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VwGH 12.09.1979, 3450/78

VwGH 12.09.1979, 3450/78

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO Stmk 1968 §1;
BauO Stmk 1968 §18;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §8;
RS 1
Ausführungen zur Zulässigkeit von Auflagen in Widmungsbescheiden (hier: Verbot der Lagerung von Gegenständen aller Art auf Freiflächen ist unzulässig).
Norm
BauO Stmk 1968 §8;
RS 2
§ 8 BauO Stmk räumt der Behörde nur die Möglichkeit ein Freiflächen festzusetzen. Die Behörde ist jedoch nicht berechtigt Gebote oder Verbote in Form von Auflagen zu statuieren.

Entscheidungstext

Beachte

Fortgesetztes Verfahren:

1902/79 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Forster, über die Beschwerde der OHG N in G, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 17-K-10.676/8- 1978, betreffend Vorschreibung in einer Widmungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seiner Vorschreibung "Lagerungen sind ausschließlich in der geschlossenen Lagerhalle vorzunehmen" wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.290,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz der Beschwerdeführerin die Widmungsbewilligung für das Grundstück 2143/2, inneliegend in EZ. 1054 des Grundbuches der Katastralgemeinde X, unter gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen. Unter anderem war in Punkt 13) unter dem Titel "Abstell- und Lagerungsverbot" angeordnet worden:

"Auf der nichtbebauten Fläche des Bauplatzes ist das Abstellen und die Lagerung von Gegenständen aller Art unzulässig."

In ihrer gegen die Vorschreibungen Punkt 7) und 13) erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, Punkt 13) ersatzlos aufzuheben. Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens gab der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der Berufung gegen die Auflage Punkt 13) keine Folge, änderte jedoch von Amts wegen diese Vorschreibung wie folgt ab: "13.) Außer den notwendigen Zufahrts- und Gehwegen ist der Kfz-Abstellplatz im nördlichen Bereich des Grundstückes Nr. 2143/2 zu situieren. Die nicht als Verkehrsflächen benötigten Freiflächen sind zu begrünen und zu bepflanzen. Lagerungen sind ausschließlich in der geschlossenen Lagerhalle vorzunehmen." Begründend vertrat die Gemeindebehörde die Ansicht, die Auflage stütze sich auf die Bestimmungen der §§ 3 und 9 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, wonach bei allen Bauvorhaben insbesondere Lage und Größe der Freiflächen (Höfe, Grünflächen, Abstellplatz für Kraftfahrzeuge u. dgl.) vorzuschreiben seien. Die Beschwerdeführerin habe ausdrücklich um eine dem Zweck des geplanten Betriebes entsprechende geschlossene Lagerhalle angesucht. Um Lagerungen außerhalb derselben sei nicht ersucht worden und die Behörde hätte einem solchen Antrag nicht ihre Zustimmung gegeben, weil die Wahrung des öffentlichen Interesses an der äußeren Erscheinung eines Baues und seiner Außenanlagen gemäß § 18 leg. cit. eine wichtige Aufgabe bilde, die sie im Sinne des Gesetzes durch Mitwirkung geeigneter Sachverständiger bewältige und ihre Planungsabsichten durch entsprechende Auflagen fixiere.

In ihrer Beschwerde erachte sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid dadurch in ihren Rechten verletzt, weil das Verbot der Lagerung im Freien ausgesprochen werde, obwohl die Steiermärkische Bauordnung für ein solches Verbot keine gesetzliche Grundlage bilde und die Beschwerdeführerin um eine solche Lagerung gar nicht "eingekommen" sei.

