VwGH 28.04.1981, 3630/80
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Zinsen für betriebliche Kredite sind auch dann Betriebsausgaben, wenn durch den Betriebskredit mittelbar Privataufwendungen finanziert werden (hier: Einkommensteuerzahlungen). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schubert als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des Dr. FS in L, vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, Schillerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom , Zl. 6/147/1-Bk/Fr-1980, betreffend Einkommensteuer 1977 und 1978, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Helmut Wildmoser, sowie des Vertreters der belangten Behörde, Oberkommissär Dr. F, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 7.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Frauenheilkunde und ermittelt seinen Gewinn aus dieser Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972. Bei einer Anfang 1979 abgeschlossenen Betriebsprüfung über die Jahre 1974 bis 1976 schied der Prüfer von den als Betriebsausgaben verrechneten Zinsen von S 20.493,-- für 1975 und S 30.799,-- für 1976 Teilbeträge von S 3.000,-- bzw. S 6.000,-- mit dem im Prüfungsbericht enthaltenen Hinweis aus, dies erfolge einvernehmlich als "privater Zinsenanteil". Es handelt sich dabei um einen beim ÖCI unter Kontonummer 19528 verrechneten Kredit. Damit zusammenhängend stellte das Prüfungsorgan noch fest, daß am die Nachzahlung für Einkommensteuer 1975 laut Lastschriftanzeige vom in der Höhe von S 876.359,-
- von diesem Kontokorrentkonto geleistet worden sei, wodurch sich auf diesem Konto ein Sollsaldo von S 803.444,34 ergeben habe, der das ganze Jahr 1977 bestanden habe.
In den Beilagen zur Einkommensteuererklärung 1977 sind der erwähnte Kredit des ÖCI unter der Bezeichnung "langfristige Verbindlichkeiten" ("Darlehen") zum mit S 832.968,-- und die darauf entfallenden Zinsen (bei einem gesamten Zinsenaufwand von S 93.725,--) mit S 79.901,-- ausgewiesen.
Mit Vorhalt vom fragte das Finanzamt beim steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers an, welche betrieblichen Anschaffungen aus der gegenständlichen Verbindlichkeit erfolgten und ob die Zinsen von S 79.901,-- zur Gänze betriebliche Zinsen seien; sämtliche Kontoauszüge 1977 dieses Kontos seien vorzulegen. Der Vorhalt wurde am dahin beantwortet, daß anläßlich der Betriebsprüfung über die Jahre 1974 bis 1976 der Prüfer die gesamten auf diesen Kredit entfallenden Zinsen dem Gewinn habe hinzurechnen wollen. Nur "um die Verhandlungen zum Abschluß zu bringen", sei eine Hinzurechnung von S 3.000,-- und S 6.000,-- akzeptiert worden. Der Prüfer habe durch "ständige Geldtransaktionen" zwischen verschiedenen Konten des Beschwerdeführers den "Überblick verloren". Daß es 1974, 1975 und teilweise 1976 zu "umfangreichen Hin- und Herüberweisungen innerhalb verschiedenster Bankkonten" des Beschwerdeführers gekommen sei, beruhe darauf, daß bis zur Trennung die Frau des Beschwerdeführers die Buchhaltung geführt habe. Es könne zwar nicht bewiesen werden, doch bestehe der Verdacht, daß die nunmehr geschiedene Frau des Beschwerdeführers so vorgegangen sei, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Nur weil dies nicht beweisbar sei, sei der Beschwerdeführer bereit gewesen, die Teilhinzurechnungen von Zinsen der Jahre 1975 und 1976 "hinzunehmen". Aus einer angeschlossenen Zusammenstellung sei zu ersehen, daß der Beschwerdeführer am "aus der Saldierung von Guthabens- und Minusbeträgen eine Bankschuld von S 1,047.451,--" gehabt habe, die sich dann 1974 bis 1976 vermindert habe. Zum bestehe wiederum eine Bankschuld von S 768.913,--. Aus der Zusammenstellung ergebe sich, daß die wirtschaftlichen Gewinne des Beschwerdeführers 1974 bis 1977 insgesamt S 9,987.648,-- "und die Summe des Privatkontos" (gemeint die gezahlten Einkommensteuerbeträge und die übrigen privaten Aufwendungen des Beschwerdeführers) in diesem Zeitraum S 