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VwGH 20.06.1958, 3103/55

VwGH 20.06.1958, 3103/55

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1939 §4 Abs4;
EStG 1953 §4 Abs4;
RS 1
Ausführungen zur steuerlichen Behandlung von Rückstellungsverlusten; Hinweis auf E , Zl 775/50, VwSlg 386 F/1951 und E , Zl 2066/54, VwSlg 1119 F/1955.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter; im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des RB in W gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI -2280/55, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 1952, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Anfangs 1938 gehörten der Offenen Handelsgesellschaft B & G drei Gesellschafter an. Von diesen waren der Beschwerdeführer RB mit 40 %, AG gleichfalls mit 40 % und der dritte Gesellschafter FV mit 20 % an dem Unternehmen beteiligt. Am wurde AG als Nichtarier aus der Gesellschaft entfernt, worauf sich die Beteiligung des Gesellschafters B auf 70 % und die des Gesellschafters V auf 30 % erhöhte. Nachdem auch V mit aus der Gesellschaft ausgeschieden war, verblieb nur mehr der Beschwerdeführer als Alleininhaber der Firma.

Im Jahre 1950 erhob der ehemalige Gesellschafter G gegen den Beschwerdeführer Rückstellungsansprüche hinsichtlich seines Gesellschaftsanteiles. Das Rückstellungsverfahren endete mit einem am vor der Rückstellungskommission abgeschlossenen Vergleich, in welchem sich der Beschwerdeführer verpflichtete, einen Betrag von S 275.000,-- zur gänzlichen Entfertigung der Rückstellungsansprüche des Rückstellungswerbers zu bezahlen.

In der Steuererklärung für das Kalenderjahr 1952 machte der Beschwerdeführer diesen Betrag von S 275.000,-- als "Rückstellungsverlust" geltend und behandelte auch die ihm im Rückstellungsverfahren erwachsenen Rechtsanwaltskosten von S 4.053,-- als Betriebsausgaben.

Das Finanzamt versagte jedoch anlässlich der Veranlagung 1952 diesen beiden Posten die Abzugsfähigkeit mit der Begründung, dass den Abwehrkosten des Rückstellungsverfahrens kein Vermögensstamm gegenüberstünde, weshalb sie einschließlich der Rechtsanwaltsspesen nicht in Abzug gebracht werden könnten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er ausführte, dass es sich im vorliegenden Fall um eine an einen lästigen Gesellschafter gezahlte Abfindung handle, welche steuerlich voll abzugsfähig sei. In einem die Berufung ergänzenden Schriftsatz brachte er dann noch vor, dass auch in dem Falle, als man den an G bezahlten Betrag nicht als Abfindung eines lästigen Gesellschafters, sondern als Tilgung eines Rückstellungsanspruches ansehen wolle, ein wesentlicher Teil der geleisteten Zahlung steuerlich abzugsfähig sei, weil auf die rückzustellenden Erträgnisse nur S 144.397.-- entfielen, während der Rest von S 130.603,-- einen auch steuerlich anzuerkennenden Rückstellungsverlust darstelle.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge, wobei sie ihre abweisende Entscheidung damit begründete, das es sich hier um einen Wiedergutmachungsfall im Sinne des Dritten Rückstellungsgesetzes handle, sodass zu prüfen sei, inwieweit der vom Beschwerdeführer geleistete Ablösebetrag, für den Vermögensstamm oder die rückzustellenden Erträgnisse geleistet worden sei.

Im vorliegenden Fall hätten nun die rückstellungspflichtigen

Gewinnanteile der Jahre 1938 bis 1951


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insgesamt
S
602.771
betragen, wovon der Beschwerdeführer
S
406.859
entnommen habe, sodass am
im Betriebsvermögensanteil des Rückstellungswerbers nicht
behobene Erträgnisse von


S


195.912
enthalten gewesen seien. Dagegen betrage der Buchwert des
rückzustellenden 40%igen OHG-Anteiles zum
lediglich


S


192.360
sodass die im Betriebsvermögensanteil enthaltenen, nicht
behobenen Erträgnisse den Buchwert um

