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VwGH 26.02.1982, 3805/80

VwGH 26.02.1982, 3805/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
AVG §45 Abs2;
RS 1
Die Auffassung, im Begünstigungsverfahren sei ein Beweis erst dann hergestellt, wenn "weitestgehende Gemeinsamkeiten" zwischen der Aussage des Begünstigungswerbers und der Zeugen bestehe, steht im Widerspruch zu § 45 Abs 2 AVG 1950. Bei Divergenzen in den Beweisergebnissen hat die Behörde zu beurteilen, ob - unter sorgfältiger Berücksichtigung der gesamten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - zufolge dieser Divergenzen eine Tatsache nicht als erwiesen oder auf Grund der größeren inneren Wahrscheinlichkeit eines Teiles der Beweisergebnisse gegenüber anderen doch als erwiesen anzunehmen ist, wobei bei Tatsachenkomplexen die Art und der Stellenwert dieser Divergenzen entscheidend ist.
Normen
ASVG §229 Abs1 Z2;
ASVG §502 Abs1;
ASVG §502 Abs2;
GSVG 1938 §223;
GSVG 1938 §224 Abs1;
RS 2
Aus der regelmäßigen Nichtbefolgung von "persönlichen Weisungen" durch ein nicht auf Grund von familienrechtlichen Verpflichtungen zu Arbeitsleistungen verhaltenes "Familienmitglied" in einem "Betrieb mit Familienmitgliedern" kann - unter Berücksichtigung sonstiger Ermittlungen über die Art der Arbeitserbringung - darauf geschlossen werden, dass die Mitarbeit dieses "Familienmitgliedes" aus bloßer Gefälligkeit oder im Rahmen eines freien Dienstvertrages erfolgt. (Hinweis E 1205/78, E 2922/78).
Normen
ASVG §229 Abs1 Z2;
ASVG §229 Abs1 Z4 lita idF 1973/031;
GSVG 1938 §224 Abs1 Z4;
RS 3
Eine Beschäftigung vor dem in einer OHG, deren Gesellschafter ausschließlich die Eltern und der Ehegatte der Dienstnehmerin waren, ist dem Ersatzzeitentatbestand des § 229 Abs 1 Z 2 ASVG zu unterstellen und kann infolge der Ausnahme dieser Person von der Angestelltenversicherungspflicht nach der im § 229 Abs 1 Z 2 ASVG verwiesenen § 224 Abs 1 Z 4 GSVG 1938 nicht als Ersatzzeit angerechnet werden. Ein solcher Betrieb ist auch kein "elterlicher" Betrieb iSd § 229 Abs 1 Z 4 lit a ASVG idF der 29. Nov; ein solcher liegt nur vor, wenn sämtliche Gesellschafter dem Personenkreis des § 229 Abs 1 Z 4 lit a ASVG angehören.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2864/79 E RS 1
Normen
AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
RS 4
Für den Erweis einer Tatsache sind nicht irgendwelche Beweislastregeln, sondern allein der "innere Wahrheitsgehalt" ausschlaggebend; bei dessen Feststellung hat die Behörde schlüssig iSd Denkgesetze vorzugehen (Hinweis E , 1579/73, VwSlg 8619 A/1974).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Pichler, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde der MT in Z, vertreten durch Dr. Philippine Fischer, Rechtsanwalt in Wien IV, Graf Starhemberggasse 4/22, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 14-T 35/76, betreffend Begünstigung gemäß den §§ 500 ff ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeist-Straße 1), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Rudolf Müller für Rechtsanwalt Dr. Philippine Fischer sowie des Vertreters der belangten Behörde, Obermagistratsrat Dr. Otto Lauer sowie des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Dr. Alfred Kasamas, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 18.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag "wegen Begünstigung und Genehmigung der freiwilligen Weiterversicherung ab dem frühest möglichen Zeitpunkt" mit folgender Begründung: Sie sei am in Wien geboren worden; ihre Eltern seien Juden gewesen. Nach Beendigung der Pflichtschule habe sie die Sprachschule A in W, besucht, und zwar in der Zeit vom Wintersemester 1935 bis zum . Sie habe sich auf die französische Staatsprüfung vorbereitet, sei aber zu dieser - sie habe im Juni 1938 abgelegt werden sollen - als Jüdin nicht mehr zugelassen worden. Sie habe im Juni 1938 Österreich verlassen müssen und sei nicht mehr zurückgekehrt.

In dem über Aufforderung der mitbeteiligten Partei von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Formular "Versicherungs- und Beschäftigungsverlauf" führte die Beschwerdeführerin unter anderem an, sie habe von September 1935 bis März 1938 die Sprachschule A besucht, sei von März bis in Wien sowie vom 29. Juni bis November 1940 in Palästina arbeitslos gewesen und sei vom bis Jänner 1945 in verschiedenen Cafehäusern in Haifa als "Accordeonistin" tätig gewesen.