9,826.007,-- betragen hätten. Daher sei "sogar noch um rund S 160.000,-- mehr Gewinn erzielt" worden, "als für privat verwendet worden ist". Zur Erklärung, warum die zum bereits vorhandenen Verbindlichkeiten von rund S 1 Mio. bis Ende 1977 sich nur um rund S 300.000,-- vermindert hätten, wurde darauf verwiesen, daß 1972 S 1,211.986,--, 1974 S 100.280,-- und 1975 bis 1977 nur S 61.252,-- "verinvestiert" worden seien. Allein die Investitionen 1972 bis 1974 würden S 1,312.000,-- betragen, womit auch der Schuldenstand zum "als durch betriebliche Investitionen veranlaßt betrachtet werden" könne. "Noch weiter zurückblickend" habe der Beschwerdeführer 1972 und 1973 ein Einkommen von S 3,717.000,-- erzielt, wovon ihm nach Abzug der in diesen Jahren gezahlten Einkommensteuerbeträge S 1,000.000,-- für private Zwecke zur Verfügung gestanden seien. Weiters wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer zum beim ÖCI einen privaten Schuldenstand von S 595.486,45 gehabt habe, der zum noch immer S 527.927,17 betragen habe. Aus dieser Darstellung ergebe sich, daß der im "Vermögensstatus ausgewiesene Schuldenstand beim ÖCI .... als ausschließlich durch die Ordination veranlaßte Bankschuld zu betrachten" sei.
Im Einkommensteuerbescheid für 1977 kürzte das Finanzamt die als Betriebsausgaben geltend gemachten Zinsaufwendungen um S 52.356,-- und begründete diese Vorgangsweise damit, daß die betriebliche Veranlassung der Zinsen nicht entsprechend nachgewiesen worden sei und die wesentliche Erhöhung der betrieblichen Zinsen gegenüber dem Vorjahr bei betrieblichen Anschaffungen von nur S 61.000,-- unglaubwürdig sei.
Die dagegen erhobene Berufung wurde im wesentlichen mit dem Hinweis auf die Vorhaltsbeantwortung vom begründet. Die Investitionen 1972 bis 1977 hätten insgesamt S 1,373.518,-- betragen. Die Privatentnahmen während dieser Jahre seien eindeutig durch die Gewinne gedeckt gewesen und gingen keineswegs zu Lasten der Substanz bzw. zu Lasten der betrieblichen Darlehenskonten.
In einem weiteren Vorhalt vom bezog sich das Finanzamt auf die schon erwähnte Einkommensteuernachzahlung am vom Konto Nr. 19528 des ÖCI. Dadurch sei durch das ganze Jahr 1977 ein Sollsaldo von S 803.444,-- aufgeschienen, die gesamten Sollzinsen dieses Kontos von S 79.901,-- könnten nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden. Zu diesem Vorhalt führte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom zusammengefaßt aus: Die Summe des Gewinnes habe laut vorgelegtem "Kapitalkonto 1977" S 2,264.805,11 und die Gesamtsumme des Privatkontos inclusive der privaten Steuern S 2,351.147,53 betragen. Gehe man aber vom wirtschaftlichen Gewinn abzüglich der betrieblichen Investitionen aus, verbleibe ein "Geldwert" von S 2,357.856,11, der höher liege als die "Summe des Privatkontos". In keinem Gesetz sei verankert, daß dem Steuerpflichtigen nicht das Recht zustehe, seinen jährlich erzielten Gewinn auch für private Zwecke oder zumindest die im Betrieb notwendigen Investitionen zu verwenden. Hätte der Beschwerdeführer im Jahre 1975 den gegenüber seinem "Privatkonto" um rund S 900.000,-- höheren Gewinn entnommen und mit diesem "Privatgeld dann im Jahre 1976 die Privatsteuern extern der Buchhaltung" bezahlt, dann wäre die von der Finanzverwaltung im Vorhalt vom gegebene Begründung hinsichtlich des Kontokorrentkreditstandes für das Jahr 1977 gegenstandslos, weil ja dann die entsprechende Umschichtung eines "verdienten" Gewinnes und die Entnahme desselben für Privatzwecke nicht Gegenstand der Veranlagung 1977 gewesen wäre. Würde die Ansicht der Finanzverwaltung Platz greifen, dann würde jeder Unternehmer dazu gezwungen werden, seinen gesamten Gewinn aus dem Betrieb herauszunehmen, damit dann immer der jeweilige Schuldenstand bei der Bank unverändert bleibe, während er vielleicht durch "steuertechnisch günstige Anlage" von entnommenen Geldern für private Zwecke sogar gesetzlich zulässige Steuervorteile ausnützen könnte.
