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VwGH 19.05.1980, 3461/78

VwGH 19.05.1980, 3461/78

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
VStG §19;
RS 1
Der Gesetzgeber hat im § 19 VStG idF BGBl 1978/117 den für die Strafbemessung maßgeblichen Sinn des Gesetzes in verfassungskonformer Weise, sohin in einer Form zum Ausdruck gebracht, die den VwGH im Einzelfall eine verlässliche Beurteilung der Frage ermöglicht, ob vom Ermessen iS des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (Hinweis E ; 5240, E ;5810, E G 9/68, G 14/69; 5980).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 3273/78 E VS VwSlg 10077 A/1980 RS 2
Norm
VStG §19;
RS 2
Die Wahl des Strafmittels und die Bemessung der Strafe liegt im Ermessen der Behörde (Hinweis E , 340/65).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0088/48 E VwSlg 1507 A/1950 RS 3
Norm
AVG §45 Abs2;
RS 3
Die Behörde darf den Wert der Beweise nach deren Wahrheitsgehalt beurteilen, dh nach dem Anteil, den sie zur Erledigung des Beweisthemas beitrugen. Es ist daher nicht unschlüssig, Aussagen von Zeugen, die zum Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahren in einem verwandtschaftlichen Naheverhältnis stehen, gegenüber den Aussagen von Zeugen, bei denen dieses Naheverhältnis nicht vorgelegen ist, eine geringere Bedeutung beizumessen (Hinweis E , 2241/51, VwSlg 3159 A/1953).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1067/68 E RS 2
Normen
LPolG Tir 1976 §14 litb;
VStG §19;
RS 4
Der Verwaltungsstrafbehörde obliegt es auf der Grundlage des § 19 Abs 1 VStG idF der Novelle 1978, ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört die Beantwortung der gem dem § 19 Abs 1 VStG rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Des Weiteren sind neben dem objektiven Kriterium des Unrechtsgehaltes der Tat auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat (§ 19 Abs 2 VStG iVm § 32 StGB) zu erörtern.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 3273/78 E VS VwSlg 10077 A/1980 RS 3
Norm
VStG §19;
RS 5
Ausführungen zur Begründung der Strafbemessung.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1711/78 E RS 5

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und Senatspräsident Mag. Kobzina sowie die Hofräte Mag. Öhler, Dr. Würth und Dr. Hnatek als Richter, im Beisein des Richters Dr. Gerhard als Schriftführer, über die Beschwerde der MP in I, vertreten durch DDr. Walter Nowak, Rechtsanwalt in Innsbruck, Schmerlingstraße 2/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. 1518/38-2, betreffend Bestrafung wegen verbotswidriger Ausübung der Prostitution, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit dieser über Strafart und Strafausmaß sowie über die Kosten des Strafverfahrens abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Innsbruck hatte die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom schuldig befunden, an diesem Tag um zirka 0.00 Uhr in der Erlerstraße in Innsbruck durch Ansprechen eines männlichen Passanten Beziehungen zur Ausübung der Prostitution angebahnt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 14 lit. b Landes-Polizeigesetz (LGBl. für Tirol Nr. 60/1976) begangen zu haben. Gemäß dem § 19 Abs. 1 lit. a. leg. cit. hatte die Polizeidirektion über die Beschwerdeführerin eine Arreststrafe von drei Wochen verhängt.

Der dagegen erhobenen Berufung hatte die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom keine Folge gegeben.

Dagegen wendete sich die Beschwerdeführerin an den Verfassungsgerichtshof, der deren Beschwerde zunächst zum Anlass genommen hat, in einem Gesetzesprüfungsverfahren die Verfassungsmäßigkeit des § 14 des Landes-Polizeigesetzes zu überprüfen. Mit Erkenntnis vom , Slg. 8272, hat der Verfassungsgerichtshof die Worte "sowie die entgeltliche, wenn auch nicht gewerbsmäßige" im § 14 lit. a leg. cit. als verfassungswidrig aufgehoben und mit Erkenntnis vom , Zl. B 317/77, sodann das Berufungserkenntnis der Landesregierung vom aufgehoben, weil die Berufungsbehörde bei ihrer Entscheidung, von der damals geltenden - verfassungswidrigen Rechtslage ausgehend, die Frage der Gewerbsmäßigkeit nicht überprüft hatte.