Mit Schreiben vom teilte der Stadtschulrat für Wien mit, die Sprachschule A habe das Öffentlichkeitsrecht nicht besessen.

Mit Bescheid vom lehnte daraufhin die mitbeteiligte Partei die beantragte Begünstigung für die Zeit vom bis  mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin habe in der Zeit seit dem weder Beitrags- noch Ersatzzeiten aufzuweisen, ohne dies - insbesondere im Hinblick auf das genannte Schreiben des Stadtschulrates für Wien - näher zu begründen.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch warf die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Partei vor, sie habe ihre Behauptung, drei volle Jahre lang die mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Sprachschule A besucht zu haben, nicht geprüft. In ihren Repliken zur Stellungnahme der mitbeteiligten Partei zum Einspruch, in dem diese auf das Schreiben des Stadtschulrates für Wien vom hinwies, führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe nach Beendigung der vierten Klasse des Realgymnasiums in Wien 8 ab August 1934 im Unternehmen ihres Vaters, der Firma Brüder B, Groß- und Kleinhandel mit technischen Bedarfsartikeln in W, C-straße 27, als Angestellte gearbeitet. Sie habe ihre Angestelltentätigkeit deshalb im erstinstanzlichen Verfahren nicht erwähnt bzw. ihrem Anwalt diesbezüglich keine Informationen gegeben, weil diese Tätigkeit im väterlichen Betrieb nicht ihren Zukunftsplänen entsprochen habe. Sie habe den Wunsch gehabt, Sprachlehrerin zu werden, ihr Vater sei aber mit diesem Wunsch nicht einverstanden gewesen. Er habe gewollt, daß sie ebenso wie ihr Bruder im väterlichen Unternehmen bis zu ihrer Heirat arbeite. Sie sei zunächst ganztägig beschäftigt gewesen, und zwar ursprünglich mit einfachen Kanzleiarbeiten, z.B. dem Abschreiben von Warenlisten, Adressieren von Briefen, Sortieren und Einordnen von Waren sowie Botengängen aller Art. Im Laufe eines Jahres habe sie sich eine gute Fertigkeit im Maschinschreiben angeeignet, sodaß sie Briefe, Rechnungen und Mahnungen an Kunden habe schreiben können. Wegen ihrer pflichtgetreuen und ordentlichen Arbeit habe sie ein monatliches Gehalt bezogen und habe dann ab Herbst 1935 die Sprachschule A besuchen dürfen. Es sei an drei Tagen in der Woche vormittags Unterricht gewesen. Neben der Schule habe sie aber weiterhin in der Firma arbeiten müssen, und zwar jeweils am Nachmittag ab 13.00 Uhr. Sie sei dann bis 18.00 Uhr, oft auch bis 19.00 Uhr, beschäftigt gewesen, manchmal auch noch später. Am Samstag habe sie bereits um 8.00 Uhr früh erscheinen müssen. Ihre Arbeitszeit in der Zeit vom August 1934 bis zum September 1935 sei von 8.00 Uhr früh bis 6.00 Uhr abends, mit einer einstündigen Mittagspause, gewesen. Sie erinnere sich, daß ihr letztes Gehalt in der Firma S 150,-- monatlich betragen habe. Sie beantrage, diese Zeit als Ersatzzeit anzuerkennen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. In der Begründung wird nach Wiedergabe des Einspruchsvorbringens sowie der Ermittlungsergebnisse (der eidesstattlichen Erklärungen der DE, der FG, des XB, des IK, LM, der Zeugenaussagen des LM, des NO, des PQ, des RS, des TU sowie des VW, sowie der Aussagen der Beschwerdeführerin, des XB, des YZ sowie der DE sowie der abschließenden Stellungnahmen der Parteien zum Ermittlungsverfahren und Zitierung des § 502 Abs. 4 ASVG ausgeführt, es seien die Voraussetzungen des Erwerbes einer angestrebten Vorversicherungszeit immer nach dem tatsächlichen innerbetrieblichen Erscheinungsbild des Betroffenen und den objektivierten Arbeitsbedingungen am damaligen Arbeitsplatz, demnach schlechthin nach den tatsächlichen Verhältnissen der Arbeitserbringung, zu überprüfen. Nicht jede Arbeitserbringung, sei sie nun geistiger oder manueller Natur, habe automatisch die Voraussetzungen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in sich getragen. Die Arbeitserbringung an sich könne nur auslösender Faktor sein; um aber die Versicherungspflicht nach den damaligen Vorschriften auszulösen, müßten bestimmte Merkmale erwiesenermaßen die Arbeitserbringung prägen. Dazu gehörten nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem der aus dem innerbetrieblichen Erscheinungsbild des Betroffenen abzuleitende Umstand, daß der damalige Beschäftigte habe gehalten sein müssen, auf Grund vorgegebener Arbeitsbindungen und einer allgemein verbindlichen Betriebsordnung bestimmte tägliche Arbeitszeiten einzuhalten, und dieserart der freien Verfügungsmacht über die ihm zu Gebote stehende Tagesarbeitszeit habe benommen gewesen sein müssen. Hiezu trete das Erfordernis, daß ein übergeordneter Dienstgeber in Ausübung seiner Dienstgeberhoheit dem Tätigen unter allen Umständen verbindliche Weisungen erteilt habe, die der Beschäftigte bei sonstigen Disziplinarfolgen, bis zur Entlassung, zu befolgen gehabt habe. Aus der Sanktionsbedrohtheit der Nichtbefolgung der Weisungen habe sich die disziplinäre Verantwortlichkeit für die am Arbeitsplatz erbrachte Arbeitsleistung zu ergeben und schließlich sei nachzuweisen, daß der Betroffene für seine Tätigkeit entlohnt worden sei. Schließlich habe der Betroffene nachzuweisen, daß ihm die damalige Beschäftigung auch in wirtschaftliche Abhängigkeit vom jeweiligen Dienstgeber gebracht habe, was bedeute, daß er gehalten gewesen sei, den überwiegenden Teil der ihm zur Verfügung gestandenen Arbeitskraft und Arbeitszeit einem fremdbestimmten Arbeitszweck zu widmen.

