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VwGH 18.10.1982, 3864/80

VwGH 18.10.1982, 3864/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Ausführungen dazu, daß der Erfüllung einer anläßlich einer Betriebsübernahme gegen Versorgungsrenten eingegangenen Verpflichtung zur Erbringung einer weiteren Leistung, und zwar einer Einmalleistung, durch die der Versorgungsrentencharakter nicht in Frage gestellt wird, nicht der Charakter einer Rente oder dauernden Last im Sinne des § 18 Abs 1 Z 1 EStG 1972 zukommt (ähnlich wie hg E zu § 10 Abs 1 Z 1 EStG 1967 vom , 1782/67).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Pokorny, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des GK in K, vertreten durch Dr. Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Feldmarschall-Conrad-Platz 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , Zl. 185/3-II-1980, betreffend Einkommensteuer 1977, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S  2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat von seinem Vater, AK, mit Wirkung ab einen Autoreparatur- und Handelsbetrieb im wesentlichen gegen Zahlung einer monatlichen wertgesicherten Leibrente von S 13.740,-- "zu allen Aktiven und Passiven nach dem in der Bilanz zum festgestellten Buchwert" übernommen. Der über die Betriebsübergabe am aufgenommene Notariatsakt wurde durch einen weiteren, als "Nachtrag" bezeichneten Notariatsakt vom ergänzt.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1977 begehrte der Beschwerdeführer den Abzug einer "Versorgungsrente" in Höhe von S 374.747,-- als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 Einkommensteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 440 (EStG 1972). Das zuständige Finanzamt führte die Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für das Streitjahr zunächst erklärungsgemäß durch. Anläßlich einer im Jahre 1979 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer unter Hinweis auf den Notariatsakt vom fest, daß der Beschwerdeführer neben den Versorgungsrentenzahlungen in Höhe von S 138.428,-- "weitere außervertraglich vereinbarte Rentenzahlungen" an AK in Höhe von S 236.319,-- geleistet habe. Der Betriebsprüfer stellte sich auf den Standpunkt, daß der Beschwerdeführer die letztgenannten Zahlungen außervertraglich und auf freiwilliger Basis geleistet habe und verneinte die Anerkennung als Sonderausgaben.

Das Finanzamt nahm das Verfahren betreffend die Einkommensteuer 1977 sodann gemäß § 303 Abs. 4 Bundesabgabenordnung (BAO) wieder auf und anerkannte bei der damit verbundenen Einkommensteuerfestsetzung - den Feststellungen des Prüfers folgend - nur mehr einen Sonderausgabenbetrag von S 138.438,-- wegen des Vorliegens von Renten bzw. dauernden Lasten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers verfaßten Berufung wurde darauf hingewiesen, daß sich letzterer anläßlich der Betriebsübergabe verpflichtet habe, die steuerliche Nachbelastung auf Grund einer Betriebsprüfung beim "Betriebsübergeber" in Höhe von S 236.319,-- zu tragen. Die Zahlung dieses Betrages könne "selbstverständlich nur als weitere Gegenleistung für die Betriebsübergabe angesehen werden". Der seinerzeitige Vertragswille sei es gewesen, in dieser Höhe eine zusätzliche Rentenleistung zu erbringen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens stellte das Finanzamt fest, daß der Beschwerdeführer die im Anschluß an eine Betriebsprüfung am Abgabenkonto des AK aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von S 236.319,-- (ein Teilbetrag von S 66.940,-- entfalle auf Zeiträume nach der Betriebsübertragung). durch Ratenzahlungen in den Monaten März bis Mai 1977 beglichen habe. Weiters hat das Finanzamt den Beschwerdeführer, AK sowie den Vertragsverfasser Notar Dr. VD zum Inhalt des Notariatsaktes vom sowie zum genauen Inhalt der Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Betriebsübertragung einvernommen. AK und der Beschwerdeführer gaben übereinstimmend an, anläßlich der Betriebsübergabe sei vereinbart worden, daß der Beschwerdeführer auch eventuelle Nachzahlungen, die sein Vater gegenüber den Abgabenbehörden zu leisten habe, übernehmen werde.