Über die Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin bekämpft ausdrücklich nur jenen Teil des angefochtenen Bescheides, welcher die Vorschreibung zum Gegenstand hat, Lagerungen ausschließlich in der geschlossenen Lagerhalle vorzunehmen. Sie vertritt die Ansicht, die Frage, ob Lagerungen im Freien zulässig seien, hätte die Behörde nur prüfen dürfen, wenn eine solche Lagerung Gegenstand des Antrages um Erteilung der Widmungsbewilligung gewesen wäre. Antragsgegenstand sei aber die Widmung des Grundstückes für die Errichtung einer geschlossenen Lagerhalle. Das Verbot greife auch unzulässigerweise in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin ein, weil einem späteren Ansuchen um Ausweitung der Verwendungsmöglichkeit im Sinne einer Lagerung im Freien entschiedene Sache entgegengehalten werden könnte. Es sei ein untauglicher Versuch, aus dem Inhalt des Widmungsansuchens auf die Berechtigung eines solchen "flankierenden" Verbotes zu schließen. Die Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968 geben keine Grundlage für das Verbot von Lagerungen im Freien. Die generelle Verbotsnorm stelle eine rechtswidrige Präjudizierung der Verwendungsmöglichkeit dar.

Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass Gegenstand des Bauvorhabens der Beschwerdeführerin die Widmung eines Grundstückes zu einem Bauplatz war, auf dem die von ihr beabsichtigte Lagerhalle errichtet werden soll, die Baubehörde also nicht nur die Frage der Zulässigkeit der Lagerhalle zu prüfen hatte. Nach § 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO), LGBl. Nr. 149, hat die Behörde hiebei die Lage und Beschaffenheit der Grundflächen im Hinblick auf ihre zukünftige Verwendung als Bauplatz zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen für eine Widmung nach § 1 vor, ist nach § 3 Abs. 2 BO, unbeschadet des § 8 des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 329, über die Flächennutzungs- und Bebauungspläne, die Widmungsbewilligung zu erteilen. In der Widmungsbewilligung sind nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle der Verwendungszweck der Bauten, die Straßenfluchtlinien, die Baufluchtlinien, die Baugrenzlinien, die Höhenlage der Bauwerke und angrenzenden Verkehrsflächen, die Bebauungsweise, die Bebauungsdichte, der Bebauungsgrad, das Mindest- und Höchstmaß der Gebäudehöhe, die Abstände von anderen Gebäuden und von den Grundgrenzen, Lage und Größe der Freiflächen (Höfe, Gärten, Kinderspielplätze, Abstellflächen für Kraftfahrzeuge u. dgl.), die Grundabtretung für Verkehrsflächen sowie die von der Widmung erfasste Grundfläche festzusetzen. Diese gesetzliche Regelung gestattet es der Baubehörde, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausführt, in die Willensbildung des Widmungswerbers gestaltend einzugreifen, also auch Festsetzungen vorzusehen, die nicht Gegenstand des Antrages des Widmungswerbers sind. Mit der Problematik der Grenzen solcher Festsetzungen und Vorschreibungen hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom , Z1. 2660/77, eingehend auseinander gesetzt; auf die Bestimmungen des Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, wird hingewiesen.

Für den vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich aus § 3 Abs. 2 BO eindeutig, dass die Baubehörde berechtigt war, Lage und Größe von Freiflächen festzusetzen. Hinsichtlich Freiflächen normiert § 8 Abs. 1 BO, in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1976, LGBl. Nr. 61, ausdrücklich, dass bei allen Bauführungen ausreichende, dem Verwendungszweck und der Lage des Baues entsprechende Freiflächen (Höfe, Gärten, Zufahrten, Abstellplätze für Kraftfahrzeuge, Kinderspielplätze u. dgl.) zu schaffen und zu erhalten sind. Voraussetzung für die Festsetzung derartiger Freiflächen ist also keinesfalls eine entsprechende Antragstellung des Widmungswerbers. In diesem Sinne wurde im angefochtenen Bescheid angeordnet, die nicht als Verkehrsflächen benötigten Freiflächen zu begrünen und zu bepflanzen. Die Frage, ob diese Anordnung der Rechtslage entsprach, hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, weil die Beschwerdeführerin diese Anordnung nicht bekämpft hat und eine Prüfung des angefochtenen Bescheides lediglich im Rahmen der Bestimmungen des § 41 Abs. 1 VwGG 1965 zu erfolgen hat. Die Normierung einer gärtnerischen Ausgestaltung ist nach § 8 BO in Verbindung mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes an sich jedoch jedenfalls zulässig.