Nachdem die Berufung der belangten Behörde als Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt worden war, wurde der Beschwerdeführer zu Handen seiner steuerlichen Vertretung mit Schreiben vom darauf hingewiesen, daß die Berufungsentscheidung 1977 davon abhänge, ob die strittigen Zinsen betrieblich veranlaßt seien. Die Vorhalte des Finanzamtes seien zwar umfangreich, aber unklar beantwortet worden. Der Beschwerdeführer werde daher nochmals eingeladen, die betriebliche Veranlassung sämtlicher im Berufungsjahr 1977 als Betriebsausgaben geltend gemachten Schuldzinsen nachzuweisen und sämtliche diesem Nachweis dienenden Bankauszüge vorzulegen. Ferner werde er eingeladen, zu den Fragen der beiden erstinstanzlichen Bedenkenvorhalte nochmals kurz Stellung zu nehmen. Es werde ihm auch mitgeteilt, daß die Berufungsbehörde eine Abänderung des Bescheides bezüglich der Nichtanerkennung von betrieblich geltend gemachten Darlehenszinsen zu seinen Ungunsten nicht ausschließen könne. In der äußerst umfangreichen Vorhaltsbeantwortung vom wurde u. a. ausgeführt: In der Einheitswerterklärung des Betriebsvermögens zum seien Bankverbindlichkeiten mit S 1,047.451,-- als betriebliche Darlehen angeführt und vom Finanzamt anerkannt worden. Der Bankschuldenstand (Saldo zwischen Guthabens- und Schuldenkonten) vom in Höhe von S 1,047.451,-- sei durch nicht gänzliche Entnahme der Gewinne vorübergehend bis zum um S 711.775,88 auf einen Schuldenstand von S 335.675,12 vermindert worden. Jeweils zum Schluß der Jahre 1976 bis 1978 betrügen die saldierten Verbindlichkeiten S 969.527,--, S 768.913,-- und S 141.549,--. Sollte die Finanzverwaltung jedoch auf den "Gedanken kommen", die Guthabensbeträge auf den niedrig verzinsten "Guthabensgirokonten" müßten auf das Darlehenskonto zur Vermeidung erhöhter Zinsen umgebucht werden, so sei dem entgegenzuhalten, daß die Guthabensbeträge auf den Girokonten für laufende Ausgaben erforderlich seien. Würden nämlich diese Konten auf das Darlehenskonto übertragen werden und dadurch eine Darlehensverminderung eintreten, so müßten mit dem Kreditinstitut neue Darlehensvereinbarungen getroffen werden. Der Sinn des Darlehens sei ja nicht eine ständige kontokorrentmäßige Bewegung, "sondern eine langsam abzubauende Kreditvereinbarung, die nicht vom Schuldner beliebig wieder ausgeweitet werden" könne, "soweit der Gläubiger nicht ausnahmsweise damit einverstanden" sei. Die Finanzverwaltung gehe bei der Beurteilung von Betriebsausgaben ständig von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus. Wenn diese auch im Fall des Beschwerdeführers angewendet werde, so dürfe man ungeachtet der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 nicht nur das Jahr 1977 heranziehen, sondern müsse bei der Finanzierung von Investitionen zwangsläufig, wie dies dem Grundsatz des § 7 EStG 1972 entspreche, einen größeren Zeitraum betrachten. Schon die Betriebsprüfung sei unsicher gewesen, ob sie die Bankverbindlichkeiten als Betriebsausgaben hätte anerkennen sollen oder nicht. Eine buchmäßige Überschuldung bestehe nicht. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise seien in den Jahren 1974 bis 1976 vom Beschwerdeführer Kosten gespart, dadurch höhere Einkommen ausgewiesen und dafür auch höhere Steuern bezahlt worden. Wenn der Beschwerdeführer den nicht entnommenen Gewinn aus dem Jahre 1974 nun Ende 1976 aus dem Betrieb entnehme und damit der Bankkredit auf den ursprünglichen Stand zurückgeführt werde, so könne doch nicht die Folgerung für das Jahr 1977 die sein, daß der wesentliche oder - nach Meinung der Rechtsmittelbehörde - sogar der gesamte Zinsendienst als nichtbetrieblich veranlaßt ausgeschieden werde. Nicht feststellbar sei, von welchen Berechnungsgrundlagen ausgehend die Finanzverwaltung die nach ihrer Ansicht nicht absetzbaren Zinsen ermittelt habe. Es erhebe sich somit die Frage, ob ein Unternehmer überhaupt den erzielten Gewinn für private Zwecke und Einkommensteuerzahlungen verwenden dürfe. Sollte die Behörde ferner hinsichtlich der Zinsen als Betriebsausgabe an den Einkommensteuerrichtlinien 1979, Abschnitt 17, anknüpfen, so sei darauf hinzuweisen, daß im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen eine buchmäßige Überschuldung nicht bestehe. Unter buchmäßiger Überschuldung im Sinne der Einkommensteuerrichtlinien 1979 könne nämlich nur das buchmäßig sich ergebende Minuskapital verstanden werden, das sich nur durch überhöhte Privatentnahmen ergeben könne. Beigeschlossen war dieser Vorhaltsbeantwortung eine Zusammenstellung des "Wertes des Betriebsvermögens" zu den Stichtagen bis . Danach ergaben sich folgende Beträge:
Zum laut EW-Erklärung S 77.234,--,
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zum | S | 11.317 | plus stille Reserven | S | 977.853 | = | S | 989.170 |
zum | S | 376.727 | " | S | 371.401 | = | S | 748.128 |
zum | -S | 298.955 | " | S | 385.152 | = | S | 86.196 |
zum | -S | 383.292 | " | S | 399.717 | |||
plus Differenz zwischen Einkommensteuerbescheid 1976 -
Vorauszahlungen 1976 von +S 320.440 = S 336.864
zum -S 206.586 plus stille Reserven S 901.310 = S 901.310 (?)
(Anm.: Unter "Stille Reserven" sind vorzeitige Abschreibungen und die 1974 und 1978 gebildeten "Investitionsrücklagen" ausgewiesen.)
Ferner wurden zwei Ablichtungen von Kontoauszügen des Kontos Nr. 19528 beim ÖCI über den Zeitraum vom bis vorgelegt.
In den Beilagen zur Einkommensteuererklärung 1978 sind der erwähnte Kredit des ÖCI (Kontonummer nunmehr 1658192) unter der Bezeichnung "langfristige Verbindlichkeiten" ("Darlehen") zum mit
S 831.931,-- und die darauf entfallenden Zinsen mit S 82.280,-
und die Zinsen für zwei weitere Bankverbindlichkeiten mit S 807,-
ausgewiesen.
