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VwGH 19.10.1981, 3057/79

VwGH 19.10.1981, 3057/79

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1972 §22
GewStG §1 Abs1
RS 1
Ein Betriebsberater übt keine einem Wirtschaftstreuhänder ähnliche Tätigkeit aus und ist daher nicht freiberuflich tätig (Hinweis E , 333/69).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Pokorny, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Ratz, über die Beschwerde des EK in H, vertreten durch Dkfm. Dr. Erich Hämmerle, Rechtsanwalt in Dornbirn, Marktstraße 29, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Z1. 4340-1/1979, betreffend Gewerbesteuervorauszahlungen für das Jahr 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der seinen Beruf in der Umsatzsteuer- und Einkommensteuererklärung für das Jahr 1977 als Betriebsberater bezeichnet, wurde vom Finanzamt aufgefordert, zur Klärung der Frage, ob er eine freiberufliche oder eine gewerbliche Tätigkeit ausübe „ein möglichst genaues und aufschlußreiches Berufsbild abzugeben“.

Darauf teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt die Hauptmerkmale seiner Berufstätigkeit im wesentlichen wie folgt mit:

„Anwendung betriebswissenschaftlicher und ingenieurwissenschaftlicher Erkenntnisse in Industrieunternehmen zur Einrichtung von erfolgsverbessernden Steuerungs- und Führungsinstrumenten für Unternehmensleitung und Führungskader. Die Basis dafür ist in den meisten Fällen das System der Grenzplankostenrechnung.

......

In besonderen Fällen, als spezielle Nutzanwendung der engen Koppelung meiner ingenieur- und betriebswissenschaftlichen Fachkenntnisse, übernehme ich außerdem sowohl Beurteilungen von oftmals sehr komplizierten Verbundbetrieben in Wärme-Kraftanlagen der von mir beratenen Industrieunternehmen mit nachfolgender Erstellung gutachtlicher Vorschläge zur Verbesserung der Situation

als auch die

Leitung von Projektierungen zur Rationalisierung der Fertigungsabläufe durch Neugliederung von Maschinenaufstellung, von Manipulations- und Lagerflächen sowie durch Einsatz geeigneter Transport- und Lagermethoden. Ziel dieser Strukturplanungen ist es dabei immer, eine möglichst reibungslose kostengünstige Produktion, Lagerung und Auslieferung bei möglichst geringem Investitionsaufwand (für nachfolgende Neubauten, bauliche Veränderungen, für ergänzende oder neue Maschinen und maschinelle Anlagen) zu erreichen.

Weiterhin sind zu nennen:

Schulung von Führungskräften der beratenen Industrieunternehmen im Rahmen von Seminaren und Klausurtagungen über die Nutzanwendungen von betriebs- und ingenieurwissenschaftlichen Erkenntnissen in der Praxis, betriebsinterne und externe Veröffentlichungen über diese Themen sowie die fallweise Rückkoppelung meiner Beratungserfahrungen an betriebswissenschaftlichen Lehrtätigkeiten...“

Weiters machte der Beschwerdeführer Angaben über die praktische Vorgangsweise bei der Abwicklung von Betriebsanalysen und bei der Durchführung von projektsbezogenen Beratungsaufträgen (Feststellung vorhandener Schwachstellen, Aufzeigen von Maßnahmen zur Beseitigung der Schwachstellen, Mitarbeit bei der Durchführung dieser Maßnahmen, Überprüfung jener Maßnahmen, die von Mitarbeitern des beratenen Unternehmens durchgeführt werden, sowie Prüfung etwaiger Wünsche, die im Zuge der Durchführungsmaßnahmen vorgebracht werden).

Schließlich teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt noch mit, daß seine Tätigkeit auch darin bestünde, Unternehmen bei der Nutzanwendung betriebswissenschaftlicher Theorien und Erkenntnisse fachkundig zu unterstützen und durch systematische Verfolgung der entsprechenden Steuerungsmerkmale zur Verbesserung des Unternehmenserfolges - insbesondere bei sanierungsbedürftigen, seit längerer Zeit mit Verlust arbeitenden Unternehmen - beizutragen.

