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VwGH 12.10.1955, 3282/54

VwGH 12.10.1955, 3282/54

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §8
BauRallg
LandbauO Slbg 1952 §10 Abs3
RS 1
Parteistellung kommt nicht nur dem Anrainer, das ist derjenige, dessen Liegenschaftsbesitz mit der zur Bebauung bestimmten Liegenschaft eine gemeinsame Grundgrenze (Rain) besitzt, sondern auch demjenigen zu, in dessen Rechtssphäre eingegriffen wird (Hinweis E , 1311/51 und E , 3188/53, VwSlg 3458 A/1954).
Normen
AVG §8
BauRallg
LandbauO Slbg 1952 §10 Abs3
RS 2
Als Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft - der zur Geltendmachung der Anrainerrechte im Baubewilligungsverfahren (hier nach der Salzburger Landbauordnung) legitimiert ist - ist nicht nur derjenige anzusehen, dessen Eigentumsrecht im Grundbuch einverleibt ist, sondern auch derjenige, der das Eigentum an der Liegenschaft auf Grund eines Rechtstitels erlangt hat, der ihm unabhängig von der Einverleibung des Eigentumsrechtes das Eigentum verschafft hat. Als solche Titel kommen sowohl privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche in Betracht.
Normen
AVG §8
BauRallg
LandbauO Slbg 1952 §10 Abs3
RS 3
Dem Eigentümer gleichgestellt ist nur der Inhaber eines Baurechtes (nach dem Gesetz vom , RGBl Nr 86), dies aus dem Grunde, weil durch die Bestellung eines Baurechtes der Eigentümer der Liegenschaft alle seine Befugnisse, die ihm nach der Bauordnung zustehen, auf den Inhalt des Baurechtes übertragt (Hinweis E , 2853/50, VwSlg 2415 A/1952).
Normen
AVG §8
BauRallg
LandbauO Slbg 1952 §10 Abs3
RS 4
Die Rechtsstellung eines Nachbarn im Baubewilligungsverfahren besitzt überdies nur derjenige, der im Zeitpunkt der Durchführung der Bauverhandlung Eigentümer der benachbarten Liegenschaft ist.
Normen
AVG §8
BauRallg
LandbauO Slbg 1952 §10 Abs3
RS 5
Im Falle eines Eigentumswechsels (zwischen der Durchführung der Bauverhandlung und der Erteilung der Baubewilligung) tritt der neue Eigentümer im Baubewilligungsverfahren zwar in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein; diese kann aber nicht besser sein als die seines Vorgängers. So ist der neue Eigentümer wohl berechtigt, gegen die Erteilung der Baubewilligung Berufung zu erheben, falls sein Vorgänger gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erhoben hat; er kann jedoch die Baubewilligung nur mit den Gründen bekämpfen, die sein Vorgänger im Eigentum unter dem Gesichtspunkt von Einwendungen vorgebracht hat.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Kaniak, Dr. Hrdlitzka und Dr. Krzizek als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hezina als Schriftführer, über die Beschwerde des GH in S gegen den Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereich vom , Zl. 1800/4 - I - 1954, betreffend Versagung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Am suchte der Gastwirt FW mit Zustimmung der Grundeigentümerin AW - seiner Ehegattin - um die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung einer im Gasthausgarten befindlichen alten Waschküche und zur Errichtung eines neuen Waschküchengebäudes mit Holzablagen und einem Einstellraum für einen Kraftwagen auf der Liegenschaft Grundstück 322/2 in EZ. 141 des Grundbuches der Kat. Gem. X an der S-Straße in S in Salzburg an. Mit dem Bescheid des Magistrates Salzburg vom wurde gemäß § 11 der Salzburger Landesbauordnung und §§ 54 ff der Reichsgaragenordnung die baubehördliche Bewilligung für dieses Bauvorhaben unter Einhaltung der vom technischen Amtssachverständigen gemachten Vorschreibungen erteilt. Am stellte der Beschwerdeführer - der Bruder der Grundeigentümerin und angebliche künftige Eigentümer eines Teiles der Liegenschaft - bei der Baubehörde den Antrag auf Zuerkennung der Parteienstellung, Anordnung einer Bauverhandlung und sofortige vorläufige Einstellung der Bauführung. Diese Anträge wurden damit begründet, daß die Erteilung der Baubewilligung auf mangelhaften Angaben der AW bw. des FW über die Eigentumsverhältnisse am Baugrund beruhe, der Bau aus diesem Grunde direkt an der künftigen Grundgrenze ohne Berücksichtigung der vorgeschriebenen Entfernung erstellt werde und der Beschwerdeführer zu den „allfälligen Interessenten“gehöre, die nach §§ 11 und 13 der Bauordnung der Bauverhandlung beizuziehen seien. Mit dem Bescheid des Magistrates Salzburg vom werden diese Anträge abgewiesen. Die Begründung dieses Bescheides besagt, daß AW als grundbücherliche Eigentümerin des Baugrundes der Bauführung ihres Ehegatten ausdrücklich zugestimmt habe; hiedurch sei die Verfügungsberechtigung des Bauwerbers am Baugrund nach § 5 der Salzburger Landbauordnung nachgewiesen. Hinsichtlich des Antrages auf Zuziehung als sonstiger Interessent wurde bemerkt, daß im vorliegenden Falle nicht § 11 der Bauordnung für die Stadt Salzburg, sondern § 10 der Salzburger Landbauordnung in Betracht komme, weil das Gebiet der S-straße eingemeindetes Gebiet sei, und für dieses Gebiet gemäß § 5 Abs 1 der Verordnung vom , Vdg.Bl. Nr. 24, die Bauordnung für das Land Salzburg gelte. Nach der erwähnten Bestimmung seien zur Bauverhandlung nur der Bauherr, der Bauführer, der Anrainer und die vom Bauherrn benannten sonstigen Interessenten beizuziehen. Der Antragsteller sei weder Anrainer noch sei dessen Zuziehung als Interessent vom Bauwerber beantragt worden. Seine Stellung entspreche nicht dem Parteibegriff nach § 8 AVG, weil der Antragsteller nur ein wirtschaftliches Interesse infolge seines erhofften zukünftigen Eigentumsrechtes nachweisen könne. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer die Berufung ein, der mit dem Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom keine Folg gegeben wurde. Die gegen diese Berufungsentscheidung eingebrachte Berschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid zunächst wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, indem er behauptet, es sei nicht festgestellt worden, daß er seit im Besitze der Aufsandungsurkunde zur grundbücherlichen Übertragung der nachbarlichen Liegenschaft in sein Eigentum sei. Die grundbücherliche Übertragung habe sich nur wegen einer hypothekarischen Belastung verzögert. Ferner sei nicht festgestellt worden, ob die Waschküche für den gewerblichen Betrieb des Bauwerbers und der Grundeigentümerin gehöre. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer in der Verneinung seiner Parteistellung ungeachtet des Umstandes, daß er als Besitzer und Inhaber der Grundstücke bereits faktisch Anrainer sei, woraus sich eben seine Parteienstellung ergebe. Im gewerbebehördlichen Verfahren komme nicht zur den dinglich, sondern auch den bloß obligatorisch Berechtigten Parteienstellung zu. Hiezu ist folgendes zu sagen:

