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VwGH 07.05.1979, 3513/78

VwGH 07.05.1979, 3513/78

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Die im § 3 EStG 1972 aufgezählten Einkünfte sind grundsätzlich den Einkunftsarten des § 2 Abs 3 leg cit zuzurechnen und stellen somit Teile des Einkommens des Steuerpflichtigen im Sinne des § 2 Abs 2 EStG 1972, allerdings mit der Maßgabe dar, daß die in Rede stehenden Beträge aus sozialpolitischen,

kulturpolitischen oder aus anderen Gründen einer sachlichen Einkommensteuerpflicht nicht unterworfen werden. Dies bedeutet, daß auch die Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Z 20 EStG 1972 für die Dienstnehmer Vorteile aus dem Dienstverhältnis und somit Arbeitslohn gemäß § 25 EStG 1972

darstellen. Auf Grund der Bestimmung des § 3 Z 20 leg cit bleibt dieser Teil des Arbeitslohnes jedoch, soweit die Aufwendungen für den einzelnen Arbeitnehmer jährlich S 4.000,-- nicht übersteigen, steuerfrei. Falls die Aufwendungen aber den Freibetrag von S 4.000,-- übersteigen, stellt der Mehrbetrag grundsätzlich normalen steuerpflichtigen Arbeitslohn des Dienstnehmers dar; diesem steht es jedoch frei, den Mehrbetrag als Sonderausgabe gemäß § 18 Abs 1 Z 2 EStG 1972 geltend zu machen. Dem Willen des Gesetzgebers kann jedoch nicht unterstellt werden, daß der bereits steuerfrei behandelte

Einkommensteil auch noch als Sonderausgabe geltend gemacht werden kann, da dies eine doppelte steuerliche Begünstigung schaffen würde.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über die Beschwerde der Maria R. in W, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 5 - 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA 5 - 1618/78, betreffend Berücksichtigung erhöhter Sonderausgaben für das Kalenderjahr 1977, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Angestellte, brachte am einen Antrag auf Berücksichtigung erhöhter Sonderausgaben für das Kalenderjahr 1977 ein, worin sie unter anderem auch die Anerkennung von Prämienzahlungen in Höhe von S 3.112,-- für eine Gruppenzusatzkrankenversicherung als Sonderausgaben begehrte. Diesem Antrag lag ein Schreiben des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin vom bei, in welchem wörtlich folgendes ausgeführt wurde:

"Im Rahmen der bei der 'X', Versicherung für unsere Angestellten abgeschlossenen Zusatzkrankenversicherung bezahlten wir für die bei uns beschäftigte Frau Maria R. für die Monate Jänner bis April 1977 eine Prämie von monatlich S 238,-- und für die Monate Mai bis Dezember 1977 S 270,--. Die von uns getragene Prämie für die Zusatzkrankenversicherung beträgt somit für das Jahr 1977 S 3.112,--.

Diese Prämien werden lohnsteuerlich nach der Vorschrift des § 3 Z. 20 EStG behandelt."

Dem Antrag der Beschwerdeführerin gab das Finanzamt mit der Begründung keine Folge, daß gemäß § 18 Abs. 1 EStG 1972 Aufwendungen für eine Krankenversicherung Gegenstand einer Steuerbegünstigung darstellten. Der Begünstigungstatbestand sei jedoch nur dann gegeben, wenn die geleistete Prämie vom Antragsteller selbst getragen würde. Da es sich jedoch im vorliegenden Fall bei den geleisteten Prämien um eine Aufwendung des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin handle, "müsse von einer weiteren Steuerbegünstigung Abstand genommen werden".

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung. In dieser wird im wesentlichen der Standpunkt vertreten, aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut gehe hervor, daß auch bereits nach § 3 Z. 20 EStG 1972 von der Einkommensteuer befreite Prämien als Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zu berücksichtigen seien.