Das Finanzamt beurteilte die Einkünfte aus dieser Tätigkeit des Beschwerdeführers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und setzt für das Kalenderjahr 1979 Gewerbesteuervorauszahlungen in Höhe von S 18.000,-- fest.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und wies darauf hin, daß er seine Tätigkeit auf Grund eines Hochschulstudiums ausübe. Er sei „Spezialist für Betriebswirtschaft und technische Wissenschaften“. Mit diesem Wissen und Können berate er Betriebe. Es sei heute undenkbar, daß Unternehmer und deren Angestellte ohne Berater auf diesen Gebieten auskämen. Es wäre aber auch zu teuer, entsprechende Fachkräfte auf Dauer zu engagieren. Außerdem würden solche Fachkräfte mit der Zeit betriebsblind. Die „Fremdberatung“ sei daher unumgänglich notwendig. Das Finanzamt habe sich mit der Frage, ob eine echte beratende Tätigkeit als freiberufliche Tätigkeit zu werten sei, gar nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Einkünfte eines Betriebsberaters der Gewerbesteuerpflicht unterlägen.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit eines Betriebsberaters sei in § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 nicht genannt. Sie könnte daher nur dann als freiberufliche Tätigkeit angesehen werden, wenn sie einer der in der zitierten Bestimmung genannten Tätigkeiten ähnlich wäre. Dabei sei auf den Gehalt der zu prüfenden Tätigkeit abzustellen. Dieser müsse den wesentlichen und typischen Teil jener Tätigkeit umfassen, die als Vergleichsmaßstab für die Feststellung einer Ähnlichkeit herangezogen werde. Eine solche Ähnlichkeit der Tätigkeit des Beschwerdeführers könne mit keiner der in der zitierten Gesetzesstelle genannten Tätigkeiten, insbesondere auch nicht mit der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders, erkannt werden. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer seine Erfahrungen gelegentlich in der Fachliteratur veröffentliche und in Informations- und Schulungsseminaren Führungskräfte schule, sei für die Beurteilung der Frage, ob seine Beratungstätigkeit als freiberuflich oder gewerblich zu werten sei, unmaßgeblich. Diesem Umstand käme nur für eine etwaige Aufteilung der Erträge in einen gewerbesteuerpflichtigen und einen nicht gewerbesteuerpflichtigen Teil Bedeutung zu.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer habe 1963 seinen Wohnsitz von der BRD nach Österreich verlegt und sei seither vom Finanzamt stets „als Freiberufler eingestuft und behandelt“ worden. Seinen Beruf habe er den Finanzamt gegenüber teils als Unternehmensberater teils als Betriebsberater bezeichnet. Im übrigen habe er diesen Berufsbezeichnungen keine Bedeutung beigemessen. Die belangte Behörde habe sich mit dem Gehalt seiner Tätigkeit in ihrer Entscheidung nicht auseinandergesetzt. Der Unterschied zwischen einer gewerblichen und einer freiberuflichen Tätigkeit bestehe darin, daß ein Gewerbetreibender „ein Werk durchzuführen oder eine Ware zu beschaffen“ habe. Entspreche seine Leistung nicht den getroffenen Vereinbarungen, so habe er keinen Anspruch auf Bezahlung. Der Freiberufler hingegen arbeite „nicht auf Erfolgsbasis“. Seine Tätigkeit sei auch dann zu bezahlen, wenn sie nicht zum gewünschten Erfolg geführt habe. Ein Gewerbetreibender könne „seinen Betrieb nach Belieben vergrößern“ und beanspruche die Einrichtungen der Gemeinden. Der Freiberufler könne „durchwegs, mit ganz geringer Ausnahme, nur seine eigene Arbeitskraft ... einsetzen“. Er müsse „in der Regel auf Basis einer wissenschaftlichen Ausbildung selbständig denken können“. Er müsse befähigt sein, „eigenständig Situationen zu erkennen“ und diese „in Relation zu ihm bekannten, wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen .... zu deuten und auszulegen“. Bei Ärzten sei dies z.B. die Diagnosestellung, bei Anwälten das Erkennen von Recht und Unrecht und von wahrscheinlichen Prozeßmöglichkeiten. Der wissenschaftlich arbeitende Betriebsberater habe zunächst „eine Betriebsanalyse aufzustellen, diese auszuwerten und auf Grund dieser Auswertung die Betriebe zu beraten“. Die Betriebsanalyse sei der Diagnosestellung durch Ärzte bzw. dem Erkennen von Recht und Unrecht sowie der Prozeßmöglichkeiten durch Anwälte gleichzustellen. Zusammen mit einem weiteren Schriftsatz legte der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof zur Illustration seiner Tätigkeit einige aus seiner Praxis stammende Untersuchungsberichte vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit, aus der Berufstätigkeit der Ärzte, Tierärzte, Dentisten, Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare, der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, der Architekten, der Wirtschaftstreuhänder, der Bildberichterstatter, Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit. Der Beschwerdeführer bezeichnet seine Tätigkeit als die eines Betriebsberaters, ohne allerdings der Berufsbezeichnung an sich besondere Bedeutung beizumessen. Die ausführliche Beschreibung der Art seiner Tätigkeit in dem von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten „Berufsbild“ entspricht dieser Berufsbezeichnung. Die Tätigkeit eines Betriebsberaters ist im § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 nicht ausdrücklich angeführt. Strittig ist sohin nur, ob die Worte „... aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit“ die Subsumtion der Tätigkeit des Beschwerdeführers unter die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zulassen.