S

3.552

überstiegen. Ein steuerlich beachtlicher Rückstellungsverlust liege daher nicht vor, zumal auch der auf die Summe von S 275.000.- - noch fehlende Differenzbetrag auf einen Teil der behobenen, im Rückstellungsverfahren gleichfalls rückzustellenden Erträgnisse entfalle, welche steuerlich ebenfalls nicht abzugsfähig seien. Infolgedessen seien auch die im Rückstellungsverfahren erwachsenen Rechtsanwaltskosten gleichfalls nicht absetzbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche vor allem die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung der rückzustellenden Erträgnisse als unrichtig bekämpft. Die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, dass bei der vorliegenden Vermögensentziehung die Regeln des redlichen Verkehrs nicht eingehalten worden seien, und habe daher die gesamten in der Zeit vom bis erzielten Erträgnisse als rückstellungspflichtig angesehen. In Wahrheit seien jedoch die Regeln des redlichen Verkehrs eingehalten worden und daher nur die während des Rückstellungsverfahrens in den Jahren 1950 bis 1951 erzielten Erträgnisse rückzustellen gewesen. Überdies hätte bei der Errechnung der rückzustellenden Erträgnisse auch bei Annahme eines unredlichen Erwerbes auf die Bestimmungen des § 5 Abs. 3 des Dritten Rückstellungsgesetzes Bedacht genommen werden müssen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 755/50, Slg. Nr. 386/F, ausgeführt hat, ist bei Ablösungsbeträgen, die an Stelle einer tatsächlichen Rückstellung geleistet werden, zu unterscheiden, ob und inwieweit die Ablöse die Rückstellung des Vermögensstammes oder der Erträgnisse ersetzen soll. Soweit sie für rückzustellende Erträgnisse geleistet wird, scheidet die Möglichkeit einer Absetzung schlechthin aus. Soweit sie dagegen für die Rückstellung des Vermögensstammes geleistet werden soll ist weiter zu unterscheiden, ob und inwieweit damit ein abzugsfähiger Rückstellungsverlust hintangehalten oder eine Kaufpreisnachzahlung geleistet werden soll. Beträge, die auf die Abwehr von Rückstellungsverlusten entfallen, sind als Abwehrkosten vom Gewinn abzugsfähig, dagegen können Beträge, die sich als Nachzahlung des Kaufpreises darstellen, zwar zum Abzug nicht zugelassen werden, jedoch als nachträgliche Anschaffungskosten dem Buchwert des betreffenden Wirtschaftsgutes zugeschrieben und in weiterer Folge im Wege einer entsprechenden Erhöhung der Absetzungen für Abnutzung, allenfalls auch durch Abschreibung auf den Teilwert, wieder ausgebucht werden (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 2066/54 Slg. Nr. 1119/F).

Im vorliegenden Fall ist nun die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zunächst mit Recht von der Erwägung ausgegangen, dass nur der Teil der Ablöse, mit dem ein Rückstellungsverlust am Vermögensstamm abgewehrt worden ist, vom Gewinn abgesetzt werden kann, während der Teil der Ablöse, mit dem die Rückstellung der Erträgnisse abgegolten wurde, von der Absetzung ausgeschlossen bleiben muss. Sie hat jedoch denn bei der Feststellung, inwieweit die vom Beschwerdeführer an den Rückstellungswerber geleistete Zahlung auf rückzustellende Erträgnisse entfalle, eine rein abstrakte Berechnung angestellt, ohne übrigens den Beschwerdeführer dabei zu hören, was dieser mit Recht als Verfahrensmangel rügt. Die belangte Behörde hätte vielmehr durch Einsichtnahme in den Akt des Rückstellungsverfahrens und durch allfällige Vernehmung der Partner des Rückstellungsvergleiches feststellen müssen, welcher Teil der Vergleichssumme im vorliegenden Fall tatsächlich auf rückzustellende Erträgnisse entfallen ist, wobei auch auf die Aufrechnungsvorschrift des § 5 Abs. 3 des Dritten Rückstellungsgesetzes entsprechend Bedacht zu nehmen gewesen wäre. Allerdings wird im vorliegenden Fall, wenn an den Rückstellungswerber im Jahre 1938 keine Zahlung geleistet wurde, wohl eine nunmehr zur Abwehr eines Verlustes am Vermögensstamm geleistete Zahlung kaum feststellbar sein; es wird jedoch - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift selbst einräumt - zu prüfen sein, ob nicht allenfalls ein Teil der vom Beschwerdeführer gezahlten Ablöse eine Kaufpreisnachzahlung dargestellt hat, die durch eine entsprechende Aktivierung der nachträglichen Anschaffungskosten für das entzogene Vermögen zu berücksichtigen gewesen wäre.

Da somit der von der Behörde festgestellte Sachverhalt noch in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedurfte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1952 aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1939 §4 Abs4;
EStG 1953 §4 Abs4;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1958:1955003103.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-59199