VwGH 28.04.1981, 3725/80
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy , über die Beschwerde des Dr. PK und der mag.pharm. EK, beide in W, beide vertreten durch Dr. Ingrid Huber, Rechtsanwalt in Graz, Lendkai 67, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. III/1-18.297/7-80, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 3.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Marktgemeinde X brachte am bei der Bezirkshauptmannschaft Krems zur Anzeige, dass die Beschwerdeführer auf ihren Grundstücken Gp. n1 und n2, KG X, gartenseitig eine Einfriedung errichtet und diese Einfriedung in den Überschwemmungsbereich des Kremsflusses hinein verlängert hätten. Die Einfriedung behindere im Hochwasserfall den ordnungsgemäßen Abfluss der Kremswässer und stelle somit eine Gefahr dar. Die Bezirkshauptmannschaft Krems holte ein Gutachten des Amtssachverständigen für Hydrographie ein, der darin im wesentlichen ausführte, die Grundstücke der Beschwerdeführer lägen am rechten Ufer der Krems, zwischen der Kirchenbrücke und der Krems-Waidhofner-Bundesstraßenbrücke. Unterhalb dieser Bundesstraßenbrücke befinde sich ein Wehr für eine Wasserkraftanlage. Diese Grundstücke lägen im Mittel zirka 200 m oberhalb der Bundesstraßenbrücke und zirka 190 m unterhalb der Kirchenbrücke. Die Gp. n2 grenze mit ihrer Längsseite unmittelbar an den Kremsfluss (öffentliches Wassergut) an. Der Kremsfluss weise nach der Mappe und in der Natur an dieser Stelle eine Engstelle auf, die am oberen Ende der Parzellengrenze 12 m breit sei. Die Gp. n2 habe an dieser Stelle eine Breite von zirka 8 m und an der unteren Parzellengrenze eine solche von zirka 10 m. Das Grundstück liege gegen den Uferrand des Kremsflusses erhöht. Gegenüber den Parzellen Gp. n2 und n1 besitze der Kremsfluss ein sehr steiles Felsufer, sodass an dieser Stelle, am linken Ufer, eine Ausuferung bei Hochwasser nicht möglich sei. Nach einer Mitteilung der hydrographischen Landesabteilung sei im Kremsfluss beim Hochwasserereignis 1975 eine Wassermenge von 100 m3 pro Sekunde zum Abfluss gelangt, was knapp einem zehnjährlichen Hochwasserereignis entspreche. In weiterer Folge ermittelte der Sachverständige in seinem Gutachten das Durchflussprofil für ein solches Hochwasserereignis und kam schließlich zu dem Ergebnis, dass das erforderliche Profil zur klaglosen Abfuhr des knapp zehnjährlichen Hochwassers im Ausmaß von 100 m3 pro Sekunde in der Natur nicht zur Verfügung stehe; es komme daher zu einer Ausuferung des Kremsflusses, wobei die im Hochwasserabflussbereich errichtete Einfriedung am rechten Kremsflussufer den Hochwasserabfluss behindere. Der im Hochwasserfalle durch Treibgut zerstörte und abgeschwemmte Zaun könnte eine Verklausung der Bundesstraßenbrücke und der Wehranlage hervorrufen; es wäre eine Beschädigung beider Anlagen nicht auszuschließen. Durch den hervorgerufenen Rückstau sei eine Überflutung der Bundesstraße und der anrainenden Häuser sehr wahrscheinlich. Im Zuge der Profilaufnahmen sei auch festgestellt worden, dass auf der GP n1 ein neuer Erddamm, dessen Krone wesentlich höher liege als der frühere erhöhte Uferrand, ohne bau- bzw. wasserrechtliche Genehmigung geschüttet worden sei. Dieser Damm stelle ebenfalls eine Behinderung der Abflussverhältnisse dar. Bei Hochwasser würden Richtungsänderungen eintreten, die sich für die Anrainer schädlich auswirken könnten. Gemäß § 105 lit. b und d WRG 1959 stelle die Einzäunung und der neuerrichtete Schutzdamm eine wesentliche Beeinträchtigung des Ablaufes und der Hochwässer und des Eises dar. Weiters werde ein schädlicher Einfluss auf den Lauf, die Höhe des Gefälles, der Ufer im natürlichen Gewässer herbeigeführt.