Auf im Veranlagungsverfahren 1978 ergangenen Vorhalt des Finanzamtes vom , der Beschwerdeführer möge nachweisen, daß es sich bei den Schuldzinsen ausschließlich um betrieblich veranlaßte Zinsen handelt, verwies der Beschwerdeführer mit Schreiben vom auf das Berufungsbegehren 1977, die Vorhaltsbeantwortung vom und stellte die Kapitalentwicklung vom bis dar.
Im Einkommensteuerbescheid für 1978 erhöhte das Finanzamt den Gewinn um den Zinsenaufwand in Höhe von S 83.088,--. Der Beschwerdeführer erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung.
Nachdem auch diese Berufung der belangten Behörde vorgelegt worden war, führte die belangte Behörde eine mündliche Berufungsverhandlung durch. In dieser wiederholte der Steuerberater des Beschwerdeführers seine schon in den Schriftsätzen vertretene Rechtsauffassung und seine Berufungsanträge. Ferner brachte er vor, daß das ÖCI-Konto Nr. 19528 am einen Sollstand von S 300.087,50 aufgewiesen habe. Seines Erachtens könne nur die Differenz zu dem durch die Einkommensteuernachzahlung entstandenen Sollstand von S 803.444,34 als Grundlage für die Ermittlung des durch die Steuernachzahlung bedingten Zinsenaufwandes herangezogen werden. Vorgelegt wurden noch Schriftstücke über Kontenbewegungen sowie eine graphische Darstellung der Bankstände seit .
Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 1977 und 1978 als unbegründet ab. Für das Veranlagungsjahr 1977 verböserte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid, indem sie einen Zinsenaufwand von S 79.901,-- nicht als Betriebsausgabe anerkannte. Der angefochtene Bescheid ist unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 und 4 EStG 1972 und auf § 184 BAO, wonach die Besteuerungsgrundlagen insbesonders dann zu schätzen sind, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen wesentlich sind, wie folgt begründet:
Wie das umfangreiche Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren gezeigt habe, sei er (im konkreten Fall) der Auffassung, daß ihm aus der Tatsache betrieblicher Investitionen der Vorjahre (die zu einem negativen Banksaldo von rund S 1 Mio. zum geführt hätten) nunmehr in diesem Ausmaß ein "Kreditrahmen" zur Verfügung stehe, bis zu dem er seine Privatentnahmen in den Folgejahren ausdehnen könne, ohne daß er die Möglichkeit, die Zinsen hiefür als Betriebsausgabe geltend zu machen, verliere. Der Beschwerdeführer verkenne hier im grundsätzlichen das Wesen von Betriebsausgaben als Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt seien. Es bedürfe im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 1 Z. 5 EStG 1972 keiner weiteren Erläuterung, daß die Bezahlung einer Einkommensteuerschuld der privaten und nicht der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sei. Eine ihr zugrunde liegende Darlehensaufnahme könne daher nicht zum Abzug von durch sie bedingten Zinsen als Betriebsausgaben führen. Es sei für die Absetzbarkeit von Betriebsausgaben ohne Belang, ob sie aus Eigenmitteln oder aus Fremdmitteln geleistet werden. Die Einnahmenüberschußrechnung sei lediglich auf die Berücksichtigung der Geldbewegung abgestellt und nicht auf die wirtschaftliche Belastung des Einkommens. Nur die während der Laufzeit des für betriebliche Zwecke aufgenommenen Darlehens gezahlten Zinsen bildeten im Zeitpunkt der Verausgabung Betriebsausgaben. Für die abgabenrechtliche Beurteilung sei - wie der Verwaltungsgerichtshof u. a. in dem Erkenntnis vom , Zlen. 1535, 1747,1748/79, ausgeführt habe - allein maßgebend, ob die Schuld wirtschaftlich mit dem Betrieb zusammenhänge. Der durch die Einkommensteuervorschreibung bedingte und somit der Privatsphäre zuzurechnende Grund für das Entstehen der Schuld sei ausschlaggebend. Das