Die Berufungsvorentscheidung, mit welcher das Finanzamt das Rechtsmittel als unbegründet abwies, wurde durch den rechtzeitig gestellten Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz wirkungslos.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin hätte im Rahmen einer Zusatzkrankenversicherung für seine Angestellten im Kalenderjahr 1977 für die Beschwerdeführerin an Prämienzahlungen S 3.112,-- geleistet, die gemäß § 3 Z. 20 EStG 1972 steuerfrei belassen worden seien. Diesen Betrag habe die Beschwerdeführerin als erhöhte Sonderausgaben geltend gemacht. Aus dem Wortlaut des § 18 leg. cit. gehe nach Ansicht der belangten Behörde eindeutig hervor, daß es sich bei den betreffenden Sonderausgaben um Ausgaben des Steuerpflichtigen handeln müsse. Unbestrittenermaßen würden jedoch im vorliegenden Fall die Leistungen vom Arbeitgeber der Beschwerdeführerin, nicht aber von ihr selbst erbracht. Eine Ausgabe sei daher von der Beschwerdeführerin nicht getätigt worden.

Wenn die Beschwerdeführerin vermeine, es stehe auf Grund des Wortlautes des § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 fest, daß nach dieser Gesetzesstelle auch Beträge berücksichtigt werden könnten, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer im Rahmen einer Zusatzkrankenversicherung bezahlt hätte, könne ihr nicht zugestimmt werden; denn eine solche Bestimmung sei im Gesetz nicht enthalten. Das Argument der Beschwerdeführerin, die Anwendung des § 18 EStG 1972 sei deshalb nicht durch die Inanspruchnahme des § 3 Z. 20 leg. cit. ausgeschlossen, weil im Gesetz ein entsprechender Hinweis fehle, sei verfehlt, da eine derartige Auslegung im Wege eines Umkehrschlusses nicht zulässig sei. Zu einer Auslegung im Wege eines solchen komme es, wie die Beschwerdeführerin selbst darlege, nur dann, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes zweifelhaft sei. Dies treffe jedoch nicht zu, da aus dem Gesetz eindeutig hervorgehe, welche Aufwendungen des Abgabepflichtigen als Sonderausgaben anzuerkennen wären. Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1972 seien Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in welchem sie geleistet worden seien. Eine Ausgabe liege nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn der betreffende Geldbetrag aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen ausgeschieden sei und er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über dieses Geld verloren habe.

Dies sei aber im Berufungsfall nicht gegeben. Die Beträge seien zwar vom Arbeitgeber für die Beschwerdeführerin geleistet worden, hätten jedoch nicht zu deren Vermögen gehört. Von einer Verausgabung dieser Beträge durch die Beschwerdeführerin könne daher nicht die Rede sein.

Die belangte Behörde finde daher nicht, daß die vom Arbeitgeber für die Beschwerdeführerin geleisteten Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 abzusetzen wären. Hiebei sei weder eine historische noch eine teleologische Interpretation des Gesetzes nötig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Z. 20 EStG 1972 sind Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftsicherung seiner Arbeitnehmer von der Einkommensteuer befreit, soweit diese Aufwendungen für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Arbeitnehmer getätigt werden oder dem Betriebsratsfonds zufließen und für den einzelnen Arbeitnehmer S 4.000,-- jährlich nicht übersteigen. § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. normiert, daß unter anderem Beiträge und Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Krankenversicherung, Sonderausgaben darstellen, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind, soweit es sich bei diesen Beiträgen und Versicherungsprämien weder um Betriebsausgaben noch um Werbungskosten handelt.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der in Rede stehende Betrag, welcher zur Bezahlung der Prämie für eine Zusatzkrankenversicherung verwendet wurde, eine Aufwendung des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin im Sinne des § 3 Z. 20 EStG 1972 ist, hinsichtlich der Beschwerdeführerin im Streitjahr die Höhe von S 3.112,-- erreichte und zur Gänze gemäß der letztangeführten Gesetzesstelle nicht der Einkommen (Lohn)steuer unterzogen wurde. Strittig ist ausschließlich die Frage, ob diese Prämienzahlungen von der Beschwerdeführerin ungeachtet des Umstandes, daß der fragliche Betrag als steuerfrei behandelt wurde, mit Erfolg als Sonderausgabe nach § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. geltend gemacht werden können.

Nun ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, wenn sie - wie im übrigen auch schon das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung - in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertritt, daß die im § 3 EStG 1972 aufgezählten Einkünfte grundsätzlich den Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 leg. cit. zuzurechnen sind und damit Teile des Einkommens des Steuerpflichtigen im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG 1972, allerdings mit der Maßgabe darstellen, daß die in Rede stehenden Beträge aus sozialpolitischen, kulturpolitischen oder aus anderen Gründen einer sachlichen Einkommensteuerpflicht nicht unterworfen werden.