In Beantwortung eines Vorhaltes der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer in dem wiederum von seinem Steuerberater verfaßten Schriftsatz vom erstmalig aus, daß die von ihm an AK geleisteten Rentenzahlungen hinter den vereinbarten Rentenleistungen (zuzüglich von Wertsicherungsbeträgen) zurückgeblieben seien. Dies rechtfertige es, auch die Abstattung von Abgabenverbindlichkeiten des AK in Höhe von S 236.319,-- durch den Beschwerdeführer als Renten bzw. dauernde Lasten anzusehen und daher als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Nach Einvernahme des Betriebsprüfers, der angab, als Rechtsgrund für die Zahlung des Betrages von S 236.319,-- sei vom Beschwerdeführer bzw. seinem steuerlichen Vertreter im Zuge der Betriebsprüfung stets eine seinerzeit getroffene mündliche Vereinbarung zwischen den an der Betriebsübergabe beteiligten Vertragsparteien genannt worden, Einholung einer Stellungnahme durch den Beschwerdeführer und Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Unter Abwägung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens gelangte die belangte Behörde zu der Feststellung, daß die Steuerzahlungen des Beschwerdeführers für AK nicht als Nachzahlungen von Renten (einschließlich von Wertsicherungen), wie sie anläßlich des Betriebsüberganges vom Beschwerdeführer im Notariatsakt vom übernommen worden seien, anzusehen wären. Es handle sich vielmehr um die Erfüllung einer bei dieser Gelegenheit zusätzlich (mündlich) übernommenen Verpflichtung, den übergebenen Betrieb betreffende Steuernachforderungen für AK zu tilgen. Die belangte Behörde wertete diese neben laufenden Rentenzahlungen erbrachten Abgabenzahlungen nicht als "Renten oder dauernde Lasten" im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Verwaltungsakten vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 erster Satz EStG 1972 stellen auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die weder Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind noch mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben oder nicht der Einkommensteuer unterliegen, abzugsfähige Sonderausgaben dar. Der zweite Satz dieser Rechtsvorschrift betrifft Renten und dauernde Lasten, die als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet werden, und ist, da im Beschwerdefall der Versorgungscharakter der Rentenleistungen des Beschwerdeführers (auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Abgabenzahlungen für AK) nicht in Streit steht, im Beschwerdefall nicht von Bedeutung.

Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, daß die belangte Behörde nicht auch die Entrichtung von Steuernachforderungen für seinen Vater und Betriebsübergeber AK in Höhe von S 236.319,-- als (in Raten erfolgte) Zahlung von "Renten oder dauernden Lasten" im Sinne der eben erwähnten Rechtsvorschrift angesehen und daher nicht als Sonderausgaben berücksichtigt hat. Der Beschwerdeführer meint, bei richtigem Verständnis des Willens der an der Betriebsübergabe beteiligt gewesenen vertragschließenden Teile dürfe man in seinen Abgabenzahlungen für AK keine von den sonstigen Rentenleistungen gesonderte Leistungen erblicken, vielmehr lägen - je nach dem Hervorkommen von Passiven - unregelmäßige Renten vor bzw. stelle auch eine einmalige Zahlung eine Rente dar. Zumindest sei die belangte Behörde rechtswidrig vorgegangen, wenn sie diese Abgabennachzahlungen für AK nicht insoweit als Sonderausgaben behandelt habe, als der Beschwerdeführer die durch den Notariatsakt vom übernommenen Renten (einschließlich Wertsicherungs-)leistungen tatsächlich nicht erfüllt habe (dem angefochtenen Bescheid zufolge handelt es sich um einen Betrag von S 169.009,02).

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist folgendes entgegenzuhalten:

Bei Renten im steuerrechtlichen Sinn handelt es sich um wiederkehrende, periodische (wenn auch nicht gleichmäßig und in gleichen Abständen anfallende) Leistungen, die auf einem besonderen, einheitlichen Verpflichtungsgrund oder zumindest auf einem einheitlichen Entschluß (somit nicht auf einem immer wieder neu begründeten Anspruch) beruhen und in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen sind. Die Beendigung der Leistungspflicht ist unabsehbar (immerwährende Leistungen) oder mit zukünftigen Ereignissen verbunden, von denen gewiß ist, daß sie eintreten werden, aber ungewiß, wann sie Wirklichkeit werden, sodaß mit den Rentenvereinbarungen (außer dem Risiko, das jeden Gläubiger trifft und das mit der Wahl der Berechnungsgrundlagen verbunden ist, wie Umsatz, Gewinn, Wertsicherungen usw.) ein in den Lebensabläufen der Vertragsteile gegründetes Wagnis verbunden ist: nämlich für den Verpflichteten, daß er gegenüber den Durchschnittserwartungen zu lange zu Zahlungen verhalten sein kann, und für den Berechtigten, daß er gegenüber seinen objektiv gerechtfertigten Erwartungen zu kurze Zeit Bezüge erhalten wird (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung, 3. erweiterte und neubearbeitete Auflage, S. 25 f).

Auch für die Annahme (sonstiger) dauernder Lasten, die nicht als Renten anzusehen sind, ist Voraussetzung, daß auf einem besonderen Verpflichtungsgrund beruhende Leistungen wiederkehrend auf voraussichtlich längere Zeit erbracht werden.