gelte jedenfalls - wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat - solange, als nicht dargetan werde, daß die entsprechenden Mittel auch ohne Zusammenhang mit dem außerbetrieblichen, zur Schuldbegründung führenden Ereignis als Fremdkapital für betriebliche Zwecke hätte aufgenommen werden müssen. Ein derartiger Fall sei vom Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet worden. Das Vorbringen in der Verhandlung, der Sollstand des ÖCI-Kontos Nr. 19528 habe am S 300.087,50 betragen, nur die Differenz zu dem durch die Einkommensteuer-Nachzahlung vom entstandenen Sollstand von S 803.444,34 könne als Betriebsausgabengrundlage herangezogen werden, erscheine nicht zielführend. Berufungsjahre seien die Jahre 1977 und 1978. Zum Zeitpunkt der Einkommensteuer-Nachzahlung vom habe das Konto einen Habenstand von S 72.904,66 aufgewiesen. Da in der Beilage 4 zur Steuererklärung 1977 die Zinsen aus dem Darlehen beim ÖCI-Konto Nr. 19528 mit S 79.901,81 als Betriebsausgaben ausgewiesen seien, der durch die Einkommensteuer-Nachzahlung bewirkte Sollsaldo nach den Feststellungen des Betriebsprüfers kontinuierlich im Jahre 1977 mindestens S 803.444,34 betragen habe, habe der Senat - in Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1977 - im Schätzungswege den oben angeführten Zinsenbetrag von S 79.901,81 (rund 10 % des angeführten Sollsaldos) als auf die private Sphäre entfallend angenommen und diesen Betrag aus den Betriebsausgaben des Jahres 1977 ausgeschieden. Während der Beschwerdeführer für das Jahr 1977 über mehrmalige Aufforderung doch noch - und zwar letztlich erst in der Berufungsverhandlung - Ablichtungen der Kontoblätter für den Zeitraum vom bis vorgelegt habe, habe er zur Untermauerung seines Berufungsbegehrens gegen den Einkommensteuerbescheid 1978 lediglich auf das Berufungsvorbringen gegen den Bescheid 1977 verwiesen. Der Senat habe daher mangels weiterer Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Sachverhaltsermittlung dem erklärten Gewinn des Jahres 1978 im Schätzungsweg vom geltend gemachten Finanzierungsaufwand - so wie das Finanzamt - zumindest den Zinsenaufwand (S 83.088,45) zugerechnet. Der Beschwerdeführer habe dessen betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen, sodaß der Senat annehmen habe müssen, daß dieser Aufwand - wie auch im Jahre 1977 - auf der durch die Einkommensteuer-Nachzahlung 1976 bedingten Schuldaufnahme beruhe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, in seinem Recht, die geltend gemachten Zinsenaufwendungen als Betriebsausgaben absetzen zu können, verletzt zu sein. Begründend führt er aus, es sei seine unternehmerische Entscheidung, ob er sein Unternehmen mit Eigenmitteln oder Fremdmitteln ausstatte. Er habe sich für die Finanzierung der Investitionen 1972, 1974 und 1975 bis 1977 mit Fremdmitteln entschieden. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß einmal aufgenommene Fremdmittel bis zur endgültigen Tilgung im Betriebsvermögen bleiben müßten und ziehe daraus den völlig unlogischen Schluß, daß eine auch nur vorübergehende, durch den Geldfluß bedingte Reduzierung der Fremdmittel nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfe. So müsse und nur so könne man die Meinung der belangten Behörde verstehen, die einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der "Entnahme" am zur Zahlung der Einkommensteuer 1975 und der Behandlung der dadurch entstehenden Zinsenbelastung als entscheidendes Kriterium ansehe. Diese Betrachtung entspreche nicht nur nicht dem Gesetz, das das Kriterium des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen Schuldaufnahme und einem bestimmten betrieblichen Geschehen in dieser Schärfe gar nicht