Der Beschwerdeführer versucht nun Begriffsmerkmale aufzuzeigen, die den freiberuflichen Tätigkeiten gemeinsam sind und diese Tätigkeiten in einer Weise kennzeichnen, daß sie zur Abgrenzung einer freiberuflichen von einer gewerblichen Tätigkeit geeignet sind. Damit verkennt er aber die Bedeutung des Gesetzeswortlauts „... und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit“. Die in § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG genannten Tätigkeiten weisen nämlich in ihrer Gesamtheit keine gemeinsamen Merkmale auf, die zu einer derartigen Abgrenzung geeignet wären. Das ist auch der Grund dafür, warum es dem Gesetzgeber erforderlich schien, die freiberuflichen Tätigkeiten im einzelnen aufzuzählen. Auch der Umstand, daß dieser Katalog im Laufe der Jahre wiederholt durch legistische Maßnahmen erweitert wurde, zeigt deutlich, daß es an allgemeinen Merkmalen fehlt, die die klare Abgrenzung einer freiberuflichen von einer gewerblichen Tätigkeit ermöglichen würden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes kann daher von „einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit“ nur dann gesprochen werden, wenn es sich dabei um eine Tätigkeit handelt, die einer bestimmten der im § 22 Abs. 1 Z. 1 aufgezählten Tätigkeiten unmittelbar ähnlich ist (vgl. z.B. das Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Zl. 726/67, sowie das Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis vom , B 226/69). Aus der bereits mehrfach zitierten gesetzlichen Bestimmung ist aber auch zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei der Beurteilung der Ähnlichkeit einer Tätigkeit mit einer der von ihm aufgezählten Tätigkeiten strenge Maßstäbe angewendet wissen wollte. Denn obwohl z.B. die Berufstätigkeit der Ärzte, Tierärzte und Dentisten zweifellos Gemeinsamkeiten aufweisen, die es rechtfertigen würden, von einer wechselseitigen Ähnlichkeit dieser Tätigkeiten zu sprechen, sind alle diese Berufstätigkeiten (und nicht nur eine von ihnen) namentlich im Gesetz aufgezählt. Dies läßt darauf schließen, daß dem Gesetzgeber die wechselseitige Ähnlichkeit der genannten Berufstätigkeiten nicht ausreichend erschien, um sie bereits aus diesem Grund dem § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG subsumieren zu können. Gleiches gilt für die Aufzählung der Berufe Rechtsanwälte, Patentanwälte und Wirtschaftstreuhänder oder Bildberichterstatter und Journalisten oder Dolmetscher und Übersetzer.

Legt man nun bei Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Betriebsberater unmittelbar einem der in § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG aufgezählten Berufe ähnlich ist, den gebotenen strengen Maßstab an, dann muß eine solche Ähnlichkeit verneint werden. Bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers kommt dem beratenden Element besondere, wenn nicht überwiegende Bedeutung zu. Mit dieser Beratung werden dem Unternehmer auf kaufmännischem Gebiet in der Führung seines Betriebes Entscheidungshilfen geboten. Ziel der Beratung sind Verbesserungen im betrieblichen Geschehen, die letztlich wiederum der Verbesserung des Betriebserfolges dienen sollen. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers stellt daher in spezialisierter und weiterentwickelter Form einen Teilbereich jener typisch kaufmännischen Tätigkeiten dar, der in früheren Zeiten ganz allgemein und auch heute noch in der Regel vom Kaufmann selbst bzw. seinen Angestellten wahrgenommen wurde (wird). Zu Recht hat die belangte Behörde daher auch die Ähnlichkeit der Tätigkeit des Beschwerdeführers mit der eines Wirtschaftstreuhänders verneint. Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders liegt nämlich auf dem Gebiet der Rechtsberatung, während sich die Beratung des Beschwerdeführers in erster Linie auf betriebswirtschaftliche Fragen bezieht. Vornehmlich aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof auch mit Erkenntnis vom , Zl. 333/69, ausgesprochen, daß die Tätigkeit eines Betriebsberaters keine freiberufliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht aus den eben genannten Gründen keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Was schließlich die vom Beschwerdeführer erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen zwecks Illustration seiner Tätigkeit anbelangt, so genügt es darauf hinzuweisen, daß es sich hiebei um Sachverhaltsergänzungen handelt, die vom Gerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 nicht weiter beachtet werden konnten.

Da sohin der angefochtene Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Wien,

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1972 §22
GewStG §1 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1981:1979003057.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-59167