Die Baubehörde hat nun offensichtlich auf Grund der Normierung des § 8 Abs. 1 BO Freiflächen zu erhalten, die bekämpfte Vorschreibung als gerechtfertigt angesehen, also festzusetzen, dass Lagerungen ausschließlich in der geschlossenen Lagerhalle vorzunehmen sind. Die Verpflichtung, Freiflächen zu schaffen und zu erhalten, berechtigt jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Baubehörde nicht, ganz allgemein vorzuschreiben, Lagerungen ausschließlich in einer geschlossenen Lagerhalle vorzunehmen, handelt es sich doch bei einer solchen Normierung um eine solche, die bereits den Betrieb der Beschwerdeführerin betrifft, für den also im Zweifelsfall eine Zuständigkeit der Baubehörde nicht anzunehmen ist. § 8 BO räumt der Baubehörde nur die Möglichkeit ein, Freiflächen festzusetzen, nicht aber berechtigt diese Gesetzesstelle die Behörde, Gebote oder Verbote in Form von Auflagen zu statuieren. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf das im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholte Gutachten des Stadtplanungsamtes vom verweist und der Meinung Ausdruck verleiht, in diesem Gutachten werde schlüssig dargelegt, dass infolge der begrenzten Ausdehnung des Bauplatzes und seiner Figuration entsprechend dem Verwendungszweck der Widmung einschließlich der Aufschließungsgegebenheiten für den engeren Bereich des Widmungsareals keine Möglichkeit einer Lagerung im Freien mehr gegeben sei, können diese Ausführungen bei der gegebenen Rechtslage keine andere Entscheidung herbeiführen. Überdies enthält das im Akt erliegende erwähnte "Gutachten" lediglich die nicht näher begründete Forderung, bezüglich der Freiflächen zusätzlich festzulegen, dass außer den notwendigen Zufahrts- und Gehwegen nordseitig der erforderliche PKW-Abstellplatz zu situieren sei, alle übrigen Freiflächen zu begrünen bzw. zu bepflanzen seien und Lagerungen nur im geschlossenen Objekt vorzusehen seien. Mit dem Hinweis auf dieses Gutachten konnte daher dem Beschwerdevorbringen nicht zu Recht entgegengetreten werden.

Auch auf § 18 BO konnte die bekämpfte Vorschreibung nicht zu Recht gestützt werden. Diese gesetzliche Bestimmung beschäftigt sich mit der äußeren Gestaltung der Bauten und ordnet an, dass bei der äußeren Gestaltung der Neu-, Zu- und Umbauten (Fassade, Proportionen, Dachform, Dachdeckung, Farbgebung u. dgl.) auf die Eigenart des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes, auf Denkmale und hervorragende Naturgebilde Rücksicht zu nehmen ist. Wie schon der gesetzlichen Textierung zu entnehmen ist, kann diese Regelung nur bei der Frage der äußeren Gestaltung der Bauten eine Rolle spielen, nicht jedoch bei der Frage, ob die bekämpfte Vorschreibung sich als zulässig erweist oder nicht. Auf diese gesetzliche Bestimmung konnte sich daher die belangte Behörde nicht zu Recht berufen. Da die in Beschwerde gezogene Vorschreibung auch nicht als Auflage im Sinne des § 3 Abs. 3 BO beurteilt werden kann, die der Sicherung der im § 1 Abs. 1 und 2 festgelegten Voraussetzungen für die Eignung eines Grundes zu einem Bauplatz dient, wurde doch eine solche Eignung auch von der Baubehörde nicht in Zweifel gezogen, trifft die Auffassung der Beschwerdeführerin zu, dass den Bestimmungen der Bauordnung eine gesetzliche Grundlage für das in den Bescheid aufgenommene Gebot nicht entnommen werden kann. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Teil des in Beschwerde gezogenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am

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Normen
BauO Stmk 1968 §1;
BauO Stmk 1968 §18;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §8;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1978003450.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-59363