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VwGH 16.03.1981, 3605/80

VwGH 16.03.1981, 3605/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
RS 1
Aus dem klaren Wortlaut der Legaldefinition des Bauplatzes im § 2 Abs 1 zweiter Satz des Innsbrucker GehsteigabgabeG, LGBl 1969/23,läßt sich keinesfalls eine Verweisung auf die "jeweiligen Bauvorschriften" und damit auch auf den Bauplatzbegriff der Tir BauO ableiten. Denn daß nur die ausdrücklich genannte konkrete BauO der Landeshauptstadt Innsbruck gemeint ist, ergibt sich überdies nicht nur aus der Zitierung des § 68 Innsbruck BauO (betreffend Gehsteige) im § 1 Innsbrucker GehsteigabgabeG, sondern insbesondere auch aus dessen § 6 betreffend Übergangsbestimmungen und Schlußbestimmungen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1179/80 E VwSlg 5555 F/1981 RS 1
Normen
BAO §281 impl;
LAO Tir 1963 §211;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
RS 2
Die belangte Behörde kann nach Einbringung einer Säumnisbeschwerde innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs 2 VwGG gesetzten Frist lediglich den versäumten Bescheid nachholen, jedoch keinen Aussetzungsbescheid erlassen (Hinweis E , 1621/72; E , 342/73; B , 1254/75, VwSlg 8937 A/1975). Der VwGH hätte allerdings für die Dauer des Bestandes eines dennoch erlassenen unangefochten gebliebenen Aussetzungsbescheides dessen Rechtswirkung zu beachten; eine Sachentscheidung durch den VwGH ist erst nach Beendigung dieser Rechtswirkung zulässig.
Norm
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
RS 3
Der Bauplatzbegriff im § 2 Abs 1 zweiter Satz des Innsbrucker GehsteigabgabeG, LGBl 1969/23, ist - sprachlich verkürzt - durch die Übernahme dieses Begriffes aus der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck, insbesondere aus dem Regelungsinhalt der §§ 1 bis 3 umschrieben. Es liegt ein Fall der Rezeption einer Regelung bestimmten Inhaltes durch die Zitierung ihrer Fundstelle vor. Dieser Inhalt des GehsteigabgabeG ist daher vom Außerkrafttreten der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck unberührt geblieben.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1179/80 E VwSlg 5555 F/1981 RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Pokorny, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des B in W, gegen die Berufungskommission in Abgabensachen der Stadtgemeinde Innsbruck wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Vorschreibung einer Gehsteigabgabe - gemäß § 42 Abs. 5 VwGG 1965 vorerst beschränkt auf die nachstehende Rechtsfrage -, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Inhalt des Begriffes "Bauplatz" im § 2 Abs. 1 zweiter Satz des Gesetzes vom über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. für Tirol Nr. 23/1969, ist aus der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck übernommen worden und von deren Außerkrafttreten unberührt geblieben.

Der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadtgemeinde Innsbruck wird aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen acht Wochen zu erlassen.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 1.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom hat der Stadtmagistrat Innsbruck der beschwerdeführenden Partei auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes vom über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. für Tirol Nr. 23/1969 (im folgenden als Gehsteigabgabengesetz bezeichnet), eine Gehsteigabgabe in Höhe von S 40.488,-- betreffend die Gp. nnn1, KG. Innsbruck, A.-Straße 24b, vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Partei mit der Begründung Berufung erhoben, dass im Gehsteigabgabengesetz bezüglich des Bauplatzbegriffes auf den diesbezüglichen Begriff der Innsbrucker Bauordnung verwiesen werde. Gemäß § 57 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, sei jedoch die Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck, LGVBl. Nr. 31/1896, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 10/1972, außer Kraft gesetzt worden. Der bekämpfte Bescheid lege also der Abgabenvorschreibung ein bereits außer Kraft getretenes Gesetz zu Grunde, sodass diese der notwendigen Rechtsgrundlage entbehre.

1.2. Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht die beschwerdeführende Partei die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die mit Berufung angerufene Abgabenberufungskommission der Stadtgemeinde Innsbruck geltend.

Mit Berichterverfügung vom hat es der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG 1965 freigestellt, innerhalb einer Frist von acht Wochen den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides vorzulegen.