In dem daraufhin fortgesetzten Verfahren wies die Tiroler Landesregierung die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion neuerlich ab und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die Vorhaft von 6 Stunden und 45 Minuten gemäß § 19 a VStG 1950 auf die Strafe angerechnet wird. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei am um 0.00 Uhr mit einem Pkw durch die Erlerstraße in Innsbruck gefahren. Sie habe dort den Zeugen Eduard F. angesprochen und ihn eingeladen, zu ihr ins Auto zu steigen. In der Folge habe sie mit dem Zeugen vereinbart, in der Wohnung eines Bekannten gegen ein Entgelt von S 500,-- einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, zu dessen Vollzug es jedoch auf Grund der starken Alkoholisierung des Zeugen nicht gekommen sei. Bei ihrer außerhalb des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens erfolgten Vernehmung durch die kriminalpolizeiliche Abteilung der Bundespolizeidirektion Innsbruck habe die Beschwerdeführerin die Tat eingestanden. Im Verwaltungsstrafverfahren habe sie die Tat geleugnet, ohne konkrete Angaben über den Vorfall zu machen. In ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof habe die Beschwerdeführerin wieder ausdrücklich zugegeben, zum besagten Zeitpunkt Beziehungen zur Ausübung der Prostitution angebahnt zu haben. Aus diesem Grund und im Hinblick auf die glaubwürdigen Angaben des Zeugen bestehe für die Berufungsbehörde kein Zweifel, dass sich der Vorfall, wie oben angeführt, zugetragen habe. Die Beschwerdeführerin sei einschlägig vorbestraft. Sie habe ihren Angaben gemäß lediglich aushilfsweise als Aufräumerin in einer Stehbierhalle gearbeitet und dort monatlich S 1.600,-- verdient, ein Betrag, der wohl kaum für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes ausgereicht habe. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass sie die als erwiesen angenommene Anbahnungshandlung in der Absicht setzte, sich durch wiederkehrende Begehung der Prostitution eine laufende Einnahmequelle zu verschaffen. Die verhängte Strafe entspreche dem Unrechtsgehalt der strafbaren Handlung und dem Verschulden der Beschwerdeführerin. Da diese einschlägig vorbestraft sei und rücksichtswürdige Umstände nicht vorliegen, habe die verhängte Strafe nicht herabgesetzt werden können. Die erlittene Vorhaft sei gemäß § 19 a VStG 1950 auf die Strafe anzurechnen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestreitet die Beschwerdeführerin, die ihr zur Last gelegte Tathandlung begangen zu haben. Sie lebe mit ihrem Lebensgefährten zusammen und habe einen eigenen Verdienst. Es sei aus diesem Grund auch der Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit nicht begründet. Der bloße Hinweis, dass die Beschwerdeführerin schon einmal einschlägig vorbestraft sei, könne die Gewerbsmäßigkeit nicht unter Beweis stellen, weil die Bestrafung überdies nach "der Innsbrucker Stadtverordnung" erfolgt und diese Norm als verfassungswidrig aufgehoben worden sei. Was die Angaben des Zeugen betreffe, die in der Berufungsschrift mehrfach als besonders glaubwürdig bezeichnet werden, müsse darauf hingewiesen werden, dass das Gericht den Vorfall auf Grund der Anzeige der Polizei wegen Diebstahls überprüft hatte. Die Beschwerdeführerin sei sowohl wegen des Vorwurfes der Prostitution als auch deswegen angezeigt worden, weil sie den angeblichen Schandlohn ihrem Kunden gestohlen hätte. Das Bezirksgericht Innsbruck habe die Beschwerdeführerin vom Vorwurf des Diebstahls freigesprochen. Die Angaben des Zeugen seien keineswegs so glaubwürdig, wie dies der angefochtene Bescheid unterstelle. Der Sachverhalt hinsichtlich des Vorwurfes der Prostitution sei zumindest ungeklärt. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sich zunächst geweigert hatte, Angaben zu machen, dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen, da die Befragung nach Handlungen, welche die Intimsphäre betreffen, in Berücksichtigung des Schutzes durch die Menschenrechtskonvention nicht zulässig sei.

