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VwGH 22.03.1982, 3635/80

VwGH 22.03.1982, 3635/80

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Die vom Zusteller erstellten Zustellausweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, doch ist der Gegenbeweis gem § 292 Abs 2 ZPO offen.
Norm
RS 2
Im Falle des Bestehens einer Postvollmacht dürfen auch zu eigenen Handen zuzustellende, bescheinigte Postsendungen an Postbevollmächtigte abgegeben werden (Hinweis E 1009/71).
Norm
VwGG §26 Abs1 lita
RS 3
Ist die Zustellung eines letztinstanzlichen Bescheides einmal rechtswirksam vorgenommen worden, dann kann durch die nochmals durchgeführte Zustellung der Lauf der Beschwerdefrist nicht neuerlich in Gang gesetzt werden (Hinweis VwSlg 9036 A).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Mag. Öhler, Mag. Onder, Dr. Hnatek und Dr. Stoll als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberrat Mag. Dr. Paschinger, in der Beschwerdesache des Dr. KK in W, vertreten durch Dr. Karl Arlamovsky, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17, vom , Zl. Pst 98/3-1979, betreffend Zurückweisung einer verspäteten Berufung (in Angelegenheit Übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom , Zl. Pst 98/3-1979, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom , womit über den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 eine Strafe verhängt wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet zurückgewiesen.

Die Versuche, diesen Berufungsbescheid im Wege der Bezirkshauptmannschaft Judenburg an den Beschwerdeführer in Fohnsdorf und sodann in Zeltweg postalisch zuzustellen, gingen zunächst fehl, weil der Beschwerdeführer laut Postfehlberichten jeweils verzogen war.

Schließlich wurde der Berufungsbescheid vom an die Adresse W, F-Gasse 67/6/19, zugestellt, wobei die erstinstanzliche Behörde die Zustellung zu eigenen Handen (§ 24 AVG 1950) wählte. Der Postrückschein zeigt zweifelsfrei den als Empfangsdatum, wobei als Übernehmer „EK Gattin bevollm.“ aufscheint.

Im Akt erliegt ein Vermerk - offenbar der Bezirkshauptmannschaft Judenburg - vom , wonach der Beschwerdeführer dort an diesem Tag erschien und um Aktenübersendung an die Bundespolizeidirektion Wien (Bezirkspolizeikommissariat F) „zwecks Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde“ ersuchte.

In der vorliegenden, persönlich am beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, der angefochtene Bescheid sei ihm am persönlich überreicht worden. Die belangte Behörde - vertreten durch die Finanzprokuratur - verwies in der Gegenschrift unter anderem darauf, daß die vorliegende Beschwerde möglicherweise verspätet eingebracht worden sei. Der angefochtene Bescheid sei von der Gattin des Beschwerdeführers laut ausgewiesenem Rückschein vom offensichtlich auf Grund einer Postvollmacht übernommen worden. Dafür, daß der Beschwerdeführer den Bescheid zu diesem Zeitpunkt erhalten haben müsse, spreche vor allem der Umstand, daß dieser am beim Bezirkspolizeikommissariat F (richtig offenbar: Bezirkshauptmannschaft Judenburg, wie sich aus einem entsprechenden Vermerk über die Aktenabsendung vom von der Bezirkshauptmannschaft Judenburg an das Bezirkspolizeikommissariat F im Hinblick auf den obzitierten Aktenvermerk vom ergibt) vorgesprochen habe, weil er bereits die Absicht gehabt habe, eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einzubringen. Die belangte Behörde stellte daher den Antrag, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG 1965 beträgt die Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde sechs Wochen und beginnt in den Fällen des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG mit dem Tage der Zustellung. Der im Akt erliegende, oben angeführte Postrückschein zeigt, daß der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am zuhanden eines Bevollmächtigten - offenbar der Gattin des Beschwerdeführers - zugestellt wurde. Dieser Rückschein trägt die Bestätigung des Zustellorganes. Unter Hinweis auf diesen Zustellvorgang wurde in der Gegenschrift die Verspätung der Beschwerde geltend gemacht und wurde der Beschwerdeführer durch die Zustellung der Gegenschrift auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Er hat jedoch darauf nicht reagiert.

Gemäß § 47 AVG 1950 ist die Beweiskraft von öffentlichen und Privaturkunden von der Behörde nach den Vorschriften der §§ 292 bis 296, 310 und 311 ZPO zu beurteilen. Nach § 292 Abs. 1 ZPO begründen öffentliche Urkunden vollen Beweis dessen, was darin amtlich verfügt oder erklärt, oder von der Behörde oder der Urkundsperson bezeugt wird. Gemäß dem zweiten Absatz der zitierten Paragraphen ist der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig.

Die vom Zusteller erstellten Zustellausweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, daß die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO offen (vgl. auch Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen , III. Band, S. 364). Somit hat für den Verwaltungsgerichtshof als erwiesen zu gelten, daß der angefochtene Bescheid am an eine postbevollmächtigte Person zugestellt wurde. Den Gegenbeweis hätte der Beschwerdeführer zu erbringen gehabt, doch hat er dies ungeachtet des Umstandes, daß er durch die Zustellung der Gegenschrift darauf aufmerksam gemacht wurde, nicht getan. Der Verwaltungsgerichtshof hat im übrigen bereits im Erkenntnis vom , Zl. 1009, 1010/71 (zitiert bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, S. 768) die Rechtsansicht vertreten, daß im Falle des Bestehens einer Postvollmacht auch zu eigenen Handen zuzustellende, bescheinigte Postsendungen an Postbevollmächtigte abgegeben werden dürfen. Für die Rechtswirksamkeit der erwähnten Zustellung spricht auch die Vorsprache des Beschwerdeführers am bei der Bezirkshauptmannschaft Judenburg, wobei er die Absicht äußerte, eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einzubringen und er daher offenbar bereits in Kenntnis des angefochtenen Bescheides war.

Daran ändert auch nichts die im Akt erliegende Niederschrift vom , welche vor dem Bezirkspolizeikommissariat F mit dem Beschwerdeführer aufgenommen wurde und in welcher festgehalten ist, der Beschwerdeführer hätte Akteneinsicht genommen, der „Bescheid der BH-Judenburg vom “ (gemeint war offenbar der angefochtene Bescheid von diesem Tag) der dem Beschwerdeführer „bis dato noch nicht zugestellt werden konnte“, werde (nunmehr) dem Beschwerdeführer im Original übergeben; im Akte befinde sich kein Nachweis der Zustellung. Die Feststellungen über die Zustellung in dieser Niederschrift sind nämlich im Hinblick auf den im Akt erliegenden Rückschein mit der Aktenlage nicht in Einklang zu bringen. Ist aber die Zustellung eines letztinstanzlichen Bescheides einmal rechtswirksam vorgenommen worden (hier am ), dann wird durch die nochmals durchgeführte Zustellung dieses Bescheides (hier am ) der Lauf der Beschwerdefrist nicht neuerlich in Gang gesetzt (vgl. Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9036/A).

Da sohin infolge der rechtswirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides am die Beschwerdefrist bereits mit Ablauf des geendet hat (§ 32 Abs. 2 AVG 1950), wurde die Beschwerde verspätet eingebracht und war daher auch in diesem Stadium des Verfahrens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG 1965 wegen Versäumung der Einbringungsfrist in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 10687 A/1982
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1980003635.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-59410