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VwGH 11.06.1981, 3182/80

VwGH 11.06.1981, 3182/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Auch wenn die Vertragsparteien ein Bestandverhältnis auf eine gesetzlich vorgesehene Dauer vereinbaren und beurkunden, ergibt sich gem § 17 Abs 1 GebG die Gebühr für das Rechtsgeschäft so, wie es beurkundet ist.
Norm
RS 2
Auch wenn die Fortsetzung eines auslaufenden, befristeten Bestandverhältnis durch Nachtrag vereinbart wird, ist die darin beurkundete Verlängerung des Bestandverhältnisses entsprechend der neu vereinbarten Bestanddauer zu vergebühren.
Norm
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 idF 1976/668;
RS 3
Auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge, bei denen zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart wurde, sind für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für die anschließende unbestimmte Zeit als solche von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren sind (Hinweis E , 2193/70; E , VwSlg 4340 F/1972; E , 796/71; E , VwSlg 4941 F/1976; E , VwSlg 5271 F/1978; E , VwSlg 3058 F/1964; E , VwSlg 3190 F/1964).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Müller über die Beschwerde der F Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Karl Schachner, Rechtsanwalt in Wien IV, Favoritenstraße 4-6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 167-6/80, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin als Bestandnehmerin schloß am mit Dipl.-Ing. Anton H. und Brigitte H. als Bestandgeber einen am dem zuständigen Finanzamt angezeigten, aktenkundigen Mietvertrag. Das Mietverhältnis wurde danach unkündbar auf die Dauer von sieben Jahren ab dem abgeschlossen und endete laut Vertrag nach Ablauf dieser Zeit, ohne daß es einer vorherigen Kündigung bedurfte. Der Vertragsabschnitt über Mietdauer und Kündigung enthält weiters folgende, für die Lösung des Beschwerdefalles relevante Regelungen:

"Dieser Mietvertrag unterliegt nach § 1 Abs. 3 Z. 1 Mietengesetz nicht den Bestimmungen des Mietengesetzes in der Fassung des Mietrechtsänderungsgesetzes 1967. Er unterliegt auch insbesonders nicht den Kündigungsbeschränkungen des Mietengesetzes.

………

Unbeschadet der Beendigung des Mietverhältnisses per erklären sich die Vermieter über Wunsch der Mieterin bereit, wegen einer allfälligen Verlängerung des Mietverhältnisses sechs Monate vor Ablauf der Vertragsdauer in Verhandlungen einzutreten, die eine eventuelle Verlängerung dieses Mietverhältnisses zum Gegenstand haben. Die Vermieter erklären sich auch bereit, für den Fall einer Weitervermietung der Mieterin ein Vormietrecht einzuräumen, das heißt, die Mieterin in erster Linie als neue Bestandnehmerin zu berücksichtigen, falls die Vermieter das Bestandobjekt auch nach dem vermieten sollten."

Die Rechte und Verbindlichkeiten aus dem Vertrag gingen einer weiteren Vertragsklausel zufolge innerhalb der vereinbarten Vertragsdauer sowohl auf der Vermieter- als auch auf der Mieterseite auf den jeweiligen Rechtsnachfolger über.

In einer Vereinbarung vom 10. August/ ist festgehalten, daß Dipl.-Ing. Anton H. und Brigitte H. vormals Hälfteeigentümer des gegenständlichen Bestandobjektes gewesen seien und dieses auf Grund des Mietvertrages vom auf die Dauer von sieben Jahren der Beschwerdeführerin vermietet hätten. Zwischenweilig sei Brigitte H. Alleineigentümerin geworden und es wäre das Mietverhältnis mit ihr vertragsgemäß fortgeführt worden. Brigitte H. und die Beschwerdeführerin kämen "nunmehr darüber überein, daß das am 3o. Juni 1980 endigende Bestandsverhältnis mit Wirkung vom - soweit durch diese Vereinbarung nicht abgeändert - inhaltlich vollkommen gleichartig auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Die Kündigungsfrist wird nunmehr mit einem Jahr festgelegt. Die Parteien verzichten darauf, das Bestandverhältnis vor Ablauf der ersten drei Jahre aufzukündigen. Beide Parteien erklären, die Aufkündigung des Bestandes nur aus wichtigen Gründen auszusprechen."

Für diese Vereinbarung schrieb das zuständige Finanzamt der Beschwerdeführerin eine Bestandvertragsgebühr vom sechsfachen Jahresentgelt als Bemessungsgrundlage (drei Jahre bestimmte Zeit + unbestimmte Zeit) vor.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin im wesentlichen ein, laut Vertrag sei das bereits bestehende Bestandverhältnis in erster Linie auf unbestimmte Zeit fortzusetzen und hätten die Parteien im Rahmen der Fortsetzung darauf verzichtet, das Bestandverhältnis vor Ablauf der ersten drei Jahre aufzukündigen, woraus sich ergebe, daß es sich primär um ein Bestandsverhältnis auf unbestimmte Zeit handle und die Parteien lediglich gegenseitig von der Auflösung des Bestandes während der ersten drei Jahre hätten absehen wollen. Im übrigen entspräche die Vereinbarung über die Verlängerung des Rechtsverhältnisses auf unbestimmte Zeit lediglich dem Gesetz (§ 23 Abs. 2 Mietengesetz). Keinesfalls sei eine Gebührenvorschreibung von einem höheren als einem dreifachen Jahresentgelt gerechtfertigt.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. Dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 23 Abs. 2 des Mietengesetzes hielt die belangte Behörde entgegen, daß für die Gebührenfestsetzung der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgebend sei. Weiters verwies sie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag, der aber innerhalb einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile außer Kraft gesetzt werden könne, zunächst als Vertrag auf eine bestimmte Zeit und erst nach Ablauf dieser Zeit als ein Vertrag auf unbestimmte Zeit zu werten sei. Mangels Identität der Vertragsparteien auf der Vermieterseite stelle die Vereinbarung vom 10. August/ auch keinen Zusatz oder Nachtrag zum Mietvertrag vom dar.