Die von der belangten Behörde als glaubwürdig bezeichneten Angaben des Zeugen haben sich, so fährt die Beschwerdeführerin in der Ausführung ihrer Beschwerde fort, als unglaubwürdig erwiesen. Es könne daher im Zweifel auch als wahr unterstellt werden, dass nicht die Beschwerdeführerin den Zeugen angesprochen, sondern letzterer sich ihr aufgedrängt hatte und zu ihr in das Auto gestiegen sei.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Gemäß dem § 14 lit. b des Landes-Polizeigesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 60/1976, ist die außerhalb behördlich bewilligter Bordelle erfolgende Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution verboten, wobei als Prostitution nach dem § 14 lit. a leg. cit., in der Fassung der Kundmachung des Landeshauptmannes, LGBl. für Tirol Nr. 24/1978, die gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechtes zu deren sexueller Befriedigung zu verstehen ist. Die belangte Behörde nahm den der Beschwerdeführerin angelasteten und zu der bezogenen Gesetzesstelle tatbestandsmäßigen Sachverhalt auf Grund der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussage des Zeugen als erwiesen an. Die von der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Vernehmung am vor Organwaltern der Bundespolizeidirektion Innsbruck gegebene Darstellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes stimmt mit der diesbezüglichen Aussage des Zeugen insoweit überein, als sie bei dieser Gelegenheit einräumte, mit dem Zeugen in eine nahe gelegene Wohnung gefahren zu sein und dort diesem S 500,-- als Lohn für die zu erwartenden Intimitäten erhalten zu haben. Die Beschwerdeführerin behauptete indes, nicht sie habe den Zeugen angesprochen, sondern sie sei, in ihrem Wagen sitzend, vom Zeugen angesprochen worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 685/77, und vom , Zl. 688/77; zuletzt vom , Zl. 1551/77) ist unter "Anbahnung" der gewerbsmäßigen Unzucht (Prostitution) jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs in der Absicht zu verstehen, sich hiedurch eine Einnahmsquelle zu verschaffen. Sie umfasst daher auch das Herumstehen in der erkennbaren Absicht, "Kunden" anzulocken, die Kontaktaufnahme oder das Treffen von Preisabsprachen für den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs etc. Dass die Beschwerdeführerin mit dem Zeugen zum Zwecke eines Geschlechtsverkehrs Kontakt aufgenommen und für dessen Vollzug ein Entgelt vereinbart hatte, ist auch den Aussagen der Beschwerdeführerin vor der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Innsbruck am zu entnehmen. In Hinsicht darauf aber ist die in gleicher Weise vor der Verwaltungsbehörde wie im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erfolgte Rechtfertigung der Beschwerdeführerin, der Zeuge habe sie angesprochen, ohne streitentscheidendes Gewicht.

Darüber hinaus vermag die Beschwerdeführerin die weitere Annahme der belangten Behörde, es sei auch das Tatbestandsbild der Gewerbsmäßigkeit verwirklicht, nicht zu entkräften. Anlässlich ihrer Rechtfertigung in der Strafverhandlung am hatte die Beschwerdeführerin zu Protokoll gegeben, sie arbeite ab und zu als Aufräumerin in einer Stehbierhalle und "verdiene dort S 1.600,-

- monatlich". Ihren Lebensunterhalt bestreite sie "zum Teil von einem Freund", dessen Namen sie jedoch nicht bekannt gebe.

Bei der gegebenen Sachlage ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht unschlüssig und es ist daher dieser nicht als Rechtswidrigkeit anzulasten, dass sie auf Grund des ihr vorgelegenen Ermittlungsergebnisses einschließlich der wiedergegebenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Strafverhandlung sowie in Hinsicht auf zwei einschlägige Vorstrafen auch die weitere tatbestandsbezogene Voraussetzung der Gewerbsmäßigkeit als gegeben annahm.