§ 10 Abs. 3 der Salzburger Landbauordnung, die im vorliegenden Falle zur Anwendung kommt, bestimmt, daß zur Verhandlung vorzuladen sind: Der Bauherr, der Bauführer, die Anrainer und, wenn der Bauherr die Zuziehung sonstiger von ihm benannter Interessenten beantragt, auch diese. Da im vorliegenden Baufall der Bauherr die Zuziehung des Beschwerdeführers nicht beantragt hat, könnte die Parteienstellung des Beschwerdeführers nur gegeben sein, falls er als Anrainer der zur Verbauung gelangenden Liegenschaft anzusehen wäre. Nun enthält die Salzburger Landbauordnung (Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom , LGBl. Nr. 55) keine Legaldefinition des Anrainerbegriffes. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 1311/51, vom , Slg.N.F.Nr. 3458/A u.a,) an der Anschauung festgehalten, daß nicht bloß dem Anrainer, d.i. demjenigen, dessen Liegenschaftsbesitz mit der zur Bebauung bestimmten Liegenschaft eine gemeinsame Grundgrenze (Rain) besitzt, die Parteienstellung zukommt. Die Parteienstellung nach § 8 AVG besitzt im Baubewilligungsverfahren vielmehr auch derjenige, in dessen Rechtssphäre durch eine Bauführung eingegriffen wird. In diesem Sinne hat der Kreis der Personen, die in der Eigenschaft einer Partei zur Bauverhandlung zu laden sind, über die Figur des Anrainers, wie er z. B. in der Bauordnung für das Land Salzburg in Erscheinung tritt, eine Erweiterung erfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in den vorangeführten Erkenntnissen und auch in anderen (z. B. in dem Erkenntnis vom , Zl. 2011/52) gleichfalls an dem Grundsatz festgehalten, daß zur Geltendmachung der Anrainerrechte im Baubewilligungsverfahren immer nur der Eigentümer einer Liegenschaft legitimiert ist. Als Eigentümer ist allerdings - hier ist dem Beschwerdeführer beizupflichten - nicht nur derjenige anzusehen, dessen Eigentumsrecht im Grundbuch einverleibt ist, sondern auch derjenige, der das Eigentum an der Liegenschaft auf Grund eines Rechtstitels erlangt hat, der ihm unabhängig von der Einverleibung des Eigentumsrechtes das Eigentum verschafft hat. Als solche Titel kommen sowohl privatrechtliche (außerbücherliche Ersitzung, Einantwortung der Erbschaft, Zuschlag im Falle der Zwangsversteigerung) als auch öffentlich-rechtliche Titel (Erwerb auf Grund des § 3 der 11. Verordnung im Reichsbürgergesetz vom , DRGBl. I S. 722, Enteignung im Betracht. Dem Eigentümer gleichgestellt ist nur der Inhaber eines Baurechtes (nach dem Gesetz vom , RGBl. Nr. 86), dies aus dem Grunde, weil durch die Bestellung eines Baurechtes der Eigentümer der Liegenschaft alle seine Befugnisse, die ihm nach der Bauordnung zustehen, auf den Inhaber des Baurechtes überträgt (vgl. hiezu das von dem gleichen Gedanken getragene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg.N.F.Nr. 2415/A). Die Rechtstellung eines Nachbarn im Baubewilligungsverfahren besitzt überdies nur derjenige, der im Zeitpunkte der Durchführung der Bauverhandlung Eigentümer der benachbarten Liegenschaft ist. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des § 42 AVG, wonach Einwendungen, die spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung oder während den Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Nur in diesem Zeitpunkte kann der Nachbar seine aus der Parteienstellung im Baubewilligungsverfahren erfließenden Rechte geltend machen. Im Falle eines Eigentumswechsels (zwischen der Durchführung der Bauverhandlung und der Erteilung der Baubewilligung) tritt der neue Eigentümer im Baubewilligungsverfahren zwar in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein; diese kann aber nicht besser sein als die seines Vorgängers. So ist der neue Eigentümer wohl berechtigt, gegen die Erteilung der Baubewilligung Berufung zu erheben, falls sein Vorgänger gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erhoben hat; er kann jedoch die Baubewilligung nur mit den Gründen bekämpfen, die sein Vorgänger im Eigentum unter dem Gesichtspunkt von Einwendungen vorgebracht hat.