Daraus ergebe sich, daß die Grundvoraussetzungen zur Erlangung von Versicherungszeiten für inländische Versicherte und im Ausland lebende Begünstigungswerber dem Willen des Gesetzgebers nach, abgesehen von einigen Modifikationen formaler Natur, völlig gleich seien. Schon dem Gesetzestext nach habe der Begünstigungswerber für seine ins Treffen geführten Vorversicherungszeiten den objektiven Nachweis zu erbringen, daß eben diese Zeiten, auf welche das Begünstigungsbegehren gestützt werde, die dem Gesetz nach erforderlichen Merkmale an sich trügen, und könne dieserart der Nachweis nur als erbracht gelten, wenn zwischen den Angaben des Betroffenen selbst und der von ihm bzw. auch von der Anstalt für den Standpunkt geführten Zeugen weitestgehende Gemeinsamkeiten in den bekundeten Fakten ersichtlich seien. Bevor auf den Inhalt der Parteien- und Zeugenaussagen eingegangen werde, sei vorweggenommen, daß schon in der von der Beschwerdeführerin betriebenen Konzeption des Gesamtverfahrens große Divergenzen vorhanden seien. Wenn sie nämlich während des gesamten Anstaltsverfahrens und auch noch zu Beginn des Einspruchsverfahrens ihren Begünstigungsanspruch einzig und allein auf eine Schulzeit gestützt und diese Zeit zusätzlich noch durch eine Zeugenerklärung belegt habe sowie in Versicherungs- und Beschäftigungsverlauf die erst in der Gegenäußerung aufgestellte Behauptung, sie habe im väterlichen Betrieb gearbeitet, überhaupt nicht erwähnt habe, so komme diesem Vorgehen keine andere Bedeutung als die eines hilfsweisen Versuches zu, ein nach Erhalt des negativen Vorlageberichtes der Anstalt bereits verloren geglaubtes Begünstigungsverfahren durch "In-den-Raum-Stellung" vorher niemals vorgebrachter Fakten doch noch zu einem positiven Abschluß zu bringen. Eine andere Erklärung für dieses Vorgehen sei schon im Hinblick auf die im Laufe des Einspruchsverfahrens inhaltlich wechselnden (und überdies untauglichen) Erklärungsversuche der Beschwerdeführerin für dieses Verhalten nicht möglich. Es könne daher der Mutmaßung der mitbeteiligten Partei, die Beschwerdeführerin könnte auf Grund ihres jugendlichen Alters damals überhaupt keine versicherungsrechtlich relevante Beschäftigung ausgeübt haben, eine gewisse Berechtigung keinesfalls abgesprochen werden. Aus einer Analyse der Parteien- und Zeugenaussagen ergebe sich im weiteren folgendes Bild: Hinsichtlich des Erfordernisses einer fixen täglichen Arbeitszeit führe die Beschwerdeführerin an, zwischen 1934 und 1935 zwischen 8.30 Uhr und 18.00 Uhr, ab September 1935 dreimal wöchentlich nur von 15.00 bis 18.00 Uhr gearbeitet zu haben. Der Hauptzeuge der Beschwerdeführerin, LM, mache darüber in seiner Erklärung vom keinerlei Angaben, in seiner ersten Einvernahme am spreche er von einer ganztägigen Arbeitszeit von 8.00 bis 18.00 Uhr, in