1.3. Mit Schriftsatz vom hat die beschwerdeführende Partei einen Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadtgemeinde Innsbruck vom vorgelegt, mit welchem das Berufungsverfahren gemäß § 211 der Tiroler Landesabgabenordnung - TLAO, LGBl. Nr. 7/1963, ausgesetzt wird. In der Begründung dieses Aussetzungsbescheides heißt es, dass zu der maßgebenden Frage, ob die Bestimmungen der Innsbrucker Bauordnung im Zusammenhang mit der Vorschreibung einer Gehsteigabgabe noch herangezogen werden könnten, bereits unter Zl. 1179/80 ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei; in diesem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof werde wie in dem anhängigen Abgabenverfahren die Heranziehung der Innsbrucker Bauordnung für die Ermittlung des Begriffes des Bauplatzes von derselben beschwerdeführenden Partei in Zweifel gezogen; der Ausgang dieses Verfahrens sei auch für die Entscheidung über die anhängige Berufung von wesentlicher Bedeutung.

Mit Schriftsatz vom erachtete sich die beschwerdeführende Partei durch den Aussetzungsbescheid in ihrer Säumnisbeschwerdesache "vorerst als klaglos gestellt".

1.4. Mit dem - gleichzeitig mit dem vorliegenden Erkenntnis den Parteien zugestellten - Erkenntnis vom , Zl. 17/1179/80 (vormals als Zl. 1179/80 protokolliert), hat der Verwaltungsgerichtshof die aus der Sicht des Aussetzungsbescheides präjudizielle Rechtsfrage entschieden.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3076/A, ausgesprochen hat, kann die belangte Behörde nach Einbringung einer Säumnisbeschwerde innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG 1965 gesetzten Frist lediglich den versäumten Bescheid nachholen, d. h. in der Sache selbst entscheiden. Hingegen ist die belangte Behörde nicht zuständig, einen das Verfahren betreffenden Bescheid, insbesondere einen Aussetzungsbescheid, zu erlassen (vgl. ferner die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1621/72, und vom , Zl. 342/73, sowie den Beschluss vom , Slg. N. F. Nr. 8937/A). Dennoch hätte der Verwaltungsgerichtshof die Rechtswirkungen dieses unangefochten gebliebenen und - zunächst - dem Rechtsbestand angehörenden verfahrensrechtlichen Bescheides, hier: des auf § 211 TLAO gestützten Aussetzungsbescheides der Abgabenberufungskommission der Stadtgemeinde Innsbruck vom , zu beachten, solange seine Rechtswirkungen andauern; diese Bindungswirkung schlösse für die Dauer ihres rechtlichen Bestandes eine Entscheidung in der Sache aus (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss vom , Slg. N. F. Nr. 8937/A). Diese eine Sacherledigung - zeitweilig - hindernden Rechtswirkungen sind nun mit der Erlassung (das ist mit der gleichzeitig mit dem vorliegenden Erkenntnis erfolgenden Zustellung) des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 17/1179/80 nach der eigenen normativen Anordnung des Aussetzungsbescheides der - nach wie vor säumigen belangten Behörde vom erloschen.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte somit auf die Säumnisbeschwerde in der Sache einzugehen.

2.2. In der Sache selbst verweist der Verwaltungsgerichtshof auf seine Rechtsausführungen in dem bereits zitierten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden hg. Erkenntnis vom , Zl. 1179/80. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen und begründet, dass der Inhalt des Begriffes "Bauplatz" im § 2 Abs. 1 zweiter Satz des Gehsteigabgabengesetzes aus der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck übernommen worden und von deren Außerkrafttreten unberührt geblieben ist. Eine Ausfertigung des zitierten Erkenntnisses ist beigeschlossen.

Im Hinblick darauf, dass die Säumnis der belangten Behörde in jener verfahrensrechtlichen Situation ihre Ursache hat, der - für den Fall, dass die Behörde der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorgreifen wollte - nicht durch formloses Zuwarten, sondern richtigerweise mit einer - rechtzeitigen - Aussetzung des Verfahrens Rechnung zu tragen gewesen wäre, konnte der Verwaltungsgerichtshof sein Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 5 VwGG 1965 vorerst auf die Entscheidung dieser maßgebenden Rechtsfrage beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen acht Wochen zu erlassen.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und 55 Abs. 1 erster Satz VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

2.4. Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §281 impl;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
LAO Tir 1963 §211;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
Sammlungsnummer
VwSlg 5564 F/1981
Schlagworte
Säumnisbeschwerde
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1981:1980003605.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-59403