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall zunächst, daß die Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung seiner Dienstnehmer bei diesen Vorteile aus dem Dienstverhältnis und somit Arbeitslohn gemäß § 25 EStG 1972 darstellen. Auf Grund der Bestimmung des § 3 Z. 20 EStG 1972 bleibt dieser Teil des Arbeitslohnes, soweit die Aufwendungen des Arbeitgebers für den einzelnen Arbeitnehmer jährlich S 4.000,-- nicht übersteigen, steuerfrei (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar zu § 3, Tz 1 und Tz 19, zu § 18 Abs. 1 Z. 2, Tz 3.1, Werner-Schuch, Kommentar zur Lohnsteuer, Abschnitt 5, Tz 2 und 124 a, sowie die an den genannten Literaturstellen angeführte hg. Judikatur). Es handelt sich demnach bei dem in Rede stehenden Betrag um einen Teil des Arbeitslohnes der Beschwerdeführerin, der jedoch im Hinblick auf seine Verwendung gemäß § 3 Z. 20 EStG 1972 von der Einkommen (Lohn)steuer befreit ist. Falls dieser Betrag den Freibetrag von S 4.000,-- übersteigt, stellt der Mehrbetrag grundsätzlich normalen steuerpflichtigen Arbeitslohn der Beschwerdeführerin dar (vgl. Hofstätter-Reichel, a.a.O. Kommentar zu § 3, Tz 19, Werner-Schuch, a.a.O., Abschnitt 7, Tz 31). In einem solchen Fall stünde es der Beschwerdeführerin frei, den genannten Mehrbetrag als Sonderausgabe gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 geltend zu machen; denn der Wille des Gesetzgebers geht offensichtlich dahin, Einkommensteile, die - wie vorliegendenfalls - für die Bezahlung von Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Krankenversicherung aufgewendet werden, ungeachtet des Umstandes, daß es sich hiebei um Ausgaben handelt, die der Sphäre der Lebensführung im Sinne des § 20 EStG 1972 zugehören, weshalb sie grundsätzlich nicht abzugsfähig wären, kraft besonderer Bestimmungen nicht der Einkommensbesteuerung zu unterziehen. Dieses Ziel erreicht der Gesetzgeber im allgemeinen durch die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972, bei Vorliegen eines dem Tatbestand des § 3 Z. 20 leg. cit. entsprechenden Sachverhaltes jedoch durch die letztgenannte gesetzliche Bestimmung. Der Gerichtshof vermag jedoch aus dem maßgebenden Gesetzeswortlaut nicht zu erkennen, daß der Gesetzgeber in völliger Abweichung von seiner allgemein eingenommenen Stellung, für eine relativ kleine Gruppe von Steuerpflichtigen durch die kumulative Anwendung des § 3 Z. 20 und § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 eine im Ergebnis doppelte steuerliche Begünstigung schaffen wollte.

Der Widerspruch, den die Beschwerdeführerin darin zu sehen vermeint, daß Prämienzahlungen eines Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer mit derselben Zweckbestimmung wie im gegenständlichen Fall vor dem Inkrafttreten einer dem derzeitigen § 3 Z. 20 EStG 1972 entsprechenden gesetzlichen Bestimmung zur Gänze Sonderausgaben darstellten, nunmehr aber nur insofern als der normierte Freibetrag überstiegen wird, ist nach Auffassung des Gerichtshofes nur ein scheinbarer; denn bei Fehlen einer Regelung, wie sie nunmehr § 3 Z. 20 EStG 1972 enthält, mußte der Gesetzgeber, wollte er das von ihm angestrebte Ziel der Steuerbefreiung jener Teile des Einkommens, welche für die Bezahlung von Prämien für eine freiwillige Krankenversicherung aufgewendet wurden, erreichen, diese Ausgaben als Sonderausgaben anerkennen. Eine solche Notwendigkeit entfällt bei der jetzigen Gesetzeslage jedoch insoweit, als er in einzelnen Fällen die für den gegenständlichen Zweck aufgewendeten Einkommensteile gemäß § 3 Z. 20 EStG 1972 steuerfrei behandelt, da er mit dieser Maßnahme dasselbe Ziel erreicht.

Da die belangte Behörde sohin zu Recht zu dem Ergebnis kam, daß der strittige Betrag nicht als Sonderausgabe anzuerkennen sei, erwies sich der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 5378 F/1979
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1978003513.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-59383