der Verhandlung vom sage er, seiner Erinnerung nach habe er die Beschwerdeführerin den ganzen Tag in der Firma gesehen, während er in der Niederschrift vom vorbringe, er habe die Beschwerdeführerin oft im Geschäft gesehen und sei es möglich, daß diese während des Schulbesuches vormittags nicht im Betrieb gewesen sei. Der Zeuge YZ hingegen habe in seiner schriftlichen Erklärung, die allgemein gehalten gewesen sei, über die Arbeitszeit der Beschwerdeführerin überhaupt keine Angaben gemacht, habe jedoch vor der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe im ersten Jahr ganztägig, ab 1935 nur halbtägig, und zwar am Vormittag zwischen 8.00 und 12.00 Uhr oder 12.30 Uhr gearbeitet. XB wiederum habe angegeben, die Beschwerdeführerin habe vormittags eine Schule in der D-gasse besucht, und habe nachmittags regelmäßig bis 19.00 Uhr gearbeitet. Während die Zeugin DE in ihrer schriftlichen Erklärung von einer anfänglich ganztägigen Beschäftigung, ab 1935 halbtägigen Beschäftigung gesprochen habe, habe sie vor der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde erklärt, nichts anderes zu wissen, als daß die Beschwerdeführerin Büroarbeit verrichtet habe. Von einer anfangs ganztägigen, später halbtägigen Beschäftigung sprächen die Zeugen FG, HB und IK in ihren Erklärungen. Nach den Bekundungen des Zeugen NO sei die Beschwerdeführerin überhaupt nicht im Betrieb tätig gewesen, nach den Aussagen des PO und des VW erst ab 1936 oder 1937 als "fallweise Aushilfe". Somit stehe fest, daß die Parteien- und Zeugenaussagen in der Frage der Arbeitszeit vom Bestand einer bestimmten, täglichen Arbeitszeit, über "Vormittags- (überkreuzend mit dem Besuch der Sprachschule A) oder Nachmittagshalbtagsarbeit, fallweiser Beschäftigung bis zur Nichtanwesenheit im Betrieb" reichten. Es könne daher schon von dieser Warte aus unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die überwiegende Zahl der Zeugen im fraglichen Zeitraum zwischen 1934 und 1938 im Betrieb der Firma B tätig gewesen sei, eine tatsächliche arbeitszeitgebundene Arbeitserbringung der Beschwerdeführerin im Betrieb B nicht als erwiesen angenommen werden, da die Angaben der Zeugen diesbezüglich in keiner Weise - auch nur hinsichtlich des Beginnes und des Endes der Arbeitszeit - in Übereinstimmung gebracht werden könnten. Aber auch hinsichtlich des tatsächlichen Beschäftigungsbildes reichten die Angaben der Beschwerdeführerin und der Zeugen von mit Hilfsarbeiten beschäftigter Schreibkraft, Buchhaltungsgehilfin - Angabe des Zeugen YZ, der dann aber vor der österreichischen Vertretungsbehörde ausgesagt habe, er habe die Beschwerdeführerin nur als Hilfe betrachtet, fixe Ausbildungszeit habe es nicht gegeben, die Beschwerdeführerin habe nur mit ihm mitgearbeitet und das Erlernte nicht berufsmäßig verwerten können -