Dieses Gutachten wurde den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht, die hiezu Stellung nahmen. Die Beschwerdeführer führten darin aus, der Sachverständige habe nur ein einziges Hochwasserereignis aus dem Jahre 1975 anzugeben vermocht. Die Folgen eines solchen knapp zehnjährlichen Hochwasserereignisses könnten nicht dazu führen, dass von einer häufigen Überflutung im Sinne des § 38 Abs. 3 WRG 1959 gesprochen werden könne. Dies stehe auch mit dem Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis Slg. Nr. 6486/64 in Widerspruch. Sie seien daher der Ansicht, dass die von ihnen errichtete Einzäunung nicht bewilligungspflichtig sei.
Die Bezirkshauptmannschaft Krems hat mit Bescheid vom gemäß § 105 lit. b und d WRG 1959 in Verbindung mit § 106 WRG 1959 das Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Einfriedung ihrer Grundstücke Gp. n1 und n2, KG X im Hochwasserabflussbereich des Kremsflusses abgewiesen. Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 verpflichtet, die eigenmächtig vorgenommene Einzäunung im Hochwasserabflussbereich der Krems - Einfriedung samt erfolgter Dammschüttung - unverzüglich, spätestens binnen Monatsfrist ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer eine Berufung eingebracht, in der sie im wesentlichen vorbrachten, sie hätten nicht um die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Einfriedung für ihre Grundstücke angesucht. Weder ihre Einfriedung noch die entfernt gelegene Dammanschüttung seien im "juristisch normierten" Hochwasserabflussgebiet der Krems gelegen. Somit sei eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 38 WRG 1959 nicht gegeben.
Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen für Hydrologie und für Wasserbautechnik und gewährte den Beschwerdeführern dazu Parteiengehör. Im hydrologischen Gutachten wurde folgendes ausgeführt:
"Zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Hochwässern im gegenständlichen Bereich können die Aufzeichnungen der Pegelstation Imbach herangezogen werden. Auf Grund neuerer wahrscheinlichkeitstheoretischer Untersuchungen dieses Hochwasserkollektivs kann, obwohl diese Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, für ein 10-jähriges Hochwasserereignis ein Durchfluss von mindestens 80 m3 pro Sekunde angenommen werden."
Das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik lautet wie folgt:
"Der gegenständliche Zaun wurde am rechten Ufer des Kremsflusses in einer Engstelle des Flussbettes errichtet. Beim Lokalaugenschein konnten die Abmessungen des Gerinnes abgeschätzt werden, sodass eine grundsätzliche Beurteilung der Abflussverhältnisse möglich ist. Bei der Annahme, dass in der engsten Stelle eine Fläche von zirka 20 m2 für den Abfluss zur Verfügung steht, ohne auszuufern, wäre für den Abfluss des 10- jährigen Hochwassers eine mittlere Profilgeschwindigkeit von 4 m/sec. anzunehmen. Diese Geschwindigkeit kann nach den hydraulischen Gegebenheiten nicht auftreten. Bei der überschlagsmäßigen Berechnung unter Zugrundelegung des Sohlgefälles, wie es aus den Profilaufnahmen seitens des technischen Amtssachverständigen der Erstinstanz zu entnehmen ist, würde eine mittlere Geschwindigkeit von 2,5 m/sec auftreten (Dabei wurde der Zustand des Gerinnes durch einen K-Wert nach Manning-Strickler von 25 berücksichtigt). Allein aus diesen Werten ist die Tatsache gegeben, dass das 10-jährige Hochwasser von 80 m3 pro Sekunde im gegenständlichen Abschnitt ausufern wird. Bei den vorhergehenden Angaben wurde die ungleichförmige Strömung, die gerade in Engstellen zu erwarten ist, nicht berücksichtigt. Außerdem wurde der zu erwartende Rückstau der flussabwärts liegenden Wehranlage (zirka 230 m) nicht in Rechnung gestellt. Ohne nähere hydraulische Untersuchungen anzustellen, ist daher die Aussage möglich, dass der Zaun der Berufungswerber im Hochwasserabflussgebiet im Sinne des § 38 WRG 1959 zu liegen kommt."