kenne, sie widerspreche auch jeder Logik, weil beträchtliche Einnahmen zunächst im Betrieb eingehen müßten, bevor sie für private Zwecke entnommen werden könnten. Das sei beim Beschwerdeführer der Fall gewesen. Die Arzthonorare seien im Betrieb eingegangen; für private Zwecke, wozu auch die Einkommensteuerzahlung gehöre, habe sie der Beschwerdeführer erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt. Da keine gesetzliche Vorschrift dem Steuerpflichtigen verbiete, die seinem Betrieb gewidmeten - oder im Laufe der beruflichen Tätigkeit "dort eingegangenen" - Eigenmittel wieder zu entnehmen und durch Fremdmittel zu ersetzen, sei es völlig unverständlich, weshalb gerade die "Entnahme" zur Einkommensteuerzahlung dazu führen solle, daß die dem Betrieb zu diesem Zweck entnommenen Eigenmittel, die durch Fremdmittel hätten substitutiert werden müssen, der Anlaß sein sollten, die für diese Fremdmittel zu bezahlenden Zinsen nicht als betrieblich bedingt anzusehen. Würde der Standpunkt der belangten Behörde richtig sein, dürfte kein Unternehmer, der verzinsliche Fremdmittel im Betrieb eingesetzt habe, überhaupt jemals eine Entnahme tätigen, bevor er nicht sämtliche verzinslichen Fremdmittel getilgt und endgültig zurückgezahlt habe. Das würde bedeuten, daß nahezu kein Unternehmer berechtigt wäre, auch nur kleine Teile seines Gewinnes zu entnehmen (weil er dafür verzinsliche Fremdmittel entnehmen müßte), es dürfte keine Kapitalgesellschaft Gewinne an die Anteilseigner ausschütten, sofern sie dafür zur Aufrechterhaltung ihrer Liquidität Fremdmittel benötigte, es müßte also jedes Unternehmen durch Eigenmittel finanziert sein. Keine gesetzliche Vorschrift verbiete es dem Beschwerdeführer, die dem Betrieb gewidmeten oder in diesen zufällig eingeflossenen Eigenmittel wieder zu entnehmen, sie anderweitig zu verwenden und durch Fremdmittel zu substituieren; die dafür auflaufenden Zinsen seien durch den Betrieb veranlaßt. Die von der belangten Behörde zur Stütze ihrer Ansicht herangezogenen Bestimmungen des § 20 EStG 1972 könnten nur dort zum Tragen kommen, wo über das dem Betrieb gewidmete Aktivvermögen hinaus Fremdmittel aufgenommen werden müßten, um Entnahmen "tätigen" zu können. Davon könne im Beschwerdefall keine Rede sein, denn der Betrieb des Beschwerdeführers sei stets mit Eigenmitteln geringeren oder größeren Umfangs ausgestattet gewesen; es sei niemals eine buchmäßige Überschuldung eingetreten, sodaß die "Entnahmen" und deren Substituierung durch verzinsliche Fremdmittel nicht zur Umgehung des Abzugsverbotes von in der Privatsphäre anfallenden Schuldzinsen gedient hätten. Es sei unwesentlich, wie sich die einzelnen Konten entwickelt hätten, entscheidend sei nur gewesen, ob der Beschwerdeführer durch die von der Betriebsprüfung festgestellte Einkommensteuerzahlung das Abzugsverbot des § 20 EStG 1972 umgehen habe wollen oder tatsächlich umgangen habe. Davon aber könne keine Rede sein. Schließlich verwies der Beschwerdeführer darauf, daß es sich im Falle des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 1753/60, Slg. Nr. 2500/F, um einen anders gelagerten Sachverhalt gehandelt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1972 Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Der Abgabenbehörde steht es nicht zu, Angemessenheit oder Zweckmäßigkeit eines Aufwandes zu prüfen, um nach dem Ergebnis dieser Prüfung die Betriebsausgabeneigenschaft eines bestimmten Aufwandes zu beurteilen (siehe z. B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1487/53, Slg. Nr. 955/F, und vom , Zl. 2126/65, Slg. Nr. 3434/F). Dasselbe gilt für die Wahl der Finanzierungsart eines Betriebes. Es steht daher dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, seinen