Da der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, im Zeitpunkte der Durchführung der Bauverhandlung (am ) Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft gewesen zu sein, hat die belangte Behörde mit Recht seine Parteienstellung und alle weiteren aus dieser Stellung sich ergebenden Rechte verneint. Die Abweisung der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge durch den Stadtmagistrat Salzburg und die Aufrechterhaltung dieser Entscheidung durch die belangte Behörde kann daher an sich nicht rechtswidrig sein. Aus diesen Erwägungen folgt auch, daß eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht gegeben sein kann, weil im Zeitpunkt der Bauverhandlung alle für die Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen erforderlichen Sachverhaltselemente klargestellt waren.

Wenn der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin erblickt, es sei nicht festgestellt worden, daß es sich bei der geplanten Waschküche um eine gewerblichen Zwecken dienende Waschküche handle, in welchem Falle ihm auf Grund der gewerberechtlichen Vorschriften die Parteienstellung zukomme, so übersieht er, daß durch den angefochtenen Bescheid nur über seine Parteienstellung im baubehördlichen Verfahren abgesprochen wurde. Die Parteienstellung im gewerbebehördlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer bei der Gewerbebehörde, nicht aber bei der Baubehörde geltend zu machen.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am

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Normen
AVG §8
BauRallg
LandbauO Slbg 1952 §10 Abs3
Sammlungsnummer
VwSlg 3847 A/1955
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Baurecht Nachbar übergangener Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar Diverses BauRallg5/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1955:1954003282.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-59295