bis zur Führung der Geschäftskorrespondenz nach einem Jahr, aber gleichzeitig auch Arbeit in Form der Versendung von Prospekten. Im Zusammenhang mit der Angabe des Zeugen NO, im Büro habe es nur eine Schreibmaschine gegeben, diese habe er selbst für die Korrespondenz benutzt, und der Aussage des VW, der die Beschwerdeführerin bei der Stehkasse im Verkaufsraum aushelfen gesehen haben wolle, könne auch diesbezüglich die Ausübung irgend einer bestimmten geschäftlichen Tätigkeit durch die Beschwerdeführerin nicht als erwiesen angenommen und auch nicht eine gewisse Regelmäßigkeit darin erblickt werden, wobei die Parteien- und Zeugenangaben wiederum nicht in Richtung auf die Ausübung einer in ihren überwiegenden Merkmalen untergeordneten Tätigkeit - nicht der Ausübung irgend einer Tätigkeit an sich - in Übereinstimmung zu bringen gewesen seien.

Die Vermutung der Anstalt, es habe auf Grund der divergierenden Aussagen möglicherweise überhaupt keine, bestenfalls aber nur eine familienhafte Tätigkeit stattgefunden, sei daher ebensowenig von der Hand zu weisen wie die Unterlassung der Anführung dieser Beschäftigung im Versicherungsverlauf die Richtigkeit der aufgezeigten Vermutung der Anstalt eher bestätige als im Sinne der Beschwerdeführerin widerlege. Weisungen sollten vom Vater der Beschwerdeführerin bzw. von YZ erteilt worden sein; daß diese Weisungen, welcher Art immer sie gewesen sein mögen, bei Nichtbefolgung, wie einem familienfremden Betriebsangehörigen zukommend, Disziplinarfolgen nach sich hätten ziehen können, sei nicht hervorgekommen. Für das Entstehen der Versicherungspflicht sei hiedurch ebenfalls nichts erbracht, da die Qualifizierung von Anweisungen irgendwelcher Art eben zur Weisung unter Disziplinarfolgen in einem Betrieb mit Familienmitgliedern nur möglich sei, wenn Einzelheiten über die Art der Weisungen hervorgekommen seien, die jedoch weder die Beschwerdeführerin noch weniger die Zeugen bekundet hätten. Selbst in der Frage der Entgeltlichkeit - darüber habe Näheres nur die Beschwerdeführerin ausgesagt - seien höhenmäßige Divergenzen - zuerst S 150,-- (alt), gegen Ende des Einspruchsverfahrens zu Beginn der Tätigkeit S 100,-

- (alt), dann S 70,-- (alt), gegen Ende der Tätigkeit S 150,-- (alt) - aufgetreten, sodaß auch diesbezüglich eine exakte Bestimmung, welche Entgelte die Beschwerdeführerin tatsächlich erhalten habe, nicht im Bereich der Möglichkeit liege und auch im Zusammenhang damit, daß im Gesamtbild der Ermittlungen keine Eindeutigkeit dahingehend eingetreten sei, ob nun tatsächlich in Form des Eintrittes wirtschaftlicher Gebundenheit die Beschwerdeführerin gehalten gewesen sei, die ihr zu Gebote stehende Arbeitskraft und Arbeitszeit im überwiegenden Maß dem Arbeitszweck der Firma B zu widmen, in einer alle Zweifel ausschaltenden Weise vorliegen würde. Auffällig sei auch, daß die Firma B im fraglichen Zeitraum ihren Meldeverpflichtungen, den Unterlagen der zuständigen Versicherungsträger nach, offensichtlich ordnungsgemäß nachgekommen sei und sohin im gegebenen Fall der Frage des Fehlens einer Meldung der Beschwerdeführerin zur Sozialversicherung sehr wohl Bedeutung zukomme, weil nicht erklärlich sei, warum eine sonst ihren Meldeverpflichtungen Genüge leistende OHG nur eben dieses eine beschäftigte Familienmitglied nicht angemeldet haben sollte. Da vom finanziellen Standpunkt gesehen die Einsparung von Beiträgen für nur ein einzelnes Betriebsmitglied keine nachhaltige Wirkung zeitigen könne und ein derartiges Vorgehen im Hinblick auf die im übrigen offensichtlich ordnungsgemäße Führung der Meldeagenden durch die Firma B auszuschließen sei, sei auch dieser Umstand ein weiterer starker Hinweis dafür, daß die Beschwerdeführerin in der Firma B bestenfalls in einer Weise tätig geworden sei, die eben keine Versicherungspflicht begründet habe. Was die "Anzweiflung der Aussage des Zeugen" NO durch die Begünstigungswerberin betreffe, sei hervorgehoben, daß der Genannte der belangten Behörde anläßlich seiner Vernehmung - abgesehen von einer offenbar erkrankungsmäßig bedingten halbseitigen Lähmung - einen durchaus normalen Eindruck hinterlassen habe und auch eindringlich zur Wahrheit ermahnt worden sei. Nur aus dem Umstand, daß er gegenüber der Familie der Beschwerdeführerin vor beinahe 45 Jahren offenbar ein Fehlverhalten an den Tag gelegt habe, und daraus, daß ihn die Beschwerdeführerin von ihrem Standpunkt aus auch verständlicherweise in wahrscheinlich kränkender Form anläßlich des zufälligen Zusammentreffens ignoriert habe, ihm eine falsche Zeugenaussage als Rache zu unterstellen, sei nicht zwingend anzunehmen. Daher könne auch der mitbeteiligten Partei nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Aussage des Zeugen NO gleich den übrigen Aussagen gewertet wissen wolle. Es sei noch darauf hinzuweisen, daß selbst das behauptete Faktum objektiver Unrichtigkeit aus dem strittigen Schulbesuch in der Aussage des Zeugen NO deswegen nicht vorliege, weil nicht auszuschließen sei, daß die Beschwerdeführerin im damaligen Alter von 15 Jahren zum Zweck des Besuches der Sprachschule A eine für die notwendigen Schulutensilien bestimmte Schultasche, möglicherweise in Form einer Aktentasche, getragen habe und der Zeuge NO sie mit eben dieser Tasche im Betrieb gesehen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei beantragten die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung - erwogen:

1. Die im § 502 Abs. 1 und 4 ASVG in der Fassung der 19. und 29. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 67/1967 und Nr. 31/1973, vorgesehene begünstigte Erwerbung von Anwartschaften und Ansprüchen für Zeiten (unter anderem) einer aus politischen Gründen - außer wegen nationalsozialistischer Betätigung - der religiösen Gründen oder aus Gründen der Abstammung veranlaßten Arbeitslosigkeit (Abs. 1) oder Auswanderung (Abs. 4) setzt voraus, daß der Begünstigungswerber in der Zeit seit dem Beitragszeiten gemäß § 226 leg. cit. oder Ersatzzeiten gemäß §§ 228 oder 229 leg. cit. zurückgelegt hat.

Gemäß § 229 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. gelten als Ersatzzeiten aus der Zeit vor dem in der Pensionsversicherung der Angestellten die vor dem und nach Vollendung des 15. Lebensjahres gelegenen Zeiten einer Beschäftigung als Angestellter, während derer nach dem Stande der Vorschriften vom ... die Pflichtversicherung in der Angestellten(Pensions)versicherung begründet wurde, soweit sie nicht schon als Beitragszeiten zählen.

Als solche Vorschriften nach dem Stande vom ist unter anderem § 223 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes 1938, BGBl. Nr. 1 (GSVG 1938), heranzuziehen. Darnach war nach den für die Angestelltenversicherung geltenden Vorschriften dieses Gesetzes versicherungspflichtig (angestelltenversicherungspflichtig) und für die Fälle der Krankheit, der Berufsunfähigkeit, des Alters und des Todes sowie für die Folgen eines Dienstunfalles versichert (angestelltenversichert), wer im Inland bei einem oder mehreren Dienstgebern vorwiegend zu den dort genannten Diensten angestellt war.

Nach § 224 Abs. 1 GSVG 1938 waren von der

Angestelltenversicherungspflicht ausgenommen ... 4. die ehelichen

(legitimierten) Kinder, Wahl- und Stiefkinder sowie die ehelichen Enkel des Dienstgebers, die unehelichen Kinder eines weiblichen Dienstgebers, die Eltern, Großeltern sowie der Gatte (die Gattin) des Dienstgebers. Handelte es sich bei dem betreffenden Betrieb, so wie im Beschwerdefall, um den Betrieb einer offenen Handelsgesellschaft, so hing die Versicherungspflicht des darin Beschäftigten nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob an der Gesellschaft ausschließlich Personen aus dem Kreis der im § 224 Abs. 1 Z. 4 GSVG 1938 genannten nahen Angehörigen als Gesellschafter beteiligt oder ob solche Personen nur neben Außenstehenden beteiligt waren; im erstgenannten Fall, in dem alle Gesellschafter dem Personenkreis des § 224 Abs. 1 Z. 4 GSVG 1938 angehörten, wurde die Angestelltenversicherungspflicht verneint, im zweitgenannten bejaht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2864/79, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Da im Beschwerdefall an der Firma Gebrüder B, einer OHG, unbestritten nicht nur Personen aus dem Kreis der in § 224 Abs. 1 Z. 4 GSVG 1938 genannten nahen Angehörigen der Beschwerdeführerin beteiligt waren, steht jedenfalls diese Bestimmung der Annahme einer angestelltenversicherungspflichtigen Tätigkeit nach den relevanten gesetzlichen Bestimmungen nicht entgegen.

Ausschlaggebend ist daher, ob die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Betrieb der Firma Gebrüder B nach Vollendung ihres 15. Lebensjahres, also ab dem , als angestelltenversicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 223 GSVG zu werten ist.

Die Angestelltenversicherungspflicht setzte vor allem den Bestand eines Angestelltenverhältnisses voraus. Es war nur derjenige versicherungspflichtig, der zu den bestimmt genannten Diensten "angestellt" war, d. h. wenn er nach den Umständen des Falles diese Dienste im Betrieb des Dienstgebers auf Grund von Dienstverträgen und nicht etwa im Rahmen eines eigenen Betriebes oder seiner selbständigen Beschäftigung oder ohne Vorliegen eines (freien) Dienstvertrages leistete (vgl. Kerber, Die gewerbliche Sozialversicherung, Seite 337, 338).

Nach der damaligen Rechtslage waren Merkmale, aus deren Vorhandensein auf das Vorliegen eines Angestelltenverhältnisses geschlossen wurde, unter anderem ein Verfügungsrecht des Dienstgebers über die zeitliche Inanspruchnahme des Dienstnehmers, ein Bestimmungsrecht des Dienstgebers hinsichtlich der Art, in der die Tätigkeit verrichtet wurde, eine Bindung des Dienstnehmers an disziplinäre Verantwortlichkeit und eine engere Eingliederung in den Betriebsorganismus; Erfolg und Risiko der Tätigkeit des Dienstnehmers wirkten sich in erster Linie auf seiten des Dienstgebers aus und nur mittelbar auch auf den Dienstnehmer (vgl. Kerber, a.a.O., Seite 338).