Der Umstand allein, dass die einschlägigen Vorstrafen der Beschwerdeführerin auf der Rechtsgrundlage der Verordnung des Stadtmagistrates Innsbruck vom , sohin auf Grund einer Norm verhängt worden sind, die der Verfassungsgerichtshof in späterer Folge als verfassungswidrig erkannt hat, vermag entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Zulässigkeit der Bedachtnahme auf diese Vorstrafen nicht in Zweifel zu ziehen, zumal selbst die Beschwerdeführerin deren Rechtskraft nicht bestreitet.

Solcherart war es nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einer Übertretung des § 14 lit. b des Landes-Polizeigesetzes schuldig erkannte.

Die Beschwerde ist indes begründet, soweit sich diese gegen die Strafhöhe richtet.

Nach der Anordnung des § 19 Abs. 1 lit. a Landes-Polizeigesetz, begeht, wer einem im § 14 leg. cit. festgelegten Verbot zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei Vorliegen von besonders erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafe nebeneinander verhängt werden.

Gemäß dem § 19 Abs. 1 VStG 1950, in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 117, ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im Grunde des Abs. 2 der bezogenen Gesetzesstelle sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches anzuwenden.

Der Gesetzgeber hat im § 19 VStG 1950 in der geltenden Fassung den für die Strafbemessung maßgeblichen Sinn des Gesetzes in verfassungskonformer Weise (Verfassungsgerichtshof u. a. VfSlg. 5240, 5810, 5980), sohin in einer Form zum Ausdruck gebracht, die dem Verwaltungsgerichtshof im Einzelfall eine verlässliche Beurteilung der Frage ermöglicht, ob vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde.

Der Umstand, wonach die VStG-Novelle, BGBl. Nr. 117/1978, erst im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides dem Rechtsbestand angehörte, steht ihrer Anwendung auf den Beschwerdefall in Hinsicht darauf nicht entgegen, dass der § 19 VStG 1950 den Anwendungsfällen des § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes zuzuordnen ist; enthält doch § 19 VStG 1950 in der hier in Betracht kommenden Fassung lediglich Bestimmungen über die Strafbemessung.

Nach der Anordnung des § 60 AVG 1950 - diese Bestimmung gilt zufolge § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren - sind in der Begründung eines Bescheides die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu wiederholten Malen dargetan hat, ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung; im Zusammenhang sei unter anderem auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1846/65, unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Im Grunde des Art. 130 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, so auch in seinen Erkenntnissen vom , Slg. NF. 8134/A, vom , Slg. NF. 4501/F, und vom , Zl. 1513/74, ausgeführt hat, in der Begründung ihres Bescheides, die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist. In diesem Zusammenhang wird auch der hier rechtserhebliche Auffälligkeitsgrad des Verhaltens in der Öffentlichkeit, das der Beschwerdeführerin als Ausübung der Prostitution zur Last gelegt wurde, darzutun sein. Im Zusammenhang sei auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 3273/78, unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen.

Da die belangte Behörde es unterließ, ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun - das ist im Beschwerdefall die Beantwortung der gemäß dem § 19 Abs. 1 VStG 1950 rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat -, vernachlässigte sie es, die Grundlagen für die Bemessung der Strafe im Sinne der eben zitierten Gesetzesstelle aufzuzeigen. Da sie weiters neben dem objektiven Kriterium des Unrechtsgehaltes der Tat auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat (§ 19 Abs. 2 VStG 1950 in Verbindung mit § 32 StGB) - von den beiden Vorstrafen abgesehen - unerörtert ließ, entzog sie den angefochtenen Bescheid in Hinsicht auf die Strafzumessung der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts darüber, ob sie von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie insoweit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser war daher, soweit er den Strafausspruch betrifft, gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde nach dem § 42 Abs. 1 leg. cit. als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §45 Abs2;
LPolG Tir 1976 §14 litb;
VStG §19;
Schlagworte
Geldstrafe und Arreststrafe
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1980:1978003461.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-59368