Betrieb mit Eigenmitteln oder mit Fremdkapital auszustatten. Selbst wenn der Steuerpflichtige über Mittel außerbetrieblicher Art verfügt, ist er nicht gezwungen, diese zu einer erforderlichen Betriebsfinanzierung zu verwenden. Diesem Grundsatz entspricht es, daß der Steuerpflichtige nicht gehalten ist, Betriebsschulden mit ihm zur Verfügung stehenden außerbetrieblichen Finanzierungsquellen abzudecken oder - was auf das gleiche hinausläuft - dem Betrieb Mittel erst nach Abdeckung der betrieblichen Verbindlichkeiten zu außerbetrieblichen Zwecken zu entnehmen. Eine gegenteilige Betrachtung würde in letzter Konsequenz zur Folge haben, daß Zinsen für aus betriebsbedingten Gründen aufgenommene Verbindlichkeiten nur in dem Verhältnis abzugsfähige Betriebsausgaben wären, als in der betreffenden Besteuerungsperiode die Betriebsschulden die Summe der Entnahmen übersteigen. Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet dem Beschwerdeführer bei, daß eine derartige Betrachtung durch das Gesetz nicht gedeckt ist.
Untersuchungen darüber, ob betriebsbedingte Schulden in einer bestimmten Höhe ihren betrieblichen Charakter verlieren, weil während des Bestandes der Schuld Privataufwendungen durch den Steuerpflichtigen vorgenommen wurden, sind daher grundsätzlich nicht anzustellen, denn mittelbare, durch in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen fallende Aufwendungen ausgelöste Auswirkungen haben auf die Höhe der zu betrieblichen Zwecken aufgenommenen Schuld ohne Folge zu bleiben). Zu Recht beruft sich der Beschwerdeführer auf mit der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmendes Schrifttum (Littmann12, Anm. 234 a zu §§ 4, 5, und Blümich-Falk11, S. 117 zu § 4). Dort wird im Ergebnis die zutreffende Rechtsansicht vertreten, daß Zinsen für betriebliche Kredite zur Finanzierung von Privatentnahmen deshalb Betriebsausgaben sind, weil es dem Steuerpflichtigen frei steht, "sein Eigenkapital jederzeit für private Zwecke abzuberufen" (Blümich-Falk, a. a. O.). Die belangte Behörde verkannte daher die auf dem Grundsatz der Privatautonomie des Beschwerdeführers beruhende unternehmerische Dispositionsfreiheit.
Auch auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 1535, 1747, 1748/79, läßt sich die Rechtsansicht der belangten Behörde nicht gründen. In jenem Beschwerdefall ist es um die ertragsteuerrechtliche Beurteilung einer Pflichtteilsschuld gegangen. Eine derartige Schuld ist jedoch ihrer Natur nach von vornherein Privatschuld; eine Verknüpfung mit dem Betrieb ist nach dem dem zitierten Erkenntnis vom zugrunde liegenden Sachverhalt nicht in Betracht gekommen.
Ebenso kann das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1753/60, Slg. Nr. 2500/F, der belangten Behörde nicht als Stütze für den angefochtenen Bescheid dienen. Einerseits war der Sachverhalt in dem mit diesem Erkenntnis entschiedenen Beschwerdefall insofern anders gelagert, als die Frage zu entscheiden gewesen ist, welchem von mehreren Betrieben eines Steuerpflichtigen Schulden und damit zusammenhängende Zinsen zuzurechnen sind, und anderseits haben sich die dort getroffenen Aussagen auf § 4 Abs. 4 EStG 1953, somit auf ein formal anderes Gesetz als das im Beschwerdefall anzuwendende, gegründet (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 766, 948/78, Slg. Nr. 5341/F).
Aus dem Gesagten folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit der vom Beschwerdeführer behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastete. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 5578 F/1981; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1981:1980003630.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-59409