2. Die belangte Behörde vertritt, wie ausgeführt, in der

Begründung des angefochtenen Bescheides die Rechtsauffassung, der

Begünstigungswerber habe "für seine ins Treffen geführten

Vorversicherungszeiten den objektiven Nachweis zu erbringen, daß

eben diese Zeiten ... die dem Gesetze nach erforderlichen Merkmale

an sich tragen" und könne "dieserart der Nachweis nur als erbracht

gelten, wenn zwischen den Angaben des Betroffenen selbst und der

von ihm bzw. auch von der Anstalt für ihren Standpunkt geführten

Zeugen weitestgehende Gemeinsamkeiten in den bekundeten Fakten

ersichtlich sind". Offensichtlich in Anwendung dieser These kommt

die belangte Behörde zum Ergebnis, es sei "eine tatsächliche

arbeitszeitgebundene Arbeitserbringung" der Beschwerdeführerin

nicht als erwiesen anzunehmen, da "die Angaben der Zeugen

diesbezüglich in keiner Weise - auch nur hinsichtlich des Beginnes

und des Endes der Arbeitszeit - in Übereinstimmung gebracht werden

können"; die "Ausübung irgend einer bestimmten geschäftlichen

Tätigkeit" durch die Beschwerdeführerin könne auch deshalb nicht

als erwiesen angenommen werden, da "die Parteien- und

Zeugenangaben wiederum nicht in Richtung auf die Ausübung einer in

ihren überwiegenden Merkmalen untergeordneten Tätigkeit ... in

Übereinstimmung zu bringen waren"; wegen der "höhenmäßigen

Divergenzen" "in der Frage der Entgeltlichkeit" sei auch

"diesbezüglich eine exakte Bestimmung ... nicht im Bereich der

Möglichkeit" gelegen.

Diese Rechtsauffassung steht, wie die Beschwerdeführerin mit Recht betont, mit dem anzuwendenden Verfahrensrecht in Widerspruch. Denn weder aus den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Begünstigungsrechtes noch aus dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 kann abgeleitet werden, daß "der Nachweis nur als erbracht gelten" kann, wenn zwischen den Angaben

des Betroffenen selbst und der ... Zeugen weitestgehende

Gemeinsamkeiten in den bekundeten Fakten ersichtlich sind". Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde vielmehr unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Das bedeutet, daß für den Erweis einer Tatsache nicht irgendwelche Beweislastregeln (auch nicht jene der "weitestgehenden Gemeinsamkeiten" zwischen Beweisergebnissen), sondern allein der "innere Wahrheitsgehalt" der Ergebnisse ausschlaggebend ist; bei der Feststellung dieses inneren (materiellen) Wahrheitsgehaltes hat die Behörde schlüssig im Sinne der Denkgesetze vorzugehen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts2, Seite 106; u. a. Erkenntnis des Verwatungsgerichtshofes vom , Slg 8619/A). Divergenzen in den Beweisergebnissen befreien die Behörde aber nicht von der ihr obliegenden Beurteilung, ob nun - unter sorgfältiger Berücksichtigung der gesamten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - zufolge dieser Divergenzen eine Tatsache nicht als erwiesen oder auf Grund der größeren inneren Wahrscheinlichkeit eines Teiles der Beweisergebnisse gegenüber anderen doch als erwiesen anzunehmen ist. Bei dieser Beurteilung wird, insbesondere bei Tatsachenkomplexen, wie die Beschwerdeführerin richtig darlegt, die Art und der Stellenwert dieser Divergenzen (im Kern- oder Randbereich des Tatsachenkomplexes, Berücksichtigung des zeitlichen Abstandes zwischen Aussage und Ereignis usw.) entscheidend sein. Rechtsirrig ist aber jedenfalls die von der belangten Behörde vertretene grundsätzliche Auffassung, im Begünstigungsverfahren sei ein Beweis erst dann hergestellt, wenn "weitestgehende Gemeinsamkeiten" zwischen der Aussage des Begünstigungswerbers und der Zeugen bestehe. Schon auf Grund dieser rechtswidrigen Auslegung des § 45 Abs. 2 AVG 1950, die auch, wie dargelegt, dadurch in die konkrete Beweiswürdigung hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin einzuhaltenden Arbeitszeit, der Art ihrer Arbeitserbringung sowie des Entgeltsbezuges eingeflossen ist, daß sie eine Beurteilung der in Teilfragen divergierenden Beweisergebnisse im Sinne der obigen Darlegungen zu § 45 Abs. 2 AVG 1950 verhinderte, und der daher auch Relevanz zukommt, da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei richtiger Anwendung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Gegen die Annahme der Relevanz dieses Rechtsirrtums spricht nicht der Umstand, daß nach Auffassung der belangten Behörde dem "Vorgehen" der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren (nämlich dem Umstand, daß sie zunächst als Vorversicherungszeit nur ihren Schulbesuch und erst später die Tätigkeit im Betrieb der Firma Gebrüder B heranzog) "keine andere Bedeutung" zukommen soll als "die eines hilfsweisen Versuches, ein nach Erhalt des negativen Vorlageberichtes der Anstalt bereits verloren geglaubtes Begünstigungsverfahren durch "In-Den-Raum-Stellung" vorher niemals vorgebrachter Fakten doch noch zu einem positiven Abschluß zu bringen". Denn, mag diesem Argument auch bei der Beweiswürdigung, also im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Beweisergebnisse, Bedeutung zukommen, so doch nicht als Haupt-(oder sogar alleiniges) Argument für die Unglaubwürdigkeit aller sonstigen Beweisergebnisse, die das Bestehen eines Angestelltenverhältnisses der Beschwerdeführerin erweisen könnten (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Z1. 3331/79) . Das gilt auch für die Unterlassung der Anmeldung der Beschwerdeführerin zur Sozialversicherung durch die Firma Gebrüder B (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2344/79).

3. Rechtsirrig ist aber auch die zur Frage der Bindung der Beschwerdeführerin an disziplinäre Verantwortlichkeit vertretene Auffassung, die Qualifizierung von Anweisungen irgend welcher Art als "Weisung unter Disziplinarfolgen in einem Betrieb mit Familienmitgliedern" sei nur möglich, wenn Einzelheiten über die Art der Weisungen hervorgekommen seien, und es sei für die Annahme eines Angestelltenverhältnisses erforderlich, "daß ein übergeordneter Dienstgeber in Ausübung seiner Dienstgeberhoheit dem Tätigen unter allen Umständen verbindliche Weisungen erteilt hatte, die der Beschäftigte bei sonstigen Disziplinarfolgen, bis zur Entlassung, zu befolgen hatte". Denn erstens ist für die Annahme eines Angestelltenverhältnisses nicht zwingend, daß der Dienstgeber der beschäftigten Person tatsächliche Weisungen erteilt. Ein Angestelltenverhältnis kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn entweder die Arbeitsbedingungen, die die Bestimmungsfreiheit dieses Angestellten weitgehend einschränken, bereits im Arbeitsvertrag so umfassend festgelegt wurden, daß bei gegebenem Produktionsablauf persönliche Weisungen einfach überflüssig werden, oder, wie insbesondere bei der Zurverfügungstellung der gesamten Arbeitskraft für Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten verlangen, wenn schon durch die Art der Tätigkeit Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsablauf praktisch so fixiert sind, daß sie nicht mehr wesentlich beeinflußt werden können (vgl. Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht I, Seite 19), somit dem Dienstgeber nur die "stille Autorität" zukommt (vgl. Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrages, Seite 68 ff mit Judikaturhinweisen). Richtig ist zwar zweitens, daß die Art der (von einem Beschäftigten regelmäßig befolgten) Weisungen ein Indiz für das Beschäftigungsverhältnis darstellen kann, da die "persönlichen" Weisungen, die die Arbeitszeit, den Arbeitsort und den Arbeitsablauf betreffen, im Gegensatz zu den bloß "sachlichen", das Arbeitsergebnis betreffenden Weisungen auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses hinweisen; richtig ist auch, daß in einem "Betrieb mit Familienmitgliedern" (selbst wenn ein "Familienmitglied" nicht auf Grund familienrechtlicher Verpflichtungen zu Arbeitsleistungen verhalten ist) aus der regelmäßigen Nichtbefolgung von persönlichen Weisungen - unter Berücksichtigung sonstiger Ermittlungen über die Art der Arbeitserbringung - darauf geschlossen werden kann, daß die Mitarbeit dieses Familienmitgliedes aus bloßer Gefälligkeit oder im Rahmen eines freien Dienstvertrages erfolgt (vgl. dazu Erkenntnisse vom , Zl. 1205/78, und vom , Zl. 2922/78). Die apodiktische These der

belangten Behörde (" ... nur möglich ... ") geht darüber aber hinaus.

4. Da somit der angefochtene Bescheid aus den angeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §229 Abs1 Z2;
ASVG §229 Abs1 Z4 lita idF 1973/031;
ASVG §502 Abs1;
ASVG §502 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GSVG 1938 §223;
GSVG 1938 §224 Abs1 Z4;
GSVG 1938 §224 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Schlagworte
freie Beweiswürdigung
Sachverhalt Beweiswürdigung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1980003805.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-59436