In einer weiteren ergänzenden gutächtlichen Äußerung führte der Sachverständige noch aus, gerinneaufwärts des bestehenden Zaunes auf dem Grundstück eines Anrainers seien Eisschollen mit Stärken von 25 bis 30 cm, zwei- bis dreifach überschichtet festgestellt worden. Daraus müsse abgeleitet werden, dass einerseits eine Ausuferung in diesem Bereich stattgefunden habe und andererseits durch den Zaun eine vermehrte Behinderung der Eisabfuhr gegeben sei. Aus diesen Umständen müsse weiters geschlossen werden, dass die aus hydraulischen Gegebenheiten angenommenen häufigen Überflutungen durch die Überflutungen infolge Eisstoßes auf alle Fälle vermehrt würden. Der in Betracht kommende Abschnitt des Kremsflusses sei in Feuerwehrkreisen als äußerst eisstoßgefährdet bekannt.
Der Landeshauptmann von Niederösterreich hat mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Berufung teilweise Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz dahin abgeänderte dass sein Spruch wie folgt zu lauten hat:
"Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 wird festgestellt, dass sich die bereits errichtete Einzäunung ihrer Grundstücke n1 und n2, KG X, soweit sie sich im rechtsufrigen Hochwasserabflussgebiet der Krems befindet, als eine bewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne dieser Gesetzesstelle darstellt. Gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der Fassung BGBl. Nr. 207/1969) wird Ihnen aufgetragen, bis zum entweder unter Vorlage eines geeigneten Projektes in dreifacher Ausfertigung um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen oder die bereits errichtete Einzäunung aus dem Hochwasserabflussgebiet der Krems zu entfernen."
In der Begründung wird nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten ausgeführt, die Berufungsangaben, die Beschwerdeführer hätten um keine wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung ihres Zaunes angesucht, seien zutreffend. Die von der Behörde erster Instanz gefundene Abweisung des Antrages und der sich auf diese Abweisung gründende Räumungsauftrag seien daher zu beheben gewesen. Der Landeshauptmann vertrete in Anbetracht des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens den Standpunkt, dass sich der von den Beschwerdeführern errichtete Zaun teilweise im Hochwasserabflussgebiet der Krems befinde und somit einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 38 WRG 1959 bedürfe. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern durchgeführten Dammanschüttung werde ihrer Ansicht, es handle sich um keine bewilligungspflichtige Maßnahme, beigetreten. Eine nachteilige Beeinflussung der Hochwasserabfuhr sei kaum gegeben, da eine Umströmung beidseitig möglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und nur allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Durch den angefochtenen Bescheid, so führen die Beschwerdeführer den Beschwerdepunkt aus, seien sie in ihrem nach § 38 Abs. 1 und 3 WRG 1959 zustehenden Recht, eine Anlage, nämlich eine Grundstückseinzäunung (zirka 15 m langer, grobmaschiger Gitterzaun) außerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses ohne wasserrechtliche Bewilligung zu errichten, verletzt worden. Nur hilfsweise werde auch eine Verletzung der der Behörde obliegenden Begründungspflicht geltend gemacht. Die belangte Behörde hätte nämlich in dieser Richtung jedenfalls zu begründen gehabt, dass die Grundstücke der Beschwerdeführer auf Grund konkret erfolgter und nicht bloß abstrakt möglicher Überflutung bereits zum Hochwasserabflussgebiet geworden seien. Im angefochtenen Bescheid werde weiters zu ihrem Vorbringen, dass im Uferbereich auch großstämmige Erlen und Weiden vorhanden seien, sodass der dahinter liegende grobmaschige Gitterzaun den Hochwasserabfluss gar nicht gefährden könnte, überhaupt nicht Stellung genommen, geschweige denn dies widerlegt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Abänderung des Bescheides der Behörde erster Instanz, die einen auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützten Auftrag zur Beseitigung der Anlagen erteilt hatte - es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob auf Grund eines im öffentlichen Interesse gelegenen "Erfordernisses" oder eines Verlangens eines Betroffenen -, den Beschwerdeführern einen Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 erteilt, wofür die oben genannten Voraussetzungen nicht gelten. Rechtserheblich ist aber die Frage, ob die Entscheidung der belangten Behörde zu einer anderen Sache ergangen ist, und die belangte Behörde den Rechtsgrund für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages auswechseln durfte.