Diesen begrifflichen Voraussetzungen entspricht aber die vom Beschwerdeführer anläßlich der Betriebsübernahme eingegangene Verpflichtung zur Abstattung von bei einer künftigen Betriebsprüfung allenfalls hervorkommenden Abgabenschulden für den Betriebsübergeber nicht, weil es sich hiebei um eine von der ebenfalls übernommenen Rentenverpflichtung gesondert zu betrachtende Leistungsverpflichtung handelt, die für sich weder den Charakter einer Rente noch auch den einer sonstigen dauernden Last aufweist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1782/67, zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 Einkommensteuergesetz 1967, wonach als Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes neben zugesagten Rentenzahlungen geleistete Einmalzahlungen nicht unter den Begriff der "Renten und dauernden Lasten" fallen).

Soweit der Beschwerdeführer behauptet, mit den ratenweisen Abgabenzahlungen für AK seien in Wahrheit Nachzahlungen von rückständigen Renten- bzw. Wertsicherungsbeträgen erfolgt, greift er die Beweiswürdigung der belangten Behörde an. Nun ist die Beweiswürdigung insofern Gegenstand der Nachprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof, als es sich um die Schlüssigkeit des Denkvorganges (vornehmlich um die Übereinstimmung mit den Erfahrungen des Lebens und mit den Denkgesetzen) und darum handelt, ob das Verfahren, das die Unterlagen für die Schlußfolgerungen der Behörde geliefert hat, in gesetzmäßiger Weise abgewickelt wurde oder nicht (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 82/14/0105, 0106, 0121 bis 0125). Der Verwaltungsgerichtshof kann indes nicht finden, daß die belangte Behörde gegen diese Grundsätze verstoßen hätte. Der Beschwerdeführer hat nämlich erst in einer sehr späten Phase des Berufungsverfahrens erstmalig und beweislos die Behauptung aufgestellt, mit der Abgabennachzahlung für AK seien teilweise rückständige Renten- und Wertsicherungsbeträge abgestattet worden. In früheren Stadien des Abgabenverfahrens hat der Beschwerdeführer derartiges nie behauptet, vielmehr stets die Ansicht vertreten, die Abgabenzahlungen für AK seien vereinbarungsgemäßzusätzlich zu den laut Notariatsakt vom übernommenen Rentenzahlungen (einschließlich von Wertsicherungsbeträgen) geleistet worden. Wenn nun die belangte Behörde diesen früheren, durch abgabenrechtliche Auswirkungen noch nicht beeinflußten Ausführungen mehr Glauben geschenkt hat als den späteren Ausführungen des Beschwerdeführers, so liegt darin keine Unschlüssigkeit, insbesondere auch kein Verstoß gegen die Erfahrungen des Lebens, umso mehr, als der Beschwerdeführer in keinem Stadium des Abgabenverfahrens vorgebracht hat, die Vereinbarungen mit seinem Vater seien rückgängig gemacht und durch Verabredungen ersetzt worden, die das nunmehrige Vorbringen als zutreffend erweisen könnten. Unverständlich ist überdies, warum der Beschwerdeführer nicht schon der Feststellung des Betriebsprüfers - der angenommen hat, es läge eine Zahlung auf freiwilliger Basis vor - mit dem Hinweis auf rückständige Renten bzw. Wertsicherungsbeträge begegnet ist; dies gilt auch für weitere Ausführungen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren bis hin zu seiner persönlichen Einvernahme am .

Wenn der Beschwerdeführer letztlich unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften sich auch deswegen in seinen Rechten verletzt erachtet, weil die belangte Behörde seinen Steuerberater nicht persönlich einvernommen hat, so ist auch daraus für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, daß es dem Beschwerdeführer freigestanden wäre, die Einvernahme des Steuerberaters als Zeuge zu beantragen, abgesehen weiters davon, daß die Eingaben des Beschwerdeführers im Abgabenverfahren wohl auch nicht ohne Bedachtnahme auf die Rechtsmeinung seines Steuerberaters verfaßt wurden und immerhin der Beschwerdeführer, AK, der die Notariatsakte verfassende Notar und der Betriebsprüfer einvernommen wurden, ist nicht ersichtlich, inwiefern bei Vermeidung eines darin etwa gelegenen Verfahrensmangels die belangte Behörde zu einer anderen Auffassung über den Willen der an der Betriebsübergabe beteiligten Vertragsparteien hätte gelangen und inwiefern sie also einen anders lautenden Bescheid hätte erlassen können. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde weist in dieser Richtung nicht den geringsten Anhaltspunkt auf.

Auf Grund des Gesagten haftet dem angefochtenen Bescheid die ihm zur Last gelegte Rechtswidrigkeit nicht an. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.

Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, wurde von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221, insbesondere auf Art. III Abs. 2 dieser Verordnung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1980003864.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-59444