VwGH 23.02.1956, 3064/54
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | AVG §8; WRG 1959 §102 Abs1 litb idF 1969/207; |
RS 1 | Eine "Duldung oder Unterlassung" im Sinne des § 102 Abs 1 lit b WRG kann nur in dem Falle einer Beschränkung des Rechtsbereiches der Beteiligten angenommen werden. |
Normen | AVG §8; WRG 1959 §102 Abs1 litb idF 1969/207; |
RS 2 | Der mit dem Auftrag zur Abtragung einer baufälligen Wegbrücke verbundene Ausschluss von nur faktisch an der Brückenbenützung Interessierten von der weiteren Brückenbenützung lässt sich weder als eine "Duldung" noch als eine "Unterlassung" im Sinne des § 102 Abs 1 lit b WRG qualifizieren, weil dies nur im Falle einer Beschränkung des Rechtsbereiches der Beteiligten angenommen werden kann. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Schimetschek und Penzinger als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach GR und der IR in E gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 97.481/1 - 53.346/54, betreffend Parteistellung in einem wasserrechtlichen Verfahren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Kärnten hatte die Eigentümer des Schlosses E mit Bescheid vom verpflichtet; die im Anschluß an die Wegparzelle Nr. 411/2 KG. X über den B-bach führende baufällige Holzbrücke (Schloßbrücke) abzutragen. Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Berufung erhoben und darin geltend gemacht, daß sie durch die Abtragung der Brücke insoferne in ihren Interessen verletzt werden, als diese Brücke bisher dazu diente, den Verkehr über den B-bach zwischen der den Beschwerdeführern gehörigen Liegenschaft und der Landesstraße aufrecht zu erhalten. Auf der zur Brücke führenden Wegparzelle bestehe für die Beschwerdeführer die Servitut zu gehen, zu reiten und zu fahren. Es sei unrichtig, daß die Brücke im Eigentum des Schlosses E stehe. Wenn dies zuträfe, hätte vor Abtragung der Brücke das Einvernehmen mit der Militärregierung gepflogen werden müssen, weil es sich bei dem Eigentum des Schlosses E um deutsches Eigentum handle. Nach der grundbücherlichen Situation sei überhaupt anzunehmen, daß das öffentliche Bachbett einen Bestandteil des öffentlichen Wassergutes bilde und auch die Brücke zum öffentlichen Wassergut gehöre. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft wies die Berufung mit Bescheid vom gemäß § 105 des Wasserrechtsgesetzes (kurz WRG) und § 66 AVG als unzulässig zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, daß gemäß § 84 Abs. 1 lit. b des WRG nur derjenige Parteistellung habe, dem eine Verpflichtung auferlegt werden soll oder dessen wasserrechtlich geschützten Rechte sonst berührt werden. Die Berufungswerber haben aber weder ein wasserrechtlich geschütztes bestehendes Recht an der Schloßbrücke nachzuweisen, noch sei ihnen im angefochtenen Bescheid eine Verpflichtung auferlegt worden. Die Frage des Eigentums an der Brücke der Wiederherstellung der Wegverbindungen und des Bestandes des Servitutsrechtes sei eine Frage des Zivilrechts. Bei dem gegenständlichen wasserrechtlichen Verfahren habe es sich um die Sicherung des Hochwasserabflusses und um die Vermeidung einer weiteren Gefährdung durch die Abtragung der baufälligen Brücke gehandelt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof mußte dieser Beschwerde in nachstehender Erwägung die Berechtigung versagen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, daß die belangte Behörde zu Unrecht die Parteistellung der Beschwerdeführer abgelehnt habe. Sie seien durch die Abtragung der Brücke zu einer "Duldung" und auch zu einer "Unterlassung" verpflichtet worden, weshalb ihnen gemäß § 84 Abs. 1 lit. b WRG Parteistellung zukomme. Diese Ansicht ist irrig. der mit der Abtragung der baufälligen Schloßbrücke verbundene Ausschluß der Beschwerdeführer von der weiteren Benützung dieser Brücke läßt sich weder als eine "Duldung" noch als eine "Unterlassung" im Sinne des § 84 Abs. 1 lit. b WRG qualifizieren, weil eine solche "Duldung bzw. Unterlassung" begrifflicherweise nur im Falle einer Beschränkung des Rechtsbereichs des Beteiligten angenommen werden kann. Die Tatsache der Brückenbenützung allein kann nicht zum Rechtsbereich der Beschwerdeführer gezählt werden, zumal sie selbst eingeräumt haben, daß ihnen ein Wegservitut nur auf dem zur Brücke führenden Weg zustehe. Auch der Hinweis der Beschwerdeführer darauf, daß die Brücke zum öffentlichen Wassergut gehöre, vermag ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführer an der Erhaltung dieses Objektes nicht darzutun. Es könnte sich hier lediglich um faktische Interessen handeln, ähnlich denen, die die Einwohner einer Gemeinde bezüglich des Gemeingebrauches an Wasser haben. Faktische Interessen begründen aber grundsätzlich keine Parteistellung. Unter diesem Gesichtspunkte erscheinen auch die Ausführungen der Beschwerdeführer bezüglich einer unzulänglichen Klarstellung der Eigentumsverhältnisse an der Brücke als rechtlich bedeutungslos.
Die belangte Behörde war sohin im Recht, wenn sie den Beschwerdeführern die Parteistellung absprach und deren Berufung als unzulässig zurückwies.
Bei dieser Sach- und Rechtslage mußte die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §8; WRG 1959 §102 Abs1 litb idF 1969/207; |
Sammlungsnummer | VwSlg 3991 A/1956 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1956:1954003064.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-59168