung noch Ermittlungen über die Frage der unverhältnismäßigen Aufwendungen für die vorgeschlagenen Projektsvarianten. Wenn die belangte Behörde dennoch ein Gutachten von ihrem Sachverständigen für Wasserbautechnik über die Eignung des Quellwassers einholte und sie dieses Gutachten der Beschwerdeführerin nicht zur Stellungnahme vorhielt, so ist dieser Verfahrensmangel, wie eben aufgezeigt, nicht wesentlich.

Die Beschwerdeführerin hat aber auch im Verwaltungsverfahren, nämlich in ihrer Stellungnahme vom vorgebracht, die Mitbeteiligte besitze im sogenannten "Lahner" Quellen, die ihren Wasserbedarf decken könnten. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde gerügt, daß die belangte Behörde auf dieses Vorbringen nicht eingegangen sei. Die belangte Behörde ist tatsächlich auf dieses Vorbringen nicht eingegangen und hat diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, ob nämlich die von der Beschwerdeführerin genannten Quellen überhaupt im Eigentum der Mitbeteiligten stehen und diese für die Verwirklichung des Projektes geeignet sind. Dadurch hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte einer Ergänzung bedarf. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am

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Normen
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §64 Abs1 litb;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1981:1981070104.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-59562