VwGH 29.04.1981, 3279/78
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | KOVG 1957 §12 Abs2; KOVG 1957 §52 Abs2; |
RS 1 | Ausführungen darüber, daß durch die auf § 52 Abs 2 KOVG gegründete Neubemessung der Zusatzrente der frühere Zusatzrentenbescheid mit Wirkung von dem im Neubemessungsbescheid verfügten Zeitpunkt an beseitigt wurde. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
0536/79
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Liska, Dr. Griesmacher und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klug, über die Beschwerde des KA in H, vertreten durch Dr. Herbert Machatschek, Rechtsanwalt in Wien VII, Burggasse 28 - 32, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. OB 114-112.970-009, betreffend Kriegsopferversorgung (Wiederaufnahme des Verfahrens, Einstellung der Zusatzrente und Frauenzulage), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, soweit mit dem Bescheid die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom abgeschlossenen Verfahrens verfügt und in der Sache, einschließlich Feststellung der Ungebühr, entschieden wurde; im übrigen (Wiederaufnahme des mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom Jänner 1976 abgeschlossenen Verfahrens) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland sprach mit dem auf Antrag des Beschwerdeführers vom ergangenen Bescheid vom aus, daß gemäß § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1 und § 67 KOVG 1957 dem Beschwerdeführer eine Zusatzrente zuerkannt wird, daß die Zuerkennung gemäß § 51 Abs. 1 KOVG 1957 mit wirksam wird und daß die Zusatzrente monatlich ab S 681,-- und ab S 693,-- beträgt. Schließlich wurde mit diesem Bescheid dem Beschwerdeführer zu der Zusatzrente gemäß § 17 KOVG 1957 für seine Ehefrau Maria A. eine Frauenzulage von monatlich S 152,-- zuerkannt.
Mit dem am abgefertigten Bescheid vom Jänner 1976 sprach das Landesinvalidenamt aus, daß die dem Beschwerdeführer gewährte Zusatzrente gemäß § 12 Abs. 2, 3 und 6, § 13, § 52 Abs. 3 Z. 4 und § 67 KOVG 1957 ab monatlich S 848,-- und daß die dem Beschwerdeführer zur Zusatzrente gewährte Frauenzulage ab gemäß §§ 17 und 67 KOVG monatlich S 188,-- beträgt.
Im Jahre 1978 erlangte das Landesinvalidenamt Kenntnis davon, daß der Beschwerdeführer eine Firmenpension bezieht. Mit Bescheid vom verfügte das Landesinvalidenamt die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens sowie die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b und Abst. 3 AVG 1950 in Verbindung mit § 86 Abs. 1 KOVG 1957 von Amts wegen und änderte unter einem diese beiden Bescheide dahin ab, daß die Zusatzrente und die Frauenzulage gemäß § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1 und 5, § 17 und § 52 KOVG 1957 mit Wirkung vom entzogen wird, schließlich sprach es aus, daß die in der Zeit vom bis geleistete Zusatzrente und Frauenzulage im Betrage von S 52.897,-- nicht gebührt hat. In der Begründung dieses Bescheides führte das Landesinvalidenamt zunächst aus, es sei in den beiden im Spruch genannten Bescheiden davon ausgegangen worden, daß der Beschwerdeführer über Einkünfte aus einer landwirtschaftlichen Liegenschaft mit einem Einheitswert von S 5.000,-- (Übergabe) in der - im einzelnen angegebenen - Höhe sowie aus einer Alterspension von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in der - ebenfalls im einzelnen angegebenen - Höhe verfügt habe. Die Behörde stellte fest, daß der Beschwerdeführer ab außerdem eine Firmenpension in der Höhe von S 870,--, ab in der Höhe von S 953,--, ab in der Höhe von S 1.034,-- und ab in der Höhe von S 1.110,-- beziehe. Auf der Grundlage dieser Einkünfte gelangte die Behörde zu der Feststellung, daß das monatlich anrechenbare Einkommen in den jeweils in der Bescheidbegründung angeführten Zeiträumen die für den Anspruch auf Zusatzrente gemäß § 35 Abs. 3 KOVG vorgesehene Einkommensgrenze - diese wird in der Bescheidbegründung jeweils im einzelnen angeführt - überstiegen hat. Da der Beschwerdeführer die Zuerkennung der Firmenpension dem Amt nicht gemeldet habe, erst durch eine