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, dass die belangte Behörde bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht über eine andere Rechtssache als die Behörde erster Instanz entschieden hat, weil "Sache" in beiden Instanzen die Entfernung einer verbotswidrigen Neuerung war. Während den Beschwerdeführern im Verfahren vor der Behörde erster Instanz nur ein Beseitigungsauftrag erteilt worden ist, wurde ihnen mit dem bekämpften Bescheid insofern weniger aufgetragen, als ihnen anheim gestellt wurde, dem Beseitigungsauftrag nachzukommen oder um die wasserrechtliche Bewilligung für die verbotswidrige Neuerung anzusuchen. In Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage sind die Beschwerdeführer dadurch nicht in einem Recht verletzt worden, dass sie hinsichtlich der Änderung der angewendeten Verwaltungsvorschrift nicht gehört worden sind.
Die Beschwerdeführer machen unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides geltend, lege man die Sachverhaltsfeststellung, wonach die Zaungrenze durchschnittlich alle zehn Jahre einmal von einem Hochwasser erreicht werde, als unangefochten der rechtlichen Beurteilung zu Grunde, so sei der angefochtene Bescheid allein schon auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 6486/A, rechtlich unhaltbar. In diesem Erkenntnis werde nämlich ausgesprochen, dass beim Begriff "häufig" nur "an Überflutungen in Abständen von wenigen Jahren, aber nicht an solche in Abständen von etwa zehn und mehr Jahren zu denken ist". Eine andere Auslegung sei nicht möglich, zumal sonst nicht nur auf dem Lande, sondern auch viele in Städten an Flüssen gelegene Gebäude und Anlagen, wo bekanntlich im Hinblick auf die landschaftliche Gestaltung Österreichs in größeren Zeitabständen auch immer wieder Hochwasser auftreten, wasserrechtlich unzulässig wären. Damit stehe von vornherein fest, dass der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt für die rechtliche Qualifikation "Hochwasserabflussgebiet" nicht hinreiche. Somit handle es sich aber beim Zaun von vornherein um keine wasserrechtlich bewilligungspflichtige Anlage. Nur der Vollständigkeit wegen werde darauf verwiesen, dass die Einfriedung zufolge ihrer Beschaffenheit auch lediglich in Analogie zu den in § 38 Abs. 2 lit. a und b WRG 1959 genannten Fällen zu behandeln wäre.
Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist unter anderem zur Errichtung und Abänderung von Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Nach Absatz 3 desselben Paragraphen sind, soweit bei den Gemeinden Abdrucke der Katastralmappen erliegen, die mit der Katastralmappe beim zuständigen Vermessungsamt übereinstimmen, auf Anordnung des Landeshauptmannes vom Amte der Landesregierung die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete (Absatz 1) für 20 bis 30-jährige Hochwässer ersichtlich zu machen. Bis dahin sind als Hochwasserabflussgebiete jene Flächen anzusehen, die erfahrungsgemäß häufig überflutet werden.