Die gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde hat zur Beschwerde eine Gegenschrift erstattet und darin deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 TP 5 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957, in der Fassung der Gebührengesetz-Novelle 1976, BGBl. Nr. 668 (GebG), unterwirft Bestandverträge nach dem Wert einer Rechtsgebühr, wobei gemäß Absatz 3 der Gesetzesstelle bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten sind.

Ausgehend von den Erkenntnissen verstärkter Senate vom , Slg. Nr. 3058/F, und vom , Slg. Nr. 3190/F, hat der Verwaltungsgerichtshof seither in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge, bei denen aber gleich der streitgegenständlichen Vereinbarung vom 10. August/ zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart wurde, für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für die anschließende unbestimmte Zeit als solche von unbestimmter

Vertragsdauer zu vergebühren sind. Bei spielhaft seien die

Erkenntnisse vom , Zl. 2193/70, vom , Slg. Nr. 4340/F, vom , Zl. 796/71, vom , Slg. Nr. 4941/F, und vom , Slg. Nr. 5271/F) erwähnt. Übereinstimmend mit dem Schrifttum vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß diese Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten der Gebührengesetz-Novelle 1976 aussagekräftig blieb (siehe z.B. Warnung - Dorazil3, Die Stempel- und Rechtsgebühren, S.198 ff, Gaier, Kommentar zum Gebührengesetz, § 33 TP 5, RZ 36, Frotz - Hügel - Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, § 33 TP 5 B II 2 b).

Die Beschwerdeführerin zieht die Vergebührung der gegenständlichen Vereinbarung als Bestandvertrag von bestimmter Dauer entsprechend dem dreijährigen Kündigungsverzicht in der Beschwerde nicht mehr in Zweifel. Sie wendet sich aber gegen die Annahme einer zusätzlichen unbestimmten Vertragsdauer. Es handle sich um die Miete von Geschäftsräumlichkeiten, die von Gesetzes wegen und nach ständiger Rechtsprechung den Bestimmungen des Kündigungsschutzes im Sinne des Mietengesetzes zu unterstellen sei. Aus § 23 Abs. 2 des Mietengesetzes ergebe sich, daß die Fortsetzung des Bestandsverhältnisses nach Ablauf der Unkündbarkeit auf unbestimmte Zeit gar nicht hätte statuiert werden müssen, weil diese Rechtswirkung kraft der lex specialis selbsttätig eintrete. Die Beurkundung einer bereits nach dem Gesetz vorgesehenen Regelung könne keine Gebührenpflicht auslösen.

Diese Argumentation steht jedoch in Widerspruch zum aktenkundigen Bestandvertrag vom , wonach das Bestandsverhältnis nicht den Bestimmungen des Mietengesetzes unterliegt. Die Argumentation der Beschwerdeführerin könnte aber selbst dann nicht durchschlagen, wenn dem nicht so wäre. Auch wenn die Vertragsparteien ein Bestandsverhältnis auf eine gesetzlich vorgesehene Dauer vereinbaren und beurkunden, ergibt sich gemäß § 17 Abs. 1 GebG die Gebühr für das Rechtsgeschäft so, wie es beurkundet ist. Der Standpunkt der Beschwerdeführerin hätte letztlich zur Folge, daß bei Bestandsverhältnissen, für die ausschließlich eine gesetzlich vorgesehene Vertragsdauer beurkundet ist, überhaupt keine Bestandvertragsgebühr anfiele, eine Konsequenz, für die § 33 TP 5 GebG keinerlei Anhaltspunkt bietet.

Schließlich verhilft der Beschwerdeführerin auch der Hinweis auf § 21 GebG nicht zum Erfolg, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die Vereinbarung vom 10. August/ überhaupt als Zusatz oder Nachtrag im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden kann. Selbst wenn man dies nämlich annehmen wollte, könnte die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt sein.

Der normative Gehalt des § 21 GebG geht im wesentlichen dahin, im Wege des Zusatzes oder Nachtrages nur die in ihm zusätzlich begründeten Rechte und Pflichten, nicht aber auch den Inhalt des von der Änderung betroffenen ursprünglichen Rechtsgeschäftes gebührenrechtlich zu erfassen. Zusätzlich begründete oder neue Rechte und Pflichten will aber auch § 21 GebG nicht von einer Gebühr ausschließen. Von der Begründung zusätzlicher bzw. neuer Rechte und Pflichten ist jedoch im Beschwerdefall auszugehen. Das ursprüngliche befristete Bestandsverhältnis endete durch Zeitablauf, es wurde nunmehr für die Zeit danach ein vorübergehend unkündbares, grundsätzlich aber unbefristetes Bestandsverhältnis vereinbart und beurkundet. Ausgeschlossen von (neuerlicher) Vergebührung ist unter der Annahme eines Zusatzes oder Nachtrages das ursprüngliche, befristete Bestandsverhältnis, nicht hingegen die neu vereinbarte Inbestandgabe und Inbestandnahme des Bestandobjektes für die anschließende Zeit. Der Verwaltungsgerichtshof verweist in diesem Zusammenhang auch auf Warnung - Dorazil3, aaO, S. 154 ff, Gaier, aa0., § 21 RZ 13 ff, auf Frotz - Hügel - Popp, aaO., § 21 B 11/3, und die dort jeweils wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Beschwerdeführerin vermochte sohin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ihre Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221, insbesondere auf deren Art. III Abs 2.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 5601 F/1981
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1981:1980003182.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-59245