Mitteilung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter habe die Behörde davon Kenntnis erlangt, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Über die Verpflichtung zum Rückersatz des Übergenusses werde gesondert entschieden werden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß es sich bei den von ihm bezogenen Zuwendungen nicht um eine Pension, sondern um eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung seitens der Firma handle. Da die Entscheidung des Landesinvalidenamtes nicht der Zeit entspreche, werde ersucht, den Bescheid zu beheben und auszusprechen, daß die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht gegeben sind und auch ein ungebührlicher Bezug in Höhe von S 52.897,-- nicht vorliege.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im wesentlichen mit folgender Begründung: Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer in Verletzung der gemäß § 53 KOVG 1957 auferlegten Anzeigepflicht den seit gezahlten Pensionszuschuß dem Landesinvalidenamt nicht gemeldet habe und diese Änderung in den Einkommensverhältnissen dem Landesinvalidenamt nach Rechtskraft der beiden Bescheide vom und vom bekannt geworden sei. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme seien somit aus den im erstinstanzlichen Bescheid genannten Gründen gegeben. Im Gegensatz zu den Berufungseinwendungen stelle dieser Pensionszuschuß keine freiwillige Zuwendung dar, sondern sei als Einkommen gemäß § 13 KOVG 1957 anzusehen. Da bei der Anrechnung dieses Pensionszuschusses in Verbindung mit der Pension von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und dem Einkommen aus der Übergabe landwirtschaftlichen Besitzes das gemäß § 13 KOVG 1957 anrechenbare Einkommen nach der zutreffenden erstinstanzlichen Berechnung die Einkommensgrenze gemäß § 12 Abs. 2 KOVG 1957 seit dem überschreite, entspreche auch die mit Wirkung vom verfügte Einstellung der Zusatzrente und Frauenzulage der Sach- und Rechtslage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf richtige Anwendung der Bestimmung des § 69 AVG 1950 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten. § 69 Abs. 3 AVG 1950 bestimmt, daß unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden kann. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 lit. a stattfinden. Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht gemäß § 69 Abs. 4 der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.
Im Beschwerdefall hat das Landesinvalidenamt von Amts wegen auf der rechtlichen Grundlage des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 zwei jeweils durch Bescheid abgeschlossene Verfahren wieder aufgenommen, nämlich das mit Bescheid des Landesinvalidenamtes vom abgeschlossene und das mit Bescheid des Landesinvalidenamtes vom Jänner 1976 - dieser Bescheid wurde am abgefertigt und wird von der Behörde als "Bescheid vom " bezeichnet - abgeschlossene Verfahren. Der zuerst genannte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach seinem durch den Akteninhalt gedeckten Vorbringen am zugestellt und somit mit diesem Zeitpunkt erlassen. Da nach der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 69 Abs. 3 zweiter Satz AVG 1950 die Wiederaufnahme des Verfahrens nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 lit. a verfügt (oder bewilligt) werden darf, die Behörde die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht auf diese Gründe, sondern auf den Tatbestand des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 gegründet und erst nach Ablauf der dreijährigen Frist verfügt hat, ist der angefochtene Bescheid in diesem Umfang inhaltlich rechtswidrig. Nicht entscheidend ist, ob die Behörde allenfalls die Wiederaufnahme dieses Verfahrens - dies wird in der Gegenschrift unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Beschwerde erörtert bei der gegebenen Sachlage auf die lit. a des § 69 Abs. 1 AVG 1950 hätte stützen können. Entscheidend ist vielmehr, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, daß die Behörde den Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 in ihrem Bescheid herangezogen hat.
Die Wiederaufnahme des mit dem Bescheid vom Jänner 1976 abgeschlossenen Verfahrens wird von der Beschwerde ausschließlich mit der Begründung als inhaltlich rechtswidrig bekämpft, daß es sich bei diesem Bescheid nicht um die grundsätzliche Zuerkennung der Zusatzrente und Frauenzulage gehandelt habe, sondern damit lediglich die Änderung der Höhe der Zusatzrente infolge der durch das Gesetz erfolgten Änderung der Höhe der Zusatzrente (Rentendynamisierung) bestimmt worden sei. Grundlage dieses Bescheides ist nach Auffassung der Beschwerde der bereits genannte Bescheid des Landesinvalidenamtes vom , mit dem dem Beschwerdeführer die Zusatzrente in der jeweils geltenden Fassung des Gesetzes (Bestimmung der Höhe derselben) zuerkannt worden sei. Könne daher, so führt die Beschwerde weiter aus, der Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer die Rente grundsätzlich zuerkannt worden sei, nicht behoben werden, dann könne auch ein späterer Bescheid über die Änderung der Höhe der Zusatzrente nicht aufgehoben werden, weil dem Beschwerdeführer auf Grund des Bescheides vom die Zusatzrente in jeweils gesetzlicher Höhe zusteht. Der Bescheid vom Jänner 1976 teilt nach Ansicht der Beschwerde rechtlich das Schicksal des Bescheides vom . Der Beschwerde kommt in diesem Punkt keine Berechtigung zu.
Der Bescheid des Landesinvalidenamtes vom enthält die auf Antrag des Beschwerdeführers ausgesprochene unbefristete Zuerkennung der Zusatzrente und der Frauenzulage jeweils mit Wirkung vom an, wobei die monatliche Höhe der Zusatzrente für die Zeit vom an und dann für die Zeit vom an festgesetzt wurde. Der im Februar 1976 ergangene Bescheid des Landesinvalidenamtes, der sich unter anderem auf § 52 Abs. 3 Z. 4 KOVG 1957 beruft, hat die Zusatzrente und Frauenzulage mit Wirkung vom an, ebenfalls unbefristet, neu festgesetzt. Allein daraus, daß der erste Bescheid die unbefristete Zuerkennung von Zusatzrente und Frauenzulage ausgesprochen und der zweite Bescheid Zusatzrente und Frauenzulage dem Beschwerdeführer gegenüber von einem bestimmten Zeitpunkt an, nämlich vom an, ebenfalls unbefristet neu bemessen hat, ergibt sich, daß die seinerzeitige unbefristete Zuerkennung dieser Versorgungsleistungen mit Wirkung vom durch den zweiten Bescheid beseitigt worden und dieser zweite Bescheid für den Zeitraum ab dem die einzige normative individuelle Grundlage für Zusatzrente und Frauenzulage des Beschwerdeführers ist. Nur der Vollständigkeit halber sei auch auf § 52 KOVG 1957 - die Behörde hat sich im Bescheid vom Jänner 1976 wie erwähnt auch auf § 52 Abs. 3 Z. 4 berufen - hingewiesen. Diese von der Behörde durch die Erlassung des Bescheides vom Jänner 1976 vollzogene gesetzliche Regelungen lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß ein früherer Rentenbemessungsbescheid nicht, wie die Beschwerde meint, zu dem späteren Bescheid über die Neubemessung der Rente gemäß § 52 Abs. 2 und 3 KOVG 1957 im Verhältnis eines Grundlagenbescheides zu einem abgeleiteten Bescheid steht. Die von der Beschwerde gegen diese Wiederaufnahme des Verfahrens geltend gemachten Einwendungen - das Vorliegen des Tatbestandes des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 wird von der Beschwerde nicht bestritten - bestehen daher nicht zu Recht.
Die Behörde hat die Wiederaufnahme mit der Sachentscheidung verbunden und ausgesprochen, daß Zusatzrente und Frauenzulage mit Wirkung vom "entzogen" werden. Diese Sachentscheidung ist, da die Wiederaufnahme des mit dem Bescheid vom rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens unzulässig war, ebenso wie der Ausspruch über die Ungebühr eines Betrages in Höhe von S 52.897,-- aufzuheben. Bemerkt sei, daß - wäre die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens zulässig - die Sachentscheidung richtigerweise im Hinblick auf den zuvor genannten Bescheid auf Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Zusatzrente und Frauenzulage hätte lauten müssen.
Aus diesen Erwägungen ist die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom abgeschlossenen Verfahrens und gegen die Sachentscheidung richtet, begründet und der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Im übrigen ist die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am
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Normen | KOVG 1957 §12 Abs2; KOVG 1957 §52 Abs2; |
Schlagworte | Leidenszustand Maßgebende Veränderung Anspruch auf Einschätzung nach KOVG §7 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1981:1978003279.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-59292