Unbestritten ist, dass im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführer in der Katastralmappe keine Grenzen des Hochwasserabflussgebietes ersichtlich gemacht worden sind. Es war daher auf fachkundiger Grundlage eines Sachverständigen-Gutachtens für Hydrographie klarzustellen, welche Flächen "erfahrungsgemäß häufig" überflutet werden, um festzustellen, ob eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht gegeben ist und sohin eine eigenmächtige Neuerung vorliegt. Auf Grund des von der Behörde erster Instanz eingeholten Gutachtens des Sachverständigen für Hydrographie vom und des in der Berufungsverhandlung eingeholten ergänzenden Gutachtens durfte die belangte Behörde den Schluss ziehen, dass die von einer Wassermenge eines knapp zehnjährlichen Hochwassers überronnene Fläche als erfahrungsgemäß häufig überflutet anzusehen ist. Diesen an sich schlüssigen Gutachten sind die Beschwerdeführer auch nicht in gleicher sachkundiger Weise entgegengetreten und haben auch in der Beschwerde zugestanden, dass die Zaungrenze durchschnittlich alle zehn Jahre einmal vom Hochwasser erreicht werden würde. Demnach steht fest, dass in einem vom knapp zehnjährlichen Hochwasser überfluteten Gebiet im vorliegenden Fall für Anlagen eine Bewilligungspflicht besteht. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu dem von den Beschwerdeführern angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 6486/1964, das von etwa zehn- und mehrjährlichen Hochwässern spricht. Die Beschwerdeführer sind auch nicht im Recht, wenn sie die Ansicht vertreten, dass § 38 Abs. 2 WRG 1959 analog anzuwenden sei, da ein Zaun weder in der zitierten Gesetzesstelle als bewilligungsfreie Maßnahme genannt ist und auch nicht mit Drahtüberspannungen von Gewässern oder kleinen Wirtschaftsbrücken oder Stegen Ähnlichkeit aufweist.
Für die Frage der Bewilligungspflicht des Zaunes war aber auch zu ermitteln, ob bzw. in welchem Ausmaß der Zaun in diesem Hochwasserabflussgebiet liegt. Während der Sachverständige für Hydrographie im Verfahren vor der Behörde erster Instanz eine Wassermenge von 100 m3 pro Sekunde bei einem knapp zehnjährlichen Hochwasserereignis im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführer seinem Gutachten zu Grunde legte und das darnach ermittelte Hochwasserabflussgebiet in den Profilaufnahmen des Niederösterreichischen Gebietsbauamtes IV Krems vom zumindest im Profil zwei veranschaulichte, wonach nur ein Teil der auf Gp. n2, KG X, errichteten Einzäunung im Hochwasserabflussgebiet liegt, ist die belangte Behörde von einer Hochwassermenge von mindestens 80 m3 pro Sekunde ausgegangen, woraus geschlossen werden kann, dass eine noch geringere Fläche als Hochwasserabflussgebiet anzusehen ist. Da somit nur ein Teil der Einzäunung im besagten Hochwasserabflussgebiet liegt, hätte die belangte Behörde auch fachkundig ermitteln müssen, in welchem Ausmaß für die bestehende Einzäunung tatsächlich eine Bewilligungspflicht besteht und somit eine eigenmächtige Neuerung vorliegt, und erst dann die entsprechende Verfügung nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 treffen dürfen.
Die Frage, ob die Einzäunung, soweit sie der Bewilligungspflicht überhaupt unterliegt, eine Gefährdung des Hochwasserabflusses im Sinne des § 105 lit. b und d WRG 1959 darstellt, war entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen; dies ist ausschließlich Gegenstand eines allfälligen künftigen Bewilligungsverfahrens.
Da der Sachverhalt sohin in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
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Norm | WRG 1959 §38 Abs3